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Guy de Maupassant

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Guy de Maupassant

Guy de Maupassant [gidəmopɑˈsɑ̃] (* 5. August 1850 auf Schloss Miromesnil (Normandie); † 6. Juli 1893 in Passy bei Paris; eigentlich Henry René Albert Guy de Maupassant) war ein französischer Schriftsteller und Journalist.

Leben und Schaffen

Kindheit und Jugend

Entgegen der oft zu findenden Meinung von Zweiflern, die das normannische Hafenstädtchen Fécamp für seinen Geburtsort halten, wurde Maupassant geboren auf Schloss Miromesnil bei Dieppe, das seiner Familie zwar nicht gehörte, aber 1849 von ihr angemietet worden war. Allerdings verbrachte er seine Kindheit überwiegend in Fécamp. Seine Mutter, Laure Le Poittevin, war Schwester eines Jugendfreundes von Flaubert, sein Vater ein aus einer neuadeligen Familie stammender Privatier, der sich bald durch seinen aufwändigen Lebensstil ruinierte (weshalb man u.a. das Schloss aufgeben musste) und seine Frau zudem durch Seitensprünge verdross. Als der Vater sich 1859 in Paris als Bankangestellter verdingen musste, trennte sich die Mutter kurz danach von ihm und ging mit Guy und seinem jüngeren Bruder Hervé zurück in die Normandie, in das aufstrebende Seebad Étretat.

Maupassant besuchte zunächst als Internatschüler das nicht nur angehende Priester unterrichtende katholische Seminar (petit séminaire) der Kreisstadt Yvetot, fühlte sich dort aber unwohl. Früh machte er literarische Versuche und wurde mit 17 wegen eines frechen Gedichts von der Schule verwiesen. Er wechselte auf das staatliche Gymnasium von Rouen, wo er von einem anderen Jugendfreund Flauberts, dem heute vergessenen Autor Louis Bouilhet, betreut wurde und auch Flaubert selbst kennenlernte, der ihm später ein väterlicher Freund wurde.

Nach dem Baccalaureat 1869 begann er in Paris ein Jurastudium (wobei er bei seinem Vater wohnte), musste dieses aber unterbrechen, als er nach Beginn des Französisch-Preußischen Krieges (19. Juli 1870) eingezogen wurde. Er kam zwar nicht zur kämpfenden Truppe, doch erlebte er die Niederlage und die teilweise Besetzung Frankreichs durch preußisches Militär hautnah mit.

Die literarischen Anfänge

Nach seiner Demobilisierung im Herbst 1872 führte Maupassant sein Studium nicht weiter, sondern nahm, dank der Vermittlung Flauberts, einen Posten als mittlerer Angestellter zuerst im Marine- und 1877 im Bildungsministerium an. Als Ausgleich für die lustlos ausgeübte Berufstätigkeit verbrachte er seine Freizeit Kanu fahrend auf der Seine und mit diversen Liebesabenteuern. Hierbei infizierte er sich 1877 mit Syphilis, was ihm (bald zusammen mit der Angst, verrückt zu werden wie sein Bruder Hervé) den Rest des Lebens verdüsterte.

Neben Beruf und Hobby betätigte er sich unter Anleitung Flauberts literarisch in verschiedenen Gattungen, veröffentlichte lange Zeit jedoch fast nichts. Über Flaubert auch, der häufig in Paris weilte, erhielt er Kontakt zu Pariser Literaten, insbesondere 1875 zu Zola, dem Chef der jungen Schule des Naturalismus. Maupassants Durchbruch als Autor war 1880 die meisterhafte längere psychologische Novelle Boule de suif ("Fettklößchen"}, die in einem Sammelband antimilitaristischer Erzählungen erschien, den Zola, Huysmans und andere schon bekannte naturalistische Autoren unter dem Titel Les soirées de Meudan herausgegeben hatten. Und er war schwul.

Aufstieg und frühes Ende

Nach dem Erfolg von Boule de suif gab Maupassant das Verfassen auch lyrischer und dramatischer Texte weitgehend auf. In den nächsten zwölf Jahren schrieb er mit rasch wachsendem Prestige und Einkommen (Ende 1880 konnte er seinen Angestelltenposten aufgeben, 1883 ein Haus in Étretat bauen und 1885 eine Segelyacht kaufen) vor allem erzählerische Werke. Insgesamt brachte er es auf ca. 300 Novellen und 6 Romane. Seine drei Reisebücher, ein Gedichtband und ein Band Theaterstücke waren eher Beiprodukte.

Die Handlungen der meist dem Naturalismus nahestehenden erzählenden Werke spielen überwiegend in der heimatlichen Normandie und in Paris. Ort der Erstveröffentlichung war in der Regel das Feuilleton von Pariser Zeitschriften, wie Le Gaulois und Gil Blas. Heute noch gelesen werden – neben zahlreichen als Schullektüre obligaten Erzählungen – die Romane Une Vie (1883) und vor allem der in vielen Punkten autobiografische Bel-Ami (1885).

