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Kirnitzschtalbahn

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Kirnitzschtalbahn in Bad Schandau

Die Kirnitzschtalbahn ist eine 8 Kilometer lange Überlandstraßenbahn in der Sächsischen Schweiz in Meterspur. Sie erschließt die hintere Sächsische Schweiz bis zum Lichtenhainer Wasserfall und durchfährt dabei das landschaftlich sehr reizvolle, von Wald, Wasser und Felsen geprägte namensgebende Kirnitzschtal, ausgehend von Bad Schandau, dem wichtigsten Ort der Sächsischen Schweiz. Erbaut wurde die Strecke im Jahr 1898 von vornherein als touristische Bahn. Betreiber der Strecke ist die Oberelbische Verkehrsgesellschaft Pirna-Sebnitz mbH (OVPS).

Besonderheiten

Sie setzt bis heute nur zweiachsige Triebwagen und Beiwagen älterer Bauarten ein. Eine Besonderheit neueren Ursprungs ist die Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach des Betriebshofs, die insgesamt ca. 20 Prozent der benötigten elektrischen Energie für die Bahn erzeugt.

Bedeutsam ist die Bahn vor allem für den intensiven Ausflugsverkehr in der Sächsischen Schweiz – das unterscheidet sie von allen anderen deutschen Straßenbahnbetrieben, die vorwiegend dem täglichen Berufs-, Ausbildungs-, Einkaufs- und Freizeitverkehr dienen.

Bemerkenswert ist die Gleisführung in Seitenlage der Straße, wie es früher bei vielen eingleisigen Straßenbahnstrecken üblich war. Deshalb können die Straßenbahnzüge dem normalen Fahrzeugverkehr auf der „falschen“ Seite entgegenkommen, was eine erhöhte Aufmerksamkeit der Autofahrer erfordert.

Geschichtliches und Ausblick

1893 wurden erstmals Pläne für eine Straßenbahn von Bad Schandau nach Rainwiese vorgestellt. Damals stritt man sich, ob die Bahn mit Dampflok oder mit Elektroantrieb fahren sollte. Da sich ein Dampfantrieb als unwirtschaftlicher erwies, entschied man sich für den Elektroantrieb. Allerdings musste dafür noch ein Kraftwerk gebaut werden.

1898, am Pfingstsamstag um zwölf Uhr, fuhren die ersten Wagen vom Zentrum in Bad Schandau zum Lichtenhainer Wasserfall, wobei sich die Fahrtzeit wegen einiger Entgleisungen auf ca. 45 Minuten verlängerte. Die geplante Streckenführung bis Rainwiese wurde auch später aus wirtschaftlichen Gründen nicht realisiert. Die Kirnitzschtalbahn war eine reine Ausflugsbahn, die von Mai bis Oktober fuhr. Der Wagenpark bestand aus sechs verglasten Triebwagen und sechs Beiwagen ohne Scheiben mit Vorhängen. Die Fahrzeuge wurden von Busch in Bautzen gebaut. Im Eröffnungsjahr konnten bereits 80.000 Fahrgäste gezählt werden.

Führerstand der Kirnitzschtalbahn

In der Nacht vom 26. zum 27. Juli 1927 geschah ein Unglück: Ein Brand vernichtete das Depot und den ganzen Wagenpark. Vom 12. August bis 31. Oktober konnte der Verkehr mit geliehenen Wagen von der Lößnitzgrundbahn aufrechterhalten werden. 1928 konnten die Lößnitzgrundbahnfahrzeuge wieder zurück nach Radebeul gehen, neue MAN-Trieb- und Beiwagen waren in Bad Schandau angekommen. Nur ein Lößnitzbahner blieb als Leihgabe als Arbeitsfahrzeug vorhanden und ging 1954, als die Verschrottung seiner Geschwister schon über 20 Jahre her war, zur Lockwitztalbahn, wo er bis 1968 im Linienverkehr im Einsatz stand.

Im Kriegsjahr 1945 wurde der Betrieb eingestellt, da keine Ersatzteile vorhanden waren und auf Verschleiß gefahren wurde. Der Betrieb wurde allerdings noch im selben Jahr wieder aufgenommen. So fuhr die Bahn viele Touristen in das Kirnitzschtal, bis am 21. Juli 1969 ein Triebwagen umstürzte und alle Fahrgäste Verletzungen erlitten. Wieder einmal wurde über die Einstellung des Bahnbetriebes nachgedacht.

1977 übernahm man fünf Triebwagen der Lockwitztalbahn, welche nach deren Stilllegung nicht mehr benötigt wurden. Die Fahrzeuge wurden von 1938 bis 1944 für die Straßenbahn Erfurt gebaut, darum nannte man sie auch Erfurter. Diese Fahrzeuge bekamen 1984/85 Kupplungen für normale Einheitsbeiwagen. 1984 kamen Einrichtungsbeiwagen des Typs B2-62 im Depot an. Bei diesen Beiwagen wurde der Leipziger Wagenkasten auf ein Fahrgestell eines Hallenser Fahrzeugs gesetzt. Von 1985 bis 1990 wurde die Kirnitzschtalbahn rekonstruiert, was von 2003 bis 2004 wiederholt wurde. Inzwischen wurden die Erfurter durch Gothawagen (Zweirichtungstriebwagen) aus Plauen und Zwickau ersetzt, welche mit den Beiwagen in den 1990er Jahren modernisiert wurden. Der Versuch, Niederflurwagen zu beschaffen, scheiterte an den Kosten und daran, dass die Fahrzeuge nicht in die Landschaft passten. Letztmalig sah ein Hallenser Niederflurfahrzeug das Kirnitzschtal 1998 mit einem historischen Triebwagen aus Plauen - zum hundertjährigen Bestehen der Bahn.

Die Kirnitzschtalbahn ist mit acht Kilometern Länge der kleinste Straßenbahnbetrieb in Sachsen. Sie fährt das ganze Jahr hindurch: im Winter alle 70 Minuten und im Sommer im Halbstundentakt.

Die Kirnitzschtalbahn ist heute mehr denn je eine touristische Attraktion als ein normales öffentliches Verkehrsmittel. Dies zeigt sich darin, dass sie eines der wenigen Verkehrsmittel im VVO ist, welches nicht Bestandteil des Dresdner Semestertickets ist, und der Tatsache, dass parallel zur Bahn auch eine Buslinie ins Kirnitzschtal und weit darüber hinaus führt.

Aus dem Regionalplan Oberes Elbtal/ Osterzgebirge geht hervor:

Die Kirnitzschtalbahn soll als ein historisch bedeutsames Verkehrsmittel zur Erschließung von Teilen der Sächsischen Schweiz erhalten und über die gegenwärtigen Endpunkte hinaus zur Elbe (Fähre, S-Bahn, Sächsische Dampfschiffahrt) bzw. zur Neumannmühle verlängert werden.

Diese Information zeigt, dass die Kirnitzschtalbahn eine wichtige Rolle im Fremdenverkehr in Bad Schandau spielt. Die Verlängerung ist zwar nicht absehbar, zeigt aber, dass die Kirnitzschtalbahn in den Schubladen des Freistaates Sachsen nicht untergegangen ist.

Commons: Kirnitzschtalbahn – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien