Echtes Johanniskraut
Pflanze
Das Johanniskraut (Hypericum perforatum L.) ist eine krautige Pflanze aus der Familie der Johanniskrautgewächse (Unterart der Hypericaceae). Es hat 5-zählige gelbe Blüten und wächst in ganz Europa. Häufig an Wegesrändern und trockenen sonnigen Standorten zu finden. Betrachtet man die länglich ovalen Blätter gegen das Licht so erkennt man durchscheinende, mit einer hellen Flüssigkeit aus ätherischem Öl und Harzen gefüllte Sekretbehälter, die das Blatt perforiert erscheinen lassen. Daher auch die Bezeichnung "perforatum".
Inhaltsstoffe
Die officinelle Droge enthält mindestens 0,08% Gesamt-Hypericine (PhEur 4.05/1438) welche in den Exkretblättern der Blüten lokalisiert sind. Durchschnittlich zwischen 0,1-0,3 Hypericin, Pseudohypericin und ähnliche Substanzen sowie 0,5-1% Flavonoide und Bioflavone. Auch das antibiotisch wirksame Hyperforin ist nachweisbar.
Für die Produktion der verschiedenen Präparate auf Johanniskrautbasis werden speziell selektierte Sorten unter Feldbedingungen angebaut.
Geschützte Sorten sind derzeit (Stand: 26. April 2004 (1)):
- Anthos, Hyperixtrakt, Motiv, Uperikon, Hyperimed, Hyperiflor,Vitan, Hyperipharm und Hyperisol
Verwendung
Bereits in der Antike wurde Johanniskraut als Heilpflanze verwendet. Heute wird es als pflanzliches Arzneimittel wegen seiner leicht stimmungsaufhellenden Wirkungen zur Behandlung von leichten bis mittleren depressiven Verstimmungen oder nervöser Unruhe eingesetzt. Als Hauptwirkstoff des Johanniskrauts gilt hierbei Hyperforin. Standardisierter Johanniskrautextrakt erhöht durch eine Wiederaufnahmehemmung der Neurotransmitter Serotonin und Noradrenalin deren Konzentration an den Synapsen. Ebenfalls steigt auch die Konzentration von gamma-Aminobuttersäure GABA, Dopamin und L-Glutamat an. In der Folge vermindert sich die Anzahl der (noradrenergen) ß-Rezeptoren sowie erhöht sich die 5-HT2 (5-Hydroxytryptamin = Serotonin) Rezeptorendichte.
Volksmedizinisch wird Johanniskraut als Tee und Tinktur auch bei Menstruationsbeschwerden und Pubertätsbedingter Verstimmungen verwendet.
Das Rotöl wird als Einreibemittel bei Hexenschuss, Gicht, Rheuma, zur Schmerzlinderung und Wundheilung nach Verrenkungen und Verstauchungen, bei Blutergüssen und Gürtelrose verwendet, kann aber auch innerlich angewandt werden.
Nebenwirkungen
Da Hypericin die Emfindlichkeit gegenüber UV-Licht erhöht (Photosensiblilisierung) ist intensive Sonnebestrahlung oder Solarium, insbesondere bei hellhäutigen Personen zu meiden. Bei bekannter Lichtempfindlichkeit ist Johanniskraut zu meiden. Selten kann es zu allergischen Hautreaktionen, Müdigkeit/ Unruhe oder gastrointestinalen Beschwerden kommen. Auch bei Kühen kommt es immer wieder zu Problemen, wenn sie zu viel Johanniskraut fressen.
Wechselwirkungen
Ende der 1990er Jahre wurde festgestellt, dass Johanniskraut bestimmte Enzyme, die für den Abbau von Arzneistoffen verantwortlich sind, induziert, was zu einem verstärkten Abbau des Arzneistoffes führt. Betroffen sind neben Herzglykosiden und Gerinnungshemmern auch verschiedene Antibabypillen. Deshalb wurde das bisher frei erhältliche Johanniskraut 2003 der Apothekenpflicht unterstellt. Ausgenommen von der Apothekenpflicht sind Zubereitungen, die in einer Tagesdosis bis zu 1 g Drogenäquivalent und bis zu 1 mg Hyperforin enthalten, Tee und zur äußeren Anwendung bestimmter Frischpflanzensaft oder ölige Zubereitungen (Rotöl).
Zubereitung
- Teebereitung: 1-2 Teelöffel mit etwa 150 ml siedendem Wasser übergießen, etwa zehn Minuten ziehen lassen und nach zehn Minuten durch ein Teesieb geben. Morgens und abends eine Tasse frischen Tee trinken. Für eine ausreichende Wirksamkeit ist eine Anwendung mindestens über mehrere Wochen erforderlich. (Standardzulassungen für Fertigarzneimittel, Stand Juli 2003)
- Alkoholischer Auszug (Tinktur #1): Das trockene Kraut wird mit dem fünffachen Gewicht 70%igen Alkohols übergossen und ca. 10 Tage stehen gelassen. Nach dem Abpressen ist die Tinktur gebrauchsfertig; Dosierung ca. 1 Teelöffel täglich. (Tinktur #2): Das zerquetschte Kraut mit dem doppelten Gewicht an 70%igem Alkohol übergießen und nach einigen Tagen auspressen. Nach Absetzen der Schwebstoffe wird das Klare genutzt; Dosierung ca. 1 Teelöffel täglich.
- Rotöl (Öl als Lösungsmittel): Ca. 25 Gramm frische, gerade geöffnete Blüten werden zerquetscht oder zerrieben, es werden ca. 500g Speiseöl (Olivenöl) zugesetzt, und alles zusammen in eine Flasche aus weißem, durchsichtigem Glas mit weitem Hals gefüllt. Die Flasche wird unverschlossen an einen warmen Ort gestellt und die Mischung unter gelegentlichem Umrühren der Gärung überlassen. Nach Ende des Gärprozesses, also nach 4 bis 10 Tagen, wird die Flasche verschlossen und dem Sonnenlicht so lange ausgesetzt, bis der Inhalt die typisch leuchtend rote Farbe erhält. Danach wird die Flüssigkