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Wien-Film

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Die Wien-Film GmbH war eine große österreichische Filmproduktionsgesellschaft, die 1938 aus der Tobis-Sascha-Filmindustrie AG hervorging und bis 1985 bestand. Das Unternehmen befand sich bis 1945 im Besitz der der deutschen Reichsfilmkammer unterstehenden Cautio Treuhandgesellschaft.

Geschichte

Mit der deutschen Annexion Österreichs im Jahre 1938 fand die eigenständige Filmproduktion des Landes ein Ende. Die deutsch-österreichische Tobis-Sascha-Filmindustrie AG wurde in die Wien-Film umgewandelt. Das ihr von offizieller Seite vorangestellte Motto „Wetteifernd mit den übrigen Künsten soll der Film gestalten, was Menschenherzen erfüllt und erbeben läßt, und sie durch Offenbarung des Ewigen in bessere Welten entrückt“ war von Joseph Goebbels unterschrieben worden. Der Propagandaauftrag war somit dokumentiert. Jüdische Mitarbeiter waren bereits ab 1935 nicht mehr zugelassen, da die deutsche Reichsfilmkammer mit einem Importverbot für österreichische Filme gedroht hatte, sollte man sich nicht an deutsche Bestimmungen halten.

In der Spielfilmproduktion der neuen Gesellschaft dominierten die österreichischen Themen, ihr Markenzeichen waren Ausstattungsfilme, die oft vergangene Zeiten portraitierten. Ab 1943/44 produzierte die Wien-Film auch Farbfilme, ein Privileg das bis dahin der Ufa vorbehalten war. Daneben produzierte die Wien-Film auch Kulturfilme.

Neben der Spielfilm- und Kulturfilmproduktion konzentrierte sich die Wien-Film auch auf den Betrieb von Kinos. Österreichweit gehörten 14 Kinos in Wien, Berndorf, Linz, Steyr und Steyrermühl dazu. In Wien waren es die Kinos „Scala“, „Apollo“, „Busch“ und „UFA-Ton“, die für Uraufführungen genutzt wurden. Betrieben wurden die ehemals in Besitz der Wiener Kinobetriebsagentur (Kiba) und UFA befindlichen Kinos unter der neu gegründeten „Ostmärkischen Filmtheater Betriebsgesellschaft m.b.H.“

Das von Berlin auferlegte Programm der Filmproduktion war, Filme zu drehen, die im Boden der „Ostmark“ wurzelten und ablenkend wirken sollten - nach dem Motto „Kraft durch Freude“.

Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Wien Film als „deutsches Eigentum“ von den Alliierten beschlagnahmt. Nachdem Wien in vier Besatzungszonen aufgeteilt worden war, stand zudem fest, dass die Filmstudios in Sievering sowie die Zentrale in der Siebensterngasse der amerikanischen Verwaltung zugeordnet waren, während die Filmateliers am Rosenhügel im sowjetischen Sektor lagen. Die Sievering-Filmstudios sollten von den US-Amerikanern liquidieret werden. Die Vereinigten Staaten verfolgten zudem das Interesse, den Hollywood-Produktionen keine Konkurrenz zu machen.

Ende 1945 wurde der ehemalige Wien Film-Produktionsleiter Karl Hartl zu dessen Geschäftsführer ernannt. Während die Sowjets von den Potsdamer Beschlüssen Gebrauch machten, und als Reparation sämtliche ehemals „deutsche“ Unternehmungen übernahmen, verzichteten die westlichen Besatzungsmächte USA, Frankreich und Großbritannien auf diese Maßnahme. Dies bedeutete für die neu gegründete Wien Film, dass sie mit den Filmstudios in Sievering und Schönbrunn weiterarbeiten konnte, jedoch auf die Rosenhügel-Filmstudios verzichten musste. Diese wurden in die sowjetische USIA eingegliedert und als „Wien-Film am Rosenhügel“ weiterbetrieben. Am 21. August 1945 hatte die Wien-Film mit dem Staatsamt für Wiederaufbau einen Vertrag zu einem Dokumentarfilm über die Restaurationsarbeiten in Wien vereinbart.

