Europa der Freiheit und der direkten Demokratie
Europa der Freiheit und der direkten Demokratie | |
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Offizielle Abkürzung | EFDD (engl.), ELDD (frz.) |
Mitglieder | 42/751 |
Fraktionsvorsitzender | ![]() ![]() |
Gründung | 24. Juni 2014/20. Oktober 2014 |
Vorgänger | Europa der Freiheit und der Demokratie |
Auflösung | 16. Oktober 2014 |
Ausrichtung | EU-Skepsis, Rechtspopulismus |
Europapartei | Alliance for Direct Democracy in Europe (ADDE, 2017 aufgelöst) |
Website | efddgroup.eu |
Europa der Freiheit und der direkten Demokratie[1] (EFDD oder EFD2, französische Abkürzung ELDD) ist eine Fraktion im Europäischen Parlament, die Parteien des EU-skeptischen und rechtspopulistischen Spektrums umfasst.[2] Die Fraktion wurde nach der Europawahl 2014 als Nachfolgerin der Fraktion Europa der Freiheit und der Demokratie (EFD) gegründet. Am 16. Oktober 2014 wurde sie aufgelöst, nachdem sie die Voraussetzung einer Fraktion nicht mehr erfüllte, und am 20. Oktober 2014 erneut gegründet.
Die EFDD wird von der britischen UK Independence Party (UKIP) und dem italienischen MoVimento 5 Stelle (M5S) dominiert. Fraktionsvorsitzender ist Nigel Farage (UKIP); bis zum 16. Januar 2017 war David Borrelli (M5S) Ko-Vorsitzender. Die Fraktion umfasst derzeit 42 Abgeordnete (Stand: 25. März 2025[3]).
Geschichte
Vorgeschichte
Nach der Europawahl 2009 gründete die UKIP (zuvor IND/DEM-Fraktion) und Lega Nord (zuvor UEN-Fraktion) die Fraktion Europa der Freiheit und der Demokratie. In dieser versammelten sich die Reste von Ind/Dem und UEN, die beide nicht mehr eigenständig existieren konnten, sowie weitere erstmals ins Europaparlament gewählte EU-skeptische Parteien.
Bei der Europawahl 2014 konnten einige der bisherige EFD-Mitglieder nicht mehr ins Parlament einziehen. Zudem wechselten die SGP, die Dänische Volkspartei und die Wahren Finnen zur EKR-Fraktion;[4] die Lega Nord kündigte an, eine neue Fraktion mit dem Front National und der FPÖ bilden zu wollen (siehe Europa der Nationen und der Freiheit).
Wahlperiode | Name der Fraktion | Stärkste Partei(en) | |
---|---|---|---|
4. | 1994–1996 | Europa der Nationen (Koordinierungsgruppe) | ![]() |
1996–1999 | Unabhängige für das Europa der Nationen | ||
5. | 1999–2004 | Europa der Demokratien und der Unterschiede | ![]() |
6. | 2004–2009 | Unabhängigkeit/Demokratie | ![]() ![]() |
7. | 2009–2014 | Europa der Freiheit und der Demokratie | ![]() ![]() |
Konstituierung
Damit verblieben von der bisherigen EFD-Fraktion nur noch die UKIP, die Sitze hinzugewonnen hatte, und die litauische TT. Die UKIP konnte die italienische MoVimento 5 Stelle mit 17 Abgeordneten für die Fraktion gewinnen.[5] Dazu kamen weitere kleinere erstmals ins Europaparlament eingezogene Parteien zur Fraktion.[6] Durch den Beitritt der über die Liste der französischen Front National gewählten Joëlle Bergeron konnten die Voraussetzungen zur Fortführung der Fraktion erfüllt werden. Die Fraktion hatte zur Konstituierung 48 Mitglieder und nahm den neuen Namen "Europa der Freiheit und der direkten Demokratie" an.
