Zum Inhalt springen

Eierbecher

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 13. Juli 2004 um 15:11 Uhr durch 134.2.3.101 (Diskussion). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Der Eierbecher, ein Teil des Geschirrs, hält ein Ei aufrecht. Er verhindert das Wegrollen des Eis und ermöglicht, es von oben zu öffnen und auszulöffeln, insbesondere ein heißes Ei muss dazu nicht in die Hand genommen werden.

Formen

Viele Eierbecher bieten neben oder unter dem Ei eine Ablage, um die Schalenteile, die bei der Öffnung des Eies anfallen, aufzunehmen.

Üblicherweise haben Eierbecher die Größe für Hühnereier, für Wachteleier gibt es kleinere, für Gänseeier größere, für Straußeneier noch größere Modelle.

Kulturgeschichte

Der Eierbecher, heute alltäglicher Bestandteil des Tafelgeschirrs, war lange Zeit ein Luxusgegenstand und Ausdruck gehobener Tischsitten.

Belegt ist die Existenz von Eierbechern seit dem Römischen Reich. Ein Mosaik aus Antiochia von 40 v. Chr. zeigt eine Mahlzeit mit in Eierbechern stehenden Eiern und Eierlöffeln. In Pompeji wurde ein silberner Eierbecher mit dazugehörigem Löffel gefunden.

Zwischenzeitlich offenbar in Vergessenheit geraten, kamen Eierbecher im 16. Jahrhunderts in Adelskreisen wieder in Mode. Auf einer Zeichnung aus dieser Zeit wird ein italienischer Eierbecher mit der Beschriftung "per ova" (für Ei) erläutert. Eine vergleichbare Abbildung gibt es auch aus Deutschland. Bald waren sie an europäischen Höfen als aufwändige Gefäße aus Silber, Gold und Halbedelsteinen verbreitet. In diesen Eierbechern wurde das Ei senkrecht, mit der Spitze nach oben, aufbewahrt. Das war jedoch nicht überall so.

Auf einem Bild von Georg Flegel aus dem 17. Jahrhundert ist ein Zinnschälchen mit Füßen zu sehen, in dem ein Ei quer liegt, daneben ein Streifen Brot, der offenbar an Stelle eines Löffels zum austunken des Eis diente, das daher nur sehr weich gekocht sein durfte. Dem Bild ist auch zu entnehmen, dass das Ei am Abend und nicht, wie heute üblich, am Morgen gegessen wurde.

1727 ließ Ludwig XV. sein Goldservice um aufwändig gefertigte Eierbecher ergänzen. Solche wertvollen, von Goldschmieden gefertigten Eierbecher waren auch als Geschenke zum Jahreswechsel, bei Patenschaft und bei Taufen üblich, ähnlich wie Löffel.

Seit Erfindung des Porzellans, das anfangs sehr teuer war und entsprechendes Prestige besaß, wurden Eierbecher auch aus diesem Material hergestellt. Die Manufakturen Meissen, Frankenthal und Höchst versahen ihre Services seit Mitte des 18. Jahrhunderts mit damals als "Mundzeug" bezeichneten Eierbechern, Villeroy & Boch folgte gegen Ende des Jahrhunderts, die Königliche Porzellan-Manufaktur erst hundert Jahre später.

Seitdem Porzellan industriell hergestellt wird, sind Eierbecher selbstverständlicher Bestandteil solcher Services und werden in Form und Dekor an die entsprechenden Reihen angepasst.

Daneben hat sich aber auch ein Nachhall des Eierbechers als aufwändiger Tafelschmuck in Form von individuellen, oft fantasievoll verzierten Modellen aus allen nur denkbaren Materialien erhalten, was sie zu beliebten Sammlerobjekten macht.

Quelle: Christa Klebor: Vom Kulturgut zum Kultobjekt: Ein Hoch auf den Eierbecher und seine spannende Geschichte, in arte24

Übertragene Bedeutung

In der Umgangssprache werden die Hoden als Eier, und entsprechend ein knapper Slip für Männer sowie ein Hodenschutz für Handball-Torhüter als Eierbecher bezeichnet. Vorlage:Essen&Trinken