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Geschichte der Stadt Bonn

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Blick auf das historische Zentrum von Bonn
Blick auf das historische Zentrum von Bonn

Steinzeit und Frühgeschichte

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Funde aus dem Doppelgrab von Oberkassel

Lange vor dem Beginn der Zeitrechnung lebten in der Bonner Region Menschen. Die leicht erhöhte Lage am Rhein begünstigte diese Ansiedlungen. Davon zeugen Funde im gesamten Stadtgebiet Bonns, die für fast alle vorgeschichtlichen Zeiten – von der Altsteinzeit bis zur Zeit der Germanen – Siedlungsaktivitäten belegen. Zwei gut erhaltene Skelette des Doppelgrabes von Oberkassel sind neben dem Neandertaler die einzigen menschlichen Überreste der Alt- bzw. beginnenden Mittelsteinzeit im Rheinland. Sie sind nach heutigem Wissensstand rund 14.000 Jahre alt. Neben dem weiblichen und dem männlichen Skelett wurden in dem Oberkasseler Basaltsteinbruch Skelettreste eines Hundes sowie Schmuck gefunden.

Ein Graben und Holzpalisaden, die im Bereich des Venusberges nachgewiesen wurden und aus der Zeit um 4080 v. Chr. stammen, gehören zu den Funden, die Siedlungsaktivitäten im linksrheinischen Gebiet von Bonn belegen. Ob es sich bei dieser Anlage um eine „Fluchtburg“ oder um eine befestigte Siedlung handelt, lässt sich erst nach weiteren Grabungen innerhalb des Gebietes klären.

Im letzten Jahrhundert v. Chr. siedelten auf dem rechtsrheinischen Gebiet Sugambrer, auf der linken Seite des Rheins Eburonen. Nachdem Gaius Julius Caesar diesen Stamm bei seinen Feldzügen geschlagen und völlig aus dem Gebiet des Mittel- und Niederrheins verdrängt hatte, folgten ihnen Ubier. In der Zeit zwischen 40 v. Chr. und 20 v. Chr. siedelten sie sich auch im Bereich des heutigen Bonn an.

Römer in Bonn

Erkundungslager

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Bonn mit römischem Siedlungsgebiet (orange eingefärbt)

Im Jahr 12 v. Chr. begann der römische Feldherr Drusus einen Krieg gegen die Germanen, der die römischen Truppen weit über den Rhein bis an die Elbe führte. Im Zusammenhang mit diesen Feldzügen kamen römische Soldaten auch in die ubische Siedlung am Rhein und errichteten hier ein Erkundungslager.

Sowohl die ubische Siedlung als auch die Anwesenheit römischer Soldaten sind durch archäologische Funde belegt. Die ubische Siedlung erstreckte sich zwischen Universität, Rhein, Münster und Josefstraße. Eine präzise Zeitangabe, wann Römer das erste Mal in diese Siedlung kamen, gibt es nicht. Es muss in der Zeit zwischen Vorbereitung oder Beginn des Krieges und dem Tod von Drusus – 9 v. Chr. – gewesen sein. Als Bonn 1989 seinen 2000. Geburtstag feierte, entschied man sich für das Jahr 11. v. Chr. „Da das genaue Jahr nicht zu ermitteln ist,“ so der damalige Oberbürgermeister Hans Daniels, „haben wir uns für das Jahr 11, die Mitte zwischen 13 und 9, entschieden.

