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Capoeira

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Capoeira-Spieler bei einer Roda in Amsterdam

Capoeira ist eine brasilianische Kampfkunst, die heute vor allem in spielerischer Wettkampfform ausgeübt wird. Ursprünglich praktizierten es schwarzafrikanische Sklaven, um sich unauffällig im Kampf zu trainieren. Capoeira enthält dabei nicht nur kämpferische Elemente, sondern auch sehr viel Akrobatik und Spielerei.

Die Legende besagt, dass die Ausübung von den Sklaven als volkstümliche Tänze getarnt wurde, weil Kampftraining von den Sklavenhaltern verboten war – damit wird die akrobatische Komponente erklärt. Allerdings waren den Sklaven auch kulturelle Ausdrucksformen verboten, wodurch diese Theorie unwahrscheinlich wird.

Im brasilianischen Portugiesisch steht der Begriff „Capoeira“ auch für Sekundärwaldflächen, die nach Brandrodungsnutzung zeitweise der Brache überlassen werden, ein Zusammenhang mit dem Kampfsport besteht nicht.

Geschichte

Belegt ist die Existenz der Capoeira bis ins 18. Jahrhundert. Die Literatur geht davon aus, dass sie in Brasilien aus einer Vermischung verschiedenster afrikanischer Tänze und Kulte entstand. Auch in anderen Regionen, in welche afrikanische Sklaven verschleppt wurden, entstanden dem Capoeira ähnliche Kampfkünste, wie dem Maní auf Kuba.

Weitere Legenden ranken sich um die Kämpfe zwischen Sklaven und Sklavenhaltern in den Quilombos – so wird von den Quilombos gesagt, dass sich dort die Capoeira stark weiterentwickelte und dass die Sklaven sie auch im Kampf gegen die (mit Schusswaffen bewaffneten) Sklavenjäger eingesetzt hätten.

Die nächste Entwicklungsphase der Capoeira ist dann auch die erste, bei der sich die Experten über Entstehung und Anwendung einig sind. Die damalige Capoeira ist allerdings nicht mit der heutigen vergleichbar sondern vielmehr als eine Art Straßenkampftechnik zu begreifen. Capoeiristas taten sich in Banden zusammen, auch Maltas genannt, und beherrschten ganze Straßenviertel. Dabei kämpften sie gegen rivalisierende Maltas und die Obrigkeitskräfte. Diese Form der Capoeira war besonders in den Hafenstädten Rio de Janeiro, Recife und Salvador da Bahia verbreitet, die auch gemeinhin als die Brutstätten der Capoeira angesehen werden. Die Capoeira ist entsprechend eine urbane Erscheinung.

In der Kaiserzeit war die Capoeira zwar nicht explizit verboten, die Capoeiristas wurden dennoch verfolgt und beispielsweise wegen Störung der öffentlichen Ordnung verhaftet. In der Republik (ab 1889) gab es schließlich einen Capoeira-Paragrafen, der die Ausübung der Capoeira mit Verbannung von sechs Monaten bis zwei Jahren bestrafte. Einer der Gründe für diese Behandlung liegt darin, daß die Capoeiristas als Monarchisten angesehen wurden, die aus Dankbarkeit für die Befreiung der Sklaven sich der Krone verpflichtet fühlten. Die Capoeira wurde in dieser Zeit stark in den Untergrund gedrängt und konnte nur noch in den genannten Städten überleben.

Das Capoeira-Verbot wurde 1937 durch den nationalistischen Diktator Getúlio Vargas aufgehoben, der mit der Capoeira einen nationalen Sport etablieren wollte. Auf diese Idee kam er, nachdem er eine Vorführung von Mestre Bimba sah. Bimba wollte aus Elementen der Straßenkampftechnik Capoeira eine moderne Kampfkunst formen, welche er Luta Regional Baiana nannte. In dieser Form der Capoeira integrierte er Elemente des Batuque und asiatischer Kampfsportarten um die Effizienz dieser Kampfsportart zu erhöhen. Er unterrichtete sie (noch während des Verbots) an seiner Academia in der bahianischen Hauptstadt Salvador da Bahia – das Verbot war der Hauptgrund dafür, weshalb seine Schule nicht Capoeira im Namen führte. Bimba ersann zum ersten Mal eine systematische Methode, Capoeira zu vermitteln, vorher wurden die Techniken durch Nachahmen erlernt.

