Abbinden (Medizin)
Beim Abbinden wird die Blutzirkulation in Gliedmaßen durch gewolltes Ausüben von Druck auf die Adern unterbunden. Dies wird hauptsächlich in der Notfallmedizin verwendet, um einem lebensgefährlich hohen Blutverlust bei schweren Schlagaderverletzungen entgegenzuwirken (Hämorrhagischer Schock).
Durchführung
Als geeignetes Mittel der Notfallbehandlung hat sich die Blutdruckmanschette erwiesen. Diese verteilt den Druck gleichmäßig auf das betroffene Glied und wird meist auf einen Druck von 40-50 mmHg über dem systolischen Blutdruck aufgepumpt. Für umfangreichere Gließmaßen (Oberschenkel) besteht die Möglichkeit, mehrere Manschetten zusammenzuhaken. Das nächste, aber schon deutlich schlechtere Mittel der Wahl ist der Stauschlauch. In der Sanitätsausbildung werden zwar noch weitere Improvisierungen behandelt, diese sollten aber nur von entsprechenden Fachkräften durchgeführt werden. Der Zeitpunkt der Abschnürung ist noch Möglichkeit zu protokollieren.
Gegenanzeigen
Das Abbinden führt zu einem Blutmangel (Ischämie) und damit zu einem Absterben (Nekrose) in den betroffenen Gebieten. Um dies möglichst zu vermeiden, sollte die Abbindung immer wieder mit ein paar Minuten Abstand gelockert werden. Der ausgeübte Druck kann weiterhin gerade bei improvisierten Maßnahmen zu langfristigen Sehnen- und Nervenschädigungen führen. Außerdem hat es sich gezeigt, dass es wegen der Mangelversorgung zu einem unumkehrbaren Absterben des Gewebes kommen kann und deshalb amputiert werden muss.
Auswirkung beim Betroffenen
Gerade die bei improvisierten Maßnahmen notwendige starke Abdrückung zum Stoppen des Blutflusses führt beim Betroffenen mitunter zu erheblichen Schmerzen und zu dementsprechendem Protest, was mit ein Grund für die Mangelhaftigkeit der von Laien durchgeführten "Abbindungen" ist. Die betroffene Extremität schwillt an und zeigt zunächst eine erhöhte Empfindlichkeit. Nach einiger Zeit bemerkt der Betroffene ein Kribbeln und eine zunehmende Taubheit in der betroffenen Extremität.
Kritik
Abbinden wird in Erste-Hilfe-Kursen nicht mehr gelehrt. Die Erfahrung hat gezeigt, dass eine überwältigende Mehrheit der von Laien durchgeführten „Abbindungen“ nicht in der Lage sind, den Blutkreislauf zu unterbrechen. Dies kommt daher, weil die Arterien einen höheren Druck als die Venen aufweisen und tiefer im Gewebe liegen; die „Abbindungen“ behindern meist nur den venösen Rückstrom und führen dann zu einer Stauung, die die Blutung nur unwesentlich beeinträchtigt. Solch behandelte Blutungen können wesentlich effektiver und ungefährlicher mit dem Druckverband behandelt werden. Ein weiteres Mittel, um Schlagaderblutungen mit geringen Nebenwirkungen einzudämmen, ist das Abdrücken. Dabei wird die betreffende Schlagader mit den Fingern gegen die Knochen gedrückt und somit der Blutfluss unterbunden. Die in der Bevölkerung oft mit starkem Blutverlust assoziierten Amputationen führen in den meisten Fällen zu einem eher geringen Blutverlust, da sich die Arterie beim Abriss durch Ihre Elastizität einrollt und somit ein natürliches Hemmnis bildet.
Die oft zum Abbinden verwendeten Gegenstände (Seile, Krawatten, Gürtel, Schnürsenkel) schneiden durch Ihre Dünnheit ins Fleisch ein und können dann teilweise nur noch von Ärzten entfernt werden. Diese „Abbindungen“ sind hauptsächlich für die in den Gegenanzeigen beschriebenen Schädigungen verantwortlich, was zu der Entfernung des Abbindens aus dem Kursrahmen geführt hat.
Ein Abbinden von Laien kann nur unter folgenden, teilweise äußerst seltenen Umständen gerechtfertigt sein:
- wenn wegen ungünstiger Lage der Verletzung oder mangelnder Kenntnis nicht abgedrückt werden kann.
- wenn der Helfer alleine ist und zum korrekten Anbringen des Druckverbandes die Blutung zeitweise gestillt werden muss.
- wenn der Verletzte weiterhin in Lebensgefahr schwebt Herzstillstand und somit ein Abdrücken nicht aufrechterhalten werden kann.
Siehe auch: