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Wahlfälschung

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Die Wahlfälschung ist die bewusste Manipulation einer Wahl entgegen demokratischer Prinzipien, um das Wahlergebnis in eine bestimmte Richtung zu verändern.

Bei Wahlfälschungen im engeren Sinne werden die vorhandenen Regeln verletzt, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Daneben gibt es auch Fälle, in denen die Regeln so festgelegt werden, dass das Wahlsystem bestimmte Parteien oder Personen begünstigt. So kann in manchen Ländern das Staatsoberhaupt einen bestimmten Anteil der Abgeordneten nach eigenem Gutdünken ernennen, was es sehr schwer macht, eine anderweitige Mehrheit im Parlament zu erreichen. Dies wird in der Regel nicht als Wahlfälschung angesehen, obwohl auch hier demokratische Prinzipien verletzt werden können.

In Deutschland ist Wahlfälschung gemäß §§ 107 ff (http://dejure.org/gesetze/StGB/107.html) des Strafgesetzbuchs (StGB) strafbar. Auch in der DDR wurde dies unter Strafe gestellt (§ 211 DDR-STGB).

Wahlfälschungen können von den zur Wahl stehenden Kandidaten oder Parteien vorgenommen oder veranlasst werden, oder von interessierten Dritten, zum Beispiel Interessengruppen, die hinter einem Kandidaten oder einer Partei stehen. Die meisten Wahlfälschungen werden durch amtierende Regierungen begangen.

Wahlfälschungen treten meist in diktatorischen Systemen auf, die dennoch zur Steigerung ihrer Legitimation Wahlen durchführen, aber durch Wahlfälschung das gewünschte Ergebnis sicherstellen. In demokratischen Systemen können Wahlfälschungen ebenso auftreten, sollen aber durch größtmögliche Transparenz und mehrstufige Sicherheits- und Kontrollsysteme unterbunden werden. Viele Menschen billigen einem Land nur dann den Status einer Demokratie zu, wenn Wahlfälschungen von Häufigkeit und Umfang her die Ausnahme sind.

Wahlfälschungen sind in den meisten Ländern zumindest offiziell strafbar. (In Deutschland regelt dies §107 ff des Strafgesetzbuchs.) Besonders in Diktaturen fehlt es aber oft an der unabhängigen Justiz, um gerade Wahlfälschungen durch die Regierung wirksam zu verfolgen.

Insbesondere bei nationalen Wahlen kommt eine Wahlfälschung einem Putschversuch gleich und eine erfolgreiche Wahlfälschung in der Wirkung einem Putsch, da die Regierungsgewalt entgegen der maßgebenden Regeln erlangt wird.

Methoden zur Wahlfälschung

Wahlen können durch zahlreiche Methoden verfälscht werden, die in unterschiedlichen Phasen ansetzen. Einige dieser Methoden werden nicht von allen als Wahlfälschung betrachtet sondern als unzulässigen Wahlbeeinflussung gesehen.

Vor der Wahl

Berichterstattung

In vielen Ländern ist es gängige Praxis, in den staatlich kontrollierten Massenmedien die Regierung besonders viel und positiv zu erwähnen und die Opposition kaum und dann vorzugsweise kritisch. Probleme im Land werden gerade vor Wahlen möglichst totgeschwiegen.

Diese Art der Manipulation hat einen gleitenden Übergang zur legitimen Berichterstattung, und es ist nicht immer klar, ob tatsächlich ein Manipulationsversuch vorliegt.

Wahlkreise

Wahlkreise können so zugeschnitten werden, dass möglichst viele genehme Kandidaten gewählt werden. Dazu werden sie so gestaltet, dass die genehmen Kandidaten voraussichtlich relativ knappe Mehrheiten erreichen, und übrig bleibende ‚oppositionelle‘ Gebiete zusammengefasst werden. Damit können viele Anhänger der Opposition ihre Stimme nur einem Kandidaten geben, der sowieso schon gewählt ist.

Dieses Verfahren wird in den USA systematisch – und inzwischen unterstützt durch Datamining – angewandt, wo es unter dem Namen Gerrymandering bekannt ist.

Kandidaten

Bei manchen Wahlen versucht die Regierung, aussichtsreiche Oppositionskandidaten an der Teilnahme an der Wahl zu hindern. Dafür gibt es verschiedene Möglichkeiten:

  • Gesetzlich vorgesehene Auswahlverfahren. So müssen im Iran Kandidaten durch den so genannten Wächterrat gebilligt werden.
  • Sondergesetze, die direkt vor der Wahl eingeführt werden und das passive Wahlrecht an neue Bedingungen knüpfen, die speziell ausgewählt wurden, um bestimmte Oppositionskandidaten auszuschließen.
  • Kriminalisierung. Ein Kandidat wird eines Vergehens angeklagt und durch ein nicht ausreichend unabhängiges Gericht verurteilt. Da in vielen Ländern bei Verurteilungen wegen gewisser Delikte automatisch oder optional auch das passive Wahlrecht verloren geht, kann der Kandidat nicht an der Wahl teilnehmen, selbst wenn er nicht ins Gefängnis muss.
  • Einschüchterung. Unliebsamen Kandidaten werden mit der Drohung körperlicher Gewalt, tatsächlicher körperlicher Gewalt oder der Drohung mit sonstigen Nachteilen (Verlust des Arbeitsplatzes, Sanktionen gegen Verwandte) zum Rückzug ihrer Kandidatur gebracht.
  • Inhaftierung oder Mord. Wenn andere Mittel nicht greifen, können aussichtsreiche Kandidaten auch ohne Vorwand eingesperrt oder sogar ermordet werden, wie Benigno Aquino durch das Regime von Ferdinand Marcos.

Wähler

Wahlen können beeinflusst werden, indem man versucht, Wähler mit unliebsamen Meinungen an der Wahl zu hindern und genehme Wähler möglichst zu unterstützen oder sogar Scheinwähler zu erzeugen:

  • Streichen von Wählern, die vermutlich nicht die gewünschte Entscheidung treffen würden, aus den Wählerlisten. Es ist bei den Präsidentschaftswahlen in den USA 2000 der Vorwurf erhoben worden, dies sei im Rahmen der Streichung angeblich straffällig gewordener Wähler in Florida geschehen.
  • Es kann vermeintlich unliebsamen Wählern erschwert werden, sich in die Wählerlisten einzutragen.
  • Eintragung von nicht existenten Wählern in die Wahllisten, deren Stimmen dann von Strohmännern im genehmen Sinn abgegeben werden oder für die nach der Wahl entsprechend ausgefüllte Wahlzettel zusätzlich in die Urnen getan werden.
  • Einschüchterung unliebsamer Wähler, zum Beispiel durch Androhung körperlicher Gewalt.
  • Einführung nicht objektiver Wahlvoraussetzungen, mit deren Hilfe durch parteiische Anwendung unliebsame Wähler ausgesondert und genehme Wähler akzeptiert werden können.
  • Stimmen können regelrecht gekauft werden. Dies ist besonders in der Dritten Welt üblich, wo Wählern für die ‚richtige‘ Stimmabgabe ein kleiner Geldbetrag oder Nahrungsmittel versprochen werden.

Die Einschränkung des aktiven Wahlrechts auf bestimmte Bevölkerungsgruppen, zum Beispiel Männer oder Hausbesitzer, wird im allgemeinen nicht als Wahlfälschung betrachtet. (Obwohl derartige Einschränkungen nach heutigem Verständnis nicht demokratisch sind.)

Bei der Wahl

  • Wahllokale können so gelegt werden, dass die Stimmabgabe für Wähler, die voraussichtlich ‚richtig‘ stimmen, leichter wird, als für Wähler, die voraussichtlich anders abstimmen werden. Zum Beispiel kann die Dichte der Wahllokale in ‚günstigen‘ Gebieten größer sein als in Gebieten, in denen viele unerwünschte Stimmen zu erwarten sind. Damit wird es den Wählern, die eher unliebsam stimmen werden einerseits erschwert, zu einem Wahllokal zu gelangen, und sie müssen dort länger anstehen, bevor sie die Stimme abgeben können.
  • Der Wahltag ist Arbeitstag. In diesem Fall wird denjenigen die Wahl erschwert, die arbeiten müssen (also insbesondere Arbeitnehmer).
  • Die Stimmabgabe für nicht genehme Wähler kann auf andere Arten erschwert werden, zum Beispiel durch zu geringe Zahl von Stimmzetteln, verkürzte Öffnungszeiten der Wahllokale oder zu wenige Wahllokale in ‚oppositionellen‘ Gebieten.
  • Nicht genehme Wähler können durch Einschüchterung von der Wahl abgehalten werden, oft durch Androhung körperlicher Gewalt.
  • Die Geheimheit der Wahl kann de fakto aufgehoben werden. Dies geschah beispielsweise in der DDR, wo die Benutzung der Wahlkabinen bereits als Ausdruck des Mißtrauens gegenüber der Regierung gewertet wurde und inoffiziell mit Sanktionen bedroht war.
  • Stimmzettel können manipulativ gestaltet werden. So können die Regierungskandidaten mit den Nationalfarben assoziiert werden oder Fragen können bei Referenden wertend gestellt werden. (Zum Beispiel: „Soll zum Wohle der Nation der erfolgreiche Präsident X zum Präsidenten auf Lebenszeit ernannt werden?“)
  • Bei computergestützten Wahlmaschinen, wie sie vor allem in den USA eingesetzt werden, kann die Software so manipuliert werden, dass sie statt der eigentlich getroffenen Entscheidung des Wählers eine andere Entscheidung registriert. Dies ist besonders dann kaum nachzuweisen, wenn nicht jede Stimmabgabe geändert wird, sondern nur ein relativ kleiner Anteil, etwa jede dreißigste.

