Kommunismus
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Kommunismus (lat. communis = "gemeinsam") ist - insbesondere seit dem 19. Jahrhundert - eine Vorstellung über ein herrschaftsfreies Zusammenleben gleicher Menschen.
Frühe Vorstellungen
Die Vorstellung herrschaftsfreien Zusammenlebens gleicher Menschen ist eine sehr alte Vorstellung und partiell sehr frühe Lebensform. So hat u. a. Friedrich Engels, der zusammen mit Karl Marx das Kommunistische Manifest schrieb, der protofamiliaren Gemeinschaft (Stamm), bevor also die Gattenfamilie (Vater, Mutter, Kinder) Basis für Haus und Familie wurde, eine Form von Urkommunismus zugeschrieben(Der Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates, ??).
In gewisser Weise wird dem Frühchristentum eine solche Vorstellung zugeordnet. Andere nennen Thomas Münzer als sehr frühen Vertreter dieser Ideen, die sich später primär in Europa verbreiteten und in realen Staaten dem Anspruch nach ideologische Basis wurden.
Über lange Zeit ist der Begriff Kommunismus weitgehend identisch mit dem Begriff Sozialisms; für Marx und Engels war Sozialismus die Vorform des Kommunismus. Im Zuge der Aufklärung entstanden im 18. Jahrhundert Vorstellungen herrschaftsfreien Zusammenlebens, die heute zumeist Frühsozialismus und/ oder Utopischer Sozialismus genannt werden.
Als weitere Strömung in dieser Vorstellung ist der Anarchismus zu nennen. Anders als in den sozialistischen Strömungen wird in den anarchistischen sehr früh eine individualistische Konzeption formuliert, die Gemeinschaft und/ oder Gesellschaft als ohne jede staatlich-institutionelle Ordnung für realistisch hält.
Bei allen frühen kommunistischen und sozialistischen Vorstellungen wurde allerdings nicht von der Gleichheit der Geschlechter ausgegangen, meist nicht auf eine individualistische Konzeption, sondern auf Familie als gemeinschaftliche Basis bezug genommen. Das gilt für frühsozialistische Modellgemeinden, etwa die von Robert Owen, bis hin zur Räterepublik, wie sie in Deutschland 1918 angestrebt wurde, bei der ja Betriebe (und soldatische Einheiten) die Vertreter der Basis in die höheren Gremien entsandten, die strukturell keine Gleichheit der Geschlechter aufwiesen, sondern fast nur aus Männern bestanden.
Bei aller Kritik, die z. B. Marx/ Engels an der Vorherrschaft des Mannes übten, war auch ihnen Geschlechterdemokratie kein vorrangiges Ziel. In den entstehenden sozialistisch-kommunistischen Staaten waren zwar formal die Geschlechter meist gleichgestellt, nicht aber im Alltag; auch wenn in der Produktion Frauen eine den Männern ähnliche Stellung aufwiesen (bei weniger Lohn), waren sie im Hause doch weiterhin partiarchalen Strukturen unterworfen.
19. Jahrhundert
Durch die Aufklärung, die (bürgerliche) Französische Revolution zum Ende des 18. JH und dann die zuerst in England beginnende Industrialisierung wurde das 19. JH zu einem Jahrhundert bedeutender sozialer Umwälzungen. In der Industrialisierung entstanden nicht nur neue gesellschaftliche Gruppen, die in der entstehenden Wissenschaft "Klassen" heißen. Mit Kapitalisten- und Arbeiterklasse traten soziale Akteure in die Weltgeschichte ein, die - einander bedingend - um die Macht zu kämpfen begannen. Andere gesellschaftliche Klassen wurden aus dem Fokus der Veränderung zurückgedrängt.
Kapital entsteht aus Geld, wenn lebendige Arbeit ausgebeutet wird, die den Mehrwert produziert, weil die Arbeiter weniger Lohn erhalten, als der Kapitalist (im Durchschnitt) durch den Verkauf der Ware realisieren kann - das ist die Substanz der nur gemeinsam denkbaren Existenz von Kapital und Arbeit, Kapitalisten und Arbeiterklasse, dem Proletariat
Karl Marx und Friedrich Engels haben 1848 mit der Schrift "Das Kommunistische Manifest" eine ideologische Basis geschaffen, mit dem über England und dann Europa hinaus, proletarische Schichten und große Teile des aufgeklärten Bürgertums des 19. JH zur Idee einer kommunistischen Sozialreform vereinigt wurden. "Proletarier aller Länder - vereinigt Euch" lautet der letzte Satz des Kommunistischen Manifest´, das beide im Auftrag des "Kommunistischen Bundes" verfassten.