Neben archäologischen Funden im Bonner Stadtgebiet gibt es eine literarische Quelle, die zitiert wird, um die Anwesenheit römischer Soldaten in der Zeit von Drusus zu belegen. Es handelt sich um das zweibändige Werk Epitoma de Tito Livio bellorum omnium annorum DCC libri duo des römischen Schriftstellers Florus. Darin erwähnt der Autor einen Ortsnamen, der in den zugrundeliegenden Handschriften allerdings unterschiedlich gelesen wird. Eine Lesart lautet „Bonna“. Bei ihm heißt es dann entsprechend dieser Lesart: „Bonna et Gesoriacum pontibus iunxit classibusque firmavit.“ Übersetzt: „Bonna und Gesoriacum verband er (Drusus) durch Brücken und verstärkte sie mit einer Flotte.“ Nicht erst seit der 2000-Jahr-Feier Bonns wurde diese Stelle als Beleg dafür heran gezogen, dass es in Bonn eine römische Brücke gegeben habe. Diese Brücke geistert auch heute noch vereinzelt durch Reiseführer über Bonn. Mittlerweile geht die Forschung davon aus, dass es diese Brücke nie gegeben hat. 1987 und 1988 wurde mit Hilfe eines Tauchschiffes der Rheingrund nach ehemals vorhandenen Brückenpfeilern durchsucht und keinerlei Hinweise im felsigen Untergrund gefunden. Außerdem gibt es weitere Gründe, diese Interpretation des Florus-Textes nicht weiter zu verfolgen. Eine aktuelle Interpretation sieht so aus, dass Drusus „Bonna“ mit der zur Zeit der Römer bekanntesten Insel vor der Nordseeküste verband, die den Namen „Glaesaria“ (wahrscheinlich das heutige Norderney) trug. Die Verbindung bestand aus Bohlenwegen und Knüppeldämmen, die bei Florus – und auch bei Tacitus – den Fachbegriff „pontes“ trugen. Beide Orte – „Bonna“ und „Glaesaria“ – sicherte der römische Feldherr als Hauptstützpunkte zu Wasser mit Flotten (lateinischclasses“).

Römisches Legionslager

Modell des römischen Lagers in Bonn (vom nördlichen Eingang aus gesehen)

Mit dem Bau eines befestigten Lagers begannen die Römer nach der Niederlage gegen die Germanen 9 n. Chr. Um 17 n. Chr. schufen die Römer im nördlichen Teil der Ubiersiedlung ein Auxiliarlager. Fünfundzwanzig Jahre später, 43 n. Chr., kam es zur Errichtung eines neuen Lagers, das nun weiter nördlich lag, als das schon bestehende. Es befand sich gegenüber der Mündung der Sieg in den Rhein. In dem Holz-Erde Lager wurde in Folge der Umwandlung der Colonia Claudia Ara Agrippinensium in eine zivile Siedlung die Legio I und zwei weitere Auxiliareinheiten stationiert. Diese etwa 7000 Mann starke Truppe baute das Lager in den folgenden Jahren als Bestandteil der römischen Verteidigungslinie am Rhein weiter aus. Die fast quadratische Festung hatte eine Ausdehnung von 528 mal 524 Metern mit einer Hafenanlage, die im Osten vom Rhein natürlich begrenzt wurde und noch heute bei Niedrigwasser in ihren Grundrissen zu erkennen ist.

canabae und vicus bonnensis

Im Umfeld der Lagers, den „canabae legionis“, und in einer weiter südlich gelegenen zivilen Siedlung, dem „vicus bonnensis“, ließen sich Handwerker und Händler nieder. Schätzungen gehen davon aus, dass in Bonn bis zu 10.000 Menschen lebten.

„Bonna“ bei Tacitus

Eine sehr viel zuverlässigere Quelle für den Namen „Bonna“ als der Text von Florus sind die „Historien“ von Tacitus. In seiner Darstellung des Bataveraufstandes im Jahr 69/70 erwähnt er „Bonna“ an mehreren Stellen. Das gilt auch für das Legionslager („castra Bonnensia“). Ob „Bonna“ in dieser Zeit – möglicherweise auch noch früher – schon der Name des Ortes war, lässt sich durch die „Historien“ nicht endgültig klären, denn sie erschienen erst 40 Jahre nach dem Aufstand. Umbenennungen von Orten waren nicht selten.

Im Anschluss an den von Tacitus berichteten Bataveraufstand und die damit verbundene Zerstörung des Bonner Lagers entstand an derselben Stelle ein neues, nun aus Stein gebautes Lager. Die hier stationierte Legio XXI Rapax wurde 83 n. Chr. von der Legio I Minervia abgelöst. Der Frankeneinfall im Jahr 274 n. Chr. führte heutigen Erkenntnissen nach nicht zur Zerstörung des Lagers. Allerdings wurden die Wohngebiete außerhalb des Lagers aufgegeben und die verbliebene Zivilbevölkerung lebte zusammen mit der auf 1000 Mann reduzierten militärischen Einheit im Lager selbst. Bestattungen konzentrierten sich auf den Umkreis des Lagers und den Bereich des Münsterplatzes. Dort entstand in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts eine „kleine Nekropole (Ulrike Muessemeier – s. Literatur).

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Fundament der Dietkirche

Es gibt Hinweise darauf, dass das Lager 353 durch die Franken zerstört wurde. Seitdem gibt es keine Berichte über die Legio I mehr. Julianus ließ das Lager danach neu aufbauen, befestigen und mit Speicherbauten ausstatten. Ob es dieselbe Größe hatte wie das vorherige ist unter Historikern umstritten. Eine frühe Kirchenanlage, die spätere „Dietkirche“, wurde wahrscheinlich in fränkisch-merowingischer Zeit im Bereich des Lagers gebaut. Sie ging dem heutigen Münster als christlicher Gebets- und Versammlungsort von Bonn voraus.

Die römische Verwaltung der Provinz Germania II war bis in die Mitte des 5. Jahrhunderts noch intakt. Das lässt sich auch auf das Bonner Lager übertragen und darauf weist zudem der Grabfund eines germanischen Kriegers in römischen Diensten aus der Zeit des ersten Drittels des 5. Jahrhunderts hin, der vor der östlichen Lagermauer bestattet worden ist. Über den Zustand des Lagers in den folgenden Jahrzehnten und Jahrhunderten ist kaum etwas bekannt. Von einer strategischen Bedeutung ist nicht auszugehen.

Mittelalter

Ab dem 7. Jahrhundert und dann vollends im 9./10. Jahrhundert verlagerte sich der Siedlungsschwerpunkt Bonns in die Gebiete der heutigen Innenstadt. Dorthin, wo heute der Markt ist und in den Bereich der Kirche, die im Verlauf des Mittelalters die Funktion der Hauptkirche in Bonn übernahm: die Kirche des Cassiusstiftes. Über dieser Kirche wurde vom 11. Jahrhundert an das heutige Münster errichtet.

Im Verlauf des 11. und 12. Jahrhunderts vergrößerten sich diese beiden neuen Siedlungskerne. Wohlhabende Geistliche und Kanoniker – die Bewohner des Stiftes, der „Villa Basilika“ – waren eine Käuferschicht für hochwertige Produkte. Sie sorgten dafür, dass sich auch die Marktsiedlung vergrößerte und die Zahl der Händler, Kaufleute und Handwerker zunahm. Um diese Siedlungsbereiche zu sichern, ordnete Erzbischof Konrad von Hochstaden an, dass der besiedelte Raum zwischen Münster und Rhein mit einer Stadtmauer umgeben werden sollte. Als die Bauarbeiten für die Mauer 1244 begannen, wurde damit auch ein Zeichen dafür gesetzt, dass der Prozess der Stadtwerdung Bonns beendet war.

Kurkölnische Residenz

Das Kurfürstliche Schloss (Parkseite) – seit 1818 Sitz der Universität – im Vordergrund der Hofgarten

Nach der Schlacht bei Worringen im Jahr 1288 wurde Bonn zu einem der bevorzugten Wohnsitze der Kölner Kurfürsten und im Jahr 1597 schließlich offiziell die Residenzstadt. Zehn Jahre zuvor, 1587, hatten Truppen des abgesetzten Kurfürsten Gebhard I. von Waldburg die Stadt während des Truchsessischen Krieges erobert und verwüstet. Aus der Auseinandersetzung mit Gebhard ging Herzog Ernst von Bayern aus dem Haus Wittelsbach als Sieger hervor. Mit ihm begann die Epoche der kurkölnischen Herrscher aus dem Hause Wittelsbach. Auf Ernst von Bayern folgte 1612 Ferdinand von Bayern, dann Maximilian Heinrich. Joseph Clemens und – als letzter Wittelsbacher - Clemens August. Am Schluss der kurfürstlichen Epoche war es ein HabsburgerMaximilian Franz, jüngster Sohn Maria Theresias – der in Bonn residierte.

Nachhaltigsten Einfluss auf die Gestaltung Bonns hatten Joseph Clemens und Clemens August. Sie ordneten während ihrer Regentschaft den Bau einer Reihe von barocken Gebäuden an, die den Charakter der Stadt bis heute bestimmen.