Nach der Wahl

Vor und bei der Stimmauszählung und -auswertung gibt es ebenfalls zahlreiche Manipulationsmöglichkeiten.

  • Nicht genehme Stimmzettel können weggeworfen oder einfach nicht mitgezählt werden.
  • Wenn in einem Wahllokal vermutlich hauptsächlich nicht genehme Stimmen abgegeben wurden, kann die Urne komplett vernichtet werden. Da die Vernichtung einer Urne sich nur schlecht verbergen läßt, geschieht dies oft in Form eines Überfalls durch nicht identifizierbare Personen beim Transport der Urne vom Wahllokal zum Ort der Auszählung, so dass nicht klar ist, wer für diesen Akt der Wahlfälschung verantwortlich ist.
  • Es können zusätzliche Stimmzettel mit genehmen Stimmen in die Urne gesteckt oder einfach bei der Auszählung dazugelegt werden.
  • Nicht genehme Stimmzettel können, zum Beispiel durch zusätzliche Kreuze, ungültig gemacht werden.
  • Das Ergebnis der Auszählung in einem Wahllokal kann falsch weitergegeben werden.
  • Die gemeldeten Ergebnisse aus den einzelnen Wahllokalen können falsch zusammengezählt werden. Diese Form der Manipulation kommt dem freien Erfinden des Wahlergebnisses gleich.
  • Bei Verwendung von computergestützten Wahlmaschinen ist eine automatische Veränderung der Wahlergebnisse durch manipulierte Software möglich, die de fakto kaum nachzuweisen ist.

Verhinderung von Wahlfälschungen

Das wichtigste Kontrollinstrument ist die absolute Öffentlichkeit der Wahlhandlung und der Stimmauszählung, bei der niemand daran gehindert werden darf, durch eigene Beobachtung die Rechtmäßigkeit der Wahl zu kontrollieren. Wenn Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wahl bestehen, muss das Recht auf Wahlanfechtung und gerichtliche Überprüfung gewährleistet sein.

Bei fast allen nationalen Wahlen sind auch internationale Wahlbeobachter zugelassen, um sicherzustellen, dass die Wahlbeobachter nicht selbst wieder eingeschüchtert werden können.

Historische Wahlfälschungen

Wahl Hintergründe
Wahltyp Amt oder Körperschaft Region Datum
Kommunalwahl DDR 7. Mai 1989 Bürgerrechtsgruppen weisen eine systematische Wahlfälschung erstmals nach.
nationales Parlament Thailand 6. Januar 2001 Massiver Stimmenkauf. In zwei Bezirken wurden Nachwahlen angeordnet.
Kommunalwahl BRD 3. März 2002 Massive Manipulation der Stadtrats- und Bürgermeisterwahlen in Dachau. Einer der Wahlfälscher gibt zu, seit zwanzig Jahren die Wahlen zu fälschen.
Präsident USA 2. November 2004 Indizien für Computer-Manipulationen, eidesstattliche Versicherung eines Programmierers, ein Programm zur Wahlfälschung entwickelt zu haben. In mehreren Wahlbezirken eine Wahlbeteiligung von über 100%. Von Journalisten wurde im Vorfeld der Wahl ein Schriftverkehr des Wahlcomputerherstellers Diebold aufgedeckt, in dem George W. Bush die volle Unterstützung bei der Wiederwahl zugesichert wurde.
Stichwahl Präsident Ukraine 21. November 2004

siehe auch: Präsidentschaftswahlen in der Ukraine 2004

Systembedingte Wahlfälschungen

Geht man von Mindeststandards für eine Wahl aus, dann lässt sich feststellen, dass diese in bestimmten Regionen nicht eingehalten werden, man im Verhältnis zu diesen Mindeststandards von Wahlfälschung sprechen kann. Systembedingte oder systematisch vorgenommene Abweichungen von diesen Mindeststandards, die über eine Wahl hinaus gehen, werden hier notiert:

Wahl Hintergründe
Wahltyp Amt oder Körperschaft Region Zeitraum
Start Ende
Wahlmännermehrheitswahl Präsident USA ? andauernd Gerrymandering
Repräsentantenhaus USA ? andauernd Gerrymandering

Siehe auch