Umsatzsteuer
Die Umsatzsteuer ist eine Steuer, die von einem Unternehmer anhand des Umsatzes bei erbrachten Leistungen an die Finanzbehörde abzuführen ist. Es ist eine indirekte Steuer, weil sie wirtschaftlich betrachtet vom Endverbraucher getragen wird, jedoch beim Unternehmer erhoben wird.
Besteuert werden dabei Lieferungen und sonstigen Leistungen gegen Entgelt, die ein Unternehmer im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Entgelt ist alles, was der Empfänger (und / oder ein Dritter) aufwenden muss, um die Leistung zu erhalten, jedoch ohne die evtl. darin enthaltene Umsatzsteuer.
Im deutschen Sprachgebrauch (ausgenommen in der Schweiz) wird seit der Einführung des Mehrwertsteuersystems 1967 der Ausdruck "Umsatzsteuer" gleichbedeutend mit "Mehrwertsteuer" verwendet. Dies folgt aus der Tatsache, dass das Umsatzsteuersystem in diesem Jahr auf eine Allphasennetto-System umgestellt wurde und somit nur die Wertschöpfung, also der Mehrwert mit Umsatzsteuer belastet wird. In der Schweiz wird die Umsatzsteuer seit ihrer Einführung im Jahre 1995, als sie die bisherige WUSt ablöste, stets nur als Mehrwertsteuer bezeichnet.
Dieser Beitrag gibt einen allgemeinen und grundsätzlichen Einblick in die Umsatzsteuer. Für länderspezifische Besonderheiten siehe die Beiträge zur Umsatzsteuer (Deutschland), Umsatzsteuer (Österreich) und Umsatzsteuer (Schweiz).
Systematische Einordnung
Die Umsatzsteuer lässt sich anhand verschiedener Kriterien wie folgt im Steuersystem einordnen:
- Es ist eine indirekte Steuer, weil sie nicht durch den wirtschaftlich betroffenen Endverbraucher an die Finanzbehörde abgeführt wird, sondern durch einen Dritten, den Unternehmer als Steuerschuldner
- Nach der gesetzestechnischen Ausgestaltung ist es eine Verkehrsteuer, weil sie durch die Teilnahme am Leistungsaustauschverkehr ausgelöst wird: Der Wirtschaftsverkehr im Inland wird versteuert. (Ausnahme: § 21 Abs. 1 UStG ordnet in Deutschland an, das die Einfuhrumsatzsteuer eine Verbrauchsteuer im Sinne der Abgabenordnung ist).
- Bei rein wirtschaftlicher Betrachtung ist es auch eine Verbrauchsteuer, weil sie den Endabnehmer belastet, wenn dieser das jeweilige Gut konsumiert.
- Hinsichtlich der Belastungberechnung ist es eine Nettosteuer, weil bei Berechnung der Zahllast nur der Nettoumsatz erfasst wird.
- Es ist eine Gemeinschaftssteuer im Sinne der deutschen und österreichischen Finanzverfassung
- Es ist eine Allphasensteuer, da jeder an der Produktion oder Handel beteiligte Unternehmer einen Teil der Steuer trägt.
Vor- und Nachteile
- Zeitliche Perspektive: Nicht zuletzt aufgrund des einfachen Erhebungsverfahrens ist die USt eine der schnellsten Möglichkeiten des Staates an Geld zu kommen. Es ist zugleich vorteilhaft eine periodische Kongruenz zwischen Markt und Fiskalfinanzierung herzustellen, die mess- und spürbar ist.
- Administrative Effizienz: Die USt ist eine aus Sicht des Staates (nicht der Unternehmen) bürokratiearme Abgabe, die keiner Erhebungsverwaltung bedarf und sich auf Aufsicht beschränken lässt. Damit kommt vom Geld des Steuerzahlers mehr den Finanzierungszwecken zugute und ermöglicht eine maßvolle Steuerbelastung. Die Bürokratie, die der Staat einspart, ist dafür jedoch in den Unternehmen um so höher, da diese alle einzeln ihre Umsatzsteuer abrechnen müssen. Insbesondere für kleine Unternehmen ist das eine im Verhältnis starke Belastung. Laut einem Bericht auf heise online [1] hat die Einführung der Mehrwertsteuer in den späten 1960er Jahren zur Gründung der DATEV geführt.
- Selbststeuerung durch das Steuersubjekt: Die USt ermöglicht dem effektiv steuerbelasteten Endabnehmer eine Steuerung der Eigenbelastung, die bei direkten Steuern nicht möglich ist. Wenn er mehr Güter am Markt abnimmt, wird er stärker belastet, wenn er weniger in Anspruch nimmt, wird er proportional schwächer belastet.
