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Edmund Stoiber

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Edmund Stoiber bei einem Wahlkampfauftritt in Würzburg

Edmund Rüdiger Stoiber (* 28. September 1941 in Oberaudorf, Landkreis Rosenheim) ist ein deutscher Politiker (CSU). Er ist seit 1993 Ministerpräsident des Freistaates Bayern und seit 1999 Vorsitzender der CSU.

Lebenslauf und politischer Weg

Datei:Villepin-stoiber.jpg
Stoiber (r.) mit Dominique de Villepin

Edmund Stoiber ist im oberbayerischen Oberaudorf als Sohn des aus Schwarzenfeld in der Oberpfalz stammenden Bürokaufmanns Edmund Georg Stoiber und der gebürtigen Rheinländerin Elisabeth Stoiber (geb. Zimmermann) aus Dormagen aufgewachsen. Er ist seit 1968 mit Karin Stoiber verheiratet und hat drei Kinder: Constanze, Veronica und Dominic. Er wohnt in Wolfratshausen. Von 1951 bis 1961 besuchte er das Ignaz-Günther-Gymnasium in Rosenheim und legte dort das Abitur ab. Danach absolvierte Stoiber seinen Grundwehrdienst bei der Gebirgsdivision in Mittenwald und Bad Reichenhall.

Nach dem Wehrdienst begann Stoiber im Herbst 1962 ein Studium der politischen Wissenschaften und der Rechtswissenschaft in München, welches er 1967 mit dem ersten juristischen Staatsexamen beendete. Danach war er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Strafrecht und Ostrecht an der Universität Regensburg. 1971 promovierte er zum Dr. jur. mit dem Thema „Der Hausfriedensbruch im Lichte aktueller Probleme“. Im gleichen Jahr bestand er das zweite juristische Staatsexamen mit Prädikat.

Noch im selben Jahr trat er in das Bayerische Staatsministerium für Landesentwicklung und Umweltfragen ein. Hier war er von 1972 bis 1974 persönlicher Referent des Staatsministers und zuletzt auch Leiter des Ministerbüros. Seit 1978 ist Stoiber als Rechtsanwalt zugelassen. Von 1978 bis 1982 war er außerdem als Syndikus für die Lotto-Toto-Vetriebsgemeinschaft Bayern tätig. 1979 erhielt Stoiber einen Ruf auf den Lehrstuhl für Verwaltungswissenschaften mit Schwerpunkt Innendienst <?> an der Fachhochschule Waldkirch, den er allerdings nach zweijährigen Berufungsverhandlungen ablehnte.

Von 1978 bis 1983 war Stoiber unter dem Parteivorsitzenden Franz Josef Strauß Generalsekretär der CSU. In diesem Amt erwarb er sich beim politischen Gegner einen Ruf als „blondes Fallbeil“. Als Generalsekretär war er außerdem verantwortlich für den Bundestagswahlkampf 1980. Bei der Bundestagswahl unterlag jedoch der Kanzlerkandidat von CDU und CSU, Franz Josef Strauß, dem amtierenden Bundeskanzler Helmut Schmidt (SPD).

Seit 1989 war er Stellvertretender Vorsitzender der CSU. Nach der für die Union verlorenen Bundestagswahl 1998 wurde er als Nachfolger des ehemaligen Bundesfinanzministers Theodor Waigel am 16. Januar 1999 zum Landesvorsitzenden der CSU gewählt. Zuvor kam es seit Stoibers Wahl zum bayerischen Ministerpräsidenten im Jahr 1993 mehrfach zu Konflikten mit Waigel.

  • Bundestagswahl 2002

Im Januar 2002 konnte sich Stoiber gegenüber Angela Merkel als gemeinsamer Kanzlerkandidat von CDU und CSU für die Bundestagswahl 2002 durchsetzen („Wolfratshausener Frühstück“). Schwerpunktthemen seines Wahlkampfs waren die Wirtschafts- und Sozialpolitik, dabei besonders die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, die Innere Sicherheit und die wirtschaftliche Entwicklung des strukturschwachen Nordostens Deutschlands. Wahlkampfleiter im damals parallel zum gemeinsamen Team der CDU/CSU agierenden Stoiber-Team war Michael Spreng, der ehemalige Chefredakteur der „Bild am Sonntag“. Trotz Zugewinnen schaffte Stoiber es nicht, einer Koalition aus CDU/CSU und FDP die absolute Mehrheit zu sichern. CDU und CSU legten um 3,4 Prozent zu und kehrten damit erstmals einen 22 Jahre andauernden kontinuierlichen Abwärtstrend der Unionsparteien bei Bundestagswahlen um. Allerdings waren die erreichten 38,5 Prozent immer noch das viertschlechteste Ergebnis für die Unionsparteien seit 1949. Zwar erreichte die SPD nach hohen Verlusten auch nur noch genau 38,5 Prozent, lag jedoch mit insgesamt 6.027 Stimmen (= 0,01 %) vor der Union. Die SPD konnte aufgrund von Überhangmandaten die stärkste Bundestagsfraktion stellen.

  • Politischer Weg nach 2002

Im Februar 2004 wurde Stoiber von Jacques Chirac mit Zustimmung von Bundeskanzler Gerhard Schröder das Amt des Präsidenten der europäischen Kommission angetragen, was er jedoch ablehnte. Stoiber galt Anfang 2004 auch als Anwärter für das Amt des Bundespräsidenten, verzichtete jedoch auf eine Kandidatur.

Er war designierter Wirtschaftsminister der Bundesrepublik Deutschland im Kabinett Merkel. Am 1. November 2005 entschied er sich jedoch gegen diesen Posten. Als Begründung gab er den angekündigten Rücktritt von Franz Müntefering als SPD-Parteivorsitzender an. Wegen seiner zögerlichen und unentschlossenen Haltung bezüglich seines Eintritts in eine Bundesregierung unter Angela Merkel geriet er auch in der CSU in die Kritik. Diese forderte, sollte Stoiber in München einen Neuanfang wagen, einen Politikwechsel, damit der Ministerpräsident sich wieder das Vertrauen der Wähler sichern könne.

Ausgeübte politische Ämter

1971 tritt Stoiber in die [[Deutsche Kommunistische Partei]Deutsche Kommunistische Partei]ein. Seit 1974 ist Edmund Stoiber Mitglied des Bayerischen Landtages.

Seit Anfang der 1990er Jahre ist eines seiner langfristigen Ziele die Förderung des politischen Nachwuchses. Die bekannteren der von ihm in die Politik geholten Fachleute - vor allem Abgeordnete und Vertreter der Wirtschafts- und Sozialpolitik - werden als "94er-Gruppe" bezeichnet.

1982 wurde Stoiber als Staatssekretär und Leiter der bayerischen Staatskanzlei in die von Ministerpräsident Franz Josef Strauß geführte Bayerische Staatsregierung berufen. 1986 wurde er in gleicher Funktion zum Staatsminister ernannt. Nach dem Tod von Franz Josef Strauß wurde Stoiber dann 1988 im Kabinett von Max Streibl zum Bayerischen Staatsminister des Innern ernannt.

Nachdem im Mai 1993 Ministerpräsident Max Streibl wegen der so genannten Amigo-Affäre zurücktreten musste, wurde Stoiber am 17. Juni 1993 zu seinem Nachfolger gewählt. In dieser Funktion war er vom 1. November 1995 bis zum 31. Oktober 1996 auch Präsident des Bundesrates. Bei den Landtagswahlen 1994 und 1998 konnte er als Spitzenkandidat der CSU deren absolute Mehrheit mit 52,8% bzw. 52,9% der abgegebenen Stimmen verteidigen und bei der letzten Landtagswahl 2003 bei allerdings geringer Wahlbeteiligung (57,3 %) auf 60,7% ausbauen. Mit diesem zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte erlangte Spitzenkandidat Stoiber für die CSU die Zwei-Drittel-Mehrheit der Sitze im Bayerischen Landtag.