Aufklärung und französische Besatzung

1786 erhob der – aufgeklärte – Kurfürst Maximilian Franz die 1777 gegründete Bonner Akademie zur Universität. Sie errang sehr schnell den Ruf einer Einrichtung, deren Lehrer mit den Ideen der Aufklärung sympathisierten. So finden sich in der Liste der Bonner Illuminaten und der 1787 gegründeten Lesegesellschaft neben anderen prominenten Bürgern auch zahlreiche Lehrer und Professoren; darunter auch die musikalischen Lehrer Ludwig van Beethovens, Christian Gottlob Neefe und Franz Anton Ries.

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Die Errichtung des Freiheitsbaumes auf dem Markt durch französische Truppen – Ölgemälde von Franz Rousseau aus dem Jahr 1795

1794 wurde die Stadt von französischen Truppen besetzt. Max Franz floh nach Wien und überließ sein Kurfürstentum kampflos den Revolutionstruppen. Im Frieden von Lunéville wurden 1801 alle linksrheinischen Gebiete Kurkölns an das napoleonische Frankreich abgetreten. Bonn und der dazugehörige Kanton gehörten in den nächsten Jahren zum Département de Rhin et Moselle, die Hauptstadt des Departements war Koblenz.

Die französische Besatzung brachte für Bonn gravierende Veränderungen. Mit dem Ende der kurfürstlichen Epoche im Rheinland endete für die Stadt die Zeit, in der sie die Funktion einer Residenz inne gehabt hatte. Mit dem Kurfürsten verließen die meisten Angehörigen des Hofes und mit ihnen eine große Zahl von Bewohnern die Stadt. Außerdem wurde die noch junge Universität geschlossen. Die Bevölkerungszahl fiel rapide und die Bürger hatten in den folgenden Jahren mit großen wirtschaftlichen Problemen zu tun.

Von weitreichender Bedeutung war die von den Franzosen eingeführte neue Rechtsordnung. Am 1. Mai 1798 erließ der französische Regierungskommissar Franz Jodeph Rudler eine Verordnung, die dafür sorgte, dass die 1792 in Frankreich in Kraft getretenen Gesetze über den Zivilstand auch für das rheinische Departement Geltung bekamen. Vier Jahre später, am 8. April 1802, wurden die Organischen Artikel verkündet, die für Protestanten und Juden Kultusfreiheit und volle Bürgerrechte bedeuteten. Am 21. März 1804 erhielten die Bemühungen um eine neue Rechtsordnung durch die Einführung des Code Napoleon ihren krönenden Abschluss.

Kreisstadt in der preußischen Rheinprovinz

In der Folge des Wiener Kongresses fiel Bonn 1815 an Preußen. Es wurde Kreisstadt im Regierungsbezirk Köln in der Rheinprovinz. Zum 1. Oktober 1887 schied Bonn aus dem Kreis Bonn aus, um eine kreisfreie Stadt zu werden.

1818 wurde die heutige Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität (wieder)gegründet. Sie prägte in den nächsten Jahrzehnten das Leben der Stadt.

Nationalsozialismus

In der Weimarer Republik war Bonn eine Hochburg der katholischen Deutschen Zentrumspartei. Obwohl die Nazis eine deutliche Zunahme an Stimmen erreichten, gelang es ihnen nicht, trotz Behinderungs- und Einschüchterungsmaßnahmen gegenüber den anderen Parteien, das Zentrum als stärkste Partei zu überflügeln. Dieses errang bei der Kommunalwahl am 12. März 1933 36 % der Stimmen, die NSDAP 34 %, die SPD 10 % und die KPD 7 %. Das hinderte die Nazis trotzdem nicht daran, in Bonn die Macht zu übernehmen. Einen Tag nach der Wahl, am 13. März, hissten sie über dem Rathaus die Hakenkreuzfahne. Am Abend desselben Tages wurde NSDAP-Mann Ludwig Rickert nach der „Beurlaubung“ des amtierenden Oberbürgermeisters Wilhelm Lürken zum „Staatskommissar“ ernannt. Im Juni 1933 wurde Rickert dann auch formell Oberbürgermeister.