- Kein Adaptiver Steuersatz: Der zugrundegelegte Steuersatz richtet sich nur nach dem konsumierten Gut, nicht nach dem Abnehmer. Somit ist es über die Mehrwertsteuer nicht möglich, einen sozialen Ausgleich zu schaffen, wie dies etwa über die Einkommensteuer geschieht. Hinzu kommt, dass niedrige Einkommen und Familien mit Kindern statistisch einen höheren Anteil des Einkommens in den direkten Konsum fließen lassen und damit über die Mehrwertsteuer überproportional belastet werden.
- Auswirkung auf den Im- und Export: Die USt gilt nur innerhalb des jeweiligen Landes, sie wird also nicht für Exportprodukte erhoben. D. h. in der Praxis, dass das gesamte Exportvolumen nicht über die Mehrwertsteuer zur Staatsfinanzierung beiträgt. Importprodukte dagegen unterliegen der Umsatzsteuer. Je mehr sich ein Staat also über die USt finanziert, um so mehr unterstützt er den eigenen Export und schützt sich gleichzeitig vor Importen.
- Konsumsteuer im Vergleich zur Faktorbesteuerung Die USt besteuert das Konsumprodukt also das Endprodukt des Produktionsprozesses. Die Lohnsteuer und die LNK (Lohnnebenkosten) dagegen verteuern die Produktentstehung, also die Produktionsfaktoren. Je nach der Schwerpunktsetzung haben die beiden Besteuerungsarten unterschiedliche Auswirkungen auf die Produktivkräfte einer Volkswirtschaft. Da die Arbeitskosten dadurch stark beeinflusst werden, hängt letzten Endes auch die Arbeitslosigkeit von der Wahl der Besteuerung und Abgabenerhebung ab.
- Enteignung der Geldvermögen bei gleichzeitiger relativer Senkung der bestehenden Staatsverschuldung Zum Beispeil entwertet die für 2007 in Deutschland geplante USt-Erhöhung alle bestehenden Sparkonten (u.a. Geldvermögen) um knapp 3 %, da der Bürger z.B. für ein Auto ca. 3 % mehr in 2007 bezahlen muß, da Sparguthaben gewöhnlich für die höherwertigen Konsumgüter angelegt werden und nicht für Waren und Lebensmitteln, die dem geringeren USt-Satz unterliegen! Der Staat, der im Vorgriff auf den Konsumverzicht des geldsparenden Bürgers schon eine "Güterumverteilung" per (jährlichem Neuverschuldungs-)Kredit zum alten, niedrigeren USt-Satz vorgenommen hat, vermindert umgekehrt durch die USt-Erhöhung den noch nicht realisierten Güteranspruch des Sparers, da er ja keinen Geldausgleich auf seine Sparkonten um den USt-Erhöhungssatz erhält, d.h. der Bürger hat relativ weniger Geld (volkswirtschaftlich betrachtet) zum Güterbezug auf Waren, die der Staat allerdings schon längst ausgegeben hat, obwohl natürlich streng genommen der Staat andere Güter schon verbraucht hat (z.B. Kriegsgüter) als der Bürger eigentlich haben will (Konsumgüter). Das stellt trotzdem letztendlich eine relative Verringerung der Staatsschuld dar. Siehe auch Staatsbankrott.
Internationaler Vergleich (Umsatzsteuer)
Innerhalb der EU ist die Umsatzsteuer aufgrund der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie relativ einheitlich geregelt. Eine konsolidierte (d. h. alle zwischenzeitlichen Änderungen durch weitere Richtlinien berücksichtigende) Fassung der 6. Mehrwertsteuer-Richtlinie ist hier zu finden.
Die meisten EU-Mitgliedsländer sowie die meisten Staaten mit international verflochtenen Märkten benutzen die USt als eine Hauptfinanzierungsquelle. Sie ist mindestens gleichrangig mit direkt erhobenen Steuern und gilt als das weitestgehende praktizierte moderne Finanzierungsinstrument.
Wichtig ist, zu beachten, dass die USt in manchen Ländern nicht auf Basis des Nettobetrages sondern auf Basis des Bruttobetrages berechnet wird. Beispiel: Im Bundesland Rio Grande do Sul (Brasilien) beträgt der Hauptumsatzsteuersatz 17 % (2005) vom Bruttobetrag (also inkl. USt). Nach der EU-Berechnungsmetode entspricht das einer USt von 20,48 %.
Einfaches Beispiel einer Lieferkette
Hersteller A liefert an Händler B eine Ware für 100 € zuzüglich 16 € USt.
- B zahlt 116 € an A.
- A zahlt 16 € an das Finanzamt.
- B verkauft die Ware an Händler C für 150 € zuzüglich 24 € USt, letztere schuldet er dem Finanzamt, er kann aber 16 € Vorsteuer abziehen. B zahlt also nur 8 € an das Finanzamt. Vorsteuer ist die im Preis der bezogenen Vorleistungen enthaltene Umsatzsteuer.
- C verkauft die Ware an den Endkunden E für 200 € zuzüglich 32 € USt. C erhält auch hier durch den Vorsteuerabzug 24 € zurück.
- E hat nicht die Möglichkeit, die Steuer abzuziehen und so trägt er 32 € Steuern, die von Händlern an das Finanzamt abgeführt werden.
Die jeweils (eingenommene) Umsatzsteuer wird mit der vorher (gezahlten) Vorsteuer in der Steuererklärung verrechnet. Betriebswirtschaftliche Betrachtungsweise: Im vorstehenden Beispiel sind folgende Steuerbeträge an das Finanzamt geflossen:
- von A 16,00 € (in Rechnung gestellt 16,00 € ./. keine Vorsteuer zu zahlen
- von B 8,00 € (in Rechnung gestellt 24,00 € ./. Vorsteuer von A 16,00 €)
- von C 8,00 € (in Rechnung gestellt 32,00 € ./. Vorsteuer von B 24,00 €)
Dieses Verfahren nennt man Allphasen-Nettosteuer.
Finanzamtliche Betrachtungsweise: Im vorstehenden Beispiel sind folgende Steuerbeträge an das Finanzamt geflossen:
- Umsatz A an B 0,- (von A in Rechnung gestellt 16,00 € ./. Vorsteuerabzug B 16,00 €)
- Umsatz B an C 0,- (von B in Rechnung gestellt 24,00 € ./. Vorsteuerabzug C 24,00 €)
- Umsatz C an E 32,- (von C in Rechnung gestellt 32,00 € ./. E kann kein Vorsteuerabzug geltend machen)
Effektiv wird dadurch nur die letzte Lieferung an einen privaten oder geschäftlichen Endabnehmer belastet. Für alle davor geschalteten Unternehmer, die in der Regel vorsteuerabzugsberechtigt sind, ist sie kostenneutral.
Ein Unternehmer führt USt entsprechend der Höhe seines Wertschöpfungsanteils am Umsatz ab, da er seinen Kunden USt berechnet und hiervon die gezahlte Vorsteuer abzieht. Daher auch der umgangssprachliche Ausdruck „Mehrwertsteuer“. Damit ist der Unternehmer Steuerschuldner ggü. der Finanzbehörde. Wegen der Kostenneutralität wird wirtschaftlich jedoch nur der E belastet für seine Teilnahme am Leistungsverkehr (Steuerobjekt).
Der Zweck dessen ist zu verhindern dass Güter mit jedem Schritt in der Wertschöpfungskette immer teurer werden. Eine Besteuerung ohne Vorsteuerabzug hätte zur Folge, dass die Unternehmer natürlich den um den Steuerbetrag erhöhten Preis an den nächsten Abnehmer, sei es ein Endkunde oder ein weiterer Zwischenhändler, weitergeben. Um diesen eklatanten Preisanstieg für den Endkunden zu verhindern, wurde für Unternehmen die Möglichkeit eines Vorsteuerabzuges eingeführt.