Auch heute noch wird die Capoeira hauptsächlich in zwei Formen aufgeteilt: Capoeira Regional und Capoeira Angola. Aktuell ist allerdings ein Trend des sich gegenseitigen Annäherns zu spüren. Dieser Trend wird vor allem durch Mestre Camisa und Mestre Joao Grande getragen und gerne als sog. Capoeira Contemporanea bezeichnet.

Der Film Only the Strong mit Hauptdarsteller Marc Dacascos gibt Capoeira-Neulingen einen faszinierenden ersten Einblick. Hier wird hauptsächlich Capoeira Regional gezeigt, da die Bewegungen spektakulärer anmuten. Marc Dacascos selbst betreibt seit seiner Kindheit Kung Fu (sein Vater Al Dacascos hat mehrere Kampfsport-Schulen auf der Welt) und hat sich Capoeira speziell für diesen Film mithilfe einiger brasilianischer `Mestres` antrainiert.

Die Roda

Capoeira-Spieler bei einer Roda in Amsterdam

Traditionell läuft die Capoeira als Spielform in der so genannten Roda (portugiesisch für Kreis, sprich: hoda mit offenem "o") ab: Dabei stehen alle Teilnehmer in einem Kreis, wobei sich an einer Stelle dieses Kreises die Musiker versammeln. Zentral sind dabei die Berimbau-Spieler, da der Berimbau den Rhythmus der Musik bestimmt. Von dort wird das Spiel begonnen. Dabei hocken sich zwei Capoeiristas (oder Capoeiras auf portugiesisch) vor die Instrumente, schauen sich kurz an, geben sich die Hand (clap) (manche berühren an dieser Stelle noch das Berimbau als Zeichen der Verehrung) und gehen in die Mitte der Roda, in der Regel mit einem Rad. Die Umstehenden klatschen den Rhythmus und singen den Refrain. Innerhalb des Kreises spielen die zwei Capoeiristas dann miteinander. Zwischen beiden wird kein Wettkampf ausgefochten, sondern sie führen eine Art von körperlichem Dialog aus, die Worte sind dabei die verschiedenen Offensiv- und Defensiv-Bewegungen. Auf jede Offensiv-Bewegung folgt eine Defensiv-Bewegung des anderen, aus einer Defensiv-Bewegung wird fließend eine Offensiv-Bewegung. Diese Sequenzen von wechselseitigen Bewegungen werden so zu Sätzen. Ob dabei eher die Kooperation oder die Konfrontation im Vordergrund steht, entscheiden die Spieler selbst. Dieses Gespräch kann je nach Können und Stimmung eher friedlicheren Charakter haben oder auch in einen Kampf münden. Am Ende steht kein Gewinner oder Verlierer fest, sondern die Capoeiristas entscheiden selbst, wann sie den Dialog beenden. Jeder der Umstehenden kann sich auch vorher in das Spiel einkaufen (aus dem portugiesischen comprar=kaufen). Dabei markiert man zuerst wachsam (die vorherigen Spieler tauschen immer noch Schläge aus) und doch bestimmt seine Absicht, das Spiel zu übernehmen (indem er einen ausgestreckten Arm zwischen die Spielenden hält, die Handfläche ist demjenigen zugewandt mitdem er von nunan "reden" möchte), und setzt dann mit diesem Spieler den Dialog fort.

Die Capoeira ist äußerst vielseitig, da sie Akrobatik, Kampfsport, Rhythmik, Reaktionsfähigkeit, Improvisation und Kreativität vereinigt. Der Spieler befindet sich in ständiger Bewegung: Zum einen, da der Grundschritt bereits ein Wiegeschritt ist (die Ginga), zum anderen, weil es sehr viele tiefe Bewegungen in der Hocke, bzw. Akrobatik kopfüber (Rad, Kopfstand etc.) gibt. Dadurch und durch die Philosophie, allen Schlägen auszuweichen und nur im Notfall zu blocken, stellen sie dem anderen kein leicht zu treffendes Ziel dar.

Capoeira lernen heißt nicht, sich schlagen zu lernen, sondern den Kampf eines Volkes zu lernen, welches sich in Körperbewegungen ausdrückte, durch das Bedürfnis nach Freiheit, der Freiheit Mensch zu sein! Capoeira zu lernen heißt vor allem, für die Freiheit des Körpers und des Geistes zu kämpfen.

