Gotthilf August von Maltitz
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Freiherr Gotthilf August von Maltitz (* 9. Juli 1794 in Raudischken, † 7. Juni 1837 in Dresden) war ein deutscher Schriftsteller.
Leben
Gotthilf August von Maltitz wurde als Sohn des Georg Sigismund von Maltitz (* 24. Oktober 1743 in Falkenberg (Kreis Beeskow); † 9. April 1810 in Königsberg) und dessen Ehefrau Luise Charlotte (* 20. Juni 1755 in Groß Klitten, Ostpreußen; † 17. Juni 1807 in Königsberg), eine Tochter des Friedrich Sigismund von der Groeben (1721–1779), geboren. Von seinen zwölf Geschwistern sind namentlich bekannt:
- Otto Friedrich Sigismund von Maltitz (* 17. November 1777 in Markehnen; † 20. Dezember 1834 in Goldap, Suwalki, Polan), verheiratet mit Amalie Friederike Helene Luise von Laurens (* 10. Februar 1783 in Königsberg; † 2. Juli 1854 ebenda);
- Johanna Karolina von Maltitz (* 25. März 1779 in Schonglitten; † 28. November 1812 in Oletzko), verheiratet mit Karl Heinrich von Morstein (* 16. Dezember 1758; † 1. November 1842 in Kowahlen), Landrat, in Oletzko und Herr auf Kowahlen;
- Henriette Amalie von Maltitz (* 28. April 1780 in Schonglitten; † 31. Juli 1825 in Loblaken), verheiratet mit Mathes Friedrich von Wnuck (* unbekannt; † 1811 in Pillau, Ostpreußen);
- Wilhelmine Dorothea von Maltitz (* 4. November 1785 in Königsberg; † 7. Januar 1871 in Klein-Artrawaschken), verheiratet mit Friedrich von Steinwehr (* unbekannt; † 1851 in Artrawaschken);
- Lisette Emilie von Maltitz (* 1. Januar 1789 in Königsberg; † 29. November 1826 ebenda), verheiratet mit John Friedrich Wilhelm von Ketelhodt (* unbekannt; † 6. Februar 1826 in Königsberg);
- Juliane Auguste von Maltitz (* 15. Juli 1790 in Raudischken; † 20. Mai 1869 in Königsberg), verheiratet in 1. Ehe mit Johann Friedrich Wilhelm von Tippelskirch (* 1776; † 11. März 1813 in Tilsit), der 1794 beim Sturm von Warschau die goldene Verdienstmedaille erhielt und als als Capitain und Kommandant von Tilsit in Folge der Krankheiten, welche der Rückzug der französischen Armee aus Russland mit sich führte verstarb. In 2. Ehe war sie mit ihrem Schwager Karl Heinrich von Morstein verheiratet;
- Mathilde Sofie von Maltitz (* 8. Mai 1798 in Königsberg; † 9. Januar 1879 ebenda), verheiratet mit Ludwig August von Scheffer (* unbekannt; † 22. März 1840 in Königsberg).
Obwohl Gotthilf August von Maltitz körperlich beeinträchtigt war, wurde er von seinen Eltern für eine Ausbildung in der Forstwissenschaft bestimmt, so dass er an der Forstlichen Hochschule Tharandt im Königreich Sachsen studierte, später erweiterte er sein praktisches Wissen in der Umgebung seiner Geburtsstadt Königsberg.
Im Krieg gegen Frankreich meldete er sich, trotz seiner körperlichen Beeinträchtigung 1812 freiwillig zu den schlesischen Husaren und sagte später hierzu: Preußen hat in diesem unglücklichen Krieg Ungeheures aufgeboten und geleistet, aber ich habe mehr gethan als Alle: denn ich habe mich lächerlich gemacht und bin Husar geworden. Nach Beendigung des Krieges beendete er seinen Militärdienst und kehrte zur Jägerei zurück. Eine übertragene Forsttaxation führte zu einem Streit mit seinen Vorgesetzten, der dazu führte, dass er anonym eine Satire zu diesen veröffentlichte. Weil dieses seine Aussichten auf eine Beförderung verringerte, kündigte er und unternahm anschließend eine Reise nach Italien. In Neapel machte er die Bekanntschaft mit dem Maler Karl Georg Enslen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland lebte er einige Jahre in Berlin und schrieb seinen dramatischen Versuch Der alte Student, für den er heftig angegriffen wurde und seine Verbannung aus Preußen zur Folge hatte, in das er dann nie wieder zurückkehrte.
Er zog in die freie Stadt Hamburg, in die ihn nicht nur der Stadtname , sondern auch sein Verleger Campe zog; dort gab er einige Zeit den "Nordischen Courier" heraus.
