Sedlec u Obrnic
Sedlitz Kreis Brüx / Sedlec okres Most
Geographie
Geographische Lage
Sedlitz (tschechisch Sedlec) liegt südöstlich von Brüx (tschechisch Most) am Flüsschen Serpina (tschechisch Srpina). Im Nordwesten begrenzt das Erzgebirge das Gebiet, im Südwesten ist das Saazer Becken, im Nordosten schließt sich das Böhmische Mittelgebirge an und im Süden durchzieht die Eger das Land. Sedlitz liegt an drei Bahnverbindungen.
Nachbargemeinden
Kolosoruk (tschechisch Korozluky) als Nachbarort bildete im 19. und 20. Jahrhundert eine Pfarrgemeinde mit Sedlitz. Im Nachbarort Luschitz (tschechisch Lužice) wurde die 1878 erbaute Kirche gemeinsam genutzt. Sie wurde dem Sankt Augustin gewidmet.
Geschichte
Herkunft des Namens Sedlitz
Der Name Sedlitz kommt in Böhmen mehr als 20mal vor und ist vom Hauptort Sedlci (das Zettlitz bei Karlsbad mit seinem Kloster) abgeleitet und kann als „die Sassen“ = Ansiedler, Ansässige, übersetzt werden. In Tschechisch wird es Sedlec, Sedlic, sedlo (Siedlung, Sattel) übersetzt.
Geschichte bis 14. Jahrhundert
Nach der Abwanderung der Markomannen im 6. Jahrhundert wurde das Gebiet von den Tschechen besiedelt. Aus der Zeit haben sich viele Orts- und einzelne Flurnamen erhalten.
Die Hauptstadt Brüx wurde vermutlich in den 1220er-Jahren durch das Geschlecht der Hrabischitz mit Unterstützung durch das Kloster der Kreuzherren vom Prager Zderaz angelegt.
Im 12. und 13. Jahrhundert erreichte die mittelalterliche deutsche Ostsiedlung ihren Höhepunkt. Es handelte sich vorwiegend um eine bäuerliche Siedlungstätigkeit, doch kam es gleichzeitig auch zu vielen Stadtgründungen. Die Gründe der Siedlungsbewegung sind einerseits in einer Zunahme der Bevölkerung im Westen zu suchen, andererseits im Bedarf an Arbeitskräften beim Landesausbau (Rodung von Wald- und Ödland) und der Landesentwicklung (Wirtschafts- und Gesellschaftsreform). Die Besiedlung wurde insbesondere angeregt durch Vergünstigungen wie persönliche Freiheit, freies Besitz- und Erbrecht, Befreiung von Frondiensten, feste Abgabenleistungen, Selbstverwaltung und eigene Gerichtsbarkeit. Daneben bauten Kaufleute (Hanse) europaweite Handelsverbindungen auf. Viele Kirchen und Klöster wurden gegründet. Nach dem 30-jährigen Krieg findet man in der tschechischen Abfassung der Steuerrolle von 1652 nur deutsche Siedler in Sedlitz.
1253 wird Sedlitz erstmals urkundlich erwähnt von den Grundherren des Ritterlichen Kreuzherrenordens mit dem roten Stern in Prag.
15. bis 17. Jahrhundert
1419-1436 musste in den Hussitenkriegen insbesondere die Kreisstadt Brüx mehrere Schlachten durchstehen. 1421 war die erste Schlacht, 1434 die zweite. Auch Sedlitz litt unter den Kriegen.
1646 vernichteten die Schweden während des 30jährigen Krieges Sedlitzer Hab und Gut. Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges wurde die Kreisstadt Brüx mehrmals von schwedischen Truppen erobert.
1646 wurde in Brüx zum ersten und letzten Mal durch eine Kriegslist auch die Burg auf dem Schlossberg Burg Hněvín (Landeswarte) erobert.
18. bis 19. Jahrhundert
1724 schließt die Gemeinde Sedlitz einen ersten kleinen Bitterwasservertrag ab (siehe xx)
1725 hat der Sedlitzer Bauer Mathes Wünsch seinen Bitterbrunnen an die Brüxer Kommenda abgetreten
1771 befreite Kaiser Josef II. die Bauern aus der Leibeigenschaft
1777 wurden wie überall im Reich auch die Sedlitzer aufständisch und leisteten keine Abgaben mehr an die Obrigkeit
1780 hatte Sedlitz unter dem bayrischen Erbfolgekrieg zu leiden. Österreichische Soldaten verlegten ihr Lager für einen Tag nach Sedlitz
1788 schloss der damalige Kommandeur der Kommenda in seinem letzten Lebensjahr einen Vertrag mit der Gemeinde Sedlitz, wonach dem Dorfe für ewige Zeiten die Hälfte des Jahreszinses erlassen würde. Dafür bekam die Kommenda das volle Recht an den Bitterwasserquellen und unbeschränkte Fischereirechte
1793 Teichbereinigung
1797 schließt die Gemeinde Sedlitz den großen Bitterwasservertrag ab
1805 beginnt das älteste vorhandene Sedlitzer Kassebuch.
1848 Habsburger Monarchie
"Solange das Königreich Böhmen ein tschechisch-deutscher Staat war, bedurfte es keines besonderen Namens für die Schicksalsgemeinschaft der Deutschen in diesem Staate. Ein Deutscher aus Böhmen wie ein Tscheche aus Böhmen waren eben Böhme. Eines der Organisationsprinzipien der Habsburger Monarchie seit 1848 und besonders der österreichischen Reichshälfte seit 1867 war der Grundsatz der Gleichberechtigung der Nationalitäten gewesen." [1]
20. Jahrhundert
1919 Nach dem Ersten Weltkrieg gehörte Sedlitz für einige Wochen zur Provinz Deutschböhmen. Es wurde für das Selbstbestimmungsrecht der Völker und gegen die tschechische Besetzung demonstriert. Tschechisches Militär in Bataillonsstärke zerschlug in einem Kampf in Brüx die „Brüxer Volkswehr“
1919 "Gründung des neuen Staates Tschechoslowakei. Die Sudetendeutschen wurden – gegen ihren erklärten Willen – tschechoslowakische Staatsbürger
1922 wurden 1.498 deutsche Zeitungen beschlagnahmt
1924 Allein in diesem Jahr wurden 40.000 deutsche Postler und Eisenbahner entlassen. Beim Militär wurden fast nur Tschechen zu Offizieren befördert" [2]
1926 Beitritt von Sedlitz zum Verband der deutschen Selbstverwaltungskörper und Festlegung der deutschen Geschäftssprache für die hiesige Gemeinde
1933 "Der Empfang von Rundfunksendungen aus dem Deutschen Reich wurde am 29. Mai verboten" [3]
1938 Münchner Abkommen am 29. September wurden Gebiete mit überwiegend deutscher Bevölkerung dem Deutschen Reich angegliedert. Im Münchner Abkommen vom Herbst 1938 fiel das Sudetenland an das Deutsche Reich, Brüx war Sitz des Landkreises Brüx, Regierungsbezirk war Aussig im „Reichsgau Sudetenland“
1938 Bereits am 10. Oktober rückten in Sedlitz deutsche Truppen ein
1945 Am 8. Mai, dem Tag der Kapitulation, fuhren russische Panzer durch Sedlitz
1945 Ab Mai wurden in Sedlitz die deutschen Höfe von Tschechen – meist aus Kolosoruk – übernommen. Durch das Beneš-Dekret 108 wurden die Vermögen konfisziert und auch die katholischen Kirchen von Brüx enteignet. Es erfolgte keine Abgeltung für das eingezogene Vermögen
1946 Ab Mai wurden alle deutschen Sedlitzer ausgesiedelt. Von Brüx aus erfolgten 15 Transporte mit je bis zu 1200 Menschen in 40 Güterwagen. Nur die beiden tschechischen Familien Suchy und Srp blieben im Ort.
In die von Deutschen hinterlassenen Städte und Dörfer siedelten viele Neubürger aus Mittelböhmen, der Slowakei, sogenannte „Repatrianten“ und Roma. Nur zehn Jahren später waren die Häuser dem Verfall ausgeliefert und der Abriss ließ nicht lange auf sich warten.
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Einwohnerentwicklung
1921: 207 Einwohner
1930: 200 Einwohner
1939: 153 Einwohner
Politik
Gemeindevorsteher
1919 Ferdinand Wagner
1923 Ferdinand Wagner
1927 Albert Patzak
1930 Albert Patzak gestorben, Amtsgeschäfte übernimmt Josef Wlassak
1932 H. Wlassak jun.
1932 Franz Hausenblas Nr. 4
1938 Franz Hawelka d.J.
1938 Wenzel Zienert
Bürgermeister
1939 Franz Hawelka
1941 Anton Reichel
Parteien / Organisationen
1919 Gründung einer örtlichen Arbeiterpartei
1923 Bund der Deutschen feiert 25jähriges Jubiläum
1927 Gründung des Bundes deutscher Landwirte (löste sich 1938 auf, Mitglieder meldeten sich bei der SdP (Sudetendeutsche Partei))
1936 Gründung des Bundes der Deutschen
Zeit des Nationalsozialismus
1938 Gründung der SA (Sturmabteilung, paramilitärische Kampforganisation)
1938 Gründung der NSDAP (Nationalsozialistische deutsche Arbeiterpartei)
1938 Gründung der HJ (Hitlerjugend)
1938 Gründung des BdM (Bund deutscher Mädel)
1938 Gründung der NSV (Nationalsozialistische Volkswohlfahrt)
1938 Gründung der Christlichsozialen Partei (im gleichen Jahr wieder aufgelöst, Mitglieder traten bei der SdP ein(Sudetendeutsche Partei)
1940 Gründung der NS-Turngemeinde
1940 Gründung des Bundes deutscher Osten
1941 Tag der Deutschen Polizei – Sammlung wurde durchgeführt
1941 Gründung der NS-Frauenschaft Kolosoruk-Sedlitz
1942 NS-Frauen arbeiten in Abendstunden Ausstattung für die Wehrmacht
Verkehr
Bahnverkehr
Im Jahr 1871 wurde mit dem Bau der Eisenbahnlinien Brüx – Prag und Dux – Pilsen begonnen. Sedlitz erhielt aber erst 10 Jahre später eine Haltestelle.
Im Jahr 1898 kam dann eine dritte Linie Obernitz – Tschischkowitz hinzu. Die Haltestelle Sedlitz wurde im Dezember 1898 in Betrieb genommen. Somit führten drei Bahnlinien an Sedlitz vorbei.
Ansässige Unternehmen
Quarzitsteinbruch
Sedlitz hatte vorwiegend landwirtschaftliche Betriebe. Ein größerer Gewerbebetrieb war der Quarzitsteinbruch, den ab 1914 die Stettiner Chamottefabrik (vorm. Didier in Bodenbach) betrieb.
Ziegelbrennerei
Bis zur Weltwirtschaftskrise 1929 hatte Sedlitz eine Ziegelbrennerei an der Straße am Stadtberg Richtung Brüx.
Bitterwasserquelle
Die Bitterwasserquelle des „Sedlitzer Bitterwasser“ ist schon 1724 in einer Schrift mit der chemischen Zusammensetzung bekanntgemacht worden. Der Vertrieb ging weit über die Grenzen hinaus. Sie verlor an Bedeutung gegenüber dem Biliner Sauerbrunnen.
Braunkohlelager im Brüxer Land
Große Braunkohlelager gab es im gesamten Gebiet um Brüx. Im Wesentlichen war es Tagebau. Die Bodenunterschicht in Sedlitz war Quarzitgestein.
Ab 1939 wurden in der Gemarkung Maltheuern im Hydrierwerk durch Kohleverflüssigung Benzin sowie Diesel- und Heizöl hergestellt. Die erst 1943 voll ausgebauten Anlagen hatten zuletzt eine Jahreskapazität von 335.000 t synthetischem Benzin (vorwiegend Flugbenzin). Ab 1944 waren sie daher im Luftkrieg des Zweiten Weltkriegs ein häufiges Zeil schwerer Angriffe, die erhebliche Zerstörungen verursachten.
Besonders für den expandierenden Kohlebergbau wurden viele Arbeiter überwiegend tschechischer Nationalität nach Brüx verpflichtet. Um 1930 hatte die siebzig Jahre zuvor noch rein deutsche Stadt eine knappe tschechische Mehrheit.
Brüx hatte darüber hinaus eine Zucker- und Porzellanfabrik, ein Stahlwerk und eine Brauerei). Im Jahr 1898 wurde in Brüx die „Nordwestböhmische Ausstellung für Industrie und Gewerbe“ veranstaltet.
Öffentliche Einrichtungen
1877 bekamen Sedlitz und Kolosoruk per Dekret aus Wien und Prag eine gemeinsame Volksschule, die am Ortsrand von Sedlitz Richtung Kolosoruk gebaut wurde
1927 Im Dezember wurden erstmals Sedlitzer Häuser mit elektrischem Strom versorgt
1932 Vollständige Herrichtung des Gemeindehauses (Ortsausgang Richtung Brüx). Es diente zu reinen Gemeindezwecken (Isolierzimmer, Gemeindeschrank und Unterbringung von Armen in der Gemeinde).
Ortsstruktur von Sedlitz und Baustil Sedlitzer Häuser
Der Anlage nach sind beide Dörfer, Sedlitz und Kolosoruk, „Rundlinge“. Diese sollten zu Verteidigungszwecken dienen. Sie haben sich aber nach und nach, besonders Sedlitz, zum Straßendorf ausgebildet. In der Dorfmitte wurde ein freier geräumiger Mittelplatz angelegt, auf den sich bei einem Überfall das Vieh in Sicherheit bringen ließ.
Die Bauart der Häuser war ursprünglich ein rein deutscher Dorfstil, vorwiegend Blockhäuser. Später, im 19. und 20. Jahrhundert ersetzten „Steinkästen“ diese Blockhäuser. Nur das Halbwalmdach hatte sich herübergerettet.
Natur
Sedlitz hat kontinentales Klima und ist wenig niederschlagsreich. Es besitzt keine Waldgebiete.
Persönlichkeiten
Lehrer Heinrich Bittner
Heinrich Bittner, Lehrer in Sedlitz von 1905 – 1936, schrieb die Geschichte der beiden kleinen Dörfer Sedlitz und Kolosoruk in seinem Buch „Zwischen Tonz- und Konnsbarch“ nieder (Tanz- und Johannesberg), das 1929 verlegt wurde. Er begann außerdem ab 1920 mit der Führung eines Gedenkbuches für Sedlitz, in dem die jährlichen Ereignisse festgehalten wurden. Es endet mit dem Jahr 1944. 1924 wurde Heinrich Bittner zum Vertreter der Landgemeinden bei der Bezirksverwaltungskommission der deutschen Wahlgemeinschaft in Brüx ernannt.
Literatur / Quellen
1.) Buch „Zwischen Tonz- und Konnsbarch“ von Lehrer Heinrich Bittner (1927)
2.) Gedenkbuch von Sedlitz von 1920 bis 1944
3.) Volkszählung im Jahr 1921 (Czech Republic Censuses, 1800-1945; pal:/MM9.3.1/TH- 1942-29653-4507-47)
4.) Wikipedia
- ↑ Navratil "Das sudetendeutsche Problem aus einer anderen Sicht" - Universität Opava 2003 Seite 6 und 8
- ↑ Navratil "Das sudetendeutsche Problem aus einer anderen Sicht" - Universität Opava 2003 Seite 9
- ↑ Navratil "Das sudetendeutsche Problem aus einer anderen Sicht" - Universität Opava 2003 Seite 10