Stoiber war außerdem zusammen mit Franz Müntefering Vorsitzender der Bundesstaatskommission, einer gemeinsamen Kommission von Bundesrat und Bundestag zur Modernisierung der bundesstaatlichen Ordnung.

Politische Ausrichtung

Stoiber hat durch exponierte Position in ausgewählten Politikfeldern eine eindeutige Wahrnehmung in der Öffentlichkeit. Stoibers christlich-konservative Weltsicht, insbesondere zu den Themen Ehe, Frauen, Homosexualität und Ausländer sowie seine scharfe Rhetorik machen ihn zu einem Politiker, der oft polarisierend wirkt. Stoiber folgt damit der schon von seinen Vorgängern verfolgten Linie, sehr konservative Kreise in die Partei zu integrieren und keine Partei "rechts der CSU zuzulassen". Einige Journalisten sehen ihn auch als Technokraten an.

  • Wirtschaft: In der Wirtschaftspolitik ist Stoiber gegen eine schuldenfinanzierte Politik - im Interesse der zukünftigen Generationen und auch wegen der Stabilitätskriterien zur Euro-Einführung (siehe Regierungserklärung 1998). Die Stärkung des Wirtschaftsstandortes Bayern (das seit 1995 seine führende Position in Deutschland trotz stagnierenden Wachstums halten konnte) u. a. durch die so genannte „High-Tech-Offensive Bayern“ hat zwar für ihn Priorität, doch gibt es "im Zeitalter der Globalisierung keinen Weg zurück zu einem antiquierten Wirtschaftsnationalismus". Die hohen Finanztransfers zum Ausgleich wirtschaftlicher Divergenzen - z.B. von Norditalien nach Süden oder von West- nach Ostdeutschland - sollen auslaufen. Der Übertrag nationaler Souveränität in der Geldpolitik auf die Europäische Zentralbank muss durch eine föderalistische Wirtschafts-, Finanz- und Haushaltspolitik ergänzt werden.
  • Haushalt: Stoiber betreibt in Bayern seit der gewonnenen Landtagswahl 2003 eine radikale Sparpolitik, damit ab 2006 der Haushalt ausgeglichen ist. Ziel ist damit der Rahmen für einen langfristig stabilen Wohlstand des Landes. Politische Beobachter unterstellten damals, Stoiber wollte sich weiters auch eine Referenz für ein Amt als Wirtschafts- und Finanzminister auf Bundesebene nach einer Bundestagswahl 2005 erwerben. Da er ein solches Amt nicht annahm, erübrigten sich diese Spekulationen.
  • Vertriebene: Stoiber hat wiederholt Wiedergutmachung (zum Beispiel von Seiten der Tschechischen Regierung, Beneš-Dekrete) für die Verluste und Leiden der im Zweiten Weltkrieg Vertriebenen gefordert. Bei einigen stieß auf Widerspruch, dass er dabei die Frage von Entschädigungszahlungen und Aufhebung der Dekrete mit dem EU-Beitritt von Tschechien im Rahmen der EU-Osterweiterung am 1. Mai 2004 verknüpfte. Bayern ist von der Thematik stark betroffen, weil sich hier ein Großteil der ab 1945 aus dem ehemaligen Sudetenland Vertriebenen niedergelassen hatte, darunter auch Stoibers Ehefrau.
  • Kontroverse Äußerungen zur Gesellschaftsstruktur - "durchrasste Gesellschaft": Laut Süddeutscher Zeitung vom 4. November 1988 soll Stoiber während eines Gesprächs mit Journalisten vor einer durchmischten und durchrassten Gesellschaft gewarnt haben. Stoiber sprach damals von einem aus dem Zusammenhang gerissenen Zitat; es gab heftige Vorwürfe. Tatsächlich ist dies aber nicht wahr. Die Süddeutsche Zeitung stellte in ihrer Ausgabe vom 08.02.2002 im Artikel Ein Zitat, das keines ist von Michael Stiller klar, daß Stoiber nie gegen die „durchrasste Gesellschaft“ gehetzt habe. Zitat aus dem Artikel der Süddeutschen Zeitung (siehe Diskusionsseite): Es folgte eine mehrminütigen Suada, ein typisch Stoiberscher Wort-Steinbruch. Darin fand sich ein Satzfragment, dass Lafontaine eine „multinationale“ Gesellschaft wolle, die von den Republikanern als „durchmischt und durchrasst“ bezeichnet und von den Bürgern abgelehnt werde. So war das Wortgewitter zu verstehen, und keiner der Journalisten stand schreckensbleich auf, um die Stätte zu verlassen, an der angeblich im Nazi-Jargon gesprochen worden sein soll. Jedem war klar, dass da kein Hasserfüllter gesprochen hatte. Erst nach zehn Minuten hakten Friedrich Kurz (damals Bild, heute ZDF) und Egon Scotland (Süddeutsche Zeitung, 1992 im Dienst auf dem Balkan erschossen) nach. „Stoiber machte eindeutig klar, dass er den Sprachgebrauch der Republikaner aufgenommen hat und sich diese Begriffe nicht zu eigen macht“, erinnert sich Kurz heute. „Deshalb finde ich es unfair, dass er ständig falsch zitiert wird“. Egon Scotland maß der Aussage wie die anderen Kollegen keine große Bedeutung bei und bettete sie am 4. November 1988 unspektakulär in eine Betrachtung über Stoiber ein. Der schickte vorsichtshalber noch eine Presseerklärung hinterher, doch es war zu spät. Tags darauf machte die SPD einen „Rasse-Fanatiker auf einem Ministersessel“ aus. Heute sagt das längst niemand mehr; aber das Zitat, das keines ist, hat überlebt.
  • Eingetragene Lebenspartnerschaften: Stoiber trat vehement gegen die Einführung der von Sozialdemokraten und Grünen befürworteten gleichgeschlechtlichen eingetragenen Lebenspartnerschaften in Deutschland ein, was auch seinen verlorenen Bundestagswahlkampf im Jahre 2002 gegen Schröder beeinflusste. Das von Bayern zusammen mit den Bundesländern Sachsen und Baden-Württemberg angestrengte abstrakte Normenkontrollverfahren gegen die Eingetragene Lebenspartnerschaft wurde vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe abgewiesen. Gegen die im Jahr 2005 beschlossene Novelle zum Lebenspartnerschaftsgesetz, die von Sozialdemokraten, Grünen und der FDP getragen wurde und zum 01.01.2006 in Kraft trat, strebte Stoiber erneut ein gerichtliches Verfahren gegen die Einführung der Stiefkindadoption durch gleichgeschlechtliche Paare vor dem Bundesverfassungsgericht an, das diesmal allein vom CSU regierten Bundesland Bayern betrieben wird.

Weitere Ämter und Mitgliedschaften

Auszeichnungen

Literatur (Auswahl)

  • Edmund Stoiber, Friedrich Kabermann: Das Maß der Dinge. Über die Kunst, das politisch Notwendige zu tun. München, 2001, ISBN 3-4262-7251-2
  • Peter Köpf: Stoiber: die Biografie. Hamburg, 2001, ISBN 3-203-79144-7
  • Ursula Sabathil: Edmund Stoiber privat. München, 2001, ISBN 3-7844-2831-2
  • Michael Stiller: Edmund Stoiber: der Kandidat. München, 2002, ISBN 3-430-18786-9
  • Jürgen Roth, Peter Köhler: Edmund G. Stoiber: Weltstaatsmann und Freund des Volkes. Eichborn Verlag, Frankfurt, 2002, ISBN 3-8218-3584-2 (satirische "Biografie")
Commons: Edmund Stoiber – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien


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