Als Gotthilf August von Maltitz verstarb, erlosch dessen Linie der von Maltitz.
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Von hier ging der tief gekränkte Mann nun nach Ä WW bin ihn theils der Name der freien Stadt, theils sein Verleger Campe zog und wo er einige Zeit den „nordischen Kourir“ herausgab.
Aber auch von dort trieb ihn sein unruhiger Geist: der Ausbruch der Julirevolution erregte aufs Höchste seine Phantasie und er wendete sich Ende 1830 nach Paris.
Aber dort gefiel es ihm durchaus nicht, denn er war der Sprache nicht mächtig und – Sprechen war einmal sein Hauptvergnügen.
Mit den deutschen Gelehrten in Paris war er nicht umgegangen.
Heine hatte er schon in Berlin kennen lernen, liebte ihn aber nicht und ließ ihm selbst als Dichter nicht Gerech Ä in dem Maase widerfahren, wie er es verdient.
Börne *) schätzte er mehr, weil, wie er sagte, dieser ein Mann von Charakter sei, obwohl er nicht dessen Ansichtentheile.
Von Paris fam M. i. J. 1832 (1831) nach Dresden.
Hier lebte er nun unbekümmert darum, was man von ihm selbst dachte und sprach und ohne irgend wen deshalb zu hassen, schlicht und still und suchte zu wirken, wo er wußte und konnte.
Einen hohen Werth hatte in seinen Phantasien und seinem Herzen das Glück der Ehe, aber er wußte auch, ihr wahres Glück war für ihn unerreichbar. – „Ich weiß recht wohl,“ sagte er, „meine Gestalt ist nicht für ein Mädchen, mein Vermögen nicht groß genug, um zu ziehen und das Weib, welches mich nimmt, will nicht den Mann, sondern den Baron; dieser aber kann sich selbst wohl ernähren, einer Frau Baronin Aufwand aber nie bestreiten.
Also – nun, es ist so auch gut und wird ja gehen.“ –
Das Leben war ihm lieb, so sehr er auch die Welt in Stunden des Unmuths tadelte, sein so sehr gemüthliches inneres Wesen verlöschte doch alle diese grauen Bilder wieder und er sah dann die Welt außer sich, eben so poetisch, als die, welche sich in seinem Innern gestaltet hatte.
Schon im Herbst 1836 begann v. M. an einem hartnäckigen Hämorrhoidalübel zu kränkeln, wurde jedoch durch seinen Arzt, Dr. Allmer *) und den Prof. Pech nach langen Leiden wieder hergestellt, erkrankte aber bald wieder von neuem und erlag nach einem achttägien Krankenlager einem nervösen Fieber.
Kurz vor seiner etzten Krankheit hatte er ein kleines Lustspiel: „Tausch und Täuschung“ vollendet; die Ausführung einer größern dramatischen Arbeit – „Ulrich von Hutten“ – hatte er dis zu seiner völligen Genesung verschoben.
Seine Hülle wurde am 10. Juni früh 8 Uhr, wie er es gewünscht, ohne Begleitung eines Geistlichen und unter Begleitung einiger seiner Freunde zur Erde bestattet, aber Mancher folgte im Zuge, der ihm nicht Freund, ja, der ihm Gegner gewesen war.
An seinem Grabe spracd der Novellist von Wachsmann einige Worte über das Leben des Entschlafenen und die Grundzüge seines Charakters.
Mehr hatte der Selige nicht gewollt: ein facd und prunklos wollte er zur Erde bestattet sein; Freunde, die er sich durch seine Handlungsweise erworben, sollten seinem Sarge folgen und so ist wenigstens zum Theil sein bescheidener Wunsch erfüllt, zum Theil auch überboten worden, denn auch Frauen und Jungfrauen höherer Bildung hatten sich an seiner setzten Ruhestätte eingefunden und bezeugten dadurch, wie sehr der gewiß von Vielen schmerzlich Beweinte die Verehrung aller Edeln verdient hatte.
Auf seinem Grab dügel erhebt sich ein lichter Granitblock, in dessen Würfel die höchst einfache aber M. so bezeichnende Grabschrift:
Licht war sein Geist,
Kraft war sein Wort
Und seine That war Liebe!
eingehauen ist.
Der würdige Dichtergreis Tiedge, wohl des Verstorbenen wärmster Freund, hat ihm dies Denkmal errichten lassen. – v. M. war von mittler Größe, blond und blassen geistreichen Gesichts, das einen ernsten männlichen Ausdruck hatte.
Wenn er sprach, hatten seine üge etwas ungemein Bewegliches, sie spiegelten jede einer Empfindungen wieder – was ihm bei seiner Deklamationsgabe ungemein zu statten kam – und es Ä Momente, wo man die Gesammtheit derselben hätte schön nennen können.