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Mahnmal für die Bonner Opfer des Nationalsozialismus auf dem Kaiserplatz


Opferstatistik nach 12 Jahren Naziherrschaft in Bonn

Personenkreis Verfolgte insgesamt davon getötet
Juden zwischen 1600 und 1700 etwa 770
Zwangssterilisierte und
Euthanasie“-Betroffene
etwa 4800 etwa 380
Sinti etwa 100 etwa 50
Zwangsarbeiter etwa 10.000 mindestens 8

Quelle: Horst-Pierre Bothien: Das braune Bonn – Personen und Ereignisse (1925-1939), Bonn 2005

Zu den Opfern der Verfolgung gehörten eine Reihe prominente Bonner Bürger und deren Familien; so der Mathematiker Felix Hausdorff und der Geograf Alfred Philippson.

Auch die Bonner, die nicht unter der Verfolgung litten, hatten es spätestens im Verlauf des Krieges mit den Folgen des Naziregimes zu tun. Vom Zweiten Weltkrieg war Bonn zwar im Vergleich zu anderen Großstädten weniger betroffen, und von Bombenangriffen blieben die Stadt und ihre Bewohner bis Herbst 1944 weitgehend verschont, doch bis zum Ende der Kampfhandlungen am 9. März 1945 wurde auch Bonn zu etwa 30 Prozent zerstört. Mehr als 1.500 Bewohner verloren infolge der Bombenangriffe ihr Leben, 2.732 Bonner, die als Soldaten am Krieg teilnahmen, fielen zwischen 1939 und 1945. Bei Kampfhandlungen um Bonn starben 56 deutsche Soldaten, 1.700 gingen in Gefangenschaft.

Am Abend des 7. März 1945 befahl Ortskommandant von Bothmer den Rückzug seiner Verbände über den Rhein und die Sprengung der Rheinbrücke. Am nächsten Morgen setzte er sich selbst ab. Stadtrechtsrat Dr. Horster übergab am 9. März die Stadt den einrückenden Alliierten Truppen.

Bundeshauptstadt

Adenauer-Plastik vor dem ehemaligen Bundeskanzleramt

Mit Ende des Zweiten Weltkrieges war Bonn Teil der britischen Besatzungszone und wurde dann dem Land Nordrhein-Westfalen eingegliedert. Im Herbst 1948 trat in der fast vollständig wiederaufgebauten Stadt der Parlamentarische Rat zusammen. Im folgenden Jahr gewann Bonn vor allem auf Initiative von Konrad Adenauer die Hauptstadtfrage gegen Frankfurt und damit den Titel der (provisorischen) Bundeshauptstadt.

Nach der Entscheidung des Deutschen Bundestages für Bonn als Bundeshauptstadt wurden zunächst die Grundlagen für seine Arbeit und die der Bundesregierung geschaffen. Dabei entstanden zunächst allerdings wenige Neubauten, unter anderem wurde die ehemalige Pädagogische Akademie zum Bundeshaus als Sitz des Bundestages umgebaut und erweitert. Dem durch die Bundesregierung enstandenen Siedlungsdruck begegneten die Stadtplaner mit dem Neubau mehrerer Trabantenstädte wie der Reutersiedlung. Auch die 1956 errichtete Stadthalle in Bad Godesberg ist das Ergebnis des Ausbaus zur Hauptstadt. Dabei wurde jedoch lange Zeit stark darauf geachtet, die Maßnahmen nur auf einen provisorischen Verbleib in Bonn auszurichten. 1956 entschied der Deutsche Bundestag, in Bonn keine weiteren Bundesbauten zu errichten. Der dennoch weiter steigende Bedarf an Verwaltungsgebäuden wurde beispielsweise durch die privat durchgeführte Bebauung des Tulpenfelds gedeckt, der von Ministerien angemietet wurde.

Anti-AKW-Demonstration auf dem Bonner Hofgarten am 14. Oktober 1979

Ab Mitte der 1960er Jahre begann der Bund, sich auf eine längere Anwesenheit in der provisorischen Hauptstadt einzurichten. In dieser Zeit entstanden viele Ministeriumsneubauten und der Lange Eugen. Die Verkehrsinfrastruktur wurde durch mehrere Autobahnen und einen Stadtbahntunnel erweitert, im Bereich der Kultur unterstützte der Bund die Stadt, wie zum Beispiel das 1965 erbaute Opernhaus bezeugt. 1969 erfolgte die Eingemeindung der Städte Bad Godesberg und Beuel, sowie von neun Gemeinden des Amtes Duisdorf. Bonn war endgültig vom „Bundesdorf“ zur Großstadt geworden. Gleichzeitig wurde der Kreis Bonn im Rahmen der nordrhein-westfälischen Kreisreform aufgelöst und Bestandteil des Rhein-Sieg-Kreises. Bad Godesberg wurde danach als „Diplomatenviertel“ der Stadt bekannt.

