Amalie Sieveking

Amalie Wilhelmine Sieveking (* 25. Juli 1794 in Hamburg; † 1. April 1859 ebenda) war eine Mitbegründerin der organisierten Diakonie in Deutschland. Als Philanthropin gilt sie mit ihrem Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege, ihren Initiativen zur Arbeitsbeschaffung und Berufsausbildung für Arme und Aktionen für den Wohnungsbau und Bau von Spitälern als eine Vorreiterin der modernen Sozialarbeit in Deutschland.
Sie verfasste sowohl Schriften zur Sozialarbeit als auch theologische Abhandlungen.
Leben und Werk

Amalie Sieveking − Tochter des Hamburger Senators Heinrich Christian Sieveking († 1809) und seiner Ehefrau Caroline Louise, geb. Volkmann († 1799), − wurde in den feinen Künsten, Haushaltsführung, Musik, Kunst und Literatur erzogen. Nach dem Tod ihres Vaters stand Amalie Sieveking ohne Geld und Ausbildung da. Nach dem Tode des Vaters kam sie zu einem Fräulein Dimpfel, von der sie die biblischen Geschichten kennen lernte. Nach ihrer Konfirmation kam bei einer reichen Verwandten, der Witwe Brunnemann unter, deren kranken Sohn sie pflegte und erzog und den sie später an Kindes statt annahm.[1] Anschließend kümmerte sie sich um die Erziehung ihrer Nichten. Sie gründete eine Schule für junge Mädchen, des Weiteren unterrichtete sie jeden Sonntag Mädchen in Armenhäusern. Amalie Sieveking wurde von Johannes Evangelista Goßner (1773–1858) und von Karl Freiherr vom und zum Stein (1757–1831) in ihren theologischen Meinungen beeinflusst und sie verfasste in den Jahren 1822 und 1826 ihre theologischen Ansichten in den „Betrachtungen über einzelne Abschnitte der Heiligen Schrift.“[2]
Als 1831 in Hamburg die Cholera ausbrach, arbeitete Sieveking freiwillig in den Armenhäusern als Krankenpflegerin. Gleichzeitig rief sie die anderen Frauen von Stand auf, sich ihr anzuschließen. Bald wurde ihr die Aufsicht über das Pflegepersonal übertragen. Mit anderen bürgerlichen Frauen gründete sie den Weiblichen Verein für Armen- und Krankenpflege, in dessen Rahmen sie vor allem Hilfe zur Selbsthilfe betrieb. Beispielsweise ließ sie Kinderwagen anfertigen und beauftragte arbeitslose Männer, die Kleinkinder von Arbeiterinnen auszufahren.

Amalie Sieveking wurde auf dem heute unter Denkmalschutz stehenden Hammer Friedhof an der Dreifaltigkeitskirche in Hamburg-Hamm beigesetzt. Sie ruht in dem von ihrem Cousin Karl Sieveking erbauten und von dem Architekten Alexis de Chateauneuf entworfenem Mausoleum, der Beisetzungstätte der Familien Sieveking und Chapeaurouge.[3]
Schriften
- 1822–1826 - Betrachtungen über einzelne Abschnitte der Heiligen Schrift
- 1833–1858 - Berichte über die Leistungen des weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege, den Freunden und Beförderern dieser Institution hochachtungsvoll gewidmet, 26 Berichte
- 1837 - Bericht über die Leistungen des weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege
- 1848 - Zweites Sendschreiben der Vorsteherin des weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege, auch für die arbeitenden Klassen in weiteren Kreisen bestimmt, als ein Beitrag zur Beleuchtung der Arbeitsfrage, des Communismus usw.
- 1850 - Aufruf an die christlichen Frauen und Jungfrauen Deutschlands
- 1854 - Arbeit der Frauen in den Vereinen für Armen- und Krankenpflege. Ein Briefwechsel zweier Freundinnen, eingeführt von Amalie Sieveking
- 1854 - Sendschreiben der Vorsteherin des weiblichen Vereins für Armen- und Krankenpflege an ihre Freunde unter den Armen
- 1855 - Unterhaltungen über einzelne Abschnitte der Heiligen Schrift
- 1856 - Vermächtnis für meine jungen Freundinnen
Gedenktag
Ehrungen
Nach ihr wurde das Amalie-Sieveking-Krankenhaus in Hamburg-Volksdorf benannt. Dieses Krankenhaus gehört heute zur evangelisch-freikirchlichen Albertinen-Gruppe.[5]
Auch das Amalie-Sieveking-Haus im sächsischen Radebeul ehrt ihren Namen. Dort befindet sich neben einem Seniorenheim auch der Sitz der sächsischen Diakonie.
Literatur
- Inge Mager: Sieveking, Amalie. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 389 (Digitalisat).
- Inge Grolle: Sieveking, Amalie. In: Franklin Kopitzsch, Dirk Brietzke (Hrsg.): Hamburgische Biografie. Band 1. Christians, Hamburg 2001, ISBN 3-7672-1364-8, S. 290–291.
- Gabriele Lautenschläger: Sieveking, Amalie. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 10, Bautz, Herzberg 1995, ISBN 3-88309-062-X, Sp. 232–235 .
- Carl Bertheau: Sieveking, Amalie Wilhelmine. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 34, Duncker & Humblot, Leipzig 1892, S. 217–220.
- L. Sieveking: 150 Jahre Amalie-Sieveking-Stiftung, vormals der Weibliche (Sieveking’sche) Verein für Armen- und Krankenpflege in Hamburg. 1832-1982. Rückblick und Ausblick.
- Emma Poel: Denkwürdigkeiten aus dem Leben von Amalie Sieveking in deren Auftrage von einer Freundin derselben verfaßt. Mit einem Vorwort von Dr. Wichern. Agentur des Rauhen Hauses, Hamburg, 1860, (BSB-Digitalisat, Bayerische Staatsbibliothek)
Weblinks
- Literatur von und über Amalie Sieveking im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Biografie, Literatur & Quellen zu Amalie Sieveking auf FemBio.org des Institutes für Frauen-Biographieforschung
- Für Amalie Sieveking war Emanzipation kein Fremdwort. Männer brauchte sie nicht Die Zeit, 12. August 1994, Nr. 33
- Silke Jendrowiak: Erinnerungen an Amalie Sieveking Norddeutscher Rundfunk (audio)
Einzelnachweise
- ↑ Dr. Georg Daxer "Amalie Sieveking und der Dienst der evang. Frau" in: "Der Friedensbote - Kirchliches Volksblatt für evangelische Gemeinden Augsburgischen Bekenntnisses" Teil I.: IX. Jahrgang Nr. 8 vom 4. März 1906, Seite 64–65; Teil II.: IX. Jahrgang Nr. 9 vom 18. März 1906, Seite 72–74
- ↑ Christine Auer: Geschichte der Pflegeberufe als Fach. Die Curricular-Entwicklung in der pflegerischen Aus- und Weiterbildung, Dissertation Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg, Doktorvater Wolfgang U. Eckart, Heidelberg Eigenverlag 2008, S. 118+119. Zusammenfassung/Summary: Geschichte Pflegeberufe als Fach
- ↑ Barbara Leisner, Norbert Fischer: Der Friedhofsführer – Spaziergänge zu bekannten und unbekannten Gräbern in Hamburg und Umgebung. Christians Verlag, Hamburg 1994, ISBN 3-7672-1215-3, S. 140.
- ↑ Amalie Sieveking im ökumenischen Heiligenlexikon
- ↑ Homepage des Amalie-Sieveking-Krankenhauses; eingesehen am 1. Dezember 2009
Personendaten | |
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NAME | Sieveking, Amalie |
ALTERNATIVNAMEN | Sieveking, Amalie Wilhelmine (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | Mitbegründerin der organisierten Diakonie in Deutschland |
GEBURTSDATUM | 25. Juli 1794 |
GEBURTSORT | Hamburg |
STERBEDATUM | 1. April 1859 |
STERBEORT | Hamburg |