Die Stimme war klangvoll und angenehm.
Sein Körper war diesen Vorzügen nicht an gemessen; man konnte ihn nicht eben mißgestaltet nennen, doch war er allerdings etwas verwachsen, was jedoch seiner Erscheinung keinen besondern Eintrag that oder sie auffallend gemacht hätte.
Im Anzuge war er einfach und kleidete sich mehr nach Bequemlichkeit, als nach der Mode.
Die scharf eingegrabenen Grundzüge seines Charakters waren eine unbestechliche Redlichkeit, strenge Wahrheitsliebe, ein glühend loderndes Gefühl für vernünftige Freiheit und ein Herz – der ganzen Menschheit eöffnet!
Mit diesen Diamanten hatte er das ihn um Ä Genvand einer unendlich feurigen Phantasie besetzt, vermöge welcher er denn oft aus der Wirklichkeit zu weichen schien und welche ihm daher vielerseits den Vorwurf der Uebertreibung zuzog.
Dies schien, allerdings hin und wieder wohl der Fall zu sein; doch nur für alle diejenigen, welche den Dichter in Herz und Gemüth nicht näher kannten und seine glühende Poesie in die Sprache der trocknen Prosa übertrugen.
Dies durfte man aber bei M. nie, denn der Edle liebte die Welt und ihre Erdbewohner so sehr, daß er diese immer edler und höher gestellt wissen wollte und daher den einfachsten Begebenheiten ein schöneres Gewand lieb und stets auf den dohen Kothurn der Begeisterung einherging.
So wie M- die Welt und ihre Menschen wollte, so wie er sie in seiner innersten Seele trug, so gab er sie im farbigen Bilde wieder und seine oft krasse Unzufrieden heit mit ihr, die sich zuweilen in harten Worten Luft machte, hatte keinen andern Grund, als daß er sich in seinen schönen Traumbildern gestört und in seinem eigensten Innern vom Schicksal zerrissen, oft aber zu hart von seiner erstiegenen Höhe in das nur zu nüchterne Leben herabgeschleudert sah.
Wer daher des Biedermanns Ä Lebensbilder für die nackte und kalte Wahrheit und die Hülle für den in ihr verborgenen Kern hielt, der sah sich allerdings getäuscht, konnte M. nie verstehen und tdat sehr Unrecht, ihn der beabsichtigten Täuschung zu beschuldigen.,
M. liebte die Menschen und deshalb zürnte er ihnen; aber sein Zürnen war eben der größte Beweis seiner Liebe. Wie Fürstensöhne zu Fürsten, so war v. M. mit noch ältern Ansprüchen zum Dichter geboren, sein ganzes Gemüth war nur Ein poetischer Wiederhall und sein ganzes Leben nur Eine, sich ewig aus sich selbst neu belebende Phantasie... - „Wenn emand von der Natur zum Dichter befähigt war.“ agt auch Wachsmann von ihm, „so war es M. Er hatte eine unglaublich rege Phantasie, einen Sinn für das Edle, ein tiefes Gefühl für Recht und Unrecht und ein weiches Gemüth erhalten. Nur selten kann sich ein Dichter so vieler Gaben rühmen; wäre eine weit um fassende wissenschaftliche Ausbildung (alte Sprachen kannte er gar nicht, das Französische nur höchst mangelhaft, von mathematischen und Naturwissenschaften so viel als sein Fach, nöthig machte und die Klassiker, sowohl römische, als griechische, hatte er nur theilweise in Uebersetzungen und auch da nur lückenhaft gelesen, sich aber nichts davon zu eigen gemacht) mit ihnen vereint gewesen, so würde M. immer der ausgezeichnetste Dichter seiner Zeit gewesen sein.“ –
Was v. M. als Schriftsteller betrifft, so dürfte ihn v. Wachsmann wohl richtig beurtheilt haben, wenn er # M. habe vorzüglich als Lyriker ein entschiedenes Talent, ja, unbedingtes Genie bewiesen, wovon wir als den besten Zeugen seine „Polonia“ obenan stellen. Und eine gleich reiche und mächtige Phantasie und eine groß und edel fühlende Seele voll des wärmsten Gefühls für Menschenwerth und Menschenrecht finden wir unter Andern dann noch vorzüglich in folgenden: „Rede an den deutschen Adel,“ „ Rede an das Volk,“ „ der Sensenmann von Ostro lenka,“ „der bleiche Fremdling,“ „die Teufelssonate“ und „der Weihnachtsbaum.“ Wie schön, wie herrlich, wie groß, kindlich ist M. hier und damit seine „Sonnenblicke“ vereint, können wir nicht umhin unsere Gefühle zu der innigsten und wärmsten Hochachtung für den unübertrefflichen Menschen zu steigern und uns still vor seiner Herzens- und Gefühlsgröße zu neigen.