Umsatzsteuer in EU-Ländern
| Land | Steuersatz | |
|---|---|---|
| Allgemeiner Satz | Ermäßigter Satz | |
| Zypern | 15 % | 5 % |
| Luxemburg | 15 % | 12 %, 6 % oder 3 % |
| Spanien | 16 % | 7 % oder 4 % |
| Deutschland | 16 % (ab 2007: 19 %) | 7 % oder 0 % |
| Vereinigtes Königreich | 17,5 % | 5 % oder 0 % |
| Estland | 18 % | 5 % |
| Lettland | 18 % | 5 % |
| Malta | 18 % | 5 % |
| Litauen | 18 % | 9 % oder 5 % |
| Slowakei | 19 % | |
| Tschechische Republik | 19 % | 5 % |
| Niederlande | 19 % | 6 % |
| Griechenland | 19 %(auf Inseln: 13 %) | 9 % oder 4,5 % (auf Inseln: 6 % oder 3 %) |
| Frankreich | 19,6 % | 5,5 % oder 2,1 % |
| Slowenien | 20 % | 8,5 % |
| Italien | 20 % | 10 %, 6 % oder 4 % |
| Österreich | 20 % | 12 % oder 10 % |
| Ungarn | 20 % | 15 % oder 5 % |
| Portugal | 21 % | 12 % oder 5 % |
| Belgien | 21 % | 12 % oder 6 % |
| Irland | 21 % | 13,5 % oder 4,4 % |
| Polen | 22 % | 7 % oder 3 % |
| Finnland | 22 % | 17 % oder 8 % |
| Schweden | 25 % | 12 % oder 6 % |
| Dänemark | 25 % | |
Umsatzsteuer in Nicht-EU-Ländern
| Land | Steuersatz | |
|---|---|---|
| Allgemeiner Satz | Ermäßigter Satz | |
| Andorra | 4 % | 0 % |
| Japan | 5 % | |
| Singapur | 5 % | |
| Taiwan | 5 % | |
| Schweiz | 7,6 % | 3,6 % oder 2,4 % |
| Australien | 10 % | |
| Südkorea | 10 % | |
| Argentinien | 11 % | 10,5 % oder 0 % |
| Indien | 12,5 % | 4 %, 1 % oder 0 % |
| Neuseeland | 12,5 % | |
| Südafrika | 14 % | 7 % oder 4 % |
| USA | je nach Gemeinde unterschiedlich | ??? % |
| Mexiko | 15 % | 0 % |
| Kanada | 7 % (zzgl. 0-8 % je nach Provinz) | 0 % |
| Venezuela | 15 % | 8 % |
| Sri Lanka | 15 % | |
| Bosnien und Herzegowina | 17 % | |
| China | 17 % | 6 % oder 3 % |
| Israel | 17 % | |
| Serbien | 18 % | 8 % |
| Montenegro | 18 % | 8 % |
| Russland | 18 % | 10 % oder 0 % |
| Rumänien | 19 % | 9 % |
| Ukraine | 20 % | 0 % |
| Bulgarien | 20 % | |
| Kroatien | 22 % | |
| Island | 24,5 % | 14 % |
| Norwegen | 25 % | 11 % oder 7 % |
| Färöer | 25 % | 0 % |
Deutschland
Im europäischen Vergleich hat Deutschland niedrige Umsatzsteuersätze. Allerdings ist eine Anhebung der Umsatzsteuer zum 1. Januar 2007 auf 19 % beschlossen (Koalitionsvertrag vom 11. Nov. 2005, im Bundestag beschlossen am 19. Mai 2006). Der Bundesrat stimmte dem vom Bundestag bereits verabschiedeten "Haushaltsbegleitgesetz 2006" am 16. Juni 2006 zu. Damit steigt ab dem 1. Januar 2007 die Mehrwertsteuer von 16 auf 19 Prozent.
Erhebungsformen
Bei der Umsatzsteuer wird zwischen einer „Ist-” und einer „Sollbesteuerung” unterschieden.
Istbesteuerung
Bei der Berechnung der Steuer nach vereinnahmten Entgelten (Istbesteuerung) ist die Grundlage für die Erhebung das dem Unternehmer zugeflossene, also das bei ihm tatsächlich eingegangene Entgelt. Im Regelfall wird auch die Vorsteuer erst nach tatsächlichem Abfluss gegengerechnet. Dies ist allerdings nicht zwingend. Die Vorsteuer kann schon bei Eingang einer ordnungsgemäßen Rechnung berücksichtigt werden.
Die Sonderform "Ist-Versteuerung" muss beim Finanzamt beantragt werden. Unter folgenden Voraussetzungen kann dieser Antrag genehmigt werden:
- der Gesamtumsatz des Unternehmers im vorangegangenen Kalenderjahr hat in den Altbundesländer bis zum Jahr 2006 nicht mehr als € 125.000,– und danach € 250.000,- bzw. in den neuen Bundesländern nicht mehr als € 500.000,- betragen
- der Unternehmer ist von seiner Verpflichtung zur Buchführung gem. § 148 AO befreit
- der Unternehmer ist Angehöriger eines freien Berufes gem. § 18 Abs.1 Nr. 1 EStG
Rechtsgrundlage: § 20 UStG
Sollbesteuerung
Die Sollbesteuerung knüpft dagegen an die Leistungserbringung an. Bei dieser Besteuerung wird also die Umsatzsteuer zu einem Zeitpunkt abgeführt, zu dem der Rechnungsbetrag (und damit auch die Umsatzsteuer) tatsächlich noch nicht eingegangen sein muss. Das kann bei Betrieben mit hohem Wertschöpfungspotential und säumigen Kunden zu einem Liquiditätsengpass führen. Allerdings kann der Unternehmer aber auch die Vorsteuer berücksichtigen, obwohl er die Rechnung evtl. noch nicht tatsächlich bezahlt hat.
