Radverkehr
Radverkehr bedeutet Raumüberwindung mit Hilfe des muskelkraftbetriebenen Hilfsmittels Fahrzeugs Fahrrad auf dem Landweg (oder auch auf dem Wasser z.B. als Hydrobike) mit dem Ziel des Transports von Menschen und Gütern. Dafür wird eine bauliche und ordnungsrechtliche Infrastruktur benötigt, die eine reibungslose Abwicklung des Radverkehrs zwischen Quelle und Ziel ermöglicht. Der Radverkehr ist eine nachhaltige individuelle, flächenverbrauchsarme, lärm- und abgasarme Art, Transporte abzuwickeln und findet meist als [Alltagsverkehr] statt. Der Straßenradsport als Teil des Radverkehrs besitzt dabei nur einen geringen Anteil.
Radverkehrsplanung
Radverkehr ist als komplexes System zu verstehen, das in viele Lebensabläufe des Menschen integriert werden muss. In der klassischen Radverkehrsplanung steht die bauliche Gestaltung des Fahrweges, das heißt die Schaffung von Radfahrstreifen oder baulich getrennter Radwege, im Mittelpunkt des Interesses. In die planerischen Entscheidungen zugunsten des Radverkehrs müssen aber auch die anderen Verkehrsarten Fuß-, Kfz- und schienengebundener Nahverkehr einbezogen werden. Dies erfodert eine integrierte Planung. Zur einer von vielen Seiten gewünschten Förderung des Radverkehrs gehört deshalb auch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit und die Anpassung des Ordnungsrahmens durch Gesetze und Verordnungen.
Zur Radverkehrsplanung gehört auch der Vor- und Nachtransport des Fahrzeuges (Fahrrad) von und zu den öffentlichen Transportmitteln, also zu den Schnittstellen mit dem schienengebundenen Verkehr und dem Busverkehr, sowie die Mitnahme des Fahrrades in den öffentlichen Verkehrsmitteln selbst. Dafür wird üblicherweise der aus dem Engischen entstammende Begriff Bike and Ride verwendet.
Wichtig ist auch die Regelung des sicheren Fahrrad-Parkens sowohl zum Diebstahl- als auch zum Witterungsschutz an Quellen und Zielen des Radverkehrs sowie die Gewährleistung der Barrierefreiheit (Rampen statt Treppen, Asphalt statt Großsteinpflaster, Bordabsenkungen, Niederflur-Fahrrad-Abteile bei Schienenfahrzeugen und Bussen, automatische Fahrrad-Parksysteme usw.) im gesamten Radverkehrssystem. Im Gegensatz zum Radverkehr sind Barrierefreiheit und Rund-um-Service für den Autoverkehr seit Mitte des 20. Jahrhunderts in den entwickelten Ländern überwiegend zur Selbstverständlichkeit geworden. Beispiele aus dem System des Kfz-Verkehrs dafür sind Parkhäuser, Waschanlagen, Tank- und Rastanlagen, Motels, Autozüge, Verkehrs-Management-Zentralen, Europastraßen, Autobahnen und Nationalstraßen bzw. Bundesstraßeen. Für den Radverkehr fehlen solche Angebote bis heute überwiegend.
Der Nationale Radverkehrsplan 2002 bis 2012 in Deutschland
Radverkehrsplanung ist überwiegend kommunale Aufgabe, bei der Finanzierung gibt es vielfältige Fördermöglichkeiten, die aber im Gegensatz zu den Finanzierungsmöglichkeiten (und Summen) für den Öffentlichen Nah- und Fernverkehr sowie den Kfz-Verkehr marginal sind.
Politisch ist die Förderung des Radverkehrs Parteien übergreifend auch auf nationaler Ebene als Aufgabe anerkannt worden. Ausdruck dessen ist in Deutschland die Verabschiedung des Nationalen Radverkehrsplans (NRVP) für die Jahre 2002 bis 2012, der im Jahr 2002 nach einem Beschluss des Deutschen Bundestags durch die Bundesregierung verabschiedet wurde.
Mit dem NRVP sollen die Chancen des Fahrradverkehrs im Rahmen einer integrierten Verkehrspolitik in einem auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Verkehrssystem gezielt erschlossen werden. Zur besseren Koordinierung der verschiedenen Radverkehrs-Akteure aus Bundes-, Landes- und Kommunalverwaltungen sowie interessierten Arbeitsgruppen wurde 2004 eine Informations- und Arbeitsplattform im Internet, das Fahrradportal www.nationaler-radverkehrsplan.de, durch die Arbeitsgruppe Radverkehr des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ins Leben gerufen. Zurzeit (Stand 2006) sind folgende Gremien aktiv:
- Beirat Fahrradtourismus,
- Bund-Länder-Arbeitskreis Fahrradverkehr,
- Fachausschuss Radverkehr (ADFC/SRL),
- Interministerieller Arbeitskreis,
- Projekt Runder Tisch Radverkehr,
- Unterarbeitskreis Ordnungsrahmen,
- Unterarbeitskreis Finanzierung und Koordination,
- Unterarbeitskreis Tourismus sowie der
- Unterarbeitskreis Kommunikation.
Außerdem arbeitet eine Arbeitsgruppe die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) an einer umfassenden Richtlinie zum Radverkehr, den "Empfehlungen für den Radverkehr" (ERA), die 2006 veröffentlicht werden und die aus dem Jahr 1995 stammenden Empfehlungen für Radverkehrsanlagen ablösen soll.
Forschungsvorhaben mit Bezug zum Radverkehr insbesondere in den Forschungsfeldern „Verhalten und Sicherheit im Verkehr“ und „Straßenverkehrstechnik“ werden regelmäßig von der Deutschen Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und der Schweizerischen Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) veröffentlicht. Die bfu befasst sich wissenschaftlich mit der Umsetzung des durch die Vision Zero angestrebten Ziels, keine Toten und Schwerverletzten im Straßenverkehr mehr zuzulassen.
Der Radverkehr hat das Potenzial, 50 Prozent des städtischen motorisierten Individualverkehrs zu substituieren, der überwiegend als Kurzstreckenverkehr unter 10 Kilometer stattfindet, weshalb sich auch der Anteil des Radverkehrs am Gesamtverkehr (Modal Split) beträchtlich steigern ließe.
Radverkehr kann in der Regel seine Geschwindigkeitsvorteile, betrachtet als Reisezeit von Tür zu Tür, auf Strecken bis fünf Kilometer gegenüber allen anderen Verkehrsarten ausspielen, mit Schaffung guter Rahmenbedingungen, wie dies in den vergangenen Jahrzehnten in den Niederlanden und Dänemark erfolgte, auch auf längeren Entfernungen.