Am 30. September 2014 gründeten die Fraktionsmitglieder außer der M5S die Europapartei Alliance for Direct Democracy in Europe (ADDE) und die Initiative for Direct Democracy in Europe als Parteinahe Stiftung.[7]
Auflösung und Neugründung
Am 16. Oktober 2014 wurde die EFDD-Fraktion aufgelöst, nachdem durch den Austritt von Iveta Grigule (LZS, Lettland) die Voraussetzung, dass Mitglieder aus mindestens sieben Mitgliedstaaten in einer Fraktion sein müssen, nicht mehr erfüllt waren.[8] Am 20. Oktober wurde die Fraktion neu konstituiert, nachdem Robert Iwaszkiewicz vom polnischen Kongres Nowej Prawicy seinen Beitritt zur Fraktion erklärt hatte.[9]
Aus- und Eintritte nach der Neugründung 2014
Der Litauer Valentinas Mazuronis (TT) wechselte im März 2015 zur ALDE-Fraktion.[10]
Austritte von UKIP-Mitgliedern
Wie in den Wahlperioden zuvor verlor die UKIP während der Periode mehrere Abgeordnete. Im Januar 2015 wurde Amjad Bashir aus der UKIP ausgeschlossen und wechselte in der Folge zur EKR-Fraktion.[11]
Im März 2015 wurde Janice Atkinson aus der UKIP ausgeschlossen. Sie trat im Juni 2015 aus der EFDD aus und ermöglichte die Gründung der Front-National-dominierten Fraktion Europa der Nationen und der Freiheit.
Der UKIP-Abgeordnete Steven Woolfe trat nach einer tätlichen Auseinandersetzung mit einem UKIP-Kollegen im Europäischen Parlament im Oktober 2016 aus UKIP und aus der Fraktion aus.[12] Im November 2016 trat zudem die ehemalige UKIP-Vorsitzende Diane James aus. Jonathan Arnott verließ am 19. Januar 2018 die Partei und begründete diesen mit dem Rechtsruck der Partei. Er verblieb aber in der Fraktion.[13]
Mit James Carver verließ am 27. Mai 2018 ein weiteres UKIP-Mitglied Partei und Fraktion.
Im Herbst 2018 verließen William Dartmouth und Bill Etheridge UKIP, da sich mit dem neuen Vorsitzende Gerard Batten die UKIP zur "Plattform für Hass gegen Muslime und gegen Schwulen und Lesben" entwickelt habe.[14] Beide verblieben aber in der Fraktion.
Alternative für Deutschland
Am 8. April 2016 trat die AfD-Abgeordnete Beatrix von Storch der EFDD bei. Sie gehörte zuvor der EKR-Fraktion an; ihrer Partei war jedoch nach Äußerungen zum Schusswaffengebrauch gegen Frauen und Kinder an den Grenzen von der EKR-Fraktionsführung nahegelegt worden, die Fraktion zu verlassen, andernfalls werde über einen Ausschluss der AfD-Abgeordneten abgestimmt.[15] Von Storch begründete den Fraktionswechsel mit einem „irreparabel beschädigt[en]“ Verhältnis zur Fraktionsführung, dem Wunsch, einem Ausschluss zuvorzukommen, und der Bedeutung des „britischen Referendum[s] über den Verbleib in der EU“. Nach der Bundestagswahl 2017 wechselte von Storch in den Bundestag. Ihr Nachrücker, AfD-Parteisprecher Jörg Meuthen, schloss sich ebenfalls der EFDD an. Er kündigte an, innerhalb der EFDD am Aufbau einer neuen Fraktion nach der Europawahl 2019 arbeiten zu wollen.[16]
Fehlgeschlagener Fraktionswechsel der M5S
Im Januar 2017 erklärte Beppe Grillo, Parteichef der M5S, nach dem Brexit-Beschluss hätten UKIP und M5S keine gemeinsamen Ziele mehr.[17] In einer Onlinebefragung sprachen sich 80 % der Mitglieder der M5S für einen Wechsel der 17 M5S-Abgeordneten zur liberalen ALDE-Fraktion aus.[18] Grillo und ALDE-Fraktionsvorsitzender Guy Verhofstadt arbeiteten ein entsprechendes Papier über gemeinsame Ziele von ALDE und M5S aus. Der Wechsel scheiterte jedoch am Widerstand der Mehrheit der ALDE-Abgeordneten auf Grund der europaskeptischen Haltung von M5S.[17] M5S verblieb in der EFDD, nachdem Grillo die Bedingungen Nigel Farages dafür akzeptierte; unter anderem musste der Co-Fraktionsvorsitzende David Borrelli (M5S), der Chefunterhändler in der Verhandlung mit Verhofstadt war, am 16. Januar 2017 sein Amt aufgeben.[19] In der Folge verließen mit Marco Affronte – zur Grünen/EFA-Fraktion – und Marco Zanni – zur ENF-Fraktion – zwei M5S-Abgeordnete die Fraktion.[20]
Am 13. Februar 2018 verließ der ehemalige Fraktionsvorsitzende David Borrelli die Fraktion.
Beitritt ehemaliger FN/RN-Abgeordneter
Neben Gründungsmitglied Joëlle Bergeron schlossen sich im Laufe der Jahre 2017 und 2018 sechs weitere Abgeordnete der EFDD an, die über die Liste des Front National (FN) gewählt wurden. Frankreich stellt damit inzwischen nach dem Vereinigten Königreich und Italien die drittgrößte Landesgruppe.
Am 4. Oktober 2017 traten, geführt vom ehemaligen FN-Vize Florian Philippot, drei Abgeordnete zur EFDD über.[21] Sie gründeten die Partei Les Patriotes. Ihnen folgte am 18. April 2018 Aymeric Chauprade, der zudem stellvertretender Fraktionsvorsitzender wurde. Am 29. Mai 2018 trat Bernard Monot bei, der sich zudem der Partei Debout la France (DLF) anschloss. Sophie Montel verließ im Juli 2018 die Partei Les Patriotes, nachdem sie Philippot der Unterschriftenfälschung beschuldigt hatte.[22] Im September 2018 verließ sie auch die Fraktion.
Am 20. Oktober 2018 trat mit Sylvie Goddyn eine weitere ehemalige Abgeordnete des inzwischen in Rassemblement National umbenannten Front National von der ENF zur EFDD über. Sie hatte zuvor Unterstützung für die Liste Les Amoureux de la France der DLF erklärt und wurde aus der Partei ausgeschlossen.[23]
Schwedendemokraten
Die beiden Abgeordneten der Schwedendemokraten traten Anfang Juli 2018 zur EKR-Fraktion über.[24]
Mitglieder
Land | Nationale Partei | Anzahl | Abgeordnete | Europapartei | |
---|---|---|---|---|---|
Anfangs | Aktuell | ||||
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Alternative für Deutschland (AfD) | – | 1 | Beatrix von Storch (8. April 2016 bis 23. Oktober 2017), Jörg Meuthen (seit 8. November 2017) | ADDE (ab 2016) * |
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parteilos (gewählt für FN) | 1 | 2 | Joëlle Bergeron, Sylvie Goddyn (ab 20. Oktober 2019) | ADDE *, – |
Les Patriotes (gewählt für FN) | – | 2 | Mireille d’Ornano, Florian Philippot (beide seit 4. Oktober 2017), Sophie Montel (4. Oktober 2017 bis 12. September 2018, ab 6. Juli 2018 parteilos) | – | |
Les Français Libres (gewählt für FN) | – | 1 | Aymeric Chauprade (seit 18. April 2018) | – | |
Debout la France (gewählt für FN) | – | 1 | Bernard Monot (seit 29. Mai 2018) | – | |
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MoVimento 5 Stelle (M5S) | 17 | 14 | Isabella Adinolfi, Marco Affronte (bis 10. Januar 2017), Laura Agea, Daniela Aiuto, Tiziana Beghin, David Borrelli (bis 12. Februar 2018), Fabio Massimo Castaldo, Ignazio Corrao, Rosa D’Amato, Eleonora Evi, Laura Ferrara, Giulia Moi, Piernicola Pedicini, Dario Tamburrano, Marco Valli, Marco Zanni (bis 10. Januar 2017), Marco Zullo | – |
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Latvijas Zemnieku savienība (LZS) | 1 | – | Iveta Grigule (bis 16. Oktober 2014) | EUD * |
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Tvarka ir teisingumas (TT) | 2 | 1 | Rolandas Paksas, Valentinas Mazuronis (bis 18. Mai 2015) | ADDE * |
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Wolność (KORWiN, gewählt für KNP) | – | 1 | Robert Iwaszkiewicz (seit 20. Oktober 2014) | ADDE *, AEMN (seit 2017) |
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Schwedendemokraten (SD) | 2 | – | Peter Lundgren, Kristina Winberg (beide bis 2. Juli 2018) | ADDE * |
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Strana svobodných občanů (SSO) | 1 | 1 | Petr Mach (bis 31. August 2017), Jiří Payne (seit 5. September 2017) | ADDE * |
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UK Independence Party (UKIP) | 24 | 14 | Stuart Agnew, Tim Aker, Janice Atkinson (bis 14. Juni 2015), Amjad Bashir (bis 22. Januar 2015), Gerard Batten, James Carver (bis 27. Mai 2018), David Coburn, Jane Collins, Nigel Farage, Ray Finch, Nathan Gill, Roger Helmer (bis 31. Juli 2017), Jonathan Bullock (seit 1. August 2017), Mike Hookem, Diane James (bis 19. November 2016), Paul Nuttall, Margot Parker, Julia Reid, Jill Seymour, Steven Woolfe (bis 23. Oktober 2016) | ADDE (bis zu 20 Mitglieder) *, EAF (zwei Mitglieder seit 2016) * |
Libertarian Party (gewählt für UKIP) | – | 1 | Bill Etheridge (bis Oktober 2018 UKIP)[14] | ||
Social Democratic Party (gewählt für UKIP) | – | 1 | Patrick O’Flynn (bis November 2018 UKIP)[25] | ||
parteilos (gewählt für UKIP) | – | 3 | Jonathan Arnott (bis Januar 2018 UKIP), William Dartmouth (bis September 2018 UKIP)[26], Louise Bours (bis November 2018 UKIP) | ||
gesamt | 48 | 43 |
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Europe of Freedom and Direct Democracy, Farage’s new group in the EU Parliament. In: EurActiv.com, 25. Juni 2014.
