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Ḫattuša

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Koordinaten: 40° 1′ 5″ N, 34° 37′ 3″ O

Reliefkarte: Türkei
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Ḫattuša
Festungsböschung von Ḫattuša

Ḫattuša oder Hattuscha (auch Hattusa, türkisch Hattuşaş) war die Hauptstadt des Hethiter-Reiches. Sie liegt in der Provinz Çorum beim Dorf Boğazkale (früher Boğazköy) im anatolischen Hochland am Bogen des Kızılırmak nördlich der antiken Landschaft Kappadokien, etwa 170 Kilometer östlich von Ankara.

Ḫattuša ist eine der größten antiken Stadtanlagen der Welt. 1986 wurden Ḫattuša und das benachbarte hethitische Heiligtum Yazılıkaya als Kulturdenkmal Nr. 176 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO eingetragen. Beide Orte gehören mit der weiteren Umgebung zum türkischen Nationalpark Boğazköy-Alacahöyük. 2001 wurden die in Ḫattuša gefundenen Keilschrifttafel-Archive in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen.

Geschichte

Kopie der Stele mit dem Hethitisch-Ägyptischen Friedensvertrag aus Ḫattuša ausgestellt im Istanbuler Archäologischen Museum

Die frühesten Besiedlungsspuren im Stadtgebiet von Ḫattuša stammen aus dem Chalkolithikum im 6. Jahrtausend v. Chr. Eine kontinuierliche Besiedlung setzt gegen Ende des 3. Jahrtausend v. Chr., in der entwickelten Frühbronzezeit ein. Die Hattier gründen hier eine Siedlung und nennen sie Ḫattuš.

Im frühen 2. Jahrtausend v. Chr. entsteht am Rand der hattischen Siedlung ein Karum, eine Kolonie von assyrischen Händlern. Mit ihren Eselskarawanen transportierten sie Güter über große Entfernungen, sowohl innerhalb Anatoliens als auch nach Mesopotamien. Mit ihnen kommt erstmals die Schrift nach Anatolien. Im Verlauf dieser Epoche hat man auf der Höhe von Büyükkale eine Befestigung angelegt, um sich vor Feinden zu schützen. In diesen ersten Jahrhunderten des 2. Jahrtausends v. Chr. gab es in Zentralanatolien häufig Konflikte zwischen den einheimischen hattischen Fürsten und den zugewanderten hethitischen Gruppen, die ihre Macht auszudehnen versuchten.

Die ausgegrabenen Ruinen zeigen, dass die Stadt Ḫattuša um ca. 1700 v. Chr. in einem großen Brand zugrunde gegangen ist. Für die Zerstörung des Orts gibt es sogar eine Überlieferung in einem Keilschrifttext, in dem ein König Anitta von Kuššara davon berichtet, dass er den König Piyušti von Ḫattuša geschlagen und seine Stadt zerstört habe. Er verflucht die Stadt auf ewig, säte sie mit Fenchel ein[1] und richtet sein Handelszentrum in der 160 km südöstlich gelegene Stadt Kaneš, die als Hauptort der assyrischen Handelskolonien bereits Macht und Ansehen besaß, ein.

Ḫattuša wurde jedoch bereits ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts v. Chr. wiederbesiedelt. Der hethitische Fürst Labarna (1565–1540 v. Chr.) baute hier seine Residenz auf und nannte sich danach Ḫattušili I., „Der von Ḫattuša“. Damit beginnt die Geschichte Ḫattušas als hethitische Hauptstadt und des hethitischen Königshauses, von dem man bisher 27 Großkönige mit Namen kennt. Die Kultwelt wurde von vielen männlichen und weiblichen Gottheiten beherrscht. "Tausend Götter des Ḫatti-Landes" heißt es öfters in alten Schriften.

