Taumelscheibe

1 Feststehender Außenring (blau)
2 Drehender Innenring (silber)
3 Kugelgelenk
4 Ansteuerung (Nick)
5 Ansteuerung (Roll)
6 Gestänge zum Rotorblatt
Eine Taumelscheibe (engl. swashplate) ermöglicht die Steuerung eines Hubschraubers über den Hauptrotor. Sie besteht aus einem äußeren, nicht-drehenden Ring und einem mit der Rotorwelle drehenden Innenring, die beide beweglich auf einer Kugel auf der Rotorwelle unterhalb des Hauptrotors sitzen (Kugelgelenk). Von dem Innenring gehen Steuerstangen zum Rotorkopf, an dem die Rotorblätter angebracht sind.
Zyklische Blattverstellung
Die Steuereingaben des Piloten werden zum Außenring weitergeleitet: Wird der Steuerknüppel nach vorne gedrückt, neigt sich auch die Taumelscheibe nach vorne. Der Außenring gibt die Kraft an den drehenden Innenring weiter, dessen Steuerstangen den Einstellwinkel der Rotorblätter regeln. Aus dem Drehen des Innenrings entsteht so eine zyklische Blattverstellung: Die Rotorblätter werden jeweils an der gleichen Stelle des Umlaufs steiler angestellt. Durch die zyklischen Einstellwinkelveränderungen wird die Hauptrotorebene nun ebenfalls nach vorne geneigt, und der Hubschrauber beginnt in diese Richtung zu fliegen. Der gewünschte Schub wird also nicht durch die zyklisch geänderten Einstellwinkel erreicht, sondern erst durch das daraus resultierende Kippen der Rotorebene.
Auf den ersten Blick mag es einfacher erscheinen, die Rotorebene direkt mechanisch zu kippen, wobei der starre Rotor z.B. über ein Kardangelenk angetrieben würde, anstatt die Blätter einzeln zyklisch zu verstellen. Dies würde aber tatsächlich an der Kreiselpräzession scheitern.
Phasenverschiebung
Die zyklische Einstellwinkelverstellung der Rotorblätter muss um 90° vorlaufend erfolgen. Dieses manchmal auch Phasenverschiebung genannte Phänomen kann folgendermaßen mit der Kreiselpräzession erklärt werden, die wiederum auf der Drehimpulserhaltung basiert: Auf dem schematischen Bild ist ein Helikopter in zwei Orientierungen dargestellt, zwischen denen eine Nickbewegung erfolgt ist. In beiden dargestellten Situationen soll der Rumpf nicht mehr rotieren, damit sind die Drehimpulsvektoren vor dem Nicken sowie nach dem Nicken jeweils nur durch den Rotor selbst bedingt und damit parallel zur Rotorachse. Der Rotor im Bild dreht linksherum, wie sich mit der Korkenzieherregel anhand der Vektorrichtung erkennen lässt. Nach dem Drehimpulserhaltungssatz muss zwischen beiden Situationen über eine Zeitspanne ein mittleres Drehmoment zwischen dem Rotor und der umgebenen Luft gewirkt haben, welches mit multipliziert genau die vektorielle Differenz beider Drehimpulse ergibt:
Wie man sieht, weist dieser Drehmomentvektor ungefähr nach vorne, welches nach der Korkenzieherregel einer maximalen Auftriebserhöhung durch zyklische Anstellwinkelverstellung auf der linken Helikopterseite und einer maximalen Auftriebsminderung auf der rechten Seite entspricht.
Die Taumelscheibe wiederum wird mechanisch bedingt oft auch um 90° verdreht angesteuert, so dass die Phasenverschiebung scheinbar wieder aufgehoben wird und die Taumelscheibe letztendlich in dieselbe Richtung kippt, in die der Hubschrauber gesteuert wird. Konstruktiv werden die Kräfte an den Rotorblättern von deren Aufhängung beeinflusst. Der konstruktive Winkel der Phasenverschiebung relativ zum Steuerknüppelausschlag kann daher von 90° abweichen – beim Bo 105/BK 117 mit starrem Rotorkopf und elastischen GFK-Rotorblättern beträgt er z.B. nur 78°.
Kollektive Blattverstellung

Beim Ziehen des Collective- (engl. gemeinsam, auch Pitch-) -Hebels neigt sich die Taumelscheibe nicht, sondern wird im ganzen axial auf der Rotorwelle verschoben. Damit ändert sich der Einstellwinkel aller Rotorblätter gleichmäßig, somit auch der Auftrieb und der Hubschrauber steigt oder sinkt analog. Das benötigte höhere Motor-Drehmoment beim Anstellen wird vom Piloten manuell über den Gashebel oder auch automatisch eingestellt, damit die Drehzahl des Rotors nicht absinkt.
Bei der Steuerung im Flug überlagern sich zyklische und kollektive Blattverstellung. Der Pilot muss, vor allem bei Start, Landung und ähnlichen Flugmanövern, ständig durch kleine Korrekturen die gewünschte Fluglage halten bzw. herstellen – ein Hubschrauber fliegt nicht eigenstabil.