Steuersätze und Ausnahmen
Das deutsche Umsatzsteuergesetz kennt derzeit vier Steuersätze: 5 %, 7 %, 9 % und 16 %. Seit dem 1. Januar 2004 wurden die formellen Voraussetzungen für einen Vorsteuerabzug erhöht. Nun muss u.a. auch die Steuernummer oder die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (USt-Id-Nr.) des leistenden Unternehmers (= Rechnungsaussteller) auf der Rechnung angegeben werden.
Die beiden Steuersätze von 5 % und 9 % finden nur bei pauschalierenden Land- und Forstwirten Anwendung, wobei auf forstwirtschaftliche Produkte 5 % und auf landwirtschaftliche 9 % erhoben werden. Der pauschalierende Land- und Forstwirt muss dabei alle Umsätze dem jeweiligen Steuersatz unterwerfen (so kann er beispielsweise bei einem Verkauf eines Mähdreschers nur 9 % ausweisen). Die Umsatzsteuer wird nicht abgeführt, sondern der allgemeinen Einkommensteuer unterworfen. Der pauschalierende Land- und Forstwirt kann sich auf Antrag für einen Zeitraum von mindestens fünf Jahren der „Regelbesteuerung” unterwerfen; für ihn gelten dann der ermäßigte sowie der normale Steuersatz. Durch diese Option haben land- und forstwirtschaftliche Betriebe einen weiten Gestaltungsspielraum, der häufig bei größeren Investitionen genutzt wird. Weitere Ausnahmen zur pauschalierten Umsatzbesteuerung für bestimmte Berufsgruppen finden sich im Anhang der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung.
Dem ermäßigten Steuersatz von 7 % unterliegen u. a. Lebensmittel, der Personennahverkehr (Bus, Bahn und Taxifahrten unter 50 km), Bücher und Zeitungen (wenn keine jugendgefährdenden Inhalte), Leitungs- oder Quellwasser (nicht, wenn es abgefüllt verkauft wird).
Gaststättenumsätze, bei denen die Ware an Ort und Stelle verzehrt wird, sind keine Lieferungen, sondern gelten als sonstige Leistungen und unterliegen daher immer einer Umsatzsteuer von 16 %. Aus diesem Grund wird man zum Beispiel in Fastfood-Restaurants mit Sitzgelegenheiten gefragt, ob man das Essen "Zum Mitnehmen" oder nicht bestellt, weil dann bei gleichem Bruttopreis jeweils unterschiedliche Steuersätze anwendbar sind. Der Nettopreis und der Steueranteil ergeben sich auch aus der Rechnung.
Die Versicherungswirtschaft ist als Branche vollständig von der Umsatzsteuer ausgenommen. Die Produkte und Dienstleistungen, aber auch Geschäftsausstattungen werden ohne Umsatzsteuer veräußert. Gleichzeitig können die Unternehmen keine Vorsteuer ziehen. Statt dessen gibt es eine Versicherungssteuer. Auch die Umsätze weiterer Berufsgruppen wie z. B. Ärzte, Krankengymnasten, Hebammen sind von der Umsatzsteuer ausgenommen. Darüber hinaus gibt es noch eine Anzahl weiterer Ausnahmetatbestände. (§ 4 UStG). Einige der Steuerbefreiungen können durch eine Option als steuerpflichtig behandelt werden, um z. B. in den Genuss des Vorsteuerabzuges zu kommen (§ 9 UStG).
Bei einem Umsatz im letzten Jahr von weniger als 17.500 € (bei Beginn einer unternehmerischen Tätigkeit ist dieser Wert die Grenze für den geschätzten Jahresumsatz des aktuellen Jahres) und einem voraussichtlichen Umsatz des aktuellen Jahres von weniger als 50.000 € kann auch die so genannte Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG zum Einsatz kommen. Dies bedeutet: der Unternehmer darf keine Umsatzsteuer ausweisen (z. B. auf Rechnungen) und auch keinen Vorsteuerabzug geltend machen. Ein Wechsel zur Umsatzsteuer muss dem Finanzamt mitgeteilt werden und ist auf fünf Jahre bindend.