Die Stadt

Gliederung und markante Objekte

Übersichtsplan der Stadt Ḫattuša (weiße Linien sind heutige Straßen)
1 Außenmauer der Unterstadt
2 Großer Tempel (Tempel 1)
3 Haus am Hang (Verwaltungsbau)
4 Büyükkale (Felsen mit Königsburg)
5 Kesikkaya
6 Sarıkale (großer Felsen)
7 Löwentor
8 Wall von Yerkapı
9 Sphinxtor
10 Oberes Tempelviertel
11 Königstor
12 Zugang zur Südburg
13 Südburg mit Hieroglyphenkammer
Rückseite der rekonstruierten Befestigungsmauer
Räume des Großen Tempels, im Hintergrund ein rekonstruierter Teil der Befestigungsmauer (siehe unten)

Ḫattuša war unter anderem eine Stadt der Götter und Tempel. In der zentralen Oberstadt konnten zahlreiche Tempel eines sakral genutzten Areals freigelegt werden. Die Stadttore der Oberstadt sind mit Löwen, Sphingen oder der reliefierten Darstellung eines Gottes dekoriert. Sie sind möglicherweise Bestandteile einer repräsentativen Prozessionsstraße. Das Sphinxtor auf dem Wall von Yerkapı in der Neuen Stadt (Oberstadt) bildet mit 1242 Meter den höchsten Punkt der Stadtanlage.

Yerkapı ist eine künstliche Böschung an der Südspitze der Oberstadt – 15 Meter hoch, 250 Meter lang und an der Basis 80 Meter breit. Sie wurde zu Beginn des 14. Jahrhundert v. Chr. fertiggestellt. Der Name Yerkapı bedeutet wörtlich „Tor im Boden“. Dies bezieht sich auf den 70 Meter langen Tunnel, der von der Oberstadt quer durch den Wall von Yerkapı nach außen verläuft. Der Tunnel wurde aus gewaltigen Steinblöcken errichtet und an der Außenseite mit der Böschung überbaut. Er ist hervorragend erhalten. Bis heute wurden zwölf weitere Tunnel in den Befestigungen der Stadt entdeckt, die jedoch weniger gut erhalten sind.[2]

Auf dem Felsmassiv Büyükkale im Osten der Altstadt wurden die Reste der Königsburg freigelegt. Einige Spuren der Bebauung auf Büyükkale reichen in die frühe Bronzezeit zurück, die erhaltenen Ruinen stammen jedoch zum größten Teil aus dem 13. Jahrhundert v. Chr. Zu dieser Zeit fanden umfangreiche Bauarbeiten in Ḫattuša statt. Der ganze Komplex war früher ringsum von einem Festungswall umgeben. Ein großer Viadukt führte zum Haupttor der Anlage im Süden. Dieser Eingang wurde von zwei steinernen Löwen bewacht. Die Burganlage bestand aus zahlreichen miteinander verbundenen Innenhöfen, Archiv- und Wohngebäuden, religiösen Bauten und einer Empfangshalle. Die Bebauung nahm eine Fläche von 250 × 140 Metern ein. Die „Bibliothek“ mit den Tontafeln war in ihrer Blütezeit zweistöckig und bestand aus vier Räumen. Hier wurden 3000 Keilschrift-Tontafeln gefunden. Auf den Tafeln fanden sich nicht nur offizielle Dokumente wie Verträge und Urteile, sondern auch Wahrsagungen, Anweisungen für religiöse Zeremonien, Beschreibungen von Sitten und Gebräuchen sowie historische Texte. Heute sind auf dem Gelände allenfalls noch niedrige Mauern zu sehen. Viele Gebäude wurden nach ihrer archäologischen Erforschung wieder mit Erde überdeckt, um sie vor Schäden zu bewahren.[3]

Vom Großen Tempel steigt das Gelände zur ehemaligen Königsburg hin an. In diesem Bereich wurden viele Gebäude auf künstlichen Terrassen errichtet. Das am besten erhaltene dieser Gebäude ist das sogenannte Haus am Hang. Es war 36 Meter lang und 32 Meter breit und zweistöckig. Dieses außergewöhnlich große Haus war wahrscheinlich ein Verwaltungsbau. Das untere Geschoss diente als Lager und Archiv. Hier wurden bei Grabungen in den Jahren 1911 und 1960–1963 große Bestände von Tontafeln gefunden.[4]

Südlich von Büyükkale liegt die Südburg, eine Erhebung mit Spuren einer phrygischen Befestigung. An deren Südostflanke wurde eine Kammer mit einem Relief des Sonnengottes und einem des Großkönigs Šuppiluliuma II. ergraben. Sie enthält außerdem einen in luwischen Hieroglyphen abgefassten Rechenschaftsbericht des Großkönigs und wird deshalb Hieroglyphenkammer genannt. Etwa 200 Meter westlich liegt der Hügel Nişantepe mit der Nişantaş genannten Felsinschrift desselben Herrschers.