Durch die Bände "Das Kapital" von Karl Marx wurde die darin formulierte "Kritik der politischen Ökonomie" zu einer politischen und wirtschaftlichen Theorie, die die bürgerliche Gesellschaft als ausbeuterisches Gewaltverhältnis verurteilt. Es ging darum, eine Gesellschaftsform zu finden, in der "jeder nach seinen Fähigkeiten" tätig sein und "jedem nach seinen Bedürfnissen" der produzierte Reichtum offen stehen solle. Durch die Arbeiten Marx´und Engels entstand ein theoretisches Konzept, allgemein als "Marxismus" bezeichnet, das in der Wissenschaft des 19. JH - etwa neben den Arbeiten Darwins - ein "materialistisches Weltbild" gegenüber der christlichen Schöpfungsgeschichte etablierte.
Marx und Engels traten mit ihrem Wirken dafür ein, einen "Wissenschaftlichen Sozialismus" zu begründen, der im Gegensatz zu Ideen des Utopischen Sozialismus, des Anarchismus, aber auch zu Vorstellungen bürgerlicher Kräfte, wie z. B. die sog. Kathedersozialisten, entwickelt wurde. In der frühen Soziologie sind auch andere "Kommunismus"-Begriffe erarbeitet worden.
So bezeichnet Ferdinand Tönnies in Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) im Untertitel den Kommunismus als "empirische Kulturform"; dieser "Communismus" ist nach seiner Theorie aber nur gemeinschaftlich möglich; hingegen geht es in gesellschaftlichen Zusammenhängen immer nur um den "Socialismus". Da bei ihm zwar "Gesellschaft" aus "Gemeinschaft" hervorgehen kann, er den umgekehrten Prozess aber als unmöglich beurteilt, kann bei ihm aus Sozialismus auch nie Kommunismus werden. Auch Max Weber sieht Kommunismus als Vergemeinschaftung, wenn er auf z. B. den "Familienkommunismus" und den "Mönchskommunismus" hin weist.
Dass im 20. JH der Begriff "Kommunismus" wieder zum Hauptbegriff gegenüber dem des Sozialismus wird, hat zumindest vier Gründe.
1. Alle Parteien, die sozialistische Zielsetzungen entwickelten, nannten sich zuerst "kommunistisch". Das begann bereits beim Kommunistischen Bund, der das "Kommunistische Manifest" veröffentlichte, und betraf dann vor allem die Parteien, die im "Ostblock" und dann China u. w. m. sich als Kommunistische Parteien etablierten (z. B. KPdSU; s. u.).
2. Als eine der ersten Abgrenzungen - wobei es vor allem um die Figur der "Diktatur des Proletariats" ging, die in den kommunistischen Parteien als Parteidiktaturen der jeweiligen KP gedacht wurden - entstanden dann die Sozialdemokratischen Parteien bereits im letzten Drittel des 19. JH, wie z. B. die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD). Sie verstanden sich dabei vorerst als primär sozialistische Parteien (in Deutschland die SPD bis nach dem 2. Weltkrieg), aber im Widerspruch zum Kommunismus.
3. ist die Übernahme des Begriffs "Sozialismus" durch die faschischtischen deutschen Nationalsozialisten" zu nennen, die "den Kommunismus" gleich nach dem "dem Judentum" zum Hauptfeind erklärten.
4. spielt nach dem 2. Weltkrieg der "Kalte Krieg" eine entsprechende Rolle, um die - sich selbst sozialistisch nennenden - Staaten als "den Kommunismus" zu bekämpfen (West-Ost-Konflikt).