Steuererklärungen
Allgemeines
Die Umsatzsteuer ist wie z. B. auch die Einkommensteuer eine Jahressteuer. Bei der Umsatzsteuer besteht aber die Besonderheit, dass die Steuerpflichtigen je nach Höhe der im vorangegangenen Kalenderjahr gezahlten Umsatzsteuer eine Umsatzsteuer-Voranmeldung abgeben müssen. Die Umsatzsteuer-Voranmeldung muss abgegeben werden:
- monatlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr mehr als € 6.136,00 Umsatzsteuer gezahlt wurden
- monatlich in den ersten beiden Jahren nach Firmengründung
- vierteljährlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr zwischen € 512,00 und € 6.136,00 gezahlt wurden
- jährlich, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als € 512,00 gezahlt wurden.
Die Umsatzsteuer-Voranmeldung muss beim Finanzamt eingegangen sein:
- bei monatlicher Abgabe bis zum 10. des Folgemonats
- bei vierteljährlicher Abgabe bis zum 10. des Monats nach dem Quartalsende
Eine "Dauerfristverlängerung" von einem Monat zur Abgabe der Voranmeldung kann auf Antrag gewährt werden.
Die in der Erklärung selbst errechnete Steuer ist am 10. Tag nach Ablauf des Voranmeldungszeitraums fällig, bei jährlicher Abgabe einen Monat nach Eingang der UStE.
Dauerfristverlängerung (Umsatzsteuer-Sondervorauszahlung)
Der Steuerpflichtige kann die oben angegebenen Abgabe- und Zahlungstermine durch einen (meist) zum Jahresbeginn zu stellenden Antrag auf "Dauerfristverlängerung" um jeweils einen Monat herausschieben (d. h. die Anmeldung für März ist dann nicht zum 10. April, sondern bis zum 10. Mai abzugeben). Diesem Antrag wird bei Verpflichtung zur monatlichen Abgabe einer Umsatzsteuer-Voranmeldung dann entsprochen, wenn mit der Antragsabgabe (bei Monatszahlern) 1/11 der Vorjahressteuer als Sonder-Vorauszahlung geleistet wird. Diese Sonder-Vorauszahlung wird in der Erklärung für den Dezember des Jahres verrechnet.
Ist- und Sollversteuerung
Die Verpflichtung zur Abführung der Umsatzsteuer entsteht mit Ablauf des Voranmeldungszeitraums.
Bei der Sollversteuerung muss das Unternehmen die entstandene Umsatzsteuer abführen, unabhängig davon, wann der Leistungsempfänger die Rechnung bezahlt. Somit trägt das Unternehmen grundsätzlich die Zinslast und muss eine entsprechende Liquidität vorhalten, was gerade bei kleineren Unternehmen immer wieder zu Problemen führt. Andererseits kann der Unternehmer die Vorsteuer bereits abziehen, auch wenn er die Rechnung noch nicht bezahlt hat. Zinslast und Zinsvorteil dürften sich damit im Großen und Ganzen ausgleichen; allerdings erleiden Unternehmer mit einer „guten Zahlungsmoral“ gegenüber schlecht zahlenden Kunden einen effektiven Nachteil.
Jedoch kann ein Unternehmer, wenn seine Umsätze innerhalb bestimmter Grenzen liegen, beim Finanzamt die sog. Ist-Versteuerung beantragen. Dann wird die Umsatzsteuer erst mit Eingang der Zahlung beim Unternehmer fällig. Der Vorsteuerabzug darf entsprechend auch erst erfolgen, wenn die Rechnung bezahlt wurde.
Soll- und Istversteuerung haben nur verschobene Fälligkeiten, im Ganzen gesehen führen beide Versteuerungen zur gleichen Zahllast bzw. zum gleichen Guthaben.
Betrugspotenzial
Es gibt allerdings ein sehr großes Betrugspotenzial in Deutschland.
Bei den Haupttatbeständen wie Karussellbetrug, Kettenbetrug im Baugewerbe (Vorsteuer von einer Kette von Subunternehmern, die nie versteuern) und Insolvenzbetrug schätzt der Bundesrechnungshof das jährliche Betrugsvolumen auf ca. 17 Milliarden Euro im Jahr 2005. Außerdem besteht in der Gastronomie ein hohes Potenzial an Betrugsmöglichkeiten wie z. B. falsche Angabe von verkauften Gütern. Allerdings fordert die Finanzverwaltung auch ohne Verdacht vermehrt Eingangsrechnungen ein, um vermeintlich hohe Vorsteuerguthaben überprüfen zu können. Liegt ein Verdacht vor, wird eine Kontrollmitteilung an das zuständige Finanzamt des verkaufenden Unternehmens übermittelt und dieses ebenfalls überprüft.
Organisierte Kriminalität
In einem Bericht des Bundesrechnungshofes (vom 26. Oktober 2004) an den Finanzausschuss des deutschen Bundestages wird von Umsatzsteuerbetrug in großem Stil in Form von „Organisierter Kriminalität“ gesprochen. Es wird von Gründung europaweiter Firmennetze berichtet, welche ausschließlich dazu genutzt werden immer wieder dieselbe Ware zum Schein zu verkaufen (Karussellgeschäfte). Bei jedem Schritt wird immer wieder die Vorsteuer durch die örtlich zuständigen Finanzbehörden erstattet. Aus Sicht des Bundesfinanzministeriums ist die Tatbestandsaufklärung und Strafverfolgung Ländersache. Durch die föderale Struktur der Bundesrepublik und dem Länderfinanzausgleich ist eine konsequente Verfolgung der Betrüger allerdings schwierig. Die Verteilung der Zweigstellen über die gesamte Europäische Union ist ein weiteres Hindernis.
Historisches
Die Umsatzsteuer ist vom Grundsatz her eine sehr alte Steuer, die schon in der Antike verbreitet war (vgl. Grabower, Die Geschichte der Umsatzsteuer und ihre gegenwärtige Gestaltung im Inland und Ausland, 1. Auflage, 1925).
Das Grundprinzip der Mehrwertsteuererhebung, nämlich anlässlich eines bloßen, eigentlich bilateralen Besitzübergangs von Eigentum letzteres zugunsten Unbeteiligter zu dezimieren, geht eindeutig auf die mittelalterliche Praxis zurück, die Selbstversorgermentalität von (in Friedenszeiten unterbeschäftigten und -versorgten) Söldnertruppen (der Raubritter) durch feudale "Raubritterbriefe" zu legalisieren.
Eine kontinuierliche Fortentwicklung dieser Steuern über das Mittelalter bis in die Neuzeit läßt sich zwar nicht nachweisen, aber man kann von einer Kontinuität des Umsatzsteuergedankens sprechen. Dieser Grundgedanke der modernen Umsatzsteuer als einer allgemeinen Verbrauchssteuer speist sich aus zwei historischen Quellen: den Akzisen und den Quittungssteuern.
Der Vorläufer der Umsatzsteuer war der sogenannte Warenumsatzstempel von 1916.
Die seit 1918 geltende Allphasen-Bruttoumsatzsteuer sank zwischen 1923 und 1925 von 2,5 % auf 1 % und wurde, bei einem Steuersatz von zuletzt 4% (1967), am 1. Januar 1968 durch die vorsteuerabzugsfähige Allphasen-Nettoumsatzsteuer mit einem Steuersatz von damals 10% abgelöst, welcher heute (2005), nach stufenweiser Erhöhung, nunmehr in Deutschland 16 % (ermäßigt 7 %) beträgt. Der prozentuale Anstieg des aus bereits versteuertem Vermögen entnommenen Anteils wirft ein fahles Licht auf das Steuergebaren des modernen Staates, der diese Steuer als verzweifelten letzten denkbaren Ersatz für die effektiv verweigerte Gewinnbesteuerung (und damit -kontrolle) besonders der am Kapitalmarkt tätigen Unternehmen für sich entdeckt hat.