Außer Büyukkale mit der Königsburg wurden auch andere anstehende Felsen in die Bebauung einbezogen, zum Beispiel Kesikkaya, der „Geschnittene Felsen“ – ein Felsmassiv mit zwei Hälften und einem tiefen Spalt in der Mitte.[5][6] Auf dem 60 Meter abfallenden Felsen Sarıkale (wörtlich „Gelbe Festung“) befand sich eine Festung, die wahrscheinlich im 14. und 13. Jahrhundert v. Chr. erbaut wurde.[7]

Neuere Grabungen legten Bereiche der Stadt frei, die für verschiedene nichtreligiöse Tätigkeiten genutzt wurden. Bisher wurden aber nur kleine Flächen der Wohnviertel und der Werkstattbezirke freigelegt.

Wirtschaftsweise

An Getreide wurde Einkorn, Emmer, Weizen und Gerste angebaut, außerdem Erbsen, Linsen, Saat-Platterbsen, Linsenwicke und Lein. Aus einem verbrannten Silo der althethitischen Zeit stammen riesige Getreidevorräte, vor allem von Gerste, aber auch Einkorn. Die Gerstenkörner waren relativ klein, und das Getreide schlecht gereinigt. Die Ausgräber nehmen an, dass es sich dabei um Zwangsabgaben handelt, für die nicht das beste Getreide verwendet wurde.

Auf der Burg wurden relativ häufig Knochen des Rothirsches gefunden. Vermutlich gehörte die Jagd zum Freizeitvergnügen des Adels. In der Unterstadt sind Hirschknochen nur halb so häufig.

Vegetation

Die potentielle natürliche Vegetation ist ein winterharter lichter Mischwald (vor allem durch Flaumeichen geprägt), der in hethitischer Zeit wohl auch teilweise noch bestand, jedenfalls wurde in der Architektur viel Holz verwendet. Die heutige Vegetation ist durch die Weidenutzung geprägt. Heute gibt es in der Gegend nur noch in einigen abgelegenen Tälern Reste von Weißdornen, Eschen und Eichen, in Gebirgslagen Eichen, Wacholder und Kiefern. Wie Holzkohlen aus den phrygischen Schichten zeigen, wuchsen zu diesem Zeitpunkt im Umfeld vor allem Eichen, Obstbäume und Bäume der Hartholzaue, wie Pappel, Ahorn und Ulme. Nadelholz ist häufig vertreten.

An der Südseite der Stadt, gut zu sehen vom Sphinxtor, wurde in den Achtzigerjahren auf Veranlassung des damaligen Grabungsleiters Peter Neve ein Waldbereich eingezäunt, um ihn vor dem Verbiss durch Ziegenherden zu schützen und so dem Besucher einen Eindruck vom früheren Aussehen der umgebenden Landschaft zu vermitteln.

Forschungsgeschichte

Beginn der Erkundung

Reste eines Turms auf dem Felsen Yenicekale

1834 besuchte der französische Forschungsreisende Charles Texier das zentralanatolische Hochland und entdeckte die Ruinen der alten Hauptstadt. Allerdings konnte er die Ruinen nicht richtig zuordnen und hielt sie für Überreste der medischen Stadt Pteria. Texier dokumentierte und skizzierte neben den offensichtlichen Ruinen des Stadtareals auch das nahe gelegene Felsheiligtum Yazılıkaya, das durch seine Darstellungen von Gottheiten (sogenannte Götterprozession) weltberühmt wurde.

Nach Texier besuchten in den folgenden Jahrzehnten weitere Forschungsreisende das Stadtgebiet, darunter 1836 der Engländer William John Hamilton und 1858 Heinrich Barth. 1882 erstellte Carl Humann einen topographischen Plan und ließ Gipsabgüsse von zahlreichen Reliefs in Yazılıkaya anfertigen.[8]

Archäologische Erschließung

Erste Ausgrabungen fanden 1893/94 statt, als der Franzose Ernest Chantre Suchgräben im Großen Tempel, auf Büyükkale und in Yazılıkaya anlegte. Chantre publizierte die ersten Keilschrifttafeln aus Ḫattuša.

