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Deutschland (Schiff, 1933)

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Datei:Panzerschiff deutschland.jpg
Panzerschiff Deutschland (1935), die spätere Lützow

Das Panzerschiff Deutschland - es wurde im November 1939 zum Schweren Kreuzer umklassifiziert und in Lützow umbenannt - war ein Kriegsschiff der deutschen Kriegsmarine. Es lief 1931 bei den Deutschen Werken in Kiel vom Stapel und wurde zwei Jahre später in Dienst gestellt. In der kaiserlichen Marine gab es einen Schlachtkreuzer mit dem Namen SMS Lützow. Die Benennung geht auf den preußischen General Adolf Freiherr von Lützow zurück.

Dieses Schiff darf nicht verwechselt werden mit dem letzten Schiff der Admiral Hipper-Klasse. Jener Schwere Kreuzer Lützow wurde an die Sowjetunion abgegeben und der vakant gewordene Name auf das vorherige Panzerschiff Deutschland übertragen.

Geschichte

Die Anfangszeit

Bereits vor seiner Indienststellung sorgte das Schiff fur Kurioses: Beim Stapellauf machte es sich (wegen eines gebrochenen Haltetaus) selbständig. Es ließ sich selbst vom Stapel, was allgemeine Heiterkeit unter den zahlreich erschienenen Gästen auslöste! Nach der Indienststellung begann das Panzerschiff Deutschland mit der Ausbildung des Marinenachwuchses. Das Schiff unternahm mehrere Auslandsreisen.

Spanischer Bürgerkrieg

Als 1936 in Spanien der Bürgerkrieg ausbrach, lief die Deutschland zum Schutz der dort ansässigen Deutschen und zur Seeraumkontrolle in spanische Gewässer. Beim vierten Spanieneinsatz wurde sie am 29. Mai 1937, auf der Reede von Ibiza, von republikanischen Flugzeugen angegriffen. Zwei Bomben trafen das Schiff und forderten 31 Tote sowie 75 Verwundete.

Zweiter Weltkrieg

Kurz vor dem zweiten Weltkrieg wurde die Deutschland in den Nordatlantik gesandt, um bei Kriegsausbruch den Handelskrieg zu beginnen (26. September 1939). Hierbei konnte sie ein Schiff versenken und ein weiteres aufbringen. Am 15. November kehrte das Panzerschiff für Umbauarbeiten nach Kiel zurück, nach denen sie den neuen Namen Lützow erhielt und zum Schweren Kreuzer umklassifiziert wurde.

Im April 1940 nahm der nunmehrige Schwere Kreuzer Lützow an der Besetzung Norwegens teil, wo er der Gruppe 5 (Oslo) zugeteilt war. Nachdem der Schwere Kreuzer Blücher in der Drøbak-Enge versenkt wurde, beschloss Kapitän z.S. Thiele, die Gebirgsjäger weiter südlich in Sonsbukten auszuschiffen. Erst als die Landbatterien ausgeschaltet waren liefen auch die Lützow und die übrigen Schiffe der Gruppe 5 Oslo an.

Auf dem Rückmarsch nach Kiel wurde die Lützow beim Kap Skagen von dem britischen U-Boot HMS Spearfish torpediert. Hierbei knickte das gesamte Heck weg. Die Propellerwellen und das Ruder wurden zerstört, so dass der Kreuzer antriebslos und manöverierunfähig trieb. Schiff und Mannschaft hatten aber Glück: Der Torpedo war der Äusserste eines Fächers, der gerade noch eben das Heck getroffen hatte. Der Kommandant des U-Boots hatte die Lützow seine letzten vier Torpedos auf das Ziel abgefeuert und konnte keinen weiteren Angriff mehr fahren. Mit Hilfe von herbeigerufenen Schlepp- und Sicherungsschiffen konnte die schwer beschädigte Lützow zurück nach Kiel geschleppt werden.

Im weiteren Verlauf des Krieges nahm sie unter anderem am Unternehmen Regenbogen teil, das zu der Schlacht in der Barentssee führte. Im September 1943 verlegte die Lützow zurück nach Deutschland. Von Oktober 1943 bis März 1944 lag der Kreuzer in Libau in der Werft. Anschließend diente er als Schulschiff und führte, zur Unterstützung des zurückweichenden Heeres, in der Ostsee Landbeschießungen durch. Am 16. April 1945 wurde sie bei Swinemünde von englischen Bombern mit Tallboy-Bomben (5,4 t) angegriffen. Ein Nahtreffer verursachte auf Höhe der Wasserlinie einen ca. 20 m langen Riss. Die Lützow sank mit Schlagseite und kippte gegen die Uferböschung. Das Schiff entging bei diesem Angriff nur knapp einer völligen Vernichtung: eine 500 kg-Bombe schlug genau in den Bereich der Munitionskammer des vorderen Geschützturms ein, aber der Zünder versagte. Eine weitere 500 kg-Bombe traf das Vorschiff. Die Flak des Kreuzers konnte einen der angreifenden Lancaster-Bomber abschießen und mehrere beschädigen.

Das Ende des Schiffes

Nach dem Abdichten der Aussenhaut, Auspumpen der vollgelaufenen Bereiche und der provisorischen Reparatur eines der E-Werke, waren der hintere 28 cm Turm sowie Teile der mittleren Artillerie und Flak weiterhin einsatzbereit. Den sowjetischen Panzerverbänden, welche am nächsten Tag Stettin angriffen, konnten mit der schweren Artillerie so verheerende Verluste zugefügt werden, dass man auf russischer Seite an einen Einsatz der "Vergeltungswaffe" V1 glaubte. Am 4. Mai 1945 wurde die Lützow schließlich aufgegeben und zur Selbstversenkung vorbereitet. Die beiden 28cm-Drillingstürme hatte man bereits am Tage mit Treibladungskartuschen regelrecht vollgestopft und zerstört. Der Rumpf wurde mit der übrigen Artilleriemunition und (zur Zerstörung der Aussenhaut) mit den entschärften britischen Luftminen gespickt.

In der Nacht vor der Sprengung fiel die einzige noch intakte Lenzpumpe aus. Das auf dem schnell steigenden Wasserspiegel schwimmende Öl aus zerstörten Bunkern entzündete sich (vermutlich an der heißgelaufenen Lenzpumpe) und führte rasch zu einem Großbrand. Da damit gleichzeitig das einzige noch funktionsfähige E-Werk zerstört wurde (und sich die Mannschaft bis auf den Sprengoffizier, Leutnant zur See Lipps, in den nahen Wald geflüchtet hatte), war es unmöglich, das Feuer zu bekämpfen. Leutnant zur See Lipps schlief in seiner Kajüte, weil die Sprengung erst am Morgen erfolgen sollte. Er schaffte es, leicht verletzt, das Schiff gerade noch rechtzeitig zu verlassen, bevor die in seiner Kajüte aufbewahrten Zünder der Luftminen in der Hitze explodierten. Bei diesem Brand explodierten fast alle anderen Sprengladungen, wodurch das Schiff zerstört wurde.

Nach dem Krieg wurde die Lützow von der Sowjetunion gehoben und als Zielschiff genutzt. 1949 ist sie als solches gesunken.

Politische Auswirkungen

Innenpolitische Widerstände

Die Schiffe der Deutschland-Klasse wurden gebaut, um trotz der Bestimmungen des Versailler Vertrags bezüglich des Kriegschiffbaus, Großkampfschiffe zu haben. Der Bau war mehr ein Prestigeprojekt als militärisch sinnvoll. Am 30. März 1928 wurde im Reichstag gegen die Stimmen von SPD und KPD die erste Rate für den Bau in Höhe von 9,3 Millionen Reichsmark beschlossen. Der Bau wurde auf Grund der hohen Kosten 1928 im Wahlkampf für den Reichstag von der SPD stark kritisiert. Nach der Wahl stimmten die Kabinettsmitglieder der SPD dennoch dem Bau zu. Die Reichstagsfraktion und zugehörigen Kabinettsmitglieder stimmten jedoch in einer Reichstagsabstimmung am 16. November gegen den Bau. Durch dieses Vorgehen verlor die SPD an Glaubwürdigkeit und ihr wurde Heuchelei vorgeworfen. Die KPD startete ein Volksbegehren gegen den Bau. Dieses scheiterte, da sich nur 1,2 Millionen Bürger gegen den Bau aussprachen.

Aussenpolitsche Wirkung

Die Briten nannten diese Schiffe Pocket Battleships (Westentaschen-Schlachtschiffe). Als Reaktion auf die Panzerschiffe baute Frankreich 2 Schlachtkreuzer der Dunkerque-Klasse und es kam zu einer Welle von Schlachtschiffbauten.

Baudaten

Technische Daten nach Umbau 1940/41

  • Wasserverdrängung (Standard): 12.100 t
  • Wasserverdrängung (maximal): 15.900 t
  • Länge: 181,7 m (Wasserlinie) / 186 m (über alles, später 187,9 m)
  • Breite: 20,69 m
  • Tiefgang: 7,25 m
  • Maschinen: 8 MAN 9-Zylinder Dieselmotoren mit insgesamt 48.390 PS
  • Geschwindigkeit: 28 kn (52 km/h)
  • Treibstoffvorrat: 2750 t
  • Fahrbereich:
    • 10.000 sm bei 20 kn
    • 16.600 sm bei 14 kn
    • 17.400 sm bei 13 kn
  • Panzerung
    • Deck: 30-45 mm
  • Gürtelpanzer:
    • unterer Bereich: 50 mm
    • oberer Bereich: 80 mm
  • Panzerquerschotts: 60 mm
  • Torpedoschotts: 30 mm
    • Aufbauten: bis zu 99 mm
    • Vorderer Kommandostand:
      • Decke: 50 mm
      • Seiten: 150 mm
    • 28 cm Geschütztürme
      • Stirnwände: 140 mm
      • Turmdecken: 90-105 mm
      • Rückwände: 170 mm
      • Seiten: 75-85 mm
    • 15 cm Türme: Dicke der Schutzschilde 10 mm
  • Bewaffnung
    • 6 Geschütze 28 cm L/52 C/28 in zwei Drillingstürmen
      • Turmgewicht: 590 t
      • Rohrgewicht: 48,2 t
      • Geschossgewicht (APC, HE): 300 kg
      • Geschosslänge
        • APC: 104,7 cm
        • HE: 118,8 cm
      • Feuerrate: 2,5 Schuss pro Rohr/Min
      • Mündungsgeschwindigkeit: 910 Meter/Sekunde
      • Reichweite bei 40° (APC): 36.475 m
      • Lebensdauer: ca. 340 Schuss
      • Munitionsvorrat pro Rohr: variierte zwischen 105-120 Schuss
    • 8 Geschütze 15 cm L/55 C/28 in Einzellafetten
      • Turmgewicht: 24,83 t
      • Rohrgewicht: 9,08 t
      • Geschossgewicht (APC, HE): 45,3 kg
      • Geschosslänge
        • APC: 55.5 cm
        • HE m. Kopfzünder: 65.5 cm
        • HE m. Bodenzünder: 67.9 cm
        • Lebensdauer: ca. 1100 Schuss
      • Feuerrate: 6-8 Schuss/Min
      • Mündungsgeschwindigkeit: 875 Meter/Sekunde
      • Reichweite bei 35° (HE): 22.000 m
    • 3 Geschütze 8,8 cm L/78 C/31 (1934/35 auf 6 Geschütze aufgestockt)
      • beim Umbau durch 6 10,5 cm L/65 C/33 Kanonen ersetzt
        • Gewicht eines Rohrs: 4.56 t
        • Feuerrate: 15-18 Schuss/Minute
        • Lebensdauer: ca. 2950 Schuss
        • Mündungsgeschwindigkeit (HE): 900 Meter/Sekunde
        • Reichweite:
          • bei 45° (HE): 17.700 m
          • bei 85° (HE): 12.500 m
    • 8 MK 3,7 cm L/83 C/30
      • Turmgewicht: 3,67 t
      • Rohrgewicht: 243 kg
      • Mündungsgeschwindigkeit: 1000 Meter/Sekunde
      • Reichweite: bei 45° 8500 m / bei 85° 6800 m
      • Lebensdauer: 7500 Schuss
      • Munitionsvorrat: 6000 Schuss pro Rohr
      • Feuerrate: 30 Schuss/Minute
    • 10 2 cm L/65 Flak MK
    • 8 53,3 cm Torpedorohre in 2 Vierlingsgruppen auf dem Deck
    • 2 Wasserflugzeuge (1 Katapult)
  • Besatzung: bis zu 1100 Mann
  • Baukosten: rund 80 Millionen Reichsmark

Kommandanten

  • Kapitän zur See Hermann v. Fischel: April 1933 - September 1935
  • Kapitän zur See Paul Fanger: September 1935 - September 1937
  • Kapitän zur See Paul Werner Wenneker: Oktober 1937 - November 1939
  • Kapitän zur See August Thiele: Dezember 1939 - April 1940
  • Korvettenkapitän Weber: April 1940 - Juni 1940
  • Kapitänleutnant Heller: Juni 1940 - August 1940
  • kein Kommandant (ab 8. August 1940 außer Dienst gestellt bis 30. März 1941)
  • Kapitän zur See Leo Kreisch: 31. März 1941 - Juli 1941
  • Kapitän zur See Rudolf Stange: Juli 1941 - November 1943
  • Kapitän zur See Leo Kreisch: September 1941 - Januar 1942
  • Fregattenkapitän Bieserfeld: November 1943 - Dezember 1943
  • Kapitän zur See Bodo-Heinrich Knoke: Januar 1944 - April 1945
  • Fregattenkapitän Ernst Lange: April 1945 - Mai 1945

Schwesterschiffe

Die Klasse bestand aus 3 Einheiten. Die Schwesterschiffe des Panzerschiff A: Panzerschiff Deutschland (später: Schwerer Kreuzer Lützow) waren:

Literatur

  • Gerhard Koop & Klaus-Peter Schmolke: Die Panzerschiffe der Deutschland-Klasse, Bernard & Graefe Verlag, ISBN 3-76375-919-0
  • Hans G. Prager: Panzerschiff Deutschland, Schwerer Kreuzer Lützow, Koehlers Verlagsgesellschaft, ISBN 3-78220-798-X
Commons: DKM Deutschland – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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