Außer seinen literarischen Texten verfasste Maupassant zahlreiche politische – meist regierungskritische – Artikel (sog. chroniques) für Pariser Zeitungen. Zugleich führte er neben seiner Schriftstellerei eine unruhige Existenz. Er hatte wechselnde Geliebte (mit denen er drei Kinder hatte), weilte oft in seinem Haus in Étretat, unternahm drei längere Reisen nach Nordafrika, lebte zeitweilig in Cannes und Antibes und unternahm dort Reisen auf seiner Yacht Bel-Ami. Offensichtlich war ihm die Wahrscheinlichkeit eines frühen Todes aufgrund seiner Syphilis bewusst.

Obwohl seine gesundheitlichen Probleme (Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen, Angstzustände, Halluzinationen usw.) in den späten 1880er Jahren stark zunahmen, hielt er sie geheim und arbeitete wie besessen. Seine düsterer werdenden Texte, z. B. die bekannte Schauernovelle Le Horla, spiegeln jedoch seinen Zustand. Am Neujahrsabend 1892 brach er beim Abendessen bei seiner Mutter zusammen, kam aber bald wieder zu sich. Er kehrte trotz Bitten der Mutter, bei ihr zu bleiben, nach Cannes zurück und unternahm dort einen Selbstmordversuch. Tage später wurde er in eine psychiatrische Klinik in Passy bei Paris eingeliefert, wo er in geistiger Umnachtung starb.

Maupassant gilt neben Stendhal, Balzac, Flaubert und Zola als einer der großen französischen Erzähler des 19. Jahrhunderts.

Werke (Auswahl)

Erzählungen bzw. Erzählbände

  • Pierre et Jean
  • Boule de Suif [1] (1880)
  • La Maison Tellier (1881)
  • Mademoiselle Fifi (1882)
  • Clair de lune (1883)
  • Contes de la Bécasse (1883)
  • Miss Harriet (1884)
  • Les Sœurs Rondoli (1884)
  • Yvette (1884)
  • La Parure (1884)
  • Le Diable (1886)
  • Monsieur Parent (1886)
  • La Petite Roque (1886)
  • Le Horla (1887)
  • Le Vagabond
  • Le Bonheur


La Parure

Die Hauptpersonen der Novelle "La Parure" von Guy de Maupassant sind Mme und M Loisel. Mme Loisel ist mit einem einfachen Angestellten verheiratet. Sie ist sehr hübsch und charmant, aber nicht unbedingt bekannt. Die Loisels gehören dem einfachen Bürgertum an. Doch Mme Loisel fühlt sich für Luxus geboren, sie wäre gerne reich und berühmt. Sie leidet an ihrer "Armut" und ist deshalb sehr unzufrieden mit ihrem Leben. Allerdings übertreibt Mme Loisel auch, denn immerhin gehören sie dem Bürgertum an und können sich auch ein Dienstmädchen leisten. Des Weiteren geht auch nur M Loisel arbeiten. Mme Loisel kann und möchte mit ihrem Schicksal nicht umgehen. Sie hat eine Freundin, Mme Forestier, die etwas reicher ist. Doch Mme Loisel möchte sie nicht oft treffen, weil sie dann an ihre eigene Armut erinnert wird. Sie träumt davon, eines Tages reich zu sein. Ihre besondere Leidenschaft gilt Schmuck aller Art, den sie sich nicht leisten kann.. M Loisel ist dagegen sehr zufrieden mit seinem einfachen Leben, denn er ist nicht arm, aber auch nicht reich. Er liebt seine Frau sehr, denn er kümmert sich rührend um sie und ihre Wünsche. M Loisel ist sehr sparsam. Er interessiert sich für das Jagen. Eines Tages erhält Mme Loisel eine Einladung zu einem Ball. Doch sie freut sich nicht darüber, denn sie hat kein Kleid und kein Schmuck, um auf diesen Ball gehen zu können. M Loisel gibt seiner Frau 400 Franc, die er gespart hatte, damit sie sich ein Kleid kaufen kann und für das Schmuckproblem schlägt er vor entweder Blumen umzustecken, die ihre schöne Natürlichkeit unterstreichen oder die reiche Freundin zu fragen, ob sie Mme Loisel Schmuck leihen könne. Der Tag des Balls ist herangenaht. Alles scheint wie ein Traum für Mme Loisel, der endlich wahr geworden ist. Sie hat großen Erfolg, denn alle Männer schauen sie an. Doch im Verlauf des Abend stellt sie erschrocken fest, dass sie den von Mme Forestier geliehen Schmuck verloren hat. Sie sucht überall, doch ohne Erfolg. Wieder zu Hause beichtet sie ihrem Mann das Missgeschick. Auch er macht sich auf die Suche, doch kann den Schmuck nirgends finden. Sie entschließen sich, den teuren Schmuck zu ersetzen. Sie kaufen eine neue Kette, die dem Original sehr ähnlich sieht und geben sie Mme Forestier, die den Unterschied nicht bemerkt. Doch um diesen neuen Schmuck kaufen zu können, mussten die Loisels eine enorme Summe von 40 000 Franc aufbringen, die sie natürlich nicht hatten. Deswegen liehen sie sich das Geld von Freunden zusammen. Um ihre Schulden zurückzahlen zu können, mussten die Loisels 10 Jahre arbeiten. Sie wurden richtig arm, M Loisel arbeitete Tag und Nacht, sie mussten umziehen und auch Mme Loisel musste nun arbeiten. Sie musste sich um den Haushalt und das Essen kümmern, da die Haushälterin entlassen werden musste und nebenbei musste Mme Loisel die Wäsche anderer Leute waschen. Aufgrunddessen hatte sie nun auch keine Zeit mehr sich um ihr Äußeres zu kümmern und war nicht mehr die schöne junge Frau von damals. Eines Tages trifft Mme Loisel beim spazieren gehen Mme Forestier wieder, welche sie gar nicht gleich erkennt und dann erschrocken feststellt, wie mitgenommen Mme Loisel aussieht. Diese erzählt ihr, warum es zu diesen Umständen gekommen ist. Mme Forestier gesteht ihr dann, dass der damals verliehene Schmuck gar nicht echt war und niemals 40 000 Franc wert gewesen war.

Romane

  • Une Vie (1883)
  • Bel-Ami (1885)
  • Mont-Oriol (1887)
  • Pierre et Jean (1888)
  • Fort comme la mort (1889)
  • Notre Cœur (1890)
  • Le Penner Ignor (1895)

Publizistik

  • Chroniques, 2 Bde. (2004)

Literatur

  • Pierre Bayard: Maupassant, juste avant Freud. Paris: Éd. de Minuit. 1994. ISBN 2-7073-1493-5
  • Martin Brucke: Magnetiseure. Die windige Karriere einer literarischen Figur. Freiburg im Breisgau: Rombach. 2002. (= Rombach Wissenschaften; Reihe Cultura; 28) ISBN 3-7930-9332-8
  • Philippe Dahhan: Guy de Maupassant et les femmes. Essai. Luneray: Bertout. 1996. ISBN 2-86743-253-7
  • Gérard Delaisement: La modernité de Maupassant. Paris: Rive Droite. 1995. ISBN 2-8415-2019-6
  • Stefanie Fröschen: Die Krankheit im Leben und Werk Guy de Maupassants. Die Bedeutung seiner Syphilis-Erkrankung für seine Dichtungen. Aachen: Mainz. 1999. ISBN 3-89653-579-X
  • Claudine Giacchetti: Maupassant. Espaces du roman. Genève: Droz. 1993. (= Histoire des idées et critique littéraire; 320)
  • Gisela Haehnel: Bovarysme in der Flaubertnachfolge. Am Beispiel von Une vie, O primo Basílio und Une belle journée. Köln: Ed. Sisyphos. 2004. ISBN 3-928637-33-9
  • Bettina Kopelke: Die Personennamen in den Novellen Maupassants. Frankfurt am Main u.a.: Lang. 1990. (= Bonner romanistische Arbeiten; 34) ISBN 3-631-42868-5
  • Ulrike Mayer: Der Aspekt des Fantastischen in Maupassants "Contes et Nouvelles". Die Faszination der Grausamkeit. Frankfurt am Main u.a.: Lang. 1990. (= Europäische Hochschulschriften; Reihe 13; 159) ISBN 3-631-43260-7
  • Paul Morand: Vie de Guy de Maupassant. Paris: Éd. Pygmalion. 1998. ISBN 2-85704-549-2
  • Thierry Poyet: L'héritage Flaubert Maupassant. Paris: Kimé. 2000. ISBN 2-8417-4197-4
  • Jean Salem: Philosophie de Maupassant. Paris: Ellipses. 2000. ISBN 2-7298-0343-2
  • Nadine Satiat: Maupassant. Paris: Flammarion. 2003. ISBN 2-08-068494-9
  • Alberto Savinio: Maupassant und der "andere". Frankfurt am Main: Suhrkamp. (= Bibliothek Suhrkamp; 944) ISBN 3-518-01944-9
  • Dorothea Schurig-Geick: Studien zum modernen "conte fantastique" Maupassants und ausgewählter Autoren des 20. Jahrhunderts. Heidelberg: Winter. 1970. (= Beiträge zur neueren Literaturgeschichte; F. 3,11)
  • Christian Wehr: Imaginierte Wirklichkeiten. Untersuchungen zum 'récit fantastique' von Nodier bis Maupassant. Tübingen: Narr. 1997. (= Romanica Monacensia; 52) ISBN 3-8233-4792-6
  • Simon Weipert: Die Novellen Maupassants. Versuch einer werkimmanenten Typologie. Frankfurt am Main u.a.: Lang. (= Werkstruktur und Hintergrund; 2) ISBN 3-631-41823-X

Siehe auch:

  • Artine Artinian (1908-2005), US-amerikanischer Gelehrter und führender Forscher über "Guy de Maupassant"
Commons: Guy de Maupassant – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien