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Entscheidungsprozess

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Ein Entscheidungsprozess beschreibt die Phasen von der Entstehung bis zur Umsetzung einer Entscheidung. Zur Abgrenzung zum Entscheidungsverfahren vgl. Bewertungsphase. Entscheidungsprozesse beschreiben, wie Entscheidungen zu Stande kommen und sind somit Teil der Entscheidungstheorie.

Entscheidungsphasen

Phase 1: Problemformulierung

Der Entscheidungsträger oder sein Umfeld erkennt die Notwendigkeit irgendeiner Entscheidung (Diagnose). Das Problem muss bewusst oder unbewusst formuliert werden in Form von Zielsetzung und Randbedingungen (Restriktionen), um planerisch das Problem zu beheben. In unstrukturierten Entscheidungsprozessen ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht klar, dass eine Entscheidung erforderlich ist.

Phase 2: Informationsbeschaffung

Die Informationsbeschaffung dient zum einen der Validierung der Problembeschreibung (Zielrevision) zum anderen zum Aufspannen eines Lösungsfelds mit Hilfe von Informationen. Götz Schmidt[1] setzt die Informationsbeschaffung (Erhebung/Analyse) an Schritt 1, weil bei ihm bereits ein Planungszyklus vorangegangen ist. Die für die Alternativensuche und das tiefere Verständnis des Problems und dessen Ursachen zusammengetragenen Informationen haben starken Einfluss auf die Entscheidungsqualität.

Phase 3: Alternativensuche

Über die vorhandenen Informationen lässt sich ein Lösungsfeld möglicher Alternativen aufspannen. Trivial ist dies bei einer Ja/Nein-Entscheidung (Gehe ich ins Kino oder bleibe ich zu Hause?). Doch selbst hier kann es Kompromissvarianten geben (Ich gehe morgen ins Kino). Für die Erweiterung des Lösungsraums eignen sich Kreativitätstechniken wie Brain storming, Methode 6-3-5, Brainstorming paradox, morphologische Analyse, Perspektivenwechsel, Analogietechniken. Durch Filterung und Reduzierung des Lösungsfelds entsprechend der Randbedingungen (constraints) ergeben sich schließlich mögliche Handlungsoptionen(/-alternativen).

Phase 4: Bewertung

Bei der Bewertung (Antizipation erwünschter und unerwünschter Folgen, Prognose der Konsequenzen hieraus) erfolgt ein Vergleich der gefundenen Alternativen auf Basis von Zielen.

Bei einem nur eindimensionalen Ziel und streng monoton steigenden Einzelbewertungen der Alternativen sowie vollständiger sicherer Information ist die zu empfehlende Alternative eindeutig. Schwieriger ist die Bewertung bei Fehlen dieser Bedingungen. Die Art und Weise wie dieser Vergleich erfolgt, nennt man Entscheidungsverfahren.

Phase 5: Entscheidung (Entschluss)

Die eigentliche Entscheidung, nämlich die Auswahl einer Handlungsalternative obliegt dem Entscheidungsträger. Er muss mit der entsprechenden Entscheidungsmacht bzw. -autorität ausgestattet sein, damit die Entscheidung zur Umsetzung angenommen wird. Neben den rationalen Kriterien für die Entscheidung, die durch Alternativensuche und Bewertung aufgestellt wurden spielen weitere (weiche) Faktoren eine Rolle. So wird der Entscheidungsträger bemüht sein, durch die Entscheidung seine Entscheidungsmacht nicht zu demontieren. Gleichzeitig kann für die Umsetzung eine hohe Akzeptanz der Entscheidung ratsam sein. In diesem Fall bietet es sich an, möglichst viele von der Entscheidung Betroffener in die Entscheidungsfindung mit einzubeziehen.

Phase 6: Handlung

Bei der Handlung wird die geplante und ausgewählte Handlungsalternative ausgeführt, also in Realität umgesetzt. Gibt es keine mögliche Handlungsoption, kann die Entscheidung darin bestehen, die Zielsetzung bzw. Restriktionen zu ändern. Im Regelfall weichen Entscheidungsträger und Umsetzer voneinander ab. Dann bedarf es eines Auftrags zur Umsetzung.

Phase 7: Kontrolle

Die Umsetzung erzielt aufgrund von Problemen der Information, Kommunikation, Motivation oder sich ändernden Umweltbedingungen nicht immer den antizipierten Erfolg. Die Kontrolle ist somit wieder Beginn eines neuen zeitdiskreten Regelungskreislaufs (vgl. Kybernetik).

Entscheidungsphasen
# psychologischer Ansatz[2] organisationaler Ansatz[1] kognitiver Ansatz[3]
1 Präselektionale Phase Erhebung / Analyse Problemformulierung
2 Präselektionale Phase Würdigung Informationsbeschaffung
3 Präselektionale Phase Lösungsentwurf Suche nach Alternativen
4 Präselektionale Phase Bewertung vergleichende Bewertung
5 Selektionale Phase Auswahl Entscheidung
6 Postselektionale Phase Auftrag Handlung
7 Prä-/Postselektionale Phase Umsetzungskontrolle Kontrolle

Der Mensch im Entscheidungsprozess

(vgl. Entscheidungspsychologie)

Entscheidungsprozesse werden selten so strukturiert wie oben dargestellt durchgeführt. Die meisten Entscheidungen laufen unbewusst (aus dem Bauch heraus) ab. Das funktioniert, weil unser Gehirn ähnliche Abläufe speichern kann und in ähnlichen Problemsituationen (mit gutem Gefühl) automatisiert entscheiden kann (Erfahrung).

Ein Entscheid ist immer auch geprägt durch die subjektiven Grundlagen der Entscheidungsträger, durch deren Präferenzen, Gefühle, Vorlieben, Abneigungen, Wertvorstellungen, Erfahrungen und Risikobereitschaft. Auf Grund dieser Einflüsse unterliegt eine Entscheidung in der Regel nur einer beschränkten Rationalität.

Im Bereich der Folgenabschätzung der Bewertungsphase kommen noch andere soziologische Faktoren hinzu:

  • Wie reagieren Betroffene auf die Entscheidung?
  • Wie wird die Entscheidung von den Umsetzern akzeptiert?
  • Wie reagieren Wettbewerber (Spieltheorie)?

Auch ethische Grundsätze können sich auf das Entscheidungsverfahren auswirken.

Einzelnachweise

  1. a b Schmidt, Götz: Methoden und Techniken der Organisation. In: Verlag Dr. Götz Schmidt (Hrsg.): Schriftenreihe "Organisation" ; ZDB-ID: 22196833 ; 1.
  2. Tilmann Betsch et al.: Denken – Urteilen, Entscheiden, Problemlösen: allgemeine Psychologie für Bachelor. In: Berlin [u. a.] : Springer, 2011 (Hrsg.): ISBN 3-642-12473-9.
  3. Haun, Matthias: Cognitive Organisation : prozessuale und funktionale Gestaltung von Unternehmen. In: [Berlin] : Springer Vieweg, [2016] (Hrsg.): ISBN 3-662-52951-3.