Malícia - Die Seele der Capoeira

Capoeira hat eine ganz eigene Kampftechnik, die sich von den meisten anderen Künsten deutlich unterscheidet. Dies mag auch als Grund dafür gelten, warum es in Europa nicht die gleiche Verbreitung findet wie z.B. Karate oder Judo.

Das zentrale Element - die Seele der Capoeira - ist Malícia. Malícia ist etwas, dass man nicht in Worte fassen kann und beschreibt eine Art, die Dinge zu sehen. Um Malícia zu verstehen, muss man Capoeira erlernen - so einfach ist es. Im europäischen würden wir Malícia als "Verschlagenheit, Bösartigkeit" deuten, doch es ist im brasilianischen eine positiv belegte Eigenschaft und eher mit "Schläue, Kriegslist" zu übersetzen.

In Liedern gibt es anschauliche Beschreibungen von dem, was Malícia ist. Bildlich lässt sie sich gut am Beispiel einer Schlange erklären, die sich in ihrem Loch befindet und auf Beute wartet. Die Schlange ist vorbereitet und sobald die Beute eintrifft, wird sie ohne Gegenwehr erlegt (z.B. "bote de cobra coral" aus der Ladainha Uma Vez von Mestre Toni Vargas). An anderer Stelle wäre die Schlange vielleicht unterlegen gewesen.

Ähnlich ist es in der Capoeira: die Spieler versuchen, sich gegenseitig Fallen zu stellen, sich auszutricksen. Dabei kommt es oft vor, dass viele Angriffe nur gemacht werden um von dem eigentlichen Angriff (also dem Angriff der das ursprüngliche Ziel darstellt) abzulenken. Dies ist extrem schwierig, da das Verhalten des Anderen in wenigen Augenblicken erfasst werden muss. Zum gleichen Zeitpunkt muss der Angreifer bereits die Gegenstrategie entwickelt haben, um seinen Angriff zu platzieren.

Dies alles hat viel mit psychologischer Kriegsführung zu tun und enthält sowohl klassische Elemente, die seit Sun-Tzu ein Standard in der Kriegsführung sind als auch ungewöhnliche Elemente, die sich nicht so recht zuordnen lassen und zum Teil in den heute durchaus modernen Guerilla-Taktiken wiedergespiegelt sind, die in den Eliteeinheiten der Streitkräfte gelehrt werden.

Oft geht es darum im Kampf beim Gegner einen Eindruck zu erwecken, der nicht den wahren Tatsachen entspricht, aber dennoch geglaubt wird. So durften beispielsweise zu früheren Zeiten die Capoeira-Schüler nicht zeigen, wie kräftig sie wirklich sind, wenn andere (potenzielle Gegner) dabei zusähen. Sie sollten eher den Eindruck erwecken, als wären sie Schwächlinge, damit der Gegner möglichst wenige bzw. Fehlinformationen über sie hat. Dies kann in einem Kampf entscheidend sein.

Dieses Element der Capoeira - die Malícia - zieht sich wie ein roter Faden durch das Leben eines Capoeirista. Dabei wird sie niemals direkt gelehrt, sondern von den Schülern spielerisch ausprobiert und quasi "aufgesogen". Ohne Malícia wäre Capoeira langweilig und würde zu einer stumpfen Beschäftigung verkümmern. Doch mit Malícia ist der Ausgang eines jeden Kampfes ungewiss, da ständig Überraschungen geschehen.

Durch das Vorhandensein dieses zentralen Elementes wird klar, dass nicht die Vielzahl und akrobatische Finesse im Kampf ausschlaggebend ist, sondern der taktische Überblick über das Spiel. Es gibt Meister, die nur sehr wenige verschiedene Techniken anwenden, diese jedoch mit Hilfe von Malícia so effizient einsetzen, dass es sehr schwer ist überhaupt in ihre Nähe zu kommen ohne getroffen zu werden.

In der heutigen Zeit tritt die Malícia in den modernen Formen der Capoeira Regional leider häufig in den Hintergrund, da Geschwindigkeit sowie Kürze der Spiele einen Aufbau der notwendigen Spannung und Dynamik nicht ermöglichen. In der Capoeira Angola dagegen ist sie nach wie vor zentrales und wichtigstes Element.

Das Gürtelsystem

Wie in jedem anderen Kampfsport gibt es auch im Capoeira verschiedene Gürtel, die den Grad des Trägers anzeigen. Um die nächste Stufe zu erreichen, muss der Capoeirista bestimmte Anforderungen erfüllen, wobei die Zeit, die jemand seit Erreichen der letzten Stufe zurückgelegt hat, ebenfalls berücksichtigt wird.