Der Wille zu dieser Entwicklung wurde durch die Regierungserklärung von Willy Brandt am 18. Januar 1973 unterstrichen, in der er ein deutliches Bekenntnis zum Ausbau der Bundeshauptstadt Bonn abgab. Bereits 1970 war ein Vertrag zwischen dem Bund, dem Land Nordrhein-Westfalen und der Stadt Bonn über den Ausbau Bonns zur Bundeshauptstadt geschlossen worden. Um die Ministerien und Behörden an einem zentralen Ort um den bisherigen Standort des Bundestages und des Bundeskanzleramtes zusammenzufassen, wurde 1975 ein 672 ha großer Bereich zwischen den Stadtbezirken Bonn und Bad Godesberg in eine Entwicklungsmaßnahme nach dem Städtebauförderungsgesetz überführt. So bildete sich auf dem Grund der vormals weitgehend unbebauten Stadtteile Gronau und Hochkreuz das damalige Regierungsviertel.

Bundesstadt

Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde Berlin am 3. Oktober 1990 zur Bundeshauptstadt, die Frage des künftigen Regierungssitzes musste aber noch geklärt werden. Nach einer hitzigen Debatte beschloss der Deutsche Bundestag am 20. Juni 1991 mit 338 gegen 320 Stimmen im so genannten Hauptstadtbeschluss, dass Berlin Sitz des Bundestages und der Bundesregierung werden sollte. In der darauffolgenden Zeit einigten sich Stadt und Bund darauf, dass Bonn auch weiterhin eine bundespolitisch bedeutende Rolle einnehmen soll und dass dauerhaft schädliche Folgen des Teilumzugs durch Ausgleichsmaßnahmen verhindert werden sollten.

Der frühere Bundestags-Plenarsaal, jetzt Bestandteil des Internationalen Kongresszentrum Bundeshaus Bonn

Dies führte schließlich zum Berlin-Bonn-Gesetz vom 28. April 1994, indem der Hauptstadtbeschluss bekräftigt wurde und die künftige Organisation der Bundesregierung festgelegt wurde. Danach soll es eine dauerhafte faire Arbeitsteilung zwischen den Städten am Rhein und der Spree geben und in Bonn die politischen Funktionen in den Politikbereichen Bildung und Wissenschaft, Umwelt und Gesundheit, Ernährung und Landwirtschaft sowie Verteidigung erhalten und gefördert werden. Des Weiteren soll nach dem Beschluss Bonn als Standort der Entwicklungspolitik mit nationalen, internationalen und supranationalen Einrichtungen ausgebaut werden. Zur Sicherung des Standortes der Bundesministerien ist vorgesehen, dass insgesamt der größte Teil der ministeriellen Arbeitsplätze in der ehemaligen Hauptstadt verbleibt. Die ihren ersten Dienstsitz in Bonn nehmenden Ministerien richten eine Außenstelle in Berlin ein, im Gegenzug belassen die nach Berlin ziehenden Ministerien einen Zweitsitz in Bonn. Zum Ausgleich war festgelegt worden, über 20 Bundesbehörden aus Berlin und dem Rhein-Main-Gebiet nach Bonn zu verlegen.

Ein Teil des Gesetzes war Grundlage für die „Vereinbarung über die Ausgleichsmaßnahmen für die Region Bonn“ vom 29. Juni 1994, die ein Fördervolumen von 1,437 Milliarden Euro im Zeitraum 1995 bis 2004 vorsah. Damit wurden die im Berlin-Bonn-Gesetz festgelegten Bereiche gefördert, in denen der Ausgleich realisiert werden sollte. Dies waren Wissenschaft, Kultur, internationale Einrichtungen und eine zukunftsträchtige Wirtschafsstruktur.

Auf der Grundlage des Gesetzes siedelten sich in Bonn, gefördert vom Bund, bis heute über 170 international tätige Nichtregierungs-Organisation an.

Unabhängig vom Berlin-Bonn-Gesetz verlegte der Bundespräsident 1994 seinen ersten Amtssitz nach Berlin, in Bonn verblieb der zweite Amtssitz. Auch der Bundesrat entschied später, seinen Hauptsitz nach Berlin zu verlegen, dabei einen Zweitsitz in Bonn zu belassen.

Das ehemalige Bundeskanzleramt, jetzt Sitz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Einen politischen Einschnitt in die Stadtgeschichte brachte der Ausgang der Kommunalwahl im Jahr 1994 in mehrfacher Hinsicht mit sich. Die wahlberechtigten Bürger und Bürgerinnen beendeten die jahrzehntelange Vorherrschaft der konservativen Parteien im Rat der Stadt – bis 1933 war das Zentrum unangefochten die dominierende politische Kraft, nach 1945 die CDU. In diesem Jahr sorgten die Bonner für einen Sieg von SPD und Grünen. Mit Bärbel Dieckmann (SPD) als Oberbürgermeisterin und Doro Pass-Weingartz (Grüne) als Bürgermeisterin standen zudem das erste Mal in der Geschichte Bonns Frauen an der Spitze der Stadt.

Am 26. April 1994 – dem Verkündungsdatum des Berlin-Bonn-Gesetzes – erhielt die Stadt nach vier Jahren „titelloser“ Zeit den Titel Bundesstadt, eine in Deutschland einmalige Bezeichnung. Im Sommer 1999 wurde der Umzug von Bundestag und Bundesregierung vollzogen, bis kurz nach der Jahrtausendwende wurde die in den Ministerien vorgesehene Personalstärke erreicht; sechs Bundesministerien haben seitdem ihren Erstsitz in Bonn. Am 14. Juli 2000 fand die letzte Plenarsitzung des Bundesrates in Bonn statt, woraufhin dort die Außenstelle belassen wurde. 2005 waren die letzten Umzugs- und Ausgleichsmaßnahmen abgeschlossen.

Der Strukturwandel hat dazu geführt, dass heute neben den in Bonn ansässigen Bundesbehörden Dienstleistungsunternehmen den Wirtschaftsstandort prägen; viele davon haben sich um die „Global Player“ Deutsche Post und Deutsche Telekom angesiedelt, die ihre Konzernzentralen in Bonn installiert haben. Außerdem ist Bonn seit einigen Jahren UN-Stadt. Einrichtungen der Weltorganisation werden seit April 2006 an im „UN-Campus“ – in einem Bereich um den Langen Eugen herum – zusammengefasst. Um Bonn als internationalen Standort weiter auszubauen, wird bis 2009 mit der Erweiterung des Internationalen Kongresszentrum Bundeshaus Bonn (IKBB) – dem United Nations Congress Centre (UNCC) – in unmittelbarer Nähe das größte Kongresszentrum in Deutschland entstehen. „UN-Campus“ und UNCC werden dann große Teile des Bundesviertels umfassen.

Das Bundesviertel in Gronau, links der Post Tower, in der Mitte der UN-Campus mit dem „Langer Eugen“ (ehem. Abgeordnetenhochhaus), rechts vom Langen Eugen das Bundeshaus, hinter dem das United Nations Congress Center entstehen wird

Siehe auch

Literatur

  • Manfred van Rey (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 1 - Bonn von der Vorgeschichte bis zum Ende der Römerzeit, Bonn 2001, ISBN 3922832261
  • Dietrich Höroldt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 3 - Bonn als kurkölnische Haupt- und Residenzstadt. 1597 - 1794, Bonn 1989
  • Dietrich Höroldt (Hrsg.): Geschichte der Stadt Bonn - Band 4 - Bonn von einer französischen Bezirksstadt zur Bundeshauptstadt, Bonn 1989
  • Manfred van Rey; Bonner Stadtgeschichte - kurz gefasst. Von der Vorgeschichte bis zur Gegenwart, Bouvier, Bonn 2006, ISBN 3416030737
  • Josef Matzerath: Bonn - 54 Kapitel Stadtgeschichte, Bouvier, Bonn 1989
  • Ulrike Muessemeier: Die merowingerzeitlichen Funde aus der Stadt Bonn und ihrem Umland, Dissertation, 2004 (als pdf-Datei)
  • Horst-Pierre Bothien: Das braune Bonn – Personen und Ereignisse (1925-1939), Bonn 2005