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Lautverschiebung

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Mit Lautverschiebung wird ein Phänomen bezeichnet, welches im Laufe der Entwicklung einer Sprache auftritt. Dabei wandeln sich nach gewissen Regeln Konsonanten in andere um (z.B. Niederdeutsch (platt) oder old engl. water in deutsch Wasser, niederdeutsch eten = hochdeutsch essen).

Bei den germanischen Lautverschiebungen kann man 3 Gruppen von Konsonanten bilden, die sich jeweils innerhalb der Gruppe in einen anderen Konsonant gewandelt haben:

  • dentale (s, sch, sk, z, t, th, d ...)
  • labiale (p, b, f, v, w, pf ...)
  • guturale (g, k, c, ck, ch, ...)

Historisch unterscheidet man die folgenden Lautverschiebungen:

germanische Lautverschiebung oder 1. (deutsche) Lautverschiebung. (ca. 500 v. Chr. )

Aus einem indogermanischen Dialekt wurde die germanische Ursprache. Beispiel:
p -> v oder f: lat. pater wird zu hochdeutsch Vater, plattdeutsch Vadder``, engl. father, dänisch far
K = H , (z.B. griechisch Kardia = Herz (engl. heart), Alt-Preussisch Kelm(o) = Helm, Alt-Preussisch Kails = Hail, Heil).

Siehe auch: Benrather Linie

deutsche Lautverschiebung oder 2. (deutsche) Lautverschiebung. (ca. 500 n. Chr.) Aus den südlichen westgermanischen Dialekten wurde die althochdeutsche Sprache:

Konsonanten:

k -> ch (plattdeutsch und niederländisch ik -> ich, koken -> kochen; pd. und engl. maken, make -> machen)
d -> t (plattdeutsch Dag, englisch Day -> Tag)
t -> s (plattdeutsch dat, wat, eten engl. that, what, eat-> das, was, essen)
t -> z (plattdeutsch Tied -> Zeit, Timmermann -> Zimmermann
p -> f (plattdeutch slapen, engl. sleep -> schlafen, pd. und engl. Schipp, ship -> Schiff)
p -> pf (plattdeutsch Peper, engl. pepper -> Pfeffer)
s -> sch
sl -> schl (slapen, sleep -> schlafen)
sw -> schw (Swien -> Schwein)
st -> scht (steen, stone -> schtein (gesprochen aber nicht geschrieben))
sp -> Schp (spitz -> schpitz (gesprochen aber nicht geschrieben))

Vokale

e, ee -> ei (Steen -> Stein, Weten -> Weizen)
i, ie -> ei (liesen -> leise, rieden -> reiten)
e -> i (weten -> wissen)
u -> au (Bruud -> Braut)
oo -> au (ook -> auch)

Als Beispiel für die Auswirkungen der Lautverschiebung kann folgender Vergleich der mittelniederdeutschen Sprache und der mittelhochdeutschen Sprache dienen (Sachsenspiegel (1220) und Deutschenspiegel (1274)

Sachsenspiegel                                            Deutschenspiegel 


De man is ok vormunde sines wives,                         Der man ist auch vormunt sînes wîbes
to hant alse se eme getruwet is.                           zehant als si im getriuwet ist.
Dat wif is ok des mannes notinne                           Daz wîp ist auch des mannes genozinne
to hant alse se in sin bedde trit,                         zehant als si an sîn bette trit nach des mannes rehte. 
na des mannes dode is se ledich van des mannes rechte.  

Die hochdeutschen Sprachen (Dialekte) haben die 2. Lautverschiebung komplett mitgemacht, die niederdeutschen Sprachen (Plattdeutsch und Niederländisch) nicht oder nur zum Teil. Im Zuge der 2. Lautverschiebung traten auch grammatikalische Unterschiede auf, z.B. der vermehrte Gebrauch des Präfixes (ge-), u.a. für die Bildung des Partizips Perfekt.

pd. slaapt, engl. slept -> geschlafen

Im oberdeutschen Sprachraum wurde der Anlaut k teilweise zu ch verschoben, insbesondere in den alemannischen Dialekten und im Mittelhochdeutschen, später fand eine Rückverschiebung zum hochdeutschen Lautstand statt, die die alemannischen Dialekte nur teilweise mitmachten:

k -> ch kind -> chind, Konig -> chuni(n)g
ch -> k (chuni(n)g = König , Chur = Kur,

Bei genauerer Betrachtung haben die fränkischen Sprachen (Dialekte) bereits eine dritte Lautverschiebung hinter sich, in der wieder Konsonanten innerhalb der oben genannten Gruppen ausgetauscht wurden:

hochdeutsch Jagd wird zu fränkisch Jacht
hochdeutsch aber wird zu fränkisch awwer