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Gunter Ullrich

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Gunter Ullrich (1987)

Gunter Ullrich (* 7. April 1925 in Würzburg) ist ein deutscher Grafiker und Maler sowie ein leidenschaftlicher Kunstpädagoge. Seine künstlerischen Schwerpunkte liegen vor allem in den Bereichen Druckgrafik, Aquarell- und Ölmalerei. Er prägte das künstlerische und kulturelle Geschehen der Stadt Aschaffenburg maßgeblich ab der Nachkriegszeit. Durch wissenschaftliche Vorträge, Exkursionen und Kurse förderte Ullrich aktiv die Auseinandersetzung mit Kunst und Kultur. Gunter Ullrich lebt und arbeitet als freischaffender Künstler zusammen mit seiner Ehefrau und Künstlerin Ursula Ullrich-Jacobi in Aschaffenburg/ Stadtteil Leider.

Mövenbrunnen nach Ullrichs Entwurf in Leider
Gunter Ullrich (1999)

Leben

Kindheit und frühe Jugend

Gunter Ullrich stammt ursrpünglich aus dem unterfränkischen Würzburg und ist Sohn des kulturell aktiven Ehepaars Heinrich (Lehrer) und Emma Ullrich. Die bildenden Künstler der Familie Schiestl gehörten beispielsweise zu ihrem Freundeskreis. Schon als kleines Kind wurde er an praktische Kunstarbeiten im Unterricht seines Vaters herangezogen. Besonders beeinflusst wurde er im Jugendalter durch den Zeichenunterricht beim Künstler Heiner Dikreiter, dem späteren Direktor der Städtischen Galerie Würzburg (heute Teil des Museum im Kulturspeicher Würzburg).[1] Seine Schulzeit verbrachte er in Würzburg an der Deutschen Aufbauschule (heutiges Matthias-Grünewald-Gymnasium Würzburg).

Nach dem Notabitur 1942 schrieb sich Gunter Ullrich als Student der Kunstgeschichte an der Julius-Maximilians Universität in Würzburg ein. Dort traf er auf den deutschen Kunsthistoriker Kurt Gerstenberg, der ihm die Kunst der Renaissance (z.B. Albrecht Dürer) näher brachte.[2]

Militärdienst und Kriegsgefangenschaft im Zweiten Weltkrieg

Nach nur drei Monaten als Student der Kunstgeschichte wurde Ullrich 1942 zur Wehrmacht eingezogen und konnte so sein Studium nicht beenden. Er kämpfte in Frankreich, Ostpreußen, Russland und Litauen bei den Panzertruppen und erlitt eine Kriegsverletzung. Im Lazarett bei Kelme (Litauen) unweit der kurischen Nehrung hielt er seine Eindrücke künstlerisch fest. Diese künstlerischen Zeugnisse der Kriegszeit befinden sich seit 2002 in Form einer Dauerausstellung in Kelme (Litauen).

1945 geriet Ullrich in Kriegsgefangenschaft in Frankreich, zunächst in Marseille (Provence) und anschließend im Elsass. Der Aufenthalt prägte ihn künstlerisch, da er von der Wirkung des südlichen Lichts und der intensiven Farben sehr beeindruckt war. Diese Eindrücke konnte er später auch auf seinen häufigen Reisen nach Italien, Frankreich und Spanien immer wieder gewinnen und künstlerisch verarbeiten.[3]

Studium und Arbeit als Kunstpädagoge in Aschaffenburg

Zurückgekehrt gab Ullrich zunächst Zeichenkurse im fränkischen Hammelburg. Er begann von 1948 bis 1951 ein Studium an der Akademie der Bildenden Künste München bei Anton Marxmüller. Dort lernte er seine spätere Ehefrau und Bildhauerin Ursula Jacobi (* 23. März 1926 in Berlin) kennen, die Tochter des Komponisten Wolfgang Jacobi.[4]

Nach dem erfolgreichen Staatsexamen war Ullrich ab 1952 bis zum Eintritt in den Ruhestand 1984 als Kunsterzieher an der Oberrealschule für Jungen in Aschaffenburg (heute Friedrich-Dessauer-Gymnasium) tätig. Ebenfalls 1952 heiratete er die Bildhauerin Ursula Jacobi. Ihr gemeinsamer Sohn, Andreas Ullrich, kam 1955 in Aschaffenburg zur Welt.[5]

An der Oberrealschule arbeitete Ullrich mit seinem Kollegen, dem böhmisch-deutschen Maler und Grafiker Anton Bruder (1898-1983) zusammen. Bruder hatte an den Akademien von Prag und Dresden Bildende Kunst studiert. Er war u.a. von Oskar Kokoschka und dem Expressionismus geprägt. Die Zusammenarbeit mit Anton Bruder beinflusste Ullrich maßgeblich. Gemeinsam förderten und verbesserten die beiden Kunsterzieher den Stellenwert des Kunstunterrichts.

Künstlerisches und kulturelles Engagement

Gunter Ullrich prägte und gestaltete zusammen mit seiner Frau Ursula Ullrich Jacobi das Stadtbild Aschaffenburgs seit der Nachkriegszeit (beispielsweise durch die Arbeit am Bronzeportal des Rathauses 1958). Er setzte sich aktiv für bessere Ausstellungsbedinungen für die Künstler in Aschaffenburg und Umgebung ein. Seine Bemühungen und die enge Zusammenarbeit mit Vertretern der Stadt führten dazu, dass die im Krieg zerstörte Jesuitenkirche (ab 1976) in eine Ausstellungshalle für zeitgenössische Kunst umgewandelt wurde.

Er war Gründungsmitglied und Vorsitzender des Bundesverbands Bildender Künstler (BBK) in Aschaffenburg, der den Künstlern bis heute ein stärkeres öffentliches Auftreten in der Stadt ermöglicht. Neben seiner Initiative für zeitgenössische Künstler, rief Ullrich auch das Werk Ernst Ludwig Kirchners wieder ins Bewusstsein der Menschen. Durch seine länderübergreifenden Vorträge sorgte Ullrich für ein wachsendes Interesse an Kirchner und an der expressionistischen Malerei.

Als langjähriger Vorsitzender des Frankenbunds setzte sich Ullrich auch zum Ziel, die kulturbezogene Erwachsenenbildung in Aschaffenburg zu fördern. Durch zahlreiche Vorträge und Exkursionen im In- und Ausland begeisterte er seine Zuhörer für die Welt der Kunst.

Künstlerisches Werk

Hochdruck-Techniken als vereinfachte Ausdrucksformen

Schon zu Beginn seines künstlerischen Schaffens strebte Gunter Ullrich nach einer klaren und vereinfachten Ausdrucksform. Aus diesem Grund kristallisierte sich die Druckgrafik als sein bevorzugtes Gestaltungsmittel heraus. Zunächst beschäftigte sich Ullrich mit dem Holz- und Linolschnitt (1950er und 1960er Jahre). In den 1960er Jahren experimentierte der fränkische Künstler auch mit einer speziellen Hochdruck-Technik: dem „Negativ-Druck“.[6]

Experimentelle Tiefdruckverfahren

Ab Mitte der 1960er wendete sich Ullrich der Farbradierung (Tiefdruckverfahren), der Aquatintatechnik und verschiedensten Ätzverfahren zu. Ullrich arbeitete an einer speziellen „Lasur-Radiertechnik“. Er kombiniert auch heute noch das Ätzverfahren häufig mit der Kaltnadelradierung. Auf die durch Säure oder Radiernadel entstandenen Vertiefungen trägt der Künstler mehrmals neue Farbschichten auf, die er in wiederholten Druckvorgängen übereinander druckt. Durch die übereinanderliegenden Lasuren entsteht eine interessante Tiefenwirkung mit fein abgestuften Farbnuancen. Jedes handgedruckte Blatt wird somit zu einem farblichen Unikat. Ullrich nutzt dies, um mit einer Metallplatte unterschiedliche Farbstimmungen zu erzeugen.[6]

Zucker-Absprengtechnik

Der Künstler entdeckte mit der Zeit eine weitere Radiertechnik für sich, die sogenannten Zucker-Absprengtechnik. So entstanden seine charakteristischen Landschaftsdarstellungen, wie z.B. „Main“ von 1975. Die Zucker-Absprengtechnik ermöglichte es Ullrich, auf Reisen spontan Radierungen herzustellen:  Er konnte die Zuckertuschelösung direkt auf die Metallplatte pinseln und somit einen Entwurf vor Ort anfertigen („Pinien am Hang“ von 1982).[6]

Weiterentwicklung der Linolätzung

Einen weiteren Höhepunkt bildet die Weiterentwicklung der Linolätzung (Linoltiefdruck). Zwar gab es in der Geschichte der Kunst bereits andere, die dieses Verfahren nutzten. Doch man kann Gunter Ullrich hier als den ersten Künstler hervorheben, der sich eingehend mit der Linolätzung auseinandersetzte, wie bei „Schwanberg mit Mond“ aus dem Jahr 1974. Durch die Oberflächenstruktur der geätzten Linolplatte ensteht eine weiche fast aquarellähnliche Flächenwirkung.[6]

Künstlerische Einflüsse

Ullrichs künstlerische Gestaltungsweise orientiert sich allgemein stark an Künstlern der klassischen Moderne. Neben den deutschen Expressionisten zählen bis heute auch ostasiatische Druckgrafiker wie Hokusai oder Hiroshige zu seinen wichtigsten Vorbildern.[6] Gunter Ullrich gilt als Vertreter des Expressionismus und des Neoexpressionismus.

Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg (GUSA)

Im Jahr 2014 wurde die Gunter Ullrich Stiftung Aschafffenurg (GUSA) in der Verwaltung der Stadt Aschaffenburg gegründet. Zu diesem Anlass übergab er über 550 druckgraphische Arbeiten in das Vermögen der Stiftung, die damit die Basis der zukünftigen wissenschaftlichen und öffentlichen Auseinandersetzung mit seinem Werk bildet.

Kunstwerke von Gunter Ullrich besichtigen

Werke von ihm hängen in Aschaffenburg im Schlossmuseum (Willigisbrücke Aschaffenburg, 1966, Inv. 126/07) und in der Kunsthalle Jesuitenkirche. Zudem befinden sich Grafiken und Bilder von ihm in der Staatlichen Graphischen Sammlung München, den Städtischen Kunstsammlungen in Coburg, in Nürnberg, in Schweinfurt und in Fulda, in der Städtischen Galerie Würzburg, im Mainfränkischen Museum Würzburg, im Klingspor-Museum Offenbach u. im Landschaftsmuseum Seligenstadt.

Die aktuelle Webseite der Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg (GUSA) bietet zudem einen Einblick in seine Werkvielfalt und seine künstlerischen Schwerpunkte im Bereich der Druckgrafik, der Aquarellmalerei, der Ölmalerei und der plastischen Gestaltung.

Ausstellungen (Auswahl)

Ullrich beteiligte sich an zahlreichen Gruppenausstellungen im In- und Ausland.[7] Auch wurde er in mehreren Einzelausstellungen als Künstler gewürdigt.

Preise und Auszeichnungen

Literatur

  • Gunter Ullrich. Graphiker und Maler, Hrsg.: Museen der Stadt Aschaffenburg, 2015, ISBN 978-3-924436-29-2
  • Gunter Ullrich - ein Leben für die Kunst; Katalog zur Ausstellung "Gunter Ullrich. Ein Leben für die Kunst", 3. April bis 16. Mai 2005, Hrsg.: Kunsthalle Jesuitenkirche, 2005, ISBN 3-87707-653-X
  • Gunter Ullrich - Druckgraphik aus 50 Jahren, Martin-von-Wagner-Museum der Universität Würzburg, 2000
  • Gunter Ullrich, Malerei, Graphik: 1985 - 1995; Verleger: Galerie der Stadt Aschaffenburg, 1995, ISBN 3-87707-482-0
  • Mut der Tauben: Lyrik und Graphik zur Zeit, von Inge Meidinger-Geise und Gunter Ullrich, Lahnstein, Calatra Press Enzinck, 1991, ISBN 3-88138-102-3
  • Zwischen Stein und Licht: Lyrik u. Grafik, mit Inge Meidinger-Geise; Calatra-Press Willem Enzinck, 1979, ISBN 3-88138-050-7
  • Hanswernfried Muth: Gunter Ullrich: ein Landschaftsmaler aus Mainfranken, Würzburg, Freunde Mainfränkischer Kunst und Geschichte, 1977
  • "Madame, ich liebe Sie!, CD und Buch Hommage an Heinrich Heine zum 200. Geburtstag, Rezitation Carsten Pollnick, Illustrationen Gunter Ullrich, 1997, ISBN 3-87965-077-2
Commons: Gunter Ullrich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Biografie lang / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  2. Kurzbiografie / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  3. Biografie lang / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  4. Kurzbiografie / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  5. Biografie lang / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  6. a b c d e Werk / Gunter Ullrich Stiftung Aschaffenburg. Abgerufen am 26. September 2018.
  7. Von wegen Liebe oder gar große Taten - welt.de
  8. Ausstellung: Gunter Ullrich - Druckgraphik aus 50 Jahren
  9. Museen der Stadt Aschaffenburg
  10. Südhessische Akkordeontage
  11. Stadt Marktheidenfeld - Da geht's Dir gut
  12. Startseite: Bayerische Einigung e.V. Bayerische Volksstiftung