Anforderungen können sein:

  • mit einem oder mehreren Meistern oder Lehrern in der Roda zu spielen
  • Kenntnisse der Capoeiramusik nachweisen
  • bestimmte Angriffs-, Verteidigungs- sowie Akrobatikbewegungen ausführen

Üblicherweise gibt es gewisse zeitliche Abstände, die zwischen zwei Stufen eingehalten werden sollten. Wie lange dies ist, entscheidet der Meister der jeweiligen Schule. Als Faustregel lässt sich sagen: je höher die Gürtelstufe, desto länger die Wartezeit bis zur nächst höheren.

In der Capoeira gibt es unterschiedliche Gradsysteme. International besteht keine Vereinheitlichung, sodass in einigen Schulen auch Gürtelsysteme existieren, die von den meisten grossen Gruppen nicht anerkannt werden.

Die Regeln des Spiels

Capoeira als Kampf-Tanz-Spiel basiert auf einem System ungeschriebener Regeln, das nur aufgrund der afrikanischen Tradition mündlicher Überlieferung von Generation zu Generation weitergereicht worden ist. Wie die Grundzüge dieses Regelwerkes einmal ausgesehen haben mögen, ist ungewiss. Von Interesse ist, dass dem Anfänger normalerweise kein Textheft mit Regeln beigegeben wird, sondern diese Regeln im individuellen Kontext "erfahren" werden müssen. Insbesondere stellen sie vor dem Hintergrund der Malicia nur die groben Rahmenbedingungen sicher, die Regeln können zu bestimmten Momenten im Spiel gebrochen werden, manchmal ist dies sogar notwendig, um besondere Subroutinen wie die Chamada beginnen zu können.

Nach John Lowell Lewis' Arbeiten gibt es eine tabellarische Übersicht der wichtigsten Regeln des Spiels. Diese ist in "normative" und "pragmatische" Regeln aufgegliedert. Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die Regeln in der Capoeira sehr schwammig und abhängig von den Mitspielern sind. Sie sind deswegen eher als eine Möglichkeit anzusehen, die variiert werden kann. In manchen Schulen wird als einzige Regel "es gibt keine Regel" unterrichtet. Dennoch sind gewisse Gewohnheiten und Abläufe auch dort zu finden.

Capoeira lernen http://www.capoeira-ma.de Capoeira Mannheim Germany Capoeira lernen heißt nicht, sich schlagen zu lernen, sondern den Kampf eines Volkes zu lernen, welches sich in Körperbewegungen ausdrückte, durch das Bedürfnis nach Freiheit, der Freiheit Mensch zu sein! Capoeira zu lernen heißt vor allem, für die Freiheit des Körpers und des Geistes zu kämpfen.

Aprender a capoeira não é aprender a brigar http://www.capoeira-ma.de Capoeira Mannheim Germany É aprender a luta e Cultura de um povo Que se expressou em movimentos físicos Pela necessidade de liberdade A liberdade de ser gente! Aprender a capoeira é, acima de tudo, lutar Pela liberdade do corpo e do espírito.

Normative Regeln

Diese Regeln beziehen sich auf feste Verhaltensweisen, die sich in Capoeirakreisen weltweit etabliert haben und nicht hinterfragt oder variiert werden. Sie gewährleisten einerseits die Sicherheit der Kämpfer und spiegeln andererseits einen Teil der philosophischen Ansätze der Capoeira zum Umgang miteinander wieder.

  • 1. Das aktive Spiel findet zwischen zwei Spielern innerhalb der Roda statt
    • 1.1 Befolge die Konventionen zum Eintreten und Verlassen der Roda
    • 1.2 Während des Spiels nicht nach außerhalb der Roda bewegen
    • 1.3 Gib dem anderen vor und nach dem Spiel die Hand (eher wie ein "clap")
  • 2. Versuche, Deinen Mitstreiter zu werfen
    • 2.1 Nur Füße, Hände und Kopf sollen den Boden berühren
    • 2.2 Versuche niemals, Deinen Mitstreiter zu verletzen
      • 2.2.1 Keine Schläge mit geschlossener Faust sind erlaubt
      • 2.2.2 Kein Wegstoßen / Schubsen erlaubt, es sei denn als Teil des Wurfes
    • 2.3 Emotionale, psychische und/oder Prestigeverletzungen sind in Ordnung
  • 3. Sei immer bereit, um Dich gegen einen Angriff zu verteidigen
    • 3.1 Wenn du deinem Mitstreiter den Rücken zudrehst dann schau ihn immer dabei an (z.B. durch die Beine)
    • 3.2 Halte Deine Hände zur Verteidigung vor bzw. über dem Gesicht
    • 3.3 Halte Deinen Mitstreiter die ganze Zeit im Blick
  • 4. Es gibt keine Roda ohne Musik (der Berimbau-Spieler ist der Leiter der Roda)
    • 4.1 Die Musik beginnt vor dem Spiel
    • 4.2 Wenn die Musik endet, endet das Spiel