Die systematische archäologische Erforschung begann im Jahr 1906. Hugo Winckler, ein Berliner Assyriologe und Keilschriftforscher, und der türkische Archäologe Theodor Makridi führten im Auftrag der Osmanischen Museums in Istanbul eine erste Grabungskampagne durch, um zu überprüfen, ob es sich bei den Ruinen um die Hethiterhauptstadt Ḫattuša handelte. Sie konnten 2500 Fragmente von Keilschrifttafeln bergen und anhand dieser Funde nachweisen, dass sie Ḫattuša gefunden hatten. 1907 setzten Winckler und Makridi die Grabungen fort. In diesem Jahr waren erstmals auch das Deutsche Archäologische Institut (DAI) und die Deutsche Orient-Gesellschaft beteiligt: Neben Winckler und Makridi arbeitete eine Gruppe unter der Leitung von Otto Puchstein in Ḫattuša. Die Ruinen wurden mit zahlreichen Plänen, Fotografien und einer genaueren topographischen Karte vollständig dokumentiert. 1911/12 führten Winckler und Makridi weitere Grabungen durch.[8]

Bis dahin wurden an die zehntausend Keilschrift-Tontafelfragmente geborgen, die in akkadischer Sprache verfasst waren. Die Tontafel-Archive der hethitischen Könige enthielten unter anderem die internationale Korrespondenz und Verwaltung. Nach kurzer Grabungszeit hielt Winckler den in Akkadisch verfassten Friedensvertrag zwischen Ägypten und Ḫatti in der Hand, der zwischen Ḫattušili III. und Ramses II. geschlossen worden war – der früheste erhaltene schriftliche Friedensvertrag der Weltgeschichte. Eine Kopie der Tontafel hängt im Gebäude der UNO in New York.

Nach dem Ersten Weltkrieg ruhten die Grabungen für mehr als ein Jahrzehnt und wurden erst 1931 unter der Leitung von Kurt Bittel wieder aufgenommen. Bittels Nachfolger wurde 1978 Peter Neve. Diesem folgte 1994 Jürgen Seeher als Leiter der Ausgrabungen. Die Grabungsleitung wurde 2006 von Andreas Schachner übernommen. Bis heute gräbt das Deutsche Archäologische Institut in der Stadt und fördert jährlich neue Erkenntnisse und auch Keilschrifttexte zu Tage. Noch immer sind ganze Stadtviertel unerforscht; auch die Königsgräber harren noch der Entdeckung.[9]

Seit 2007 wird in der Unterstadt ein intensiver Survey zur Erfassung der sogenannten verlorenen Architektur, das sind die mittels Felsabarbeitungen rekonstruierbaren Reste von Gebäuden, unter der Leitung von Reinhard Dittmann durchgeführt.

Teilrekonstruktion der Stadtbefestigung

Rekonstruierter Abschnitt der Befestigungsmauer

Zwischen 2003 und 2005 wurden von den mehr als 9 Kilometer langen Befestigungsmauern, deren Reste erhalten geblieben sind, 65 Meter in der Unterstadt durch das DAI wiederaufgebaut: drei 7 bis 8 Meter hohe Mauerabschnitte und zwei 12 bis 13 Meter hohe Wehrtürme. Der japanische Konzern JT International unterstützte das Projekt als Sponsor. Die Archäologen arbeiteten im Sinne der experimentellen Archäologie mit historischen Materialien und historischen Verfahren. Sie stellten 64.000 Lehmziegel her, dafür verarbeiteten sie 2700 Tonnen Lehmerde, 100 Tonnen Stroh und rund 1500 Tonnen Wasser. Außerdem wurden rund 1750 Tonnen Erdschutt für Verfüllungen und den Aufbau von Rampen benötigt, ferner Holzstämme für die Konstruktion der Turmgeschosse. Die üblichen Maße der quadratischen Lehmziegel (etwa 45 × 45 × 10 Zentimeter, rund 34 Kilogramm) waren bekannt, da einige Ziegel unzerstört erhalten geblieben waren. Als Anhaltspunkt für die Gestaltung dienten Tonmodelle der Stadtmauer, die von den Hethitern als Verzierung am Rand großer Kultvasen angebracht wurden.[10][11]

