Naivität
Das Wort "naiv" ist dem französischen "naïf" (=kindlich, ursprünglich, einfältig, harmlos) angelehnt.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird mit "Naiv" Menschen bezeichnet, denen die notwendige Einsicht in Ihre Handlungen fehlt und über einen begrenzten geistigen Horizont verfügen. Oft gilt Naiv als Synonym für leichtgläubig, leicht verführbar, unwissend oder ungebildet.
Wie es die Definition andeutet, sind es hauptsächlich Kinder, die "Naiv" sind. Während die kindliche Unvorgenommenheit und Unverfälschtheit noch von vielen als positiv, sogar als Rein und Unschuldig angesehen wird, gilt sie bei einem Erwachsenen als ernsthafter Charakterfehler, als geistige Beschränktheit. Hier tritt sie oftmals in Gefolge von Arroganz und Narzissmus auf.
Eine Besonderheit ist die naive Geliebte oder Partnerin. Durch ihre kindliche Art ist sie zu Beginn einer Beziehung äußert reizvoll und extrem anziehend. Diese Beziehungen gehen jedoch meistens über die erste Phase der Verliebtheit nicht hinaus, da eine Weiterentwicklung einer Beziehung vor allem auf der persönlichen Reife und Reifung der Beteiligten aufbaut, zu dem diese nicht bereit oder fähig sind. Werden die Erwartungen einer naiven Geliebten nicht erfüllt, folgt Verbitterung. So schlägt nicht selten die Verliebtheit in Hass, die Freundlichkeit in Aggression, die Harmlosigkeit in extreme Hinterhältigkeit um.
Als positive Eigenschaft tritt die Naivität bei herausragenden Persönlichkeiten der Geschichte auf. Sie sind nicht nur unvoreingenommen, sondern besitzen die Gabe, einem Sachverhalt, mit Hilfe ihres Genius und aufbauend auf ihrem enormen Wissen, frei von Beschränkungen neutral gegenüberzutreten. Mit ihrer kindlichen Neugier und frei von geistigen Fesseln werden Grenzen getestet und verschoben, und so der Weg für bahnbrechende Entdeckungen und Erfindungen bereitet.
In diesem Sinne bedeutet Naivität nicht bloß Unvoreingenommenheit, sondern das Vermögen oder die Eigenheit, einem Sachverhalt frei von (beschränkendem) Wissen neutral gegenüberzutreten. Während normalerweise das fehlende Wissen gefährlich erscheinen kann, birgt diese Art der Naivität die Tugend der Unschuld. Naiv zu sein bedeutet hier nicht, vorbehaltlos oder unwissend zu sein. Es ist vielmehr die antipathische (abneigende) Haltung dem begrifflichen Leben gegenüber, das dem Wissen oder der Erkenntnis kaum einen Daseinsvorbehalt gegenüberstellt.
Friedrich Schiller prägte den Begriff des "naiven Dichters", der im Gegensatz zum "sentimentalischen Dichter" nur seiner einfachen Natur und Empfindung folgt.
Eine Form der Kunst ist die naive Malerei.