Pragmatische Regeln

Pragmatisch deshalb, weil es keine Regeln im eigentlichen Sinne sind, sondern ein wenig die Art des Spiels beschreiben wie es idealerweise sein soll. Capoeira ist kein statischer Kampfsport wie andere Formen. Alles ergibt sich aus der Bewegung und keine zwei Kämpfe sind identisch.

In den Regeln beschrieben sind allgemeine Verhaltensweisen die den Spielen identisch sein sollten, gleichzeitig jedoch nicht ausschließlich oder gar verpflichtend sind.

  • 5. Blocke keine Angriffe (es sei denn zu Anfang oder in Extremsituationen)
    • 5.1 Weiche aus und starte einen Gegenangriff
    • 5.2 Sei darauf vorbereitet, den meisten Angriffen auszuweichen
    • 5.3 Sei darauf vorbereitet, die meisten Ausweichversuche anzugreifen
  • 6. Sei immer in Bewegung (Ginga; gespr. dschinga)
    • 6.1 Versuche, Deine Freiheit in der Bewegung zu vergrößern während Du den Spielraum des Mitstreiters einschränkst
    • 6.2 Niemals vollständig stoppen (bis auf Chamada)
  • 7. Täusche Deinen Mitstreiter, so dass er verwundbar wird
    • 7.1 Etabliere Bewegungsmuster nur, um sie zu brechen
    • 7.2 Gib vor, die eine Sache zu tun und mach etwas anderes
    • 7.3 Immer lächeln

Musik

Ein sehr wichtiger Aspekt ist der Rhythmus, auch Toque genannt, der mit den traditionellen Instrumenten Berimbau, Atabaque und Pandeiro erzeugt wird. Der Rhythmus bestimmt die Art des Capoeira-Spiels. Viele Rhythmen werden in der Roda verwendet, die wichtigsten sind:

  1. Angola: dieser Toque ist in einem Zuge mit der Stilrichtung "Angola" zu nennen. Er zeichnet sich durch ein langsameres Tempo und größere Musikalität aus. Es ist das älteste Capoeiraspiel. Das Spiel wirkt sehr theatralisch und spielt sich eher auf dem Boden ab. Taktische Finesse und kurze, heftige Rhythmuswechsel mit starken Tritten sind charakteristisch. Nur bei diesem Toque wird eine Chamada als Spiel-im-Spiel Einlage eingesetzt. Angola ist trotz seines langsamen Tempos das gefährlichste Spiel (aufgrund der rafinierten Täuschungen und schnellen Würfen). Beim Angola-Toque wird nicht geklatscht.
  2. Sao Bento Grande de Angola: Dieser kann sowohl langsam als auch schnell gespielt werden, das Spiel ist verspielt bis kämpferisch, akrobatische Einlagen sind erwünscht, aber nicht Pflicht.
  3. Benguela: Etwas schneller als Angola. Das Spiel ist flüssiger und erlaubt auch Akrobatik, allerdings keine Luftakrobatik. Es bleibt trotzdem ein Spiel am Boden, wenig Rasteiras und wenig direkte Tritte, die auf den Gegner abzielen.
  4. Sao Bento Grande de Bimba: Schneller, kraftvoller Toque. Das Spiel ist schnell und athletisch. Alle Arten von Tritten und Akrobatik sind erlaubt.
  5. Iuna: Iuna ist eine Vogelart und der gleichnamige Toque bezeichnet ein Spiel, an dem nur graduierte Capoeiristas teilnehmen dürfen. Es ist sehr akrobatisch, nicht kämpferisch und besitzt als Charakteristikum die so genannten "cintura desprezada"-Bewegungen - eine Innovation die auf Mestre Bimba zurückgeht. Als weitere Variante kann der Iuna-Toque zum Gedenken an verstorbene Capoeiristas gespielt werden.
    Im Gegensatz zu den vorgenannten Toques wird beim Iuna nicht gesungen.
  6. Sao Bento Pequeno: Dies ist eine reduzierte Version des Sao Bento Grande. Das Spiel hierzu ist freundlich, ohne gerade Tritte und Rasteiras und mit einem besonderen Augenmerk auf flüssige und runde Spielweise.