Etwa 11 Monate lang waren im Durchschnitt 27 Arbeiter am Werk. Der Arbeitsaufwand summierte sich auf 6772 Manntage, obwohl Bagger, Traktoren und Lastkraftwagen für die Beschaffung des Materials eingesetzt wurden, um die Kosten im Rahmen halten zu können. Wie hoch der entsprechende Aufwand zu Zeiten der Hethiter war, die ohne Unterstützung durch Maschinen arbeiteten, konnte nur geschätzt werden. Hochrechnungen ergaben, dass die Hethiter rund tausend Arbeitskräfte einsetzen mussten, wenn sie pro Jahr einen Kilometer Stadtmauer bauen wollten. Der verantwortliche Archäologe Jürgen Seeher nimmt an, dass vor allem Gefangene die alten Stadtmauern errichtet hatten. In mehreren Keilschrifttexten wird berichtet, dass die Könige der Hethiter Tausende von Menschen als Beute von ihren Kriegszügen mitbrachten.[11]

Bei der Berechnung wurden längere Pausen während der Wintermonate einkalkuliert.[10] Die Lehmziegelproduktion ist in Zentralanatolien nur im Sommer möglich, wenn es warm genug ist und nicht regnet, etwa von Mitte Juni bis Mitte September.[11] Zu dem experimentellen Projekt gehört auch die fortdauernde Beobachtung des Bauwerks im Hinblick darauf, wie sich das Wetter auf die Bausubstanz auswirkt und wie oft der Putz ausgebessert werden muss, der die Lehmziegel schützt, aber durch Regenfälle mit der Zeit abgewaschen wird.[11]

Rückforderung der „Sphinx von Ḫattuša“

Sphinxtor in Ḫattuša

2011 forderte die türkische Regierung die Rückgabe einer Plastik aus dem Museum für Vorderasiatische Kunst in Berlin, der sogenannten „Sphinx von Ḫattuša“.[12] Es handelt sich dabei um eine der beiden Sphinx-Figuren, die Otto Puchstein im Jahr 1907 bei der Freilegung des Sphinx-Tors, der zentralen Toranlage im Süden der Stadt, gefunden hatte. Diese Kalksteinplastiken waren durch Feuereinwirkung zerplatzt, und die Fragmente wurden während des Ersten Weltkriegs zur Restaurierung nach Berlin gebracht. Die besser erhaltene Sphinx wurde restauriert und kehrte 1924 in die Türkei zurück. Die zweite, sehr stark beschädigte, blieb in Berlin. 1938 wurde erstmals von der Türkei die Rückstellung gefordert, zuletzt 2011 ultimativ, verbunden mit der Androhung des Entzugs von Grabungslizenzen für deutsche Archäologen.

Diese Forderung wurde von Hermann Parzinger, dem Präsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit Hinweis auf die unklare rechtliche Situation zurückgewiesen. Große Teile der Dokumentation der Berliner Museen seien im Krieg verlorengegangen, und auch von türkischer Seite seien Dokumente, die den Anspruch eindeutig begründen, zwar angekündigt, aber nie vorgelegt worden. Parzinger erklärte dennoch Gesprächsbereitschaft.[13][14] Im Mai 2011 wurde eine Einigung erzielt, laut der die Sphinx bis zum 28. November 2011 an die Türkei zurückgegeben werden sollte.[15] Im Juli 2011 wurde die Sphinx schließlich an die Türkei zurückgegeben.[16]

Museen

Die Keilschrifttafel-Archive aus Bogazköy werden heute im Archäologischen Museum Istanbul und im Museum für anatolische Zivilisationen in Ankara aufbewahrt. Weitere Funde sind im lokalen Museum in Boğazkale sowie im Archäologischen Museum von Çorum ausgestellt.

