Karl Bodmer

Johann Carl Bodmer von Meilen (* 11. Februar 1809 in Zürich; † 30. Oktober 1893 in Paris), Ritter der Ehrenlegion, war Graphiker, Radierer, Lithograph, Zinkstecher, Zeichner, Maler und ein Photograph. Ab etwa 1850 lautete sein Name Johann Karl Bodmer von Meilen, abgekürzt und später in der Literatur allgemein gebräuchlich: Karl Bodmer. Als gebürtiger Schweizer nahm er 1843 die französische Staatsbürgerschaft an und nannte sich auch Jean-Charles Bodmer.
Überblick
Karl Bodmer wurde in Deutschland bekannt durch Aquarelle von Rhein- und Mosellandschaften, in Frankreich durch Ölbilder mit Wald- und Tiermotiven und durch Kupferstiche, Zeichnungen und Buchillustrationen, die er als Mitglied der Schule von Barbizon anfertigte.
Eine große Bedeutung für die Ethnologie haben seine 1832 - 1834 in Nordamerika gemalten Indianer- und Landschaftsbilder, die sein Reisebegleiter Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied ab 1839 in dem Werk Reise in das innere Nord-Amerika 1832-1834 veröffentlichte. Sie zeigen den Wilden Westen, wie er wirklich war, und sie gaben Karl May Inspiration und dokumentarisches Material für seine Indianerliteratur. Mató-Tópe, Häuptling der Mandan, wurde bei Karl May zu Winnetou, Häuptling der Mescalero-Apachen.
Heute gehören Bodmers Bilder und die Reisebeschreibung von Maximilian zu Wied-Neuwied zu den wichtigsten Dokumenten über die untergegangenen Indianerkulturen in den Plains am Missouri.
Die Druckplatten und Bodmers Originalbilder befinden sich zusammen mit dem schriftlichen Nachlass von Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied in dem amerikanischen Joslyn Art Museum in Omaha (Nebraska).
Leben und Werk
Ausbildung und Aufenthalt in Koblenz

Karl Bodmer wurde als fünftes Kind des Baumwollhändlers Heinrich Bodmer und seiner zweiten Frau Elisabeth geb. Meier in Zürich, Oberdorfstr. 15, im Haus zum Till geboren. Im Jahr 1824 zog seine Familie nach Riesbach und 1826 nach Feldkirch. Im Alter von 13 Jahren begann er wie sein älterer Bruder Rudolf eine Ausbildung zum Radierer, Lithographen und Kupferstecher bei seinem Onkel, dem Landschaftsmaler und Kupferstecher Johann Jakob Meier von Meilen. Schon früh verdienten die beiden Brüder ihren Lebensunterhalt durch Gravieren von Veduten und Vignetten für Füssli in Zürich. 1828 verließ Karl Bodmer mit 19 Jahren die Schweiz für immer und wanderte über Basel rheinabwärts nach Koblenz. Er aquarellierte und zeichnete etwa 60 Veduten von Stadtansichten und romantischen Rhein- und Mosellandschaften; sein Bruder Rudolf fertigte in Zürich davon Kupferstiche, und der Verleger und Buchhändler Jakob Hölscher in Koblenz gab sie 1831 als Einzelbilder (Panoramen) heraus und als Album mit 24 Blättern unter dem Titel: Malerische Ansichten der Mosel von Trier bis Coblenz. Nach der Natur gezeichnet von C. Bodmer. In Aquatinta geätzt von R. Bodmer. Im Jahr 1836 folgten Illustrationen zu dem Buch von L. K. E. Seidler: Das Moselthal zwischen Coblenz und Trier, Koblenz 1836. Die Bilder erschienen 1978 als Neuauflage in dem Buch des Herausgebers Willy Leson unter dem Titel Romantische Reise durch das Moseltal von Koblenz nach Trier mit Texten von Johann August Klein und Christian von Stramberg im Bachem Verlag, Köln 1978 (1. Aufl.).
Die Expedition nach Nordamerika 1832-1834
Als Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied, ein deutscher Ethnologe und Naturforscher, die Expedition nach Nordamerika 1832-1834 plante, nahm er Karl Bodmer 1832 als wissenschaftlichen Zeichner unter Vertrag mit der Zielsetzung, dass er Land und Leute sowie Flora und Fauna mit größtmöglicher Genauigkeit im Bild dokumentiere.
Der Prinz verlangte die Besitzrechte der Bilder und übernahm die Verpflichtung, Karl Bodmer Geld für Fahrt und Logis sowie 45 Taler im Monat zu zahlen. Die Bilder von Karl Bodmer sollten die Lebenswelt der indianischen Bevölkerung in Nordamerika dokumentieren, bevor ihre einzigartige Kultur für immer verloren ging.
Am 7. Mai 1832 verließen sie zusammen mit dem fürstlichen Jäger und dem Präparator David Dreidoppel das Schloss in Neuwied und reisten von Rotterdam aus mit einem Segelschiff nach Boston, wo sie am Independence Day, dem 4. Juni, an Land gingen. Die Expedition, die 28 Monate dauerte, führte zunächst von Boston über New York City und Philadelphia nach Pennsylvania zu den Niederlassungen der Mährischen Brüder und zu der Siedlung Bethlehem, dann den Ohio entlang bis nach Indiana, wo sie im Oktober 1832 in New Harmony ankamen und die Stadt und ihre Umgebung erforschten. Ihre Hoffnung, dort Indianer anzutreffen, erfüllte sich nicht.

Maximilian zu Wied-Neuwied erkrankte in New Harmony ebenso wie David Dreidoppel an der Cholera; sie überlebten aber beide. Nach seiner Genesung nutzte er die Zeit zu Forschungen und Gesprächen mit den hier ansässigen Wissenschaftlern; insbesondere Thomas Say war für ihn ein wichtiger Gesprächspartner.
Karl Bodmer reiste im Januar 1833 allein nach New Orleans, um Kisten mit Sammlungsgut nach Deutschland einzuschiffen. Bei der Stadt Natchez besuchte er ein Lager der Choctaw und porträtierte einige Repräsentanten dieses Indianervolkes, das aus dem Osten der USA vertrieben worden war.
Am 16. März 1833 fuhren sie zu dritt weiter zur Indianeragentur für den amerikanischen Westen in St. Louis, um Passierscheine für die Weiterfahrt in das Indianergebiet zu beantragen. Bei dem General William Clark trafen sie eine Delegation von Sauk und Fox, die den General baten, ihren Häuptling Black Hawk aus der Haft freizulassen.
Am 10. April 1833 verließen sie St. Louis mit der von der Lewis-und-Clark-Expedition erstellten Karte des Missouri und mit eingekauften Tauschwaren für die Begegnung mit Indianern. Sie fuhren auf dem Dampfschiff Yellow Stone der American Fur Company den Missouri aufwärts. Karl Bodmer skizzierte Landschaften, Tiere und Indianer und gestaltete Porträts von den Angehörigen verschiedener Indianerstämme, während Maximilian zu Wied-Neuwied sein ausführliches Tagebuch führte und Gebrauchsgegenstände von den Indianern erwarb.
Auf dem Weg zum Fort Pierre trafen sie Angehörige der Omaha und Ponca. Am 30. Mai 1833 erreichten sie den Handelsposten Fort Pierre und fanden eine Tipi-Siedlung der Dakota. Von dort aus fuhren sie mit dem Dampfschiff Assiniboin an verlassenen Siedlungen der Arikaree vorbei zum Fort Clark. Hier trafen sie Mandan, Hidatsa und Absarokee. Dann fuhren sie weiter zum Fort Union, wo sie den Cree, Ojibwa, Assiniboin und Blackfoot begegneten. Hier stiegen sie zur Weiterfahrt um in ein hölzernes Kielboot. Auf dem Weg zum Fort McKenzie trafen sie Atsina. Sie erreichten das Fort McKenzie im August 1833; dort blieben sie fünf Wochen und lernten die Piegan (ein Stamm der Blackfoot) kennen.