Bei Gelegendeit der „Sonnenblicke“ – wohl nicht mit Unrecht eine Fortsetzung der Witschelschen Morgen- und Abendandachten genannt – sagt W. wieder:
Viele, die M. und seine Ansichten näher gekannt hätten, würden sich kaum denken können, daß dieser Mann jemals wahrdaft in einer solchen Stimmung gewesen sein könne, Gedichte dieser Art zu schreiben und M. habe selbst gesagt, sie während einer längern Kränklichkeit geschrieben zu haben. „Dies ist allerdings der Fall, aber mehr oder minder kränklich war M. fortwährend und dies in höherem Grade gesteigert, konnte aber keineswegs einen solchen Einfluß auf den innern Menschen äußern, daß er Gedanken erfaßt und niedergeschrieben hätte, die ihn sonst fremd gewesen wären, wie dies leicht aus solcher Ä hingeworfenen Bemerkung W.'s hervorgehen önnte.
Ein Mann wie M. blieb sich stets selbst getreu, wenn er auch gleich zuweilen in seinen politischen Meinungen Ä zu sein schien.
Der Grund blieb aber ewig derselbe, wahr und hell und der obere Spiegel warf nur hie und da Blasen, die man nicht zu den dellen Perlen zählen durfte, die aus der Tiefe stiegen.
Dies war dauptsächlich wohl nur hinsichtlich Preußens der Fall, das er unendlich liebte, von dem er aber verbannt worden, mar und das ihn dadurch zu mancher scharfen Beurtheilung zwang. -
Anderseits aber suchte er wieder aus angeborner Liebe sein Vaterland zu vertheidigen und hier war es, wo er sich dann wohl zumeilen widersprach, aber eben auch sein rein preußisches Herz überall durchleuchtete.
Hierinnen lag nun wohl fast allein das ihm oft zur Last gelegte Inkonsequente, in allem Uebrigen blieb er sich aber gewiß in der eigentlichen Sacde stets gleich. Noch weniger aber war es möglich, daß M. durch Körperleiden dätte veranlaßt werden können, Gedanken zu fassen, wie er sie in seinen Sonnenblicken ausspricht und die, wenn sie seinem eigentlichen Wesen nicht eigentdümlich, nicht wahrhafte Sonnenblicke in seiner Seele gewesen wären, dann nur als Schwäche erscheinen müßten.
v. M. dachte aber von dem höchsten Wesen, von Weltordnung, Weltgerechtigkeit und Spdärengang so groß, daß er nie in seiner Seele über die schwächste Empfindung hätte zweifelhaft, in dem kleinsten Gedanken hätte wankend werden können und sein Glaube an Gott war so hoher und edler Natur, daß er stets den Schöpfer in seiner Schöpfung zu erhöhen suchte.
Daß übrigens dieses Mannes Glaubensbekenntniß sehr von beinahe allen kirchlichen Glaubensformen und Glaubensbekenntnissen abwich, soll von uns nicht geläugnet werden.
M. hatte, seinen Gottglauben aus sich selbst. so wie er ihn in sich selbst gefunden hatte. „Ich kann“ sagte M. einst zu uns, als wir über Gott und die Göttichkeit im menschlichen Wesen sprachen, „ich kann die Größe dieses unendlichen Wesens nicht getheilt denken, kann neben seiner Größe, außer den Menschen, keine zweite glauben noch denken und höher steht auch der Mensch in meiner Achtung, der als solcher göttlich han delte, als wenn ich ihn als Gott erkennen soll, wo er dann nicht anders dandeln konnte und göttlich sein mußte, ohne eignes Menschenverdienst.“
Auf dieser Ansicht war des Verstorbenen, ganzes Leben gegründet.
Seine „Sonnenblicke“ sind daher gewiß nur die Früchte seiner innersten Ueberzeugung, und wo sie sich der oft von ihm widersprochenen menschlichen Kirche näbern – weshalb sie vielleicht eben seinen andern Ansichten widersprechen sollen – da war es die Poesie, welche kein schöneres Gewand für ihre Bilder finden konnte, da ja unser ganzer Glaube selbst so voller Poesie ist, daß eben derjenige, welcher keine Poesie in seinem Innern trägt, diese nur zu leicht in die minder schöne Prosa übersetzt und eben dadurch dann oft auf Abwege geräth, welche nur von dem Höchsten entfernen können, anstatt sich wie v. M., dem großen Weltgeist immer mehr und mehr zu nähern.