Literatur

  • Andreas Schachner: Die Ausgrabungen in Boğazköy-Hattuša 2009, AA 2010/1, S. 161–221.
  • Andreas Schachner: Hattuscha. Auf der Suche nach dem sagenhaften Großreich der Hethiter. C.H. Beck Verlag, München 2011, ISBN 978-3-406-60504-8.
  • Bogazköy-Hattusa. Ergebnisse der Ausgrabungen des Deutschen Archäologischen Instituts und der Deutschen Orient-Gesellschaft. 21 Bände. Gbr. Mann, Berlin 1952 ff., Zabern, Mainz 1996 ff. ISSN 0342-4464.
  • Peter Neve: Hattusa – Stadt der Götter und Tempel. Neue Ausgrabungen in der Hauptstadt der Hethiter. 2. Auflage. Zabern, Mainz 1996, ISBN 3-8053-1478-7.
  • W. Dörfler u. a.: Untersuchungen zur Kulturgeschichte und Agrarökonomie im Einzugsbereich hethitischer Städte. In: MDOG. Berlin 132.2000, ISSN 0342-118X, S. 367–381.
  • Die Hethiter und ihr Reich – das Volk der 1000 Götter. Ausstellungskatalog. Die Hethiter. Das Volk der 1000 Götter vom 18. Januar bis 28. April 2002 in der Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland in Bonn. Theiss, Stuttgart 2002, ISBN 3-8062-1676-2.
  • Michael Mott: Die tausend Götter aus dem Hatti-Land / Von Ruinen, Tafeln, Kammern und Burgen: Ein Besuch im Reich der hethitischen Großkönige in Kleinasien / Einzigartige Quellen für Historiker. In: Fuldaer Zeitung. 26. Oktober 2002, Thema am Wochenende.
  • Jürgen Seeher: Hattuscha-Führer. Ein Tag in der hethitischen Hauptstadt. 4., überarbeitete Auflage. Ege Yayınları, Istanbul 2011, ISBN 978-605-5607-57-9.
  • Jürgen Seeher, Die Lehmziegel-Stadtmauer von Hattusa. Bericht über eine Rekonstruktion. Ege Yayınları, Istanbul 2007, ISBN 978-975-8071-94-4.
  • Aude de Tocqueville: Atlas der verlorenen Städte. Frederking & Thaler, München 2015, ISBN 978-3-95416-179-9.
Commons: Hattusa – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. S. P. B. Durnford, J. R. Akeroyd: Anatolian marashanha and the many uses of Fennel. In: Anatolian Studies 55.2005, 1-13.
  2. Yerkapı in Hattusa turkisharchaeonews.net (englisch), mit Bildern
  3. Royal Citadel in Hattusa turkisharchaeonews.net (englisch), mit Bildern
  4. House on the Slope in Hattusa turkisharchaeonews.net (englisch), mit Bildern
  5. Hattusa uni-muenster.de
  6. Vgl. Andreas Schachner: Die Ausgrabungen in Boğazköy-Hattuša 2015, in: Archäologischer Anzeiger 2016/1, S. 1–47 (online)
  7. Sarıkale in Hattusa turkisharchaeonews.net (englisch), mit Bildern
  8. a b Projekt Hattusa/Boğazköy Website des DAI, siehe Abschnitt Geschichte.
  9. Experten des DAI bauen wie vor 3500 Jahren, in: Abenteuer Archäologie 1/2006, S. 89 (PDF)
  10. a b Jürgen Seeher: Ein Stück Stadtmauer in Hattuša archaeologie-online.de, 22. Mai 2008
  11. a b c d Projekt Hattusa/Boğazköy – Die Stadtmauer dainst.org
  12. Susanne Güsten: Türkisches Ultimatum: Berlin soll Sphinx zurückgeben. In: Der Tagesspiegel. 24. Februar 2011.
  13. Hermann Parzinger: Es muss eine gerechte Lösung geben. In: FAZ.NET. 2. März 2011.
  14. Neumann. Bei Rückgabe von Sphinx gesprächsbereit. In: berlin.de. 6. März 2011.
  15. Deutschland gibt Sphinx an Türkei zurück. FAZ.net vom 15. Mai 2011, abgerufen am 5. Februar 2013.
  16. Sphinx ist wieder in der Türkei. n-tv vom 27. Juli 2011, abgerufen am 5. Februar 2013.