Daneben gibt es noch eine Vielzahl von Toques, die aber nur zu bestimmten Anlässen gespielt werden. Fundamental für die Capoeira sind neben den Instrumenten die Lieder. Jeder der drei genannten Toques verlangt nach einem Typ von Gesang: Ein Angolaspiel wird mit langen getragenen Lieder, mit langen Strophen, die oftmals eine ganze Geschichte erzählen, begonnen. Diese werden Ladainhas genannt. Bei der Benguela werden auch Lieder mit langen Strophen gesungen, die aber kürzer als Ladainhas sind (sogenannte Quadras). Beim Sao Bento Grande sind es kurze Stücke, wo sich der Vorsänger mit den Roda-Umstehenden im schnellen Tempo abwechselt (sogenannte Corridos). Die Lieder werden in Portugiesisch gesungen.

Caxixi, Vadero und Baqueta werden genutzt um ein Berimbau zu spielenDas Berimbau (Birimba(u) ausgesprochen) ist ein Perkussions-Instrument aus dem Nordosten Brasiliens. Es besteht aus einem gebogenen Holzstab (dem "Arco" aus Biriba-Holz), einem daran befestigten Draht (oft aus alten Autoreifen entnommen) und einem aufgeschnittenen, ausgehöhlten Kürbis (Cabaça), der am unteren Ende des Bogens befestigt wird und als Resonanzkörper dient.

Verbreitung

Inzwischen ist Capoeira weltweit verbreitet. Es gibt verschiedene Schulen, die sich stark in Trainingsmethoden, Schwerpunkt und Stil unterscheiden. Dabei unterscheidet man zwischen Angola- oder Regional-Schulen – Capoeira Regional wird nach den Methoden von Mestre Bimba vermittelt, Capoeira Angola beruft sich vor Allem auf Mestre Pastinha und stellt traditionellere Bewegungen in den Vordergrund. Während in Regional durchaus auch Angola vermittelt wird, ist dies umgekehrt meistens nicht der Fall. Daneben setzt sich auch eine Art dritter Weg durch, diese Richtung wird als Capoeira Contemporânea bezeichnet; wobei man sagen muss, dass das eher ein Sammelbegriff für viele verschiedene Stile und Richtungen der zeitgenössischen Capoeira ist (wie zum Beispiel Miudinho von der Gruppe Cordao de Ouro). Eine weitere Entwicklung ist das Austragen von Wettkämpfen, wie in anderen Kampfkünsten. Im Gegensatz zu denen zählt dabei aber nicht das Werten von Treffern oder Knockouts, sondern das Umsetzen des oben angesprochenen Dialogs. Dies macht jedoch eine objektive Beurteilung schwierig.

Literatur

  • Almeida, Bira: Capoeira, a Brazilian Art Form: History, Philosophy, and Practice, 2. Auflage 1986, North Atlantic Books, ISBN 0938190296
  • Capoeira, Mestre Nestor: Capoeira - Kampfkunst und Tanz aus Brasilien., 5. Auflage 2001, Verlag Weinmann, ISBN 3878920687
  • Capoeira, Mestre Nestor: Capoeira: Roots of the Dance-Fight-Game, 1. Auflage 2002, North Atlantic Books, ISBN 1556434049
  • Capoeira, Mestre Nestor: A Street-Smart Song: Capoeira Philosophy and Inner Life, 1. Auflage 2006, Blue Snake Books/Frog Ltd., ISBN 158394155X
  • Downey, Greg: Learning Capoeira: Lessons in Cunning from an Afro-Brazilian Art, 1. Auflage 2005, Oxford University Press Inc., ISBN 0195176979
  • Lowell-Lewis, John: Ring of Liberation: Deceptive Discourse in Brazilian Capoeira, 1. Auflage 1992, University of Chicago Press, ISBN 0226476839
  • Sete, Mestre Bola: "A Capoeira Angola na Bahia" Verlag Pallas, (nur in portugiesischer Sprache erhältlich) ISBN 8534702713