M. war aber weit entfernt, der Masse seine Art und Weise zu glauben, aufdringen zu wollen.
Aber vorbereiten wollte er auf eine lichtere und freiere eit der Gedanken – und eben das, that er in seinen onnenblicken, die er auch schon deshalb nicht gänzlich von dem alten poetischen Gewand unserer Kirche entkleiden durfte.
Anderes hat, anders mußte M. in seinen Pfefferkörnern schildern, wo die Poesie sich ganz rein an den kalten Verstand gebunden, sah und scheinen die „Briefe eines Wahnsinnigen aus dem 20. Jahrhundert,“ auch manche Härte zu haben, so wird doch auch hier derjenige, welcher den Dichter finden wiu, ihn nicht vergeblich suchen und auch hier die hohe Moral und Poesie nicht entbehren, die sich durch das ganze Leben des Verstorbenen mit emig lebendigen Farben zog, aber auch nur für Geister anwendbar war, deren Kraft auch an dem schwindelnden Abgrund einer ewigen Nacht zu stehen vermochte, gehalten durch das glänzende Sonnenlicht, welches auf der andern Seite der schmalen und gefährlichen Trennungslinie leuchtete.
Die „Pfefferkörner“, muß man überhaupt nicht als ein beabsichtigtes, und überlegtes Geistesprodukt ansehen, sondern sie vielmehr als die in bald „guter, bald übler Laune nie, dergeschriebenen augenblicklichen Gedanken eines Mannes betrachten, dessen Leben zu den verschiedenartigsten Betrachtungen Stoff und Veranlassung gab und wo er eben in der eigentlich thatlosen Stimmüng, in welcher diese einzelnen Sätze geschrieben wurden, Vieles stehen ließ, was er selbst bei einer genauern Durchsicht und strengern Prüfung vielleicht verworfen haben würde.
Aber er ließ es stehen, weil sie sein augenblickliches Selbst waren, welches er nie verläugnen, sondern offengeben wollte, wie es war... Ueberall scheint auch hier der rechtliche, der über Ungerechtigkeiten jeder Art, Menschenbeschränkung und Geisteskleinlichkeiten leicht empörte Mann hindurch und seine dort angeführten Anekdoten sind wohl keineswegs so gehalt- und gefühllos, als man zuweilen glaubt und zeigen ebenfalls wie M. überall das Recht und die Menschheit geachtet wissen wollte.
Als Novellist hätte M. wohl nie viel geleistet, diese Form der Rede lag seiner Ansicht zu Folge denn gewöhnlichen, oft so. gehaltlosen Konversationstone # nahe, um ihr ein besonderes Interesse abgewinnen zu önnen.
Doch wollte er in guter Laune auch dies Scherzes halber versuchen und schrieb eine Novelle „Weib und Dame“ im ersten Manuskript „die Dame von Welt“ genannt.
Vieles ist hierinnen enthalten, was ohne besonderes Gewicht spurlos an uns vorüber geht und dem man es ansieht, daß es nur ein Bindemittel zwischen zwei entferntern Ereignissen war; eben so sieht man aucd, daß M. sich oft mit aller Mühe und Gewalt nicht so in das flache Leben hinein denken konnte, um auch den Leser wenigstens für den Augenblick selbst mit abzuflachen.
Wo aber die schärfere Satyre spielen konnte, da sind die Scenen fest und sicher gezeichnet. Auch des Verfasers eignes gut durchgeführtes Bild finden wir dort in em „Baron v. Wegedorn,“ wie fast alle übrigen Peren Porträts sind.
Besonders in Bezug auf dieses erk sagt W.: „Ein tiefes Beobachten socialer Verhältnisse lag, nicht in seinem Wesen, seine Phantasie arbeitete stets so lebhaft, daß er in Gesellschaft mehr sprach, als den Zuhörer machte.
Dazu kam, daß er gern gehört und vielfach – weil man ihn, wo er näher gekannt war, ungemein lieb hatte, – in Zirkel geladen war, wo er die Konversation führte,“ die dann gewiß doch endlich einmal denkender Natur war.
Lieben mußte man v. M. aber sogleich, auch ohne ihn noch näher zu kennen, denn sein offner, rechtlicher Blick zog unbedingt den bessern innern Menschen sogleich an und zeigte sich, als aus der Grundtiefe des edelstens Herzens kommend.
Daß M. aber eben jene erwähnten socialen Verhältnisse nicht zu beachten vermochte, lag eben darinnen, daß er nie gern Ebenen und am allerwenigsten Sandwüsten und Steppen durchwanderte, sondern den Blick lieber von . der Höhe schweifen, und nach neuen Höhen streben ließ.