- ↑ Nicola Maggini: The electoral progress of the populist and Eurosceptic right. In: The European Parliament Elections of 2014. Centro Italiano Studi Elettorali (CISE), Rom 2014, ISBN 978-88-98012-15-2, S. 307 ff.
- ↑ Sitzverteilung auf der Website des Europäischen Parlaments
- ↑ Nicholas Watt: David Cameron accused over 'dubious' European Union partners. In: TheGuardian.com, 5. Juni 2014.
- ↑ Alvise Armellini: Grillo MEPs to join Farage group after referendum. EUObserver, 13. Juni 2014.
- ↑ Who’s going where? Tracking the musical chairs in the European Parliament. EuropeDecides.eu, 2. Juni 2014.
- ↑ http://www.dailymail.co.uk/news/article-2875851/Ukip-fury-Farage-forms-EU-political-party-secure-1-5m-taxpayers-cash-Brussels.html
- ↑ Europakritische Fraktion mit UKIP in EU-Parlament aufgelöst. ORF.at, 16. Oktober 2014.
- ↑ http://www.europarl.europa.eu/meps/de/124886/ROBERT+JAROSLAW_IWASZKIEWICZ_home.html
- ↑ http://www.europarl.europa.eu/meps/de/124768/VALENTINAS_MAZURONIS_history.html
- ↑ http://www.telegraph.co.uk/news/politics/ukip/11367754/Ukip-MEP-Amjad-Bashir-defects-to-Conservative-Party.html
- ↑ https://de.nachrichten.yahoo.com/handgreiflichkeiten-zwischen-ukip-abgeordneten-haben-juristisches-nachspiel-084747344.html
- ↑ http://www.bbc.com/news/uk-politics-42745613
- ↑ a b https://www.theparliamentmagazine.eu/articles/news/movers-and-shakers-8-october-2018
- ↑ Europaparlament: Fraktion will AfD-Abgeordnete loswerden. In: SPIEGEL ONLINE. SPIEGEL ONLINE GmbH, 8. März 2016 19:31 Uhr, aufgerufen und empfangen am 10. April 2016 (deutsch)
- ↑ Matthias Kamann: AfD: Warum Jörg Meuthen ins EU-Parlament wechselt. In: welt.de. 7. November 2017, abgerufen am 7. Oktober 2018.
- ↑ a b http://www.zeit.de/politik/ausland/2017-01/eu-parlament-fuenf-sterne-bewegung-liberale-fraktion
- ↑ https://www.theguardian.com/world/2017/jan/09/five-star-movement-nigel-farage-meps-m5s-alde
- ↑ Fünf Sterne und viele Volten. In: sueddeutsche.de. 11. Januar 2017, abgerufen am 21. April 2018.
- ↑ Beppe Grillo laufen die EU-Parlamentarier davon. In: DiePresse.com. 12. Januar 2017, abgerufen am 12. Januar 2018.
- ↑ https://www.theparliamentmagazine.eu/articles/news/movers-and-shakers-9-october-2017
- ↑ https://www.lejdd.fr/politique/florian-philippot-accuse-de-faux-en-ecriture-par-son-ex-lieutenant-sophie-montel-3707486
- ↑ https://www.theparliamentmagazine.eu/articles/news/movers-and-shakers-29-october-2018
- ↑ https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/conservatives-sweden-democrats-european-parliament-far-right-reformist-group-a8430281.html
- ↑ https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/tommy-robinson-ukip-patrick-oflynn-resigns-mep-sdp-gerard-batten-edl-islam-a8653816.html
- ↑ https://www.theparliamentmagazine.eu/articles/news/movers-and-shakers-1-october-2018