Für die Rückfahrt vom Fort McKenzie benutzten sie ein schmales und flaches aus Holzplanken gezimmertes Mackinaw-Segelboot, das sie mit Kisten voller Sammlungsgut und zwei Bärenkäfigen beladen hatten. In einem Unwetter wurde ein Großteil der mitgeführten botanischen Sammlung durch einen Wasserschaden zerstört.
In Fort Union gab Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied einen Teil seiner naturhistorischen Sammlung nach Deutschland auf; im Sommer 1834 konnte das Dampfschiff Assiniboin das Fort Union wegen Niedrigwasser aber nicht verlassen, und später brannte der Dampfer auf dem Missouri auf, so dass die zoologischen Ergebnisse der Forschungsreise verloren gingen. Dieser Verlust, von dem der Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied erst im Herbst 1835 erfuhr, hat ihn schwer getroffen; daraufhin versuchte er, seine verbliebene Sammlung durch Tausch und Ankäufe zu ergänzen.
Im Herbst 1833 erreichten sie Fort Clark, wo sie einen strengen Winter mit Temperaturen bis -43°C erlebten und das Leben der benachbarten Mandan und Hidatsa dokumentierten. Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied erkrankte in Fort Clark an Skorbut, überlebte aber. Am 16. April 1834 brachen sie mit einem voll beladenen Boot nach Fort Pierre auf. Von dort fuhren sie weiter nach St. Louis und verschifften den größten Teil der mitgeführten Sammlungen sowie Bodmers Skizzen und Zeichnungen nach Europa.
Während ihres Aufenthaltes in St. Louis sahen sie sich 1832 gemalte Indianerbilder ihres Konkurrenten George Catlin an und besuchten die Mounds von Cahokia. An Bord des Dampfschiffes Metamora verließen sie nach einer Woche St. Louis und reisten für einige Tage nach New Harmony. Dann erreichten sie Cincinnati über den Ohio und Cleveland sowie Buffalo über den neugebauten Ohio (Kanal). In Buffalo besuchten sie ein Dorf der Seneca, fuhren zu den Niagarafällen und zu einer Siedlung der Tuscarora. Über den Erie-Kanal gelangten sie nach Syracuse, wo sie Onondaga und Oneida sahen. In Philadelphia und New York City trafen sie sich mit Wissenschaftlern zum wissenschaftlichen Austausch. Am 16. Juli 1834 reisten sie von New York nach Le Havre, wo sie am 8. August 1834 ankamen.
Karl Bodmer hatte sich mit Indianern angefreundet und wollte für immer in Amerika bleiben. Nur auf Wunsch des Prinzen und wegen einer akuten Erkrankung kehrte er nach Europa zurück. Er hatte vor, zu den Indianervölkern in Amerika überzusiedeln, aber die Nachricht von dem Tod des Mandanvolkes durch eine von Weißen eingeschleppte Pockenepidemie im Jahr 1837 entmutigte ihn so sehr, dass er den amerikanischen Kontinent nicht mehr betrat.
Karl Bodmer in Paris
Karl Bodmer brachte von der Reise mehr als 400 Skizzen und Aquarelle von Indianern, Pflanzen, Tieren und Landschaften nach Deutschland zurück. Nach einem kurzen Aufenthalt im Schloss Neuwied reiste er zu seiner Familie nach Zürich, wo er die Arbeiten an sieben Indianerbildern überwachte, die Heinrich Rudolf Schinz für sein 1845 erschienenes Werk Naturgeschichte und Abbildungen der Menschen der verschiedenen Rassen und Stämme bei ihm bestellt hatte.

Bis 1935 lebte er im Rheinland und gab dort mehrere Kunstmappen mit Landschaftsansichten heraus. 1835 zog er nach Paris und stellte seine Aquarelle aus Nordamerika in dem Salon im Louvre aus. Dann verarbeitete er seine Skizzen ebenfalls zu Aquarellen.
In Paris schloss er Freundschaften mit dem Maler Jean-Francois Millet und dem Schriftsteller Théophile Gautier. 1844 wurde er vom König Louis-Philippe empfangen, der ihm später einen monogrammierten Diamantring schenkte. 1845-47 stellte Karl Bodmer amerikanische Landschaftsdarstellungen im Pariser Salon aus.
Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied wählte unter den zahlreichen Aquarellen diejenigen aus, die er in sein Buch Reisen in das innere Nord-Amerika 1832-1834 aufnehmen wollte. Er bat daraufhin Karl Bodmer, die Herstellung der Illustrationen gegen die Zahlung eines Monatsstipendiums zu überwachen.
Karl Bodmer beaufsichtigte daraufhin 20 renommierte Kupferstecher in Paris, Zürich und London, die 63 Stahl- und 18 Kupferplatten herstellten, welche seine Aquarelle genau reproduzierten. Von den 81 Platten erschienen 48 große als Bildtafeln (Tableau) im Großformat und 33 kleinere als Vignetten. Nach dem Druck leitete er Künstler an, die die Bildtafeln und Vignetten nach seinen Angaben farbig kolorieren sollten. Er reiste deshalb ständig zwischen den Städten Paris, Zürich und London hin und her, um die exakte Ausführung der Drucke und ihrer farbigen Fassungen sicherzustellen. Am 10. November 1837 wurde die erste Lieferung der deutschen Ausgabe in fünf verschiedenen Ausführungen angeboten. Die Preise für eine Lieferung lagen zwischen 3 Thalern, 5 Silbergroschen und 10 Thalern, je nach Art des Papiers und der Zahl der kolorierten Stiche.
Das Werk "Reise in das innere Nord-Amerika 1832-1834"

Zwischen 1837 und 1842 veröffentlichte Jakob Hölscher in Koblenz das deutschsprachige Buchprojekt Reise in das innere Nord-Amerika in den Jahren 1832 bis 1834 als zweibändiges Werk mit Bildatlas in Einzellieferungen. Wegen der 81 Bodmer-Illustrationen gilt es als Meilenstein in der Geschichte des Buchdrucks im 19. Jahrhundert.
Die Reisebeschreibungen umfassen insgesamt 1340 Textseiten, in die 52 kleine Holzschnitte eingefügt sind. Der Text von Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied enthält in der Reihenfolge seiner Tagebuchaufzeichnungen nicht nur Reiseschilderungen und Berichte über die Indianervölker, sondern auch Aufzeichnungen über die Flora und Fauna Nordamerikas und eine Beschreibung der industrialisierten Oststaaten der USA. Der separate zweibändige Bildatlas besteht aus 81 Illustrationen und einer Karte; er wurde in fünf verschiedenen Ausführungen angeboten, die unterschiedliche Papierqualitäten und entweder unkolorierte Schwarzweißbilder oder kolorierte Farbbilder enthielten.
Die Subskribentenliste führt 215 Personen und Institutionen auf, die insgesamt 277 Exemplare bestellten. Es zeigte sich, dass weitere Käufer des Werkes nur sehr schwer zu gewinnen waren. Dabei kam es zu Spannungen zwischen Karl Bodmer und dem Prinzen Maximilian zu Wied-Neuwied, da Bodmer vertraglich zugesagt hatte, die Verantwortung für den Verkauf in Frankreich und England zu übernehmen. Die wirtschaftliche Depression des Jahres 1846 und die Revolution von 1848 dämpften die Nachfrage, und ein finanzielles Debakel zeichnete sich ab.
1847 verzichtete Karl Bodmer auf alle seine Rechte an den Originalplatten und übertrug die Verantwortung für deren Veröffentlichung auf Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied und seine Familie. Er übergab die Platten aber erst 1856 der preußische Botschaft in Paris zur Weitergabe, wo sie wegen des Deutsch-Französischen Krieges bis zum Jahr 1873 lagerten.

In den Jahren 1840 – 1843 erschien die französische Übersetzung bei Arthus Bertrand unter dem Titel Voyage dans l’interieur de L’Amérique du Nord exécuté pendant les années 1832, 1833 et 1834.
Die erste englische Ausgabe in der Übersetzung von H. Evans Lloyd wurde 1843-1844 bei Achermann & Comp. in London unter dem Titel Maximilian Prince of Wied’s Travels in the Interior of North America, during the years 1832 – 1834 herausgegeben. Auszüge daraus erschienen 1906 in Early Western Travels, 1748-1848 (vol. 22-25) von Reuben Gold Thwaites.
Das Werk Reise in das innere Nord-Amerika 1832-1834 ist im Jahr 1979 vollständig als Reprint in zwei Textbänden, Vignettenband und Tafelmappe im Verlag L. Borowsky, München, erschienen und noch heute antiquarisch erhältlich. Der Taschen Verlag Köln veröffentlichte 2001 die großformatigen Bildwerke in guter Druckqualität, allerdings ohne Vignetten und mit stark gekürztem Text. Walter Hansen kürzte in seinem 1977 im Verlag W. Ludwig, Pfaffenhofen-Ilm, erschienenen Buch Die Reise des Prinzen Wied zu den Indianern den Text von Maximilian zu Wied-Neuwied so stark, dass eine fortlaufende und gut lesbare Textfassung entstand, die mit schwarzweißen Illustrationen von Karl Bodmer ergänzt wurde. Von Peter Baumann erschien 1998 im Scherz-Verlag, Bern, der Roman: Der Herr des Regenbogens. Roman einer Expedition. Die abenteuerliche Reise Maximilians Prinz zu Wied und des Malers Karl Bodmer zu den Indianern Nordamerikas.
Die Northern Gas Company mit Sitz in Omaha erwarb 1962 die bis dahin im Schloss Neuwied aufbewahrten gesamten Archivmaterialien sowie Karl Bodmers Kunstwerke und Druckplatten und übergab sie als Langzeitleihgabe dem Joslyn Art Museum in Omaha (Nebraska).
In der Sammlung des Museums befinden sich seitdem 400 Zeichnungen und Aquarelle von Karl Bodmer, die Tagebücher und die Reisekorrespondenz von Maximilian zu Wied-Neuwied sowie weitere Dokumente wie Zeitungsausschnitte, Rechnungen, Einladungen und Landkarten.

1989 gab das Joslyn Art Museum eine handkolorierte und auf 125 Exemplare limitierte Neuausgabe heraus, die mit den Original-Druckplatten hergestellt wurde. In verschiedenen Buchveröffentlichungen hat das Museum gemeinsam mit der University of Nebraska Press Zeichnungen und Aquarelle aus dem Museumsbestand publiziert. Den Beginn machte im Jahr 1984 die Veröffentlichung aller Skizzen und Aquarellen von der zweijährigen Expedition mit insgesamt rund 360 großformatigen Reproduktionen.
William J. Orr, W. H. Goetzmann (Herausgeber): Karl Bodmer's America. 1984. ISBN: 0803211856
John C.Ewers: Views of vanishing frontier. 1984 + 1985
Marsha V. Gallagher: Karl Bodmer's eastern views. 1996
Brandon K. Ruud (Herausgeber): Karl Bodmer's North American Prints. 2004. ISBN: 0803213263
Karl Bodmers Illustrationen von Nordamerika gibt es in unterschiedlichen Farbgebungen, da sie von Hand koloriert wurden. Sie befinden sich heute nicht nur im Joslyn Art Museum, sondern auch in The Whitney Gallery of Western Art im Buffalo Bill Historical Center in der Stadt Cody (Wyoming, USA), im Deutschen Ledermuseum in Offenbach, in dem Schweizer Nordamerika Native Museum NONAM in Zürich und in einigen anderen vorwiegend amerikanischen Museen.
Karl Bodmer in Barbizon
Karl Bodmer zog 1847 von Paris nach Dormagen-Horrem, eröffnete dort ein Atelier und widmete sich vermehrt der Landschaftsmalerei. Bald kehrte er aber nach Paris zurück, zog dann 1849 ebenso wie Théodore Rousseau und Jean-Francois Millet wegen der Februarrevolution 1848 in Frankreich und einer Choleraepidemie nach Barbizon. Dort war er in der Künstlerkolonie ein einflussreiches Mitglied der Schule von Barbizon. Es ging ihm ebenso wie den anderen Künstlern der Malerkolonie darum, die Natur in ihrer unberührten Ursprünglichkeit zu zeigen. Zu seinem Freundeskreis gehörten Narcisse Virgilio Diaz (= Narcisse Diaz de la Peña), Théodore Rousseau und Jean-Francois Millet. Zusammen mit Millet schuf er im Auftrag eines reichen Amerikaners aus St. Louis vier Gemeinschaftsarbeiten mit Themen aus der amerikanischen Geschichte: Raub der Töchter von Daniel Boon, Befreiung der Töchter, Simon Buttler und Major McCulloch.
Für seine Ölgemälde mit Landschaften, die er in Barbizon malte, fand er viel Anerkennung. Barthélemy Menn besuchte ihn, und Jean-Francois Millet zeichnete ihn im Jahr 1850 und malte verschiedene Bilder mit Motiven aus seinen nordamerikanischen Skizzen.
Im Jahr 1851 ging er wieder nach Dormagen-Horrem, aber da seine künstlerische Entwicklung in Deutschland nicht in angemessener Weise gewürdigt wurde, kehrte er 1854 nach Barbizon zurück und kaufte das Haus des amerikanischen Malers William Morris Hunt. Dort lebte er 30 Jahre. Aus Horrem brachte er seine 20 Jahre jüngere Lebensgefährtin Anna Maria Magdalena Pfeiffer mit, die ihm zwischen 1854 und 1863 seine drei Söhne Karl-Henry, Frédéric-Rodolphe und Henri-Adolphe gebar.

Karl Bodmer bekam zahlreiche Aufträge als Maler von Wald- und Tierbildern. Er präsentierte seine Werke in Ausstellungen. Am Pariser Salon beteiligte er sich seit 1850 ziemlich regelmäßig mit Waldlandschaften und Tierdarstellungen. Zwischen 1855 und 1878 zeigte er Bilder bei den Weltausstellungen, beispielsweise 1873 in Wien und 1878 in Paris. Auch an Ausstellungen in der französischen Provinz nahm er teil, zum Beispiel 1859 in Marseille. Kritiker wie Théophile Gautier, Paul Mantz und Philippe Burty betonten, seine Wald- und Tierbilder würden den Betrachter in eine Lebenswelt unberührter Natur entführen.
Garda Alexander interpretiert Karl Bodmers Bild Hirsche im Wald (siehe Abbildung) in einem Wahrnehmungstext folgendermaßen: In der Ferne, zwischen Birken, sind Hirsche zu sehen, die Szene ist in sanftes Licht getaucht: es könnte sehr früher Morgen sein. Die "Hirsche im Wald" von Karl Bodmer sind in ihrem Zuhause. Sie suchen keine Nähe, bevorzugen die Distanz. Ihre Zurückhaltung entspricht ihrem freien und wilden Wesen in der Natur. Dort sind sie nur aus der Ferne erkenn- und wahrnehmbar. Es sind besondere Wesen, die mit den Waldbewohnern eine Welt, eine Gemeinschaft bilden: eine Tierwelt, die Mythen erzählen könnte. Naturgetreu sind die Farben, Ton in Ton aufeinander abgestimmt. Die sanfte, milde Welt, das Reich der Tiere, akzeptiert die Menschen als Mitlebewesen. Die Hirsche beanspruchen ihr eigenes Revier und fordern Respekt dafür: Mit wachen Augen begegnen sie aus der Ferne den Blicken der Betrachtenden. Sie können jederzeit ins Dickicht hinaus verschwinden und sich der menschlichen Aufmerksamkeit entziehen.
