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Stigmatisation

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Franziskus empfängt die Stigmata, 13. Jh.

Stigmatisation (von griechisch στíγμα stigma Stich) bezeichnet das Auftreten der Wundmale Christi am Körper eines lebenden Menschen. Die entsprechenden Wundmale werden als Stigmata (Einzahl Stigma), Leute, bei denen Stigmatisation auftritt, werden als Stigmatisierte bezeichnet. In der Antike bezeichnete man mit στíγμα das Malzeichen, das auf die Stirn oder die Hand eingebrannt wurde.

Allgemeines

Stigmatisation kann sowohl als innere Stigmatisation (Schmerzen) als auch äußere Stigmatisation (sichtbare blutunterlaufene oder blutende Stellen) auftreten. Diese äußeren Wunden heilen charakteristischerweise nicht ab oder tauchen periodisch wieder auf. Die offenen Wunden bluten oft, eitern und entzünden sich aber nicht.

Stigmatisationen treten fast nur bei römischen Katholiken auf, aber es gibt auch Fälle bei Baptisten und Nichtchristen. Neuerdings tritt auch ein Mitglied der Anthroposophischen Gesellschaft als eine der stigmatisierten Personen auf. Die Mehrzahl der Stigmatisierten sind Frauen. In den Ostkirchen ist das Phänomen so gut wie unbekannt; in deren Tradition und Überlieferung nehmen Lichterscheinungen, wie etwa das berichtete Aufleuchten des Gesichtes einer Person, eine ähnliche Rolle ein wie die Stigmatisierung bei den westlichen Christen.

Stigmata treten in aller Regel an denjenigen Körperstellen auf, an denen Jesus Christus gemäß dem Neuen Testament während seiner Passion Verletzungen erlitten hat. Am bekanntesten sind Handstigmata, die sich in der Mitte des Handrückens bzw. des Handtellers befinden, es können aber auch die Füße, Schultern oder Rücken (Geißelung), die Stirn (Dornenkrone) oder die Seite (Speerwunde) betroffen sein. Stigmata in der Handfläche entsprechen jedoch genau genommen nicht der historischen Tatsache, dass während der Kreuzigung die Nägel nicht wie in vielen späteren Darstellungen durch die Handfläche, sondern durch die Handgelenke getrieben wurden. Die Handinnenflächen sind nicht auf Dauer in der Lage, das Gewicht des Gekreuzigten zu tragen. Eine andere Sichtweise: Die Nagelungen dienten der perversen Erhöhung der Pein, am Kreuz gehalten wurden der Leib aber durch die Fesselung mit Stricken um Handgelenke, Brust, Hüfte und Fußgelenke.

Manchmal treten gemeinsam mit der Stigmatisation paranormale Phänomene (wie Bilokation und Levitation) auf. Die Personen erleben oft die Passion Christi sehr intensiv und haben ein vermindertes Ernährungs- und Schlafbedürfnis.

Geschichte

Erwähnung in der Bibel

In der Bibel wird der Begriff nur im Brief des Apostels Paulus an die Galater (Gal 6,17) erwähnt: ..., denn ich trage die Zeichen (στíγματα) Jesu an meinem Leib. Meist wird diese Stelle so gedeutet, dass Paulus damit körperliche Wunden meint, die er durch seine Missionstätigkeit erlitten hat.

Träger der Wundmale Christi

Ab 1000 gibt es als Folge der verstärkten Passionsmystik Berichte von vorgetäuschten Wundmalen Christi. (Siehe: Selbstverletzendes Verhalten.) Der erste geschichtlich gesicherte Fall von Stigmatisation ist Franz von Assisi (1181/82 - 1226). Das Phänomen seiner spontanen Stigmatisation soll sich am 14. September 1224 vollzogen haben. In der Folgezeit gibt es vermehrt Berichte über Stigmatisationen. Die Zahl der bekannten Stigmatisierten schwankt je nach Autor zwischen 100 und über 330, da genaue Kriterien fehlen, was unter Stigmatisation zu verstehen ist.

Zu den bekannten Stigmatiserten der neueren Zeit zählen Anna Katharina Emmerick († 1824), Therese Neumann aus Konnersreuth († 1962), der am 16. Juni 2002 heilig gesprochene Pater Pio († 1968) und Marthe Robin († 1981). Etwa 80 Stigmatisierte wurden durch die katholische Kirche heilig gesprochen, die diesem Phänomen kritisch und zurückhaltend gegenübersteht und eine Stigmatisation nicht automatisch als übernatürlich oder als Beweis der Heiligkeit wertet.

Erklärungsversuche

Psychosomatische Phänomene wie Autosuggestion oder Hysterie verbunden mit einer starken Passionsfrömmigkeit könnten die Ursache für eine Stigmatisation sein. Untersuchungen zeigten, dass durch Hypnose immer wiederkehrende Unterhautblutungen entstehen und nicht heilende Wunden wieder verschwinden können. Umstritten sind allerdings die genauen psychischen Mechanismen und ob sich alle Formen der Stigmatisation dadurch erklären lassen.

Filme

Das Thema der Stigmatisation wurde in mehreren Filmen aufgegriffen:

  • Agnes of God (1985), in den Hauptrollen: Meg Tilly und Jane Fonda
  • Stigmata (1999), Die Hauptfigur Frankie Paige (gespielt von Patricia Arquette) hat im Gegensatz zu fast allen Stigmatisierten vor ihr, keinerlei Beziehung zur Religion.(habe den Film gesehen war echt beeindruckend angsteinflösend und respekt einherschen!!! )

Literatur

  • René Biot: Das Rätsel der Stigmatisierten. Pattloch, Aschaffenburg 1957
  • Irmtraud Götz von Olenhusen (Hrsg.): Wunderbare Erscheinungen. Frauen und katholische Frömmigkeit im 19. und 20. Jahrhundert. Schöningh, Paderborn u. a. 1995, ISBN 3-506-76178-1
  • Michael Hesemann: Stigmata: Sie tragen die Wundmale Christi, Güllesheim 2006
  • Johannes Maria Höcht: Träger der Wundmale Christi, Eine Geschichte der Stigmatisierten, 1994, ISBN 3-7171-0596-5
  • Ingrid Malzahn: Pater Pio von Pietrelcina. Wunder, Heilungen und von der Kraft des Gebets. 2001, ISBN 3-931723-12-7
  • Judith von Halle: "Und wäre Er nicht auferstanden...", ISBN 3-7235-1255-0
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