Rebeca Wild
Rebeca Wild (* 1939 in Berlin) und Mauricio Wild haben 1977 begonnen, eine "aktive Schule" in Quito Ecuador aufzubauen. Sie begründeten die nichtdirektive Erziehung.
In ihrer Arbeit mit Kindern und schließlich auch Jugendlichen haben sie die Einsichten von Maria Montessori immer weiter vertieft und die Forschungsergebnisse von Jean Piaget in die Praxis umgesetzt.
Rebeca Wild lebt seit 1961 in Ecuador. Mauricio Wild ist als Sohn Schweizer Eltern dort geboren. Sie arbeiteten zunächst als Leiter einer Plantage, dann als Angestellte einer Import-Export-Firma in der Hafenstadt Guayaquil. Von 1965 bis 1970 studierten sie Sozialwissenschaften in New York und Puerto Rico, kehrten dann nach Ecuador zurück um ein landwirtschaftliches Entwicklungsprojekt in den Anden zu leiten.
Als Eltern hatten sich die Wilds sehr früh an den Ideen und Erfahrungen Maria Montessoris orientiert. Die italienische Ärztin hatte entdeckt, dass Kinder in einer vorbereiteten Umgebung, die ihren Bedürfnissen und ihrer Reife entspricht, selbstständig aktiv werden und mit allen Sinnen lernen und dass in bestimmten sensiblen Phasen Lernprozesse sehr schnell stattfinden.
Ihrem zweiten Sohn wollten die Wilds eine herkömmliche Schulerfahrung nicht zumuten. Sie mieteten 1977 bei Quito ein Haus, das gleichzeitig Wohnhaus und Kindergartengebäude war. 1980 eröffneten die Wilds eine Grundschule (Primaria), 1986 eine Sekundarschule (Sekundaria). 1989 wurde das Pesta als Experimental-Schule für Ecuador anerkannt. Schon 1981 hatten die Wilds zusammen mit Eltern die Schule in eine Stiftung, die FEP (Fundacion Educativa Pestalozzi), umgewandelt, die allerdings keinerlei staatliche Zuschüsse erhält. Seit 1989 darf die FEP einen Sekundarschulabschluss vergeben, der dem deutschen Realschulabschluss entspricht. Für die Abiturprüfung als Externe können die Jugendlichen im Pesta weiterlernen, und viele haben das Abitur nach wenigen Monaten Vorbereitung in staatlichen oder privaten Kursen geschafft.
In ihrer Schule haben sie die vorbereitete Umgebung, wie sie von Maria Montessori vorgeschlagen und entwickelt worden ist, um Räume erweitert, in denen die Kinder und Jugendlichen ihren Bedürfnissen nach freier Bewegung, nach konkreten Erfahrungen mit unstrukturierten Materialien, oder nach Gesprächen untereinander nachgehen können.
Rebeca und Mauricio Wild haben dem freien Spiel seinen zentralen Ort in der kindlichen Entwicklung auch im Schulalltag zurückgegeben, indem sie die vorbereitete Umgebung so gestalten, dass es den Kindern jederzeit ermöglicht wird. Sie haben mit ihrer Arbeit gezeigt, dass die von Jean Piaget bechriebenen Entwicklungsetappen von Kindern nur voll ausgelebt werden können, wenn ihnen so viele konkrete Erfahrungen wie möglich erlaubt werden und wenn ihr Rhythmus der Verarbeitung von Erfahrungen respektiert wird.
Das Ehepaar Wild hat zudem deutlich gemacht, dass eine "nichtdirektive Erziehung" und die vorbereitete Umgebung für Kinder und Jugendliche nicht auf das Klassenzimmer oder die Schule begrenzt sein müssen - im Gegenteil. Die nichtdirektive Erziehung führt zu einer engen Zusammenarbeit zwischen Familie und Schule und umfasst das gesamte Leben der Kinder und Erwachsenen, die es begleiten.
Rebeca und Mauricio Wild haben ihre pädagogischen Einsichten in Zusammenhang mit den Erkenntnissen des chilenischen Biologen Umberto Maturana gebracht und weiter ausdifferenziert.
Maturana beschreibt in seinen Studien, wie sich lebendige Organismen über "Autopoesis" (=Selbstgestaltung) schaffen und entwickeln. Leben entsteht nach Maturana durch einen von Innen gesteuerten Austauschprozess mit einem chaotischen Außen. Diesen Prozess von Innen nach Außen zu respektieren heißt für Rebeca und Mauricio Wild "Lebensprozesse zu respektieren".
Maturana ist einer der modernen Biologen, die ihre Erkenntnisse in Zusammenhang bringen mit anderen Wissensgebieten, wie etwa der Systemtheorie, und der konkreten Organisation unserer Kultur. Daher scheut er sich nicht, von der Liebe (als Respekt vor dem Anderen) als Grundlage aller Entwicklung von Leben zu sprechen.
Werke
- Erziehung zum Sein (1986)
- Sein zum Erziehen (1990)
- Kinder im Pesta (1993)
- Freiheit und Grenzen, Liebe und Respekt (1998)
- Lebensqualität für Kinder und andere Menschen (2001)
- Textsammlung: Kinder wissen, was sie brauchen (1998)