Kommunismus im 20. JH
Der Begriff Kommunismus steht seit der Russischen Oktoberrevolution 1917, bei der die UdSSR entstand, besonders für jene Staaten, die nach dem 2. Weltkrieg als "Ostblock" bezeichnet wurden, weil sie unter den Einfluss der UdSSR gerieten. Und (Rot-) China gehörte als eigenständiger Teil des weltweiten Kommunismus dazu; nach anfänglicher "Bruderfreundschaft" mit der UdSSR spaltete sich China als eigenständiger "Block" aus diesem Zusammenhang ab. In Chinas Einflussbereich gehörten vor allem Nordkorea und Nordvietnam. In vielen Staaten (etwa Afrikas und Lateinamerika) führten die Blockmächte USA, UdSSR und China "Stellvertreter-Kriege". Das Ende des Ostblocks kam in den 80er Jahre des 20. JH und ist primär durch die Auflösung der UdSSR bestimmt (Wiedervereinigung Deutschlands; Ausweitung NATO, EU-Erweiterung 2004). Hinzuweisen ist auch auf zwei, in jeweils ihrer Art besondere kommunistische Staaten: Kuba wegen der Herrschaft der KP Fidel Castros, und Kambodscha wegen der extremen Gewaltanwendung im Wahn, einen " Neuen Menschen" zu schaffen.
Kennzeichen dieser Länder, die sich überwiegend "Volksdemokratien" nannten, ist die alleinige Herrschaft einer Kommunistischen Partei (KP) des jeweiligen Landes (auch wenn formell weitere kleine gleichgeschaltete Parteien existieren konnten, wie in der DDR). Das Selbstverständnis der kommunistischen Staaten war zumeist das eines sozialistischen Staates, der sich im Übergang zum Kommunismus befinde.
Theoretisch begründet wurde diese Form der Diktatur mit der von Marx und Engels formulierten Diktatur des Proletariats über die bürgerlichen Klassen. Die Arbeiterklasse, das Proletariat, war bis dahin (19. JH) nicht institutionell über ein Parlament in die Organisierung des Staates eingebunden. Die Diktatur des Proletariats sollte deshalb in einer Übergangszeit - dem Sozialismus - die Führung im Staat und über die gesellschaftlichen Produktionsmittel der Arbeiterklasse zusprechen, war aber durchaus als eine demokratische Form gedacht, die schon in den Betrieben beginnen sollte (aber s. o. Rätesystem).
Marx und Engels sind bis heute die "Ikonen" der Kommunistischen Bewegungen, die jeweils durch die regionalen "Führer" ergänzt wurden, wie Lenin in der UdSSR (der später von Stalin abgelöst wurde), Mao tse Tung in China, Ho tschi Min in ( vorerst Nord-) Vietnam (Vietnamkrieg), oder - nicht zu vergessen - Fidel Castro auf Kuba. Unter dem Begriff "Marxismus" wurden in den einzelnen kommunistischen Staaten und Bewegungen eine ganze Reihe mehr oder weniger untereinander und zu den "Klassikern" Marx und Engels differierende Theorien entsprechend ihrer jeweiligen Interessenlage formuliert. Das reicht vom Marxismus-Leninismus (bis zum Stalinismus) über die "Mao-Bibel" bis hin zum "Grünen Buch" Ghadhafis in Libyen.
In Westeuropa waren Kommunistische Bewegungen bis zum 2. Weltkrieg verbreitet, nach dem Krieg gab es vor allem in Frankreich und Italien bis in die 80er Jahre starke Kommunistische Parteien; sehr dogmatisch auf Sowjet-Kurs in Frankreich, während in Italien der sogenannte Euro-Kommunismus entstand, der sich an die Sozialdemokratie annäherte. In Westdeutschland entstanden nach der Studentenbewegung von 1968 zahlreiche - je nach Vorbild in der Kommunistischen Welt, von der UdSSR bis Albanien - kommunistisch orientierte Gruppierungen, die sich oft gegenseitig bekämpften.
In Deutschland waren es in der Weimarer Republik nicht zuletzt die Glaubenskriege innerhalb der sozialistischen und kommunistischen Arbeiterbewegung, primär vertreten durch die SPD (Sozialdemokratische Partei Deutschlands) auf der einen und die KPD (Kommunistische Partei Deutschlands) auf der anderen Seite, die dem Faschismus 1933 zur Macht über freie Wahlen verhalfen (ob eine vereinigte Linke eine Machtergreifung der Faschisten hätte verhindern können, ist eine andere Frage).
Nach dem 2. Weltkrieg wurde Deutschland in Besatzungszonen aufgeteilt, von denen die drei westlichen (französische, britische, US-amerikanische) später zur Bundesrepublik Deutschland wurden, während die sowjetische Besatzungszone als Deutsche Demokratische Republik (DDR) bis zur Wiedervereinigung Deutschlands (als Bundesrepublik Deutschland) in der Einflußsphäre der UdSSR verblieb.
