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Rettet die Vereinsfeste

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Logo von Rettet die Vereinsfeste
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Rettet die Vereinsfeste (kurz „RDV“) ist eine überparteiliche Bürgerinitiative die ihren Ursprung im Burgenland hat. Sie formierte sich im Mai 2015 in der Folge einer Anzeigenwelle gegen Vereinsfeste im östlichen Österreich und setzt sich für vereinsfreundlichere Regelungen sowie mehr Rechtssicherheit für Ehrenamtliche ein. Als Initiator fungiert Sascha Krikler aus den Reihen der Jungen ÖVP, zu den Unterstützern zählen Verbände, Vereine und Parteien aus den unterschiedlichsten Lagern. Neben einer Facebook-Seite mit rund 8500 Befürwortern sowie einer Online-Petition, welche 7404 Personen unterzeichneten (womit die burgenländische Hürde für Volksbefragungen übersprungen wurde, welche bei 6000 liegt), wurde mit einer Resolution mit einem 10-Punkte-Forderungskatalog erfolgreich Druck erzeugt. Diese brachte eine bundesweite Debatte ins Rollen. Im Juli 2016 verabschiedete der österreichische Nationalrat schließlich umfangreiche neue Regelungen für Ehrenamtliche, darüber hinaus kam es insbesondere im Burgenland zu zusätzlichen Unterstützungsmaßnahmen.[1][2][3]

Hintergrund

Die Bürgerinitiative ist eine Reaktion auf eine Anzeigenflut durch das Bündnis der Gastronomie Österreichs gegen Vereinsfeste in den östlichsten Bundesländern, wovon insbesondere Niederösterreich und das Burgenland betroffen waren. Die schwierige Gesetzeslage brachte insbesondere Jugendorganisationen sowie -vereine in Bedrängnis, führte zu einer Kriminalisierung zahlreicherer Ehrenamtlicher und zu einem zunehmenden gesellschaftlichen Schaden im ländlichen Raum. Es kam in der Folge zu zahlreichen Absagen von Veranstaltungen vieler Vereine und Winzer aufgrund der komplexen rechtlichen Lage, welche mit den Lebensrealitäten in vielen Dörfern nicht vereinbar war. Die geplante Zusatzbelastung einer Registrierkassenpflicht verschärfte die Situation weiter.[4] Begründet wurde die Bürgerinitiative im Mai 2015 infolge einer Anzeige gegen das Jugendfest „Mai Beat“ in Jois von den Brüdern Christoph und Sascha Krikler, welcher auch als Initiator und Sprecher fungiert. Dieser kritisierte die Anzeigenflut und den Generalverdacht gegen Ehrenamtliche, wodurch ein Vereinssterben droht. Nachdem die Initiative anfänglich im Burgenland aktiv war, weitete sie zunehmend ihren Aktionsradius auf andere Bundesländer aus, um auch diese - gemeinsam mit anderen Unterstützern der Freiwilligenorganisationen - „wachzurütteln“ und damit entsprechende Gesetzesänderungen zu erreichen.[5][6]

Aktionen

Als erster Schritt wurde eine Facebook-Seite eingerichtet, welche innerhalb kürzester Zeit mehrere Tausend Unterstützer mobilisierte. Die Initiative war anfangs vor allem im Burgenland aktiv. Im August 2015 folgte eine Online-Petition, diese unterzeichneten bis Jänner 2016 7.404 Personen. Damit wurde die symbolische Volksbefragungshürde des Burgenlandes, welche bei 6.000 liegt, klar überschritten.[7] Mit Presseaussendungen und gezielten Unterstützungsaktionen von verschiedenen Gesellschaftsvertretern, darunter vor allem Jugendvertreter aus den unterschiedlichsten Bereichen, wurde das Thema mehr und mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Darunter waren vor allem Jungpolitiker etwa aus den Reihen der ÖVP, SPÖ und FPÖ, Sportverbände sowie Jugendorganisationen.[8] Im Frühjahr wurde zudem eine Resolution mit einem konkreten 10-Punkte-Forderungskatalog präsentiert, welche österreichweit verbreitet und von zahlreichen Gemeinderäten sowie Vereinsvorständen beschlossen wurde.[9] Weiteres organisierte die Bürgerinitiative Ende April 2016 eine größere Pressekonferenz mit 15 verschiedenen größeren Freiwilligenverbänden, bei welcher die Bundesregierung geschlossen zum Handeln aufgefordert wurde.[10]

Forderungen und Gesetzesänderungen

Datei:Sebastian Kurz RDV.jpg
Initiator Sascha Krikler mit dem damaligen Bundesminister Sebastian Kurz - die österreichische Bundesregierung beschloss im Sommer 2016 Erleichterung für Ehrenamtliche

Die Bürgerinitiative erstellte einen 10-Punkte-Forderungskatalog, welcher in einer Resolution verpackt und mit den Unterschriften dem hauptzuständigen Bundesministerium für Finanzen übergeben wurde. Dieser beinhaltete kurz zusammengefasst folgende Punkte: Neudefinition der Gemeinnützigkeit, Service-Anlaufstelle mit Rechtsberatung, Interessensvertretung für Ehrenamtliche, Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen zur Freiwilligenförderung, Kooperationsmöglichkeiten zwischen Vereine und Wirten, Legalisierung vereinsinterner Aktivitäten (z. B. Weihnachtsfeiern), keine Registrierkassenpflicht bei Vereinsfesten, Anhebung der Steuerfreibeträge, eine allgemeine Vereinfachung der Gesetzeslage und mehr Rechtssicherheit für Vereinsfunktionäre.[11]

Im Frühjahr 2016 verabschiedete der Burgenländische Landtag zunächst auf Landesebene erste Maßnahmen. Im Juni 2016 folgte dann vonseiten der österreichischen Bundesregierung ein umfangreiches Entlastungspaket für Ehrenamtliche und Wirte, welches die die zentralen Forderungen der Initiative erfüllte. Diese kommentierte die Gesetzesänderung als „Sieg der Vernunft“ und einen „Triumph der aktiven Bürgergesellschaft über die Lobby der kommerziellen Neidgesellschaft“, womit indirekt einige Reformgegner aus der Wirtschaftskammer Österreich kritisiert wurden.[12] Nach weiteren Beschlüssen auf Landesebene sah Initiator Sascha Krikler im Burgenland im Wesentlichen das „Ziel erreicht“. Dabei beklagte er jedoch abermals die "Sündenbockpolitik auf Kosten des Ehrenamtes" von Teilen der Wirtschaftskammer und forderte die Installierung einer Interessensvertretung für Vereine und Verbände.[13]

Im Sommer 2017 wurde die Forderung nach einer "Konferenz der Ehrenamtlichen" auf Bundes- und Landesebene erneuert, was aus Sicht der Bürgerinitiative wichtig sei um das Ehrenamt nachhaltig zukunftsfit zu machen. Diese soll zumindest einmal im Jahr von der Bundes- beziehungsweise Landesregierung einberufen werden und den Vereinen eine Plattform für gemeinsame Interesse und Anliegen bieten. Die Idee wurde auch von der Volkspartei Burgenland unterstützt, welche im Zuge einer gemeinsamen Pressekonferenz mit der Vereinsinitiative eine weitere Stärkung des Vereinswesens forderte.[14][15] Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl präsentierte im Dezember 2017 eine Anlaufstelle für die Vereine im östlichsten Bundesland unter einem Ombudsmann, welcher für alle organisatorischen und juristischen Fragen zur Verfügung steht. Dieser Schritt wurde von der Bürgerinitiative begrüßt, eine weitere Kernforderung wurde damit erfüllt.[16][17] 2018 wurde von der Landesregierung des Burgenlandes das "Jahr des Ehrenamtes" ausgerufen, in diesem Zusammenhang legte Initiator Krikler einige weitere Vorschläge vor, um den Ehrenamtlichen ihre Arbeit zu erleichtern. Zu diesen Verbesserungsvorschlägen gehören etwa Vereinstage an Schulen, die Einführung eines Ehrenamts-TÜVs mit einem Landesbeirat oder eine Umsatzsteuerbefreigung für Feuerwehren, insbesondere bei teuren Anschaffungen.[18]

Unterstützung

Pressekonferenz mit Vertretern von 15 verschiedenen Freiwilligenverbänden in Wien

Die Initiative wurde von einem breiten Spektrum aus den verschiedensten Verbänden, Vereinen und Parteien unterstützt. Vor allem engagierte Jugendliche bilden die Kernbewegung der Plattform. Eine große Solidarisierung gab es insbesondere innerhalb der burgenländischen Sport- sowie Jugendverbände und den Landtagsparteien, darunter war unter anderem der ÖVP-Landesgeschäftsführer Christoph Wolf, der FPÖ-Landeshauptmann-Stellvertreter Johann Tschürtz oder die SJÖ-Bundesvorsitzende Julia Herr. Die Überzeugungsarbeit der ÖVP Burgenland innerhalb der Regierungspartei ÖVP gilt als wichtiger Grundstein für das österreichweite Entlastungspaket.[19][20] Neben dem breiten Schulterschluss im Burgenland protegierten auch zahlreiche Persönlichkeiten aus den anderen Ländern die Aktionen der Bürgerinitiative, wie der Wiener ÖVP-Landesobmann Gernot Blümel oder der oberösterreichische FPÖ-Bundesrat Michael Raml.[21][22] Auf Bundesebene waren zudem vor allem Jugendorganisationen die tragenden Kräfte der Bewegung, weshalb unter anderem auch die Bundesjugendvertretung, die Sozialistische Jugend, die Junge Volkspartei, der Ring Freiheitlicher Jugend, die Schülerunion, der Mittelschüler-Kartell-Verband, die AktionsGemeinschaft oder die Katholische Jugend die Plattform unterstützten.[23] Nach einer Pressekonferenz mit 15 Vertretern verschiedener Freiwilligenverbände, wurde ab Mai 2016 von Landeshauptleuten, wie Erwin Pröll oder Wilfried Haslauer, der Druck für vereinsfreundlichere Regelungen enorm erhöht. Auch der Präsident des Gemeindebundes sprach sich für eine Gesetzesänderung sowie gegen den "bürokratischen Hürdenlauf" aus und forderte ein Einlenken der Bundesregierung.[24][25]

Einzelnachweise

  1. 7.404 unterzeichneten Petition zur Rettung der Vereinsfeste von APA Redaktion in: Burgenländische Volkszeitung vom 12. Juni 2016; [1] abgerufen am 23. September 2016.
  2. Finanz lockert Gesetz fürs Dorfleben von Thomas Sendlhofer in: Kurier vom 21. Juni 2016; [2] abgerufen am 23. September 2016.
  3. Initiative für Vereinsfeste zufrieden von ORF Redaktion in: ORF Burgenland vom 31. August 2016; [3] abgerufen am 23. September 2016.
  4. Aus für viele Kellergassenfeste von Jürgen Zahrl, Wolfgang Atzenhofer, Gilbert Weisbier in: Kurier vom 2. März 2016; [4] abgerufen am 26. September 2016.
  5. Jois: „Aktion Rettet die Vereinsfeste“ von NÖN Redaktion in: Burgenländische Volkszeitung vom 12. Juni 2015; [5] abgerufen am 24. September 2016.
  6. Initiative „Rettet die Vereinsfeste“ wird ausgeweitet von Charlotte Titz in: Bezirksblätter vom 19. Oktober 2015; [6] abgerufen am 23. September 2016.
  7. 7.400 Unterschriften für Vereinsfeste von ORF Redaktion in: ORF Burgenland vom 12. Februar 2016; [7] abgerufen am 24. September 2016.
  8. Landesjugendforum & Parteien unterstützen „Rettet die Vereinsfeste“ von Charlotte Titz in: Bezirksblätter vom 22. September 2015; [8] abgerufen am 23. September 2016.
  9. Petition für Vereinsfeste soll "burgenländischer Exportschlager" werden von APA Redaktion in: Der Standard vom 08. März 2016; [9] abgerufen am 24. September 2016.
  10. Aktion "Rettet die Vereinsfeste" von APA Redaktion in: Der Standard vom 26. April 2016; [10] abgerufen am 23. September 2016.
  11. 10-Punkte-Forderungskatalog von Rettet die Vereinsfeste in: Rettet die Vereinsfeste vom Juni 2016; [11] abgerufen am 24. September 2016.
  12. Rettet die Vereine/Krikler: "Sieg der Vernunft – Österreich wird vereinsfreundlicher!" von RDV in: OTS vom Juni 2016; [12] abgerufen am 24. September 2016.
  13. Vereine: Initiative hat ihr Ziel erreicht von Alexandra Bäck in: TIPS Burgenland vom 1. September 2016; [13] abgerufen am 24. September 2016.
  14. Initiative „Rettet die Vereinsfeste“ fordert „Konferenz der Ehrenamtlichen“ von Christian Uchann in: meinbezirk.at vom 21. Juni 2017; [14] abgerufen am 31. Oktober 2017.
  15. Vereinsfeste: „Konferenz der Ehrenamtlichen“ von ORF Redaktion in: ORF Burgenland vom 21. Juni 2017; [15] abgerufen am 31. Oktober 2017.
  16. Neuer Ombudsmann für Vereine von ORF Redaktion in: ORF Burgenland vom 04. Dezember 2017; [16] abgerufen am 07. Oktober 2018.
  17. Sport- und Vereinsombudsstelle für das Burgenland eingerichtet in: CCM-TV vom 04. Dezember 2017; [17] abgerufen am 07. Oktober 2018.
  18. Vereinsinitiative fordert Maßnahmen für Ehrenamtliche in: CCM-TV vom 26. März 2018; [18] abgerufen am 07. Oktober 2018.
  19. „Volkspartei Burgenland kämpft für Österreichs Vereine“ in: ÖVP Burgenland vom 22. Jänner 2016; [19] abgerufen am 24. September 2016.
  20. LH-Stv. Tschürtz: „Im Schatten der Flüchtlingskrise droht Österreich ein Vereinssterben“ von FPÖ Burgenland in: FPÖ Burgenland vom 1. Dezember 2015; [20] abgerufen am 24. September 2016.
  21. Initiative für Vereinsfeste: Unterstützung aus Wien von NÖN Redaktion in: Burgenländische Volkszeitung vom 21. Jänner 2016; [21] abgerufen am 06. Oktober 2016.
  22. Für viele Vereine sind Registrierkassen weiter Tabu von OÖN Redaktion in: Oberösterreichische Nachrichten vom 18. Februar 2016; [22] abgerufen am 06. Oktober 2016.
  23. "Panama Papers verfolgen" von Daniela Kittner in: Kurier vom 26. April 2016; [23] abgerufen am 24. September 2016.
  24. Der schwarze Schattenkrieg um die Registrierkassen von NZZ Redaktion in: Neue Zürcher Zeitung vom 07. Mai 2016; [24] abgerufen am 21. November 2017.
  25. Vereine: Steuern auf gesellschaftlichen Super-GAU zu von APA Redaktion in: Die Presse vom 26. Mai 2016; [25] abgerufen am 21. November 2017.