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Polyploidie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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haploide, diploide und hexaploide Zellen

Als Polyploidie bezeichnet man in der Biologie das bei manchen Arten beobachtbare Phänomen, mehr als zwei Sätze von Chromosomen in den Zellen zu besitzen.

Ein einfacher (haploider) Chromosomensatz enthält jedes Chromosom einmal, ein doppelter (diploider) Chromosomensatz zweimal. Ab drei Chromosomensätzen spricht man von Polyploidie:

  • triploid: drei Chromosomensätze, z. B. bei manchen Bärtierchen (Tardigrada) und selten bei Amphibien (vergleiche: Teichfrosch).
  • tetraploid: vier Chromosomensätze, z. B. bei manchen Salmonidae
  • hexaploid: sechs Chromosomensätze, z. B. bei Weizen
  • octoploid: acht Chromosomensätze, z. B. bei manchen Stören

Vorkommen

Die Polyploidie tritt vor allem bei Pflanzen häufig auf; Beispiele sind der Weizen sowie viele Farne und Orchideen. Beim Weizen liegt eine besondere Form der Polyploidie vor, die Allo- oder Amphipolyploidie. Hierbei sind die Chromosomensätze dreier verschiedener Arten zu einer neuen Art (hier dem Weizen) vereinigt.

Diese Art der Polyploidie spielt eine erhebliche Rolle bei landwirtschaftlich bedeutenden Arten wie z. B. dem Raps. Polyploidie kann sich nicht selten in einer erhöhten Vitalität äußern, da die Transkription der Proteinbiosynthese stärker parallel erfolgen kann und daher die Produktion von Eiweißen, z. B. Enzymen, schneller möglich ist.

Eine weitere Form der Polyploidie ist die Endopolyploidie; dabei sind bestimmte Gewebe oder Zellen eines Organismus separat polyploid. Beispiele hierfür sind die Brennhaare der Brennnessel oder die Megakaryozyten des Menschen. Genetisch bedeutsam ist auch, dass ein Individuum dadurch mehrere unterschiedliche Allele eines Gens und daher – bei Mischerbigkeit – einen erhöhten Heterosis-Effekt aufweisen kann.

Eltern mit unterschiedlichem Ploidiegrad können in der Regel keine miteinander kompatiblen Geschlechtszellen produzieren. Daher wirkt eine Polyploidisierung nicht selten als genetische Barriere bei der Artbildung. Sie ermöglicht auch das Entstehen neuer Arten ohne geographische Isolation, also eine sympatrische Artbildung.

Heutzutage weist praktisch jede kultivierte Obst- und Gemüsesorte Polyploidie auf, da bei der Züchtung stets das Größte und Beste weitergezüchtet wird und Polyploidie durchaus auch als zufällige Mutation geschehen kann.

Ursachen/Erzeugung

Die Entstehung einer Polyploidie tritt relativ häufig bei Pflanzen in kälteren Regionen auf. Kälte kann den Ablauf der Zellteilung entsprechend stören und Pflanzen sind der Umgebungstemperatur praktisch vollkommen schutzlos ausgesetzt. Bei Säugetieren nimmt das Risiko einer teilweisen Polyploidie - zumeist Trisomie - mit dem Alter des Muttertiers deutlich zu, obgleich die Möglichkeit dazu in jedem Alter besteht.

Das Gift der Herbstzeitlosen Colchizin oder 8-Hydroxychinolin verursachen neben ihrer anderen Giftwirkung auch Polyploidie und werden daher für eine künstliche Herbeiführung einer Polyploidie bei Pflanzen eingesetzt. Es ist zu beachten dass dies nur bei Pflanzen sinnvoll ist und genannte Stoffe bei Mensch und Tier nur zu lebensgefährlichen Vergiftungen führen. Vorallem dürfen weder diese Stoffe noch die behandelten Pflanzen in Reichweite von Kleinkindern sein.

Colchizin kann man aus den Samenfäden der Herbstzeitlosen gewinnen; sie sollte im Frühling gesteckt werden, damit sie im Herbst blüht. Dazu sind lediglich die Samenfäden in Wasser zu legen, und es sollten weiße Colchizinkristalle entstehen.

Der so gewonnene – beziehungsweise über den Handel bezogene Stoff – wird nun zu den Pflanzen gegeben, möglichst dann wenn diese besonders viel Mitose durchführen, z.B. in Wachstumsphasen. Als Experimentierpflanze eignet sich besonders Kresse, da diese besonders schnell wächst, was sich nach der Behandlung noch verstärkt. Aus Sicherheitsgründen darf man die Pflanzen jedoch keinesfalls essen.

Angewandt werden solche Verfahren z.B. in der Landwirtschaft, um kräftigere, robustere und ertragreichere Getreidesorten zu züchten.