Die kommunistischen Staaten waren besonders in ihren Anfangsjahren stark durch die jeweilige historische Situation bestimmt und konnten große Teile der arbeitenden Bevölkerung (incl. der Bauern) auf der einen Seite und die bürgerliche Intelligenz für sich gewinnen, weil sie einschneidende soziale Reformen durchführten. Dazu gehörten die Vergesellschaftung der Produktionsmittel und die Enteigung der Landbesitzer. Es gelang, Hunger und Verelendung großer Teile der Bevölkerungen durch die Enteignung großer Teile der Oberschicht kurzzeitig aufzuheben.
Jedoch wurden meist bereits wenige Jahre später große Teile der Reformen revidiert, weil die Produktivität der "vergesellschafteten" Betriebe nicht ausreichend war, die Bedürfnisse der Bevölkerung und des Staates zu befriedigen - insbesondere gab es durch Verstaatlichung der Landwirtschaft große Hungersnöte. Auch wurde die Macht der jeweiligen Kommunistischen Partei gestärkt und quasi mit dem Staat gleich gestellt (faktische Verstaatlichung anstelle der Vergesellschaftung der Produktionsmittel im Zuge der Planwirtschaft), was auch mit der Instabilität vieler kommunistischer Konzepte und den dadurch notwendig werdenden Kontrollen zusammenhing.
Aber auch die revolutionären Vorstellungen sozialistischer Intelligenz wurden z. B. in der UdSSR schon in den 20er Jahren zurück genommen (z. B. sozialistische Modelle gemeinschaftlichen Wohnens; Durchsetzung des "Sozialistischen Realismus" in der Kunst; Verschärfung der Moralvorstellungen...).
Zu bedenken ist für die Entwicklung der kommunistischen Staaten, dass sie zumeist in Zusammenhang mit kriegerischen Auseinandersetzungen entstanden: die UdSSR im ersten Weltkrieg, in dem Rußland Gegner Deutschlands war; China im Bürgerkrieg mit der Bewegung Tschiang Kai-schecks (die sich später nach Taiwan zurückzog und dort einen eigenen - von China bis heute nicht anerkannten - Staat gründete).
Es waren aber nicht nur äußere Probleme (Hunger, Krieg; Literatur für die UdSSR: Isaac Deutscher, Die unvollendete Revolution, Frankfurt 1973); für China: Edgar Snow, Roter Stern über China, Frankfurt 1970), die die Kommunistischen Staaten (getragen durch deren KP) zu Diktaturen werden ließen. Die jeweiligen Machthaber interpretierten die von Marx und Engels vorgelegten Arbeiten zum Wissenschatlichen Sozialismus auch entsprechend der eigenen Machtinteressen; primär wurde eine absolute Führungsrolle der Kommunistischen Partei als Stellverteter des Proletariats definiert, die anstelle der Arbeiterklasse und den Bauern die Geschicke des Landes allein ohne demokratische Legitimation (Scheinwahlen) bestimmte.
So waren es äußere wie innere Strukturen, die in den kommunistischen Staaten zum Teil zu extremer Unterdrückung der Oppositionen führten, und auch die innerparteiliche Auseinandersetzung um die Macht in den jeweiligen Kommunistischen Parteien führte zu extremen Gewaltexzessen, die vor allem mit dem Namen Stalins verbunden werden.
Unter Stalins Herrschaft wurden Massenmorde durchgeführt, die immer wieder mit den Verbrechen der Deutschen Faschisten verglichen werden. Später (in den 80er Jahren des 20. JH) wurde der Massenmord durch Pol Pot in Kambodscha, dessen Verteibung und Vernichtung primär städtischer Bevölkerung, noch einmal zum Sinnbild realer Kommunistischer Herrschaft.
Von einem " Roten Holocaust" zu sprechen, wie es z. T. geschieht, relativierte aber nicht nur das einmalige Verbrechen des Deutschen Faschismus gegen die Juden, sondern hat zwei methodische Probleme: es fand keine industriell organisierte Tötung statt (wohl aber eine in Arbeitsprozessen mit organisierte, wie im "Gulag"), und es war keine Tötung nach der "Rasse" oder nach der "Klasse" (es wurden nicht generell systematisch "Arbeiter" oder "Bauern" oder "Intelligenz" ermordet - letzteres kann mglw. tendenziell für Kambodscha angenommen werden; Literatur: Courtois, Werth, Panné, Paczkowski, Bartosek, Margolin, Das Schwarzbuch des Kommunismus, Unterdrückung, Verbrechen und Terror, München 1998).