Weitere Infos zur Geschichte der Umsatzsteuer unter [2]
Aktuelles
| Von | Bis | Allgemeiner Satz | Ermäßigter Satz |
|---|---|---|---|
| 01.01.1968 | 30.06.1968 | ||
| 01.07.1968 | 31.12.1977 | ||
| 01.01.1978 | 30.06.1979 | ||
| 01.07.1979 | 30.06.1983 | ||
| 01.07.1983 | 31.12.1992 | ||
| 01.01.1993 | 31.03.1998 | ||
| 01.04.1998 | 31.12.2006 | ||
| 01.01.2007 | geplant |
Verteilung der Steuer auf Bund, Länder und Gemeinden in Prozent
| Ab dem Jahr | Bund vorab | Gemeinden danach vorab | Bund | Länder |
|---|---|---|---|---|
| 1990 | - | - | 65 % | 35 % |
| 1994 | - | - | 63 % | 37 % |
| 1995 | - | - | 56 % | 44 % |
| 1996 | - | - | 50,5 % | 49,5 % |
| 1998 | 3,64 % | 2,2 % | 50,5 % | 49,5 % |
| 1999 | 5,63 % | 2,2 % | 50,5 % | 49,5 % |
| 2000 | 5,63 % | 2,2 % | 50,25 % | 49,75 % |
| 2002 | 5,63 % | 2,2 % | 49,6 % | 50,4 % |
Aufkommen
(Alle Beträge in Millionen Euro, Nachkommastellen nicht exakt)
| Im Jahr | Gemeinden | Bund | Länder | Gesamt |
|---|---|---|---|---|
| 1990 | - | 49.048,3 | 26.410,6 | 75.458,9 |
| 1991 | - | 59.712,1 | 32.152,7 | 91.864,8 |
| 1992 | - | 65.707,3 | 35.380,9 | 101.088,2 |
| 1993 | - | 69.674,9 | 40.920,2 | 110.595,1 |
| 1994 | - | 75.921,7 | 44.598,0 | 120.519,7 |
| 1995 | - | 58.013,3 | 52.782,6 | 110.795,9 |
| 1996 | - | 53.546,0 | 60.034,9 | 113.580,9 |
| 1997 | - | 55.252,7 | 60.969,4 | 116.222,1 |
| 1998 | 2.712,1 | 58.999,8 | 59.678,9 | 121.390,8 |
| 1999 | 2.847,5 | 71.647,9 | 62.660,2 | 137.155,6 |
| 2000 | 2.924,7 | 73.263,9 | 64.682,7 | 140.871,3 |
| 2001 | 2.884,5 | 72.256,9 | 63.793,7 | 138.935,1 |
| 2002 | 2.869,1 | 71.043,0 | 64.283,0 | 138.195,1 |
| 2003 | 2.844,0 | 70.427,0 | 63.725,0 | 136.996,0 |
Österreich
Siehe: Umsatzsteuer (Österreich)
Schweiz
Siehe: Umsatzsteuer (Schweiz)
Historisches
Eine Verbrauchsabgabe gilt seit dem Mittelalter als leicht zu erhebende und ertragreiche Steuer. Unter dem lateinischen Sammelbegriff teloneum entwickelten sich in den Städten die verschiedensten Verkehr- und Verbrauchsteuern. Vom 15. Jahrhundert an werden diese Einzelverbrauchsteuern „Akzisen“ genannt und die Idee einer umfassenden Generalakzise wird erst 1754/1755 von Graf Brühl ersonnen, der Fürstentum Sachsen eine Generalkonsumakzise einführte, die einer modernen Umsatzsteuer glich. Auch in Bremen wurde von 1863 bis 1884 eine "allgemeine Umsatzsteuer" erhoben.
In Deutschland führte der gewaltige Finanzbedarf im Ersten Weltkrieg 1916 zu einer reichseinheitlichen Stempelsteuer auf Warenlieferungen und 1918 zu einer Allphasen-Bruttoumsatzsteuer, die bis Ende 1967 beibehalten wurde. Der ursprüngliche Steuersatz von 0,5 Prozent stieg nach wiederholten Änderungen 1935 auf 2 Prozent, 1946 auf 3 Prozent und 1951 auf 4 Prozent an. 1967 wurde - im Rahmen der Harmonisierung der Umsatzbesteuerung innerhalb der Europäischen Gemeinschaft der Übergang zum System der Mehrwertbesteuerung mit Vorsteuerabzug vollzogen.
Innerhalb der Europäischen Union ist die 6. Richtlinie zum gemeinsamen Mehrwertsteuersystem vom 17. Mai 1977 eine wichtige Vorschrift zur weiteren Vereinheitlichung des Umsatzsteuerrechts. Diese Richtlinie bildet auch die Grundlage für die Berechnung der eigenen Einnahmen der Gemeinschaft aus dem Umsatzsteueraufkommen der Mitgliedstaaten. Sie enthält aus diesem Grunde umfassende Regelungen zur Abgrenzung der Umsätze und über die Bemessungsgrundlagen für die Umsatzsteuer und legt außerdem den Umfang der Steuerbefreiungen für alle Mitgliedstaaten verbindlich fest.
Mit der Vollendung des europäischen Binnenmarktes sind die Zölle und Einfuhrumsatzsteuern beim Warenverkehr innerhalb der Union fortgefallen.
Siehe auch
Weblinks
- Umsatzsteuergesetz der BRD
- Beschreibung vom deutschen Bundesministerium der Finanzen
- Mehrwertsteuersätze - Europa – Tabelle mit Mehrwertsteuersätzen
- Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/ustdv_1980/index.html
- Forschungsbericht "Wirtschaftpsychologische Analyse einer Mehrwertsteuererhöhung auf den Konsum"