Karl Bodmer wirkte auch als Illustrator für deutsche, französische und amerikanische Zeitschriften; 20 Blätter erschienen in L'Illustration, 24 Blätter in Le Monde illustré, 12 Blätter in La Chasse illustrée, weitere Blätter in Le Magasin pittoresque, L'Art , L'Artiste , L'Événement illustré, Graham's Mag. (anonym), Haper's Weekly, Die illustrierte Schweiz und Schweizer Familienbuch (anonym). Er illustrierte Bücher von Théophile Gautier, Jules Jacques Veyrassat (Philip Gilbert Hamertons Buch Chapters on animals), Jean de La Fontaine (Fables in der sog. Ausgabe des douze peintres, die 1873 bei Jouast erschien), Victor Hugo (Quatre-vingt-treize, Paris 1876), E. Muller (La Forêt, Paris 1878) und Louis Christophe François Hachette (Evangiles). Als Prinz Maximilian zu Wied-Neuwied im Jahr 1865 einen bebilderten Katalog nordamerikanischer Reptilien veröffentlichte, fertigte er dafür sieben handkolorierte Radierungen an. Neben seinen künstlerischen Arbeiten unterrichtete er verschiedene Meisterschüler, unter ihnen den Solothurner Maler Otto Frölicher.
Am 31. Juli 1876 wurde Karl Bodmer zum Ritter der Ehrenlegion ernannt. Mit dieser Ehrung war eine jährliche Rente in Höhe von 250 Francs verbunden, die im Todesfall auch an die Witwe des Empfängers ausgezahlt werden sollte. Das brachte Karl Bodmer vermutlich dazu, seine Lebensgefährtin Anna Maria Magdalena Pfeiffer, die sich jetzt Anne-Marie Madeleine Pfeiffer nannte, am 7. Oktober 1876 zu heiraten.
Letzte Jahre in Paris
Trotz seiner künstlerischen Erfolge musste er im Jahr 1884 sein Haus in Barbizon aus finanziellen Gründen verkaufen, denn die Verleger zögerten die Veröffentlichung seiner Werke bis zu seinem Tod hinaus, um einen höheren Verkaufspreis zu erzielen.
Karl Bodmer zog wieder nach Paris. Krankheiten und Geldnot überschatteten seine letzten Lebensjahre. Die Bemühungen des Zürichers E. Müller, die Zürcher Künstlergesellschaft zum Ankauf des durch gute Kritiken und durch Abbildungen in Zeitschriften bekannt gewordenen Gemäldes Gruppe von Hirschen im Wald zu bewegen, schlugen fehl; schließlich entschloss sich die Zürcher Künstlergesellschaft aber doch, wenigstens zwei Kreidezeichnungen des Malers anzukaufen, um dessen Not zu lindern.
Innerlich vereinsamt, taub und blind, von Rheuma und Arthritis gequält, starb er am 30. Oktober 1893 in Paris. Sein Grab befindet sich auf dem Friedhof von Chailly-en-Bière bei Barbizon in der Nähe der Gräber seiner Malerfreunde Théodore Rousseau und Jean-Francois Millet.
1894, ein Jahr nach seinem Tod, wurde sein künstlerischer Nachlass im Hotel Drouot in Paris versteigert. Die erste Nummer im Katalog war das von den Zürchern abgelehnte Bild Gruppe von Hirschen im Wald.
Werk und Rezeption
Karl Bodmer hatte seine künstlerischen Wurzeln bei den sogenannten Schweizer Kleinmeistern des 18. Jahrhunderts und bei den Malern der deutschen Romantik. Die Begegnung mit der zeitgenössischen amerikanischen und französischen Malerei wurde für sein Spätwerk bedeutsam. Ein romantisch gefärbter Klassizismus führte zu einer Idealisierung der Darstellung und zu einer besonderen Lichtführung, die den Bildern ihre räumliche Plastizität und Tiefe verleiht.
Wichtig ist Karl Bodmer (beispielsweise in seinem Bild vom Wabash River) die Suche nach der Ursprünglichkeit der Natur. Bei Landschaften legt er Wert auf die Integration von Landschaft und Tierwelt; deshalb setzt er eine Wildkatze in den Mittelpunkt seines Bildes "Burgruinen am Rhein". Dabei fällt auf, dass er Tiere in seinen Landschaften verschwindend klein darstellt; heute würde man sagen: als gefährdete, aussterbende Art.
Karl Bodmer geriet bald nach seinem Tod als Maler und Illustrator in Vergessenheit; aber die Bildwerke von seiner Reise nach Nordamerika 1832-1834 blieben immer präsent. Durch seine dokumentarische und vorurteilsfreie Darstellung der Indianer, ihrer Kultur und ihrer Lebenswelt gelang ihm eine wertvolle Dokumentation der untergegangenen Indianerkulturen in den Plains am Missouri. Das ist sein persönlicher Beitrag zum Weltkulturerbe der Menschheit.
Aufgrund der Adaption seiner Bildwerke durch den Schriftsteller Karl May hat Bodmers Darstellung der Lebenswelt der Indianer das populäre Bild vom Indianerleben im deutschen Sprachraum mitgeprägt. Die häufigen und oft anonymen Zitate seiner Bilder und ihre Umgestaltung in Photographien, Werbeaufnahmen und Filmen verdichteten seine Bilder schließlich zu visuellen Topoi im Bildervorrat der westlichen Zivilisationen.
Auszeichnungen
- 1851 Medaille zweiter Klasse im Pariser Salon
- 1855 Medaille dritter Klasse der Pariser Weltausstellung
- 1876: Ritter der Ehrenlegion
Siehe auch
Literatur
Biografie
- Carl Brun: Schweizerisches Künstler-Lexikon, 1. Band A-G, Huber & Co, Frauenfeld 1905. Reprint: Kraus Reprint Ltd., Nendeln, Liechtenstein 1967. Seiten 159-161.
- Hans Läng: Indianer waren meine Freunde. Leben und Werk Karl Bodmers 1809-1893. Knobel Art Collections, Zug/Schweiz. 3. Aufl. 1993. ISBN 3-9520463-0-2
- Hans Läng: Karl Bodmer - Sein Leben und Werk. In: Prärie- und Plainsindianer. Die Reise in das innere Nord-America von Maximilian Prinz zu Wied und Karl Bodmer. Verlag Hermann Schmidt, Mainz 1993, Seiten 61-89. ISBN 3-87439-289-9
- Hans Peter Treichler: Karl Bodmer. In: Hans Peter Treichler: Die bewegliche Wildnis. Biedermeier und ferner Westen. Schweizer Verlaghaus AG, Zürich 1990, Seiten 109-246. ISBN 3-7263-6523-0
- Saur: Allgemeines Künstlerlexikon Band 12 Seiten 88 - 90 (Autor: H. W. v. Kittlitz). Verlag K. G. Saur, München - Leipzig 1996 (Mit Angabe von Museen, Ausstellungen und Literaturangaben).
Erstausgaben der "Deutschen Expedition nach Nordamerika 1832-1834"
- Maximilian zu Wied-Neuwied: Reise in das innere Nord-Amerika in den Jahren 1832 bis 1834, 2 Textbände und 2 Bildbände mit Illustrationen von Karl Bodmer, J. Hölscher, Koblenz 1839-41.
- Maximilian zu Wied-Neuwied, Verzeichnis der auf meiner Reise in Nord-Amerika beobachteten Säugethiere. Berlin, 1862.
- Maximilian zu Wied-Neuwied, Verzeichnis der Reptilien welche auf meiner Reise im nördlichen America beobachtet wurden. Dresden, 1865 (Mit 7 Illustrationen von Karl Bodmer).
Weblinks
- Vorlage:PND
- An Illustrated Expedition of North America: Bodmer and Maximilian in the American West (engl.)
- Bleistiftzeichnung "Karl Bodmer" von Jean-François Millet 1850
Personendaten | |
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NAME | Bodmer von Meilen, Johann Carl |
ALTERNATIVNAMEN | Bodmer, Jean-Charles (In seiner Heiratsurkunde am 7. Oktober 1876) |
KURZBESCHREIBUNG | Schweizer Maler, Künstler des Wilden Westens, später französischer Maler der Schule von Barbizon. |
GEBURTSDATUM | 11. Februar 1809 |
GEBURTSORT | Zürich |
STERBEDATUM | 30. Oktober 1893 |
STERBEORT | Paris |