Nach dem Staatsvertrag 1955 ging die Gesellschaft in Bundesbesitz über. Da die Eigenproduktion und auch die Vermietung der Ateliers immer mehr an Rentabilität verlor, wurde die Wien-Film als staatliche Gesellschaft 1985 aufgelöst. Erhalten blieb nur eine Nachfolgefirma zur Bewahrung früherer Produktionen.

Personal

Geschäftsführer nach der Umwandlung von der Sascha-Film AG zur Wien Film GesmbH waren Generaldirektor Fritz Hirt, Paul Hach sowie von 1938 bis 1945 Produktionschef Karl Hartl, der in diesem Zeitraum nur einen einzigen Film für die Wien Film inszenierte (Wen die Götter lieben, 1942). Das Kulturfilmschaffen wurde unter der Leitung von Dr. Josef Lebzelter von der ehemaligen Selenophon-Film kontrolliert. Für die Kontrolle der Filmproduktionen - von der Idee bis zur Vorführung - war der Reichsfilmdramaturg und später der Reichsfilmintendant verantwortlich.

Die am 5. Dezember 1938 gewählten Aufsichtsräte waren:

Die Stars der Wien-Film waren bis 1945 Wolf Albach-Retty, Elfriede Datzig, Marte Harell, Hans Holt, Olly Holzmann, Attila Hörbiger, Paul Hörbiger, Winnie Markus, Hans Moser, Rudolf Prack, Jane Tilden und Paula Wessely.

Hausregisseure waren bis 1945 Geza von Bolvary, E. W. Emo, Hans Thimig und Gustav Ucicky. Die am meisten eingesetzten Kameraleute waren Günther Anders, Georg Bruckbauer, Hans Schneeberger und Jaroslaw Tuzar. Als Komponisten beschäftigte die Wien-Film vor allem Anton Profes und Willy Schmidt-Gentner. Erich von Neusser und Fritz Podehl waren Produktionsleiter.

Ateliereinrichtungen

Als Filmateliers konnten die einzigen zwei Großanlagen Österreichs, die ehemaligen Sascha-Film-Studios in Sievering sowie die ehemaligen Vita-Film-Ateliers am Rosenhügel herangezogen werden. Hinzu kamen auch das kleine, ehemalige Wiener Kunstfilm-Atelier am Bauernmarkt im 1. Wiener Gemeindebezirk und das ebenfalls kleine Atelier in Schönbrunn.

In drei Jahren Bauzeit wurde von 1939 bis 1941 neben den Rosenhügel-Ateliers ein Synchronhallenkomplex mit einer großen und einer kleinen Synchronisationshalle, Schneideräumen und Büros errichtet.

Filmproduktionen

In den Jahren 1939 bis 1945 entstanden fünfzig Filme. Hinzu kamen mehrere Auftragsproduktionen, die von der Forst-Film, der Emo-Film und der Styria-Film abgewickelt wurden.

Literatur

  • Franz Antel, Christian F. Winkler, Hollywood an der Donau. Geschichte der Wien-Film in Sievering, Wien (Edition S, Verlag der Österreichischen Staatsdruckere) 1991
  • Wilhelm Guha, Die Geschichte eines österreichischen Filmunternehmens. Von der Sascha-Film-Fabrik in Pfraumberg in Böhmen zur Wien-Film, Wien 1976
  • Günter Krenn: Die Kulturfilme der Wien-Film, 1938-1945. Österreichisches Filmarchiv, Wien 1992.
  • Helene Schrenk, Die Produktion der Wien-Fim zwischen 1939 und 1945, Wien 1984
  • Fritz Walter, Die Wien-Film. Geboren 1910! Gestorben 1986?; in: Sterz 36, Graz 1986, S. 12f
  • Fritz Walter, Hollywood in Wien – oder die „Wien-Film“ ein Auftrag im Dritten Reich; in: Rathkolb, Duchkowitsch, Hausjell, Die veruntreute Wahrheit, Salzburg 1988, S. 35-42

Siehe auch