Aus eben diesem Grunde machte er in jenen Gesellschaften nicht gern den Zuhörer, war aber und machte nicht erst den Unterhalter, der eben seiner höhern geistigen Natur halber überall gern gehört war, wo man für das Bessere wenigstens noch empfänglich war, wenn man es auch nicht selbst zu pflegen verstand.
Es war nicht Eitelkeit von M., sondern es war ihm Bedürfniß, selbst zu reden, um einen summenden Fliegenschwarm, der ihn furchtbar langweilte, übertönen und das Korn, welches ihm verliehen war, seiner Aufgabe nach hie und da auszustreuen.
Wir haben M. nun noch als Dramatiker zu betrachten und glauben hier großen Theils v. Wachsmann folgen zu dürfen, der ihn hier weniger hoch stellt, als er es bei den lyrischen Dichtungen gethan, aber ihn auch mit Recht dort höher stellen mußte.
W. sagt: die Kenntniß des praktischen Lebens in seinen verschiedenen Nüancen, so wie des Zeitgeschmacks, seien M. in minder oder mehrern - Grade abgegangen und nur Kenntniß der Bühnenforderung habe er besessen. Sollten nun die Verhältnisse unseres praktischen Lebens und unser Zeitgeschmack auch nicht gerade erforderlich sein, um etwas Gutes zu leisten – und ich bin sogar von ihrer Unbrauchbarkeit überzeugt – so hat W. doch wohl in sofern Recht, als der Zeitgeschmack in gewissen Graden z. B. in der „Leibrente,“ „Scdwur und Rache,“g das Pasquill“ und „die Schauspielerin“ anwendbar und er forderlich ist. Schon weniger aber deucht mir ist dies in dem „alten Studenten“ nöthig, in „Cromwell“ und „ Kohlhaas“ aber ganz und gar nicht, da solche Stücke wohl den Zeitgeschmack, aber nicht dieser die Stücke bilden soll.
Cromwell hat nie Glück gemacht, denn er ist nie auf die Bühne gekommen und ich glaube zu M. eigner Zufriedenheit, da er sich besonders in dem Hauptcharakter unbedingt vergriffen hatte. Kohlhaas dagegen zählt auch W. zu Ms besten dramatischen Arbeiten ind glaubt, daß dieser sich auch hier überhaupt viel glücklicher gezeigt haben würde, wenn er den unglücklichen Gedanken aufgegeben bätte, politischen Zeitstoff auf die Bühne zu bringen.
Die Ansichten, sind nun zwar verschieden, indessen sagte schon „Göthe *): „Ein politisches Gedicht, ist ein häßlich Gedicht.“
So hatte M.-– was nicht zu läugnen ist, überhaupt die grellen Farben gern und diese traten besonders auf der Bühne lebhaft hervor, weshalb ihn die Schauspieler sehr gern hatten, indem sie sagten: M. verstehe Rollen zu schreiben, weil seine oft grellen Charaktere sich leicht wieder geben ließen.
Manches schöne Gefühl spricht sich aber doch immer auch in seinen Schauspielen und so z. B. in dem alten Studenten aus.
Die Schauspielerin konnte der Schauspielerinnen halber Anfangs nicht auf die Bühne kommen; M. arbeitete sie im Sommer 1836 um und jetzt ist sie, irre ich nicht, auf irgend einem größern deutschen Stadttheater endlich gegeben worden. Für das Theater war M. überhaupt sehr eingenommen und wie er dichterischen Frauen, der Geistlichkeit und den Juden (deren Emancipation er jedoch enthusiastisch vertheidigte und nur mit den Künstler und Schriftsteller jenes Volks manchmal umging) überaus abgeneigt war, so gern befand er sich unter Schauspielern, wiewohl er sich bisweilen im Allgemeinen gegen den Stand derselben äußerte.
„Die Intendanz eines Theaters, das wäre ein Platz für mich!“ rief er oft mit Enthusiasmus; er hätte eine solche Stelle, selbst die eines Dramaturgen ohne den geringsten Gehalt gern übernommen. ... Die Zusammentragung einer Geschichte der Maltischen Familie, womit er sich mehrere Jahre hindurch beschäftigt hatte, ab Veranlassung zu einer falschen Beurtheilung seiner elbst: man wollte darin einen Beweis des wirklichen Vorhandenseins seiner so oft geleugneten aristokratischen Ansichten finden.
Hätte man aber nur die Vorrede zu diesen Werken gelesen, so würde man gewiß anderer Meinung geworden sein, denn in ihr sagt M.: daß er es, adelich, oder bürgerlich für fühllos, dalte, ruhig an den Grabsteinen seiner Voreltern vorüber zu gehen.
