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Johannes Ronge

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Johannes Ronge, Lithographie von Eduard Kaiser, 1848

Johannes Ronge (* 16. Oktober 1813 in Bischofswalde (Biskupów) bei Ziegenhals, Landkreis Neisse, Oberschlesien; † 26. Oktober 1887 in Wien, Österreich-Ungarn) war ein deutscher katholischer Priester, der den Reliquienkult der römisch-katholischen Kirche kritisierte, wesentlich zur Gründung des Bundes Freireligiöser Gemeinden beitrug und als Begründer des Deutschkatholizismus gilt.

Leben

Ronge wurde als Sohn einer kinderreichen Bauernfamilie in Bischofswalde geboren, besuchte von 1827 bis 1837 das Gymnasium in Neiße und studierte katholische Theologie an der Universität Breslau, wo er 1837 Mitglied der Breslauer Burschenschaft Teutonia war.[1][2] In der Zeit des politischen Vormärz bewegte die römisch-katholische Kirche in Deutschland der aufkommende Ultramontanismus. Nach seiner Priesterweihe im Jahre 1840 war Ronge bis 1843 Kaplan in Grottkau in Schlesien, wo er 1842 den kirchenkritischen Aufsatz “Rom und das Breslauer Domkapitel” verfasste, der im Jahr 1843 zu seiner Suspension führte[3]. Im Herbst 1844 schrieb er einen offenen Brief an Wilhelm Arnoldi, den Bischof von Trier, gegen die Trierer Wallfahrt von 1844, die Ausstellung des Rockes Christi, einer Reliquie, was Ronge als Götzenfest („götzenhafte Verehrung der Reliquien“ und „unchristliches Schauspiel“) anprangerte. Dieser Brief, ein Offenes Sendschreiben, wurde in den von Robert Blum herausgegebenen Sächsischen Vaterlandsblättern veröffentlicht. Dieser Artikel wurde tausendfach kopiert und verteilt, woraufhin die katholische Kirche Ronge, der das Wallfahrt-Spektakel zudem als „modernen Ablaßkram“ bezeichnet und vor der „tyrannischen Macht der römischen Hierarchie“[4] gewarnt hatte,[5] im gleichen Jahr exkommunizierte.

Im Januar 1845 rief Ronge daraufhin in Laurahütte/Oberschlesien zur Gründung einer neuen „romfreien“ Kirche auf, die sich im März 1845 den Namen deutschkatholisch gab. Auf deren Synode 1847 waren 259 Gemeinden der „Deutschkatholiken“ vertreten. Diese neue Reformbewegung – Karl von Holtei bezeichnete Ronge als „Reformator“[6] – wurde vom liberalen Protestantismus begrüßt, später sollte es zu einer Verbindung beider Reformelemente kommen, zur dann freireligiös genannten Bewegung.

1848 nahm Ronge am Frankfurter Vorparlament teil und gehörte dort zum radikal-demokratischen Flügel. Wegen seiner öffentlichen Kritik des preußischen Königs musste er 1849 nach England emigrieren, wo er 1851 Bertha Traun, geb. Meyer standesamtlich heiratete. 1852 gründete er in London die Humane Religionsgemeinde. Nach einer Amnestie konnte er 1861 nach Deutschland zurückkehren, setzte sich für die Schaffung einer liberalen Nationalkirche ein und versuchte auch die jüdischen Reformgemeinden für den Gedanken einer allgemeinen freien Religion in Deutschland zu gewinnen. Ronge war Mitglied in der Freimaurerei.

Schriften

  • Rom und das Breslauer Domkapitel. 1843
  • Urtheil eines Katholischen Priesters über den heiligen Rock zu Trier. Bagel, Wesel 1844 (Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf)
  • The Reformation of the 19th Century. London, 1852
  • Die nationale Bewegung und die religiöse Reform. Frankfurt/M., 1862
  • Neue religiöse Reform, Organ des deutschen Reform-Vereins zur Förderung freier protestantischer Gemeinden resp. der freien deutschen Nationalkirche, Kindergärten, Schulen, Fortbildungsschulen. Zeitschrift ab 1864
  • Religionsbuch für den Unterricht der Jugend in Familie und Schule in den freireligiösen, deutsch-katholischen und freiprotestantischen Gemeinden. Darmstadt, 1882

Literatur

Einzelnachweise

  1. Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 5: R–S. Winter, Heidelberg 2002, ISBN 3-8253-1256-9, S. 110–112.
  2. Am Grabe von Ferdinand Lassalle. Raczeks.de (Memento des Originals vom 24. August 2007 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.raczeks.de
  3. Hugo Weczerka: Handbuch der historischen Stätten Schlesien. Stuttgart 1977, ISBN 3-520-31601-3, S. 164
  4. Johannes Ronge: Urteil eines katholischen Priesters über den „heiligen Rock“ zu Trier. J. Bagel, Wesel 1844.
  5. Michael Sachs: ‘Fürstbischof und Vagabund’. Geschichte einer Freundschaft zwischen dem Fürstbischof von Breslau Heinrich Förster (1799–1881) und dem Schriftsteller und Schauspieler Karl von Holtei (1798–1880). Nach dem Originalmanuskript Holteis textkritisch herausgegeben. In: Medizinhistorische Mitteilungen. Zeitschrift für Wissenschaftsgeschichte und Fachprosaforschung. Band 35, 2016 (2018), S. 223–291, hier: S. 242 f.
  6. Michael Sachs (2016), S. 243.