Johann Gudenus (Politiker)

Johann Baptist Björn Gudenus (* 20. Juli 1976 in Wien) ist ein österreichischer Politiker (FPÖ). Er war von 2005 bis 2015 Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats. Von 2010 bis 2015 war er Klubobmann der Wiener freiheitlichen Gemeinderäte und Landtagsabgeordneten. Von 2015 bis 2017 war er Vizebürgermeister, Landeshauptmann-Stellvertreter und (nicht amtsführender) Stadtrat von Wien. Seit dem 20. Dezember 2017 ist er Abgeordneter zum Nationalrat und dort geschäftsführender Klubobmann der FPÖ.
Familie und Ausbildung
Gudenus stammt aus einer ursprünglich in Hessen ansässigen Familie, die 1907 von Kaiser Franz Joseph in den österreichischen Grafenstand erhoben wurde. Er ist ein Sohn des wegen NS-Wiederbetätigung verurteilten[1] ehemaligen FPÖ-Politikers John Gudenus. Er besuchte die Theresianische Akademie, die er 1995 mit der Matura abschloss. Er studierte im Anschluss Rechtswissenschaften an der Universität Wien. 2002 schloss Gudenus sein Studium mit dem Magistergrad ab und absolvierte 2003 seine Gerichtspraxis. Während seines Studiums besuchte Gudenus regelmäßig Sommerkurse an der Lomonossow-Universität in Moskau und erhielt 2004 das TRKI-Russischzertifikat des Bildungsministeriums der Russischen Föderation. Gudenus besuchte die Diplomatische Akademie Wien, wo er 2005 zum Master of Advanced International Studies (M.A.I.S.) graduierte.
Er ist wie Heinz-Christian Strache Mitglied der deutschnationalen[2] schlagenden Schülerverbindung Wiener pennale Burschenschaft Vandalia.[3]
Gudenus hat aus erster Ehe einen Sohn. Im Jahr 2016 heiratete er standesamtlich, 2017 dann kirchlich (serbisch-orthodox) die serbischstämmige Tajana Tajčić in Banja Luka.[4] Sie brachte am 4. April 2018 eine Tochter zur Welt.[5]
Politische Tätigkeit
Johann Gudenus kam durch seinen Vater früh in Kontakt mit der Politik und war anfangs im Ring Freiheitlicher Jugend Österreich (RFJ) aktiv. Bereits 1993 wurde er Obmannstellvertreter und Generalsekretär des RFJ Niederösterreich und blieb bis 1997 in dieser Funktion. 1998 wechselte er nach Wien und war hier zwischen 1998 und 2003 sowie ab 2005 Obmann des RFJ Wien. Ab 2000 war Gudenus Bundesobmannstellvertreter des RFJ, von 2003 bis 2009 war er dessen Bundesobmann.
Johann Gudenus ist auch in der Bezirkspolitik aktiv. Er war zwischen 1996 und 2001 Bezirksrat am Alsergrund und von 2001 bis 2005 Bezirksrat auf der Wieden. Ab dem 25. November 2005 war Gudenus zudem Abgeordneter zum Wiener Landtag und Mitglied des Wiener Gemeinderats. Er war bis 2010 Fraktionsvorsitzender im Ausschuss für Jugend, Bildung, Information und Sport sowie Mitglied im Kulturausschuss. Seit 2010 ist er Klubobmann des Rathausklubs und Mitglied im Integrationsausschuss.
Neben seinen Mandaten verfügt Gudenus auch über zahlreiche innerparteiliche Funktionen. Er ist seit 1997 Mitglied der Landesparteileitung der FPÖ Wien, seit 2002 Mitglied des Landesparteivorstandes der FPÖ Wien, seit 2003 Mitglied des Bundesparteivorstandes und seit 2004 Bezirksparteiobmann der FPÖ Wieden. Seit 2008 ist er Sicherheitssprecher der FPÖ Wien.
Im Zuge der Koalitionsverhandlung von ÖVP und FPÖ nach der Nationalratswahl 2017 wurde Gudenus als einer jener FPÖ-Politiker genannt, die von Bundespräsident Alexander Van der Bellen als Minister abgelehnt werden würden.[6]
Internationale Tätigkeiten
2010 nahm Gudenus am Wahlkampfauftakt der ungarischen rechtsextremen Jobbik teil.[7]
Im Februar 2012 besuchte Gudenus zusammen mit seinem Parteikollegen Johannes Hübner den tschetschenischen Diktator Ramsan Kadyrow. Er stimmte danach mit Kadyrow überein, dass die Tschetschenen in Österreich „fast ausschließlich Asylbetrüger und Wirtschaftsflüchtlinge“ seien, die gefahrlos zurückkehren könnten, da es, so Gudenus, in Tschetschenien „keine Anzeichen von Krieg oder Diskriminierung“ gäbe. Der Besuch rief massive Kritik hervor, unter anderem von Amnesty International (AI).[8][9] Das österreichische Außenministerium bezeichnete die Reise als „absurd“ und „ohne jegliche außenpolitische Relevanz“.[10][11]
Im März 2014 reiste er, wiederum mit Hübner sowie mit Ewald Stadler, als „Wahlbeobachter“ in die Ukraine zum Referendum über den Status der Krim. Organisiert wurde diese Reise durch das von dem belgischen Rechtsextremisten Luc Michel betriebene „Eurasian Observatory for Democracy and Elections“ (EODE) mit Sitz in Belgien, das bereits in der Vergangenheit ähnliche Missionen nach Russland zusammengestellt hatte.[12][13] Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die ansonsten weltweit auf Einladung staatlicher Stellen Wahlbeobachter entsendet, lehnte eine Beobachtermission ab, weil die Anfrage von den Machthabern auf der Krim unter Führung Sergei Aksjonows kam, die weder international anerkannt waren noch im Namen der ukrainischen Regierung handelten. Eine Abspaltung der Krim wurde als Bruch des Völkerrechts bewertet.[14] Gudenus, Hübner und Stadler attestierten dem Referendum, es sei legitim und ohne „Druck oder Zwang“ vonstattengegangen. Gläserne Wahlurnen, das offene Ausfüllen und das Fehlen von Kuverts für die Stimmzettel erklärten sie als ortsübliche Gegebenheiten.[15]
Politische Positionierung
Laut Heribert Schiedel vom Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes ist Gudenus maßgeblich für den rechtsextremen Charakter der FPÖ und ihrer Jugendorganisation verantwortlich.[16] 2002 schrieb er in der Ankündigung zu einem Vortrag des laut DÖW wiederholt in rechtsextremen Kreisen referierenden Richard Melisch von einer „Aufklärung“ über den „Staatsterrorismus“ Israels.[17][7] Im Jahr 2004 kritisierte Gudenus eine steigende Zahl von Einbürgerungen und sprach in diesem Kontext von „systematischer Umvolkung“, letzteres ist ein aus der nationalsozialistischen Volkstumspolitik entlehnter Begriff.[18]
Im Jahr 2009 referierte Gudenus bei einer Veranstaltung der rechtsextremen Arbeitsgemeinschaft für demokratische Politik zum Thema Über den herrschenden Gesinnungsterrorismus.[19][20]
Bei einer Rede im September 2013 meinte Gudenus zum Thema Zuwanderung: „Jetzt heißt es ‚Knüppel aus dem Sack!‘ für alle Asylbetrüger, Verbrecher, illegalen Ausländer, kriminellen Islamisten und linken Schreier!“ Jetzt werde „aufgeräumt in unserem schönen Österreich“.[21] Gudenus begründete dies später damit, es sei „nur eine Metapher von den Gebrüdern Grimm mit Tischlein deck dich, Knüppel aus dem Sack“ gewesen. Dies sei „eine Analogie“, man wolle, „dass der Rechtsstaat hart durchgreift, wenn Pakistani die Votivkirche besetzen.“[22]
Die FPÖ Wien wurde im Oktober 2014 zum zweiten Mal in diesem Jahr wegen übler Nachrede gerichtlich verurteilt. Gudenus hatte in einer Presseaussendung über den Sprecher von SOS Mitmensch, Alexander Pollak, behauptet, diesem seien „nur illegale Ausländer wichtig (…), weil er, wie die Schlepper-Mafia auch, mit ihnen ein gutes Geschäft“ mache. Auch im ersten Gerichtsverfahren hatte es sich bei dem Geschädigten um Pollak gehandelt.[23]
Im Jänner 2018 provozierte Gudenus mit einem Besuch der Republika Srpska anlässlich des verfassungswidrigen bosnisch-serbischen „Nationalfeiertags“.[24]
In einem Zeitungsinterview im Mai 2018 sagte Gudenus, dass es „stichhaltig Gerüchte“ gebe, wonach der US-amerikanische Milliardär George Soros daran beteiligt ist „gezielt Migrantenströme nach Europa zu untersützen“. Er habe NGO's unterstüzt, die für die Massenmigration mitverantwortlich seien.[25] Als „einfach lächerlich“ wies Bundespräsident Alexander Van der Bellen die Aussagen von FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus ab und merkte an, dass es ihn wissenschaftlich interessiere, was denn ein „stichhaltiges Gerücht“ sei.[26] In einer Rede des Schriftstellers Michael Köhlmeier beim Gedenktag gegen Gewalt und Rassismus im Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in der Wiener Hofburg nur wenige Tage später sagte dieser in Anwesenheit von Gudenus: „Der Begriff des ‚stichhaltigen Gerüchts‘ werde ins Wörterbuch der Niedertracht und Verleumdung kommen“ in Anspielung auf Gudenus Aussage gegen Soros.[27]
Seine Rhetorik beschreibt Gudenus selbst folgendermaßen: „Ich schaue immer, dass ich den Ton so treffe, dass ich mit dem Gesetz nicht in Konflikt komme.“[7]
Weblinks
- Johann Gudenus auf der Website des österreichischen Parlaments
- Johann Gudenus auf den Seiten der FPÖ Wien
- Johann Gudenus auf meineabgeordneten.at
Einzelnachweise
- ↑ Musterschüler mit radikaler Vergangenheit. In: Die Presse. 31. Dezember 2010, abgerufen am 14. März 2017.
- ↑ Marion Kraske: Heinz-Christian Strache – Aufstieg eines Hasspredigers. In: Die Zeit. 27. Mai 2011, abgerufen am 19. März 2014.
- ↑ Johann Gudenus: Umstrittene blaue Zukunftshoffnung auf diepresse.com. Abgerufen am 25. Dezember 2012
- ↑ Austrijski političar oženio prelepu Srpkinju, auf alo.rs, abgerufen am 17. November 2017
- ↑ FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus und Frau Tajana im Babyglück In: vienna.at, 5. April 2018. Abgerufen am 16. April 2018.
- ↑ Gudenus und Vilimsky nicht ministrabel, Artikel auf ORF.at vom 15. November 2017
- ↑ a b c Christa Zöchling: FPÖ: Johann Gudenus, die unheimliche Nummer zwei www.profil.at, 7. August 2015
- ↑ Der Standard: FPÖ-Delegation besucht tschetschenischen Präsidenten Kadyrow, 7. Februar 2012
- ↑ Ralf Leonardo: Persilschein von rechts. In: die tageszeitung. 10. Februar 2012, abgerufen am 13. Februar 2012.
- ↑ ORF: „Frieden und Ruhe“ in Grosny, 9. Februar 2012
- ↑ Der Standard: Aufregung um FPÖ-Besuch bei Kadyrow, 8. Februar 2012
- ↑ Kleine Zeitung: Stadler weiß nicht, wer seine Reise auf die Krim zahlte, 18. März 2014
- ↑ profil: Krim-Beobachter: FPÖ-Abgeordnete von Moskauer Agenturen vermittelt, 24. März 2014
- ↑ Der Standard: OSZE sendet keine Wahlbeobachter zu Krim-Referendum, 11. März 2014
- ↑ Die Presse: FPÖ und Stadler als „Wahlbeobachter“: Referendum sei „legitim“, 16. März 2014.
- ↑ Saskia Jungnikl, Benedikt Narodoslawsky: Blitzblaues Blut. In: Datum. 1. März 2011, archiviert vom am 14. Juli 2017; abgerufen am 2. Juli 2014.
- ↑ DÖW – Erkennen – Rechtsextremismus – Neues von ganz rechts Jänner 2002
- ↑ Der Standard: Gudenus: „Systematische Umvolkung“, 15. April 2004
- ↑ Sitzungsprotokoll der Wiener Gemeinderats-Sitzung v. 16. Dezember 2011, S. 101
- ↑ Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstandes: AFP-Akademie mit prominenter Beteiligung?, Oktober 2013
- ↑ Profil.at: Heinz-Christian Strache: Für den zweiten Platz reichte es nicht, 30. September 2013
- ↑ DiePresse.com: Johann Gudenus: Migranten retten die SPÖ, 8. Oktober 2013
- ↑ FPÖ Wien wegen Gudenus-Aussendung verurteilt, 15. Oktober 2014
- ↑ Gudenus-Reise sorgt für scharfe Kritik. orf.at, 10. Jänner 2018.
- ↑ FPÖ-Klubchef Gudenus: Migration gesteuert? "Soros möglicher Akteur" diepresse.com, 20. April 2018.
- ↑ Van der Bellen nennt Gudenus-Soros-Sager „einfach lächerlich“ ( vom 9. Mai 2018 im Webarchiv archive.today)
- ↑ Literat Köhlmeier rechnet mit der FPÖ ab ( vom 9. Mai 2018 im Webarchiv archive.today)
Personendaten | |
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NAME | Gudenus, Johann |
ALTERNATIVNAMEN | Gudenus, Johann Baptist Björn (vollständiger Name) |
KURZBESCHREIBUNG | österreichischer Politiker (FPÖ), Landtagsabgeordneter, Abgeordneter zum Nationalrat |
GEBURTSDATUM | 20. Juli 1976 |
GEBURTSORT | Wien |