Auch Wachsmann bekennt sich zu jener Ansicht, Ä jedoch ein: „M. sei nicht Aristokrat im strengen Sinne gewesen, habe aber von Demokratie eben so wenig und von Republik gar nichts wissen wollen, aber wohl von der Nützlichkeit eines starken Adels, der sich aber allerdings edel zeigen solle.“
„Aus seiner „Rede an den deutschen Adel“ scheint freilich eine solche Ansicht nicht hervor zu gehen, war er aber Aristokrat, so war er es im edelsten Sinn und dann fällt ja Aristokratie und Liberalismus ganz zusammen.
Aber auch seinen Liberalismus dat man zu verdächtigen gesucht. Wachsmann vertheidigt ihn aber in dieser Hinsicht treffend, indem er sagt: „Wenn in den „Ansichten aus der Kavalierper Ä einem vor ohngefährÄerschienenen uche, - bei Gelegenheit des schönen Maltitzschen Gedichts: „Ahnentrümmer,“ zu verstehen gegeben wird, der Liberalismus des Dichters hänge mit dessen mißlichenÄzusammen, so ist dies nur ein Beweis, daß der Verfasser ihn gar nicht kannte.
v. M. hatte Vermögen und seine Bedürfnisse waren so gering, daß, wenn er nicht so wohlthätig gewesen und selbst Leute, die es nicht um ihn verdient, unterstützt hätte, er das erstere vermehrt haben, würde. „Hätte sein Liberalismus einen Ursprung gehabt, wie sich solcher in den -letzten Jahren bei Leuten, die den Verstorbenen zu ihrer Partei rechneten, deutlich offenbarte, ja, hätte er den Bekehrten gespielt und eine andere Farbe angenommen, gewiß weder ich noch mancher Andere seiner zahlreichen Freunde hätte ferner was von ihm wissen wollen.
Daß Leute von ganz entgegengesetzten Ansichten ihn ehrten, ist eben ein Beweis, daß er ein Ehrenmann war.“ –
Außer den genannten Schriften erschienen noch von ihm:
Ränzel und Wanderstab, oder Reisen nach Gefühl und Laune. 2 Bände. Berlin 1821 – 1823. –
Humoristische Raupen oder Späßchen für Forstmänner und Jäger. 2. Aufl. Ebendas i822. –
Vier glückliche Jahre auf Reisenz. Aufheiterung u. Nachahmung beschrieben. Ebd. 1823. –
Fr. v. Schillers Briefe an v. Dalberg u. Demetrius. Herausg. c. Karlsruhe 1823. (Auch unter dem Titel: Schillers sämmtliche Werke 8r Suppl. Bd.) –
Streifzüge durch d. Felder d. Satyre u. Romantik. Ebd. 1824. –
Maler. Ansichten versch. Gegenden und Merkwürdigkeiten a. e. Reise durch Oesterreich, Steiermark, Tyrol, d. Schweiz, Ober- u. Unteritalien, nach d. Nastur aufgenommen u. a. Stein gez. v. J. Schoppe und C. Gröbius. Mit natur - romant. Dichtungen begl. von G. A. v. Maltitz 1. Lief. Ebend. –
Gelasius, d. graue Wanderer im 19. Jahrh: Ein Spiegelbild unserer Zeit 1s Bdchn. Lpzg. 1826. –
Hans Kir Reise ins Pomeranzenland. Ein Gedicht in 6 Gesängen. Berl. 1827. –
Humorist..satyr. Plänkerhiebe in d. Revieren uns. Forstzeit. 3. umgearb. u. bedeut, vermehrte Aufl. (von dess. , Humorist. Raupen“ und Briefwechsel a. d. Narrenhause.“) Ebd. 1828. –
Der Dichter u. d. Uebersetzer. Schauspiel, Ebend. 1829. –
Rede an d. deut. Dichter u. Schriftsteller jetziger Zeit. 2. A. Hamb. 1831. –
Rede an mein deut. Volk. 1. u. 2. Aufl. Ebd. 1831. –
Rede an d. deutschen Wehrstand jetziger Zeit. 1–3. Aufl. Ebendas. 1831. –
Volksstimmen an die Zeit. 1. u. 2. Aufl. Ebd. 1831.
Ein herzliches Wort z. Herzen deutscher Fürsten. Ebend. 1831. –
Biogr. ausgezeichneter Komponisten, Virtuos sen Nc. 3 Hft. Ebd. 1831. –
An ÄÄ Fürsten, Adel, Wehrstand, Schriftsteller u. Volk. 5 Reden. N. wohlf. Ausg. Ebend. 1832. –
Balladen und Romanzert. Paris 1832. –
Jahresfrüchte d, ernsten u. heitern Muse. 2 Bdchn. Lpzg. 1834–35.
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Maltitz: Gotthilf August v. M., Dichter, geb. bei Königsberg in Preußen (in Raudischken?) am 9. Juli 1794, † in Dresden am 7. Juni 1837, bereitete sich für das Forstfach vor, unterbrach jedoch, als im J. 1813 Preußens Erhebung gegen Frankreich stattfand, seine Studien und trat, obschon er körperlich gebrechlich und mißgestaltet war, als Husar in das Heer ein.
Nachdem er schon im J. 1816 „Poetische Versuche“ veröffentlicht hatte, widmete er sich später ganz der Dichtkunst.
Das Album der im J. 1816 aus Cotta’s Privatforstschule hervorgegangenen königlichen Forstakademie zu Tharandt ergiebt, daß v. M. („aus Raudischken“) während des Sommers 1820 dort studirte; kurze Zeit functionirte er auch als Forstbeamter.
Er gab aber den forstwirthschaftlichen Beruf völlig auf, nachdem er sich bei Gelegenheit einer ihm übertragenen Forsttaxation mit seinen Vorgesetzten entzweit und durch Veröffentlichung einer gegen zwei derselben gerichteten Spottschrift die Aussichten auf Beförderung abgeschnitten hatte.
Bevor er um das J. 1824 seinen Wohnsitz in Berlin nahm, machte er seinen eigenen Angaben zufolge eine Reise nach Italien: indessen, da man wußte, in welchem Maße ihn seine Phantasie beherrschte, und in seinen Schilderungen aus Italien auffällige Unrichtigkeiten entdeckte, glaubte man sich berechtigt, diese seine Angaben in Zweifel zu ziehen. In Berlin schrieb v. M. einige dramatische Dichtungen.
Mehrere seiner Stücke, z. B. sein „Hans Kohlhas“ (Berlin 1828), wurden dort nicht ohne Beifall aufgeführt.
Aber eines derselben, „Der alte Student“ (Hamburg 1828), welches die polnischen Freiheitsbestrebungen verherrlichte und Stellen enthielt. welche die Censur beanstandete, ward dadurch, daß es aufgeführt ward, ohne daß die beanstandeten Stellen wegblieben, Ursache, daß er aus Berlin ausgewiesen wurde und den Aufenthalt im preußischen Staate, an dem er mit Liebe hing und für dessen deutschen Beruf er voller Begeisterung war, während seines übrigen Lebens mied.
Er ließ sich zunächst in Hamburg nieder und redigirte hier den „Norddeutschen Courier, ein Zeitblatt für Männer“ (3 Jahrgänge, Hamburg 1829–31), eine Zeitschrift, welche von ihrem Verleger als die „freisinnigste“ bezeichnet wird, „die in Deutschland erscheint“.
Mit edlem Eifer, an Vorbildern wie Hutten und Seume sich begeisterud, wirkte er mit den Mitteln poetischer Publicistik für deutsche Einheit und Freiheit.
Seine eigenen Beiträge zum „Courier“ wurden von ihm gesammelt unter dem Titel „Pfefferkörner“ (4 Heftlein, Hamburg 1832–1834) veröffentlicht.
Die Julirevolution veranlaßte ihn sich nach Paris zu begeben.
Aber enttäuscht kehrte er bald von dort nach Deutschland zurück und wählte, [153] nachdem er kurze Zeit in Karlsruhe und Stuttgart verweilt, als Aufenthaltsort Dresden, wo er sein Leben beschloß.
Er war nie verheirathet.
Werke
Literatur
- Franz Schnorr von Carolsfeld: Maltitz, Gotthilf August von. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 20, Duncker & Humblot, Leipzig 1884, S. 152 f.
- Gotthilf August von Maltitz in Neuer Nekrolog der Deutschen, 15. Jahrgang, 1837, 1. Teil. Weimar 1839. S. 615 f.
Schau'n mer mal
- http://deutsches-jagd-lexikon.de/index.php?title=Maltitz,_Gotthilf_August_von
- https://en.wikipedia.org/wiki/Gotthilf_August_von_Maltitz
- https://www.weimar-lese.de/index.php?article_id=587
- https://books.google.de/books?id=VYUDDgAAQBAJ&pg=PA475&lpg=PA475&dq=gotthilf+august+von+maltitz+1794+1837&source=bl&ots=1UO9BnMnxr&sig=JgXOMDTsMtg-cIzBnyEZWdtrxJA&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwjM6NWu0rDeAhWN2KQKHTDgAIs4ChDoATAEegQIARAB#v=onepage&q=gotthilf%20august%20von%20maltitz%201794%201837&f=false
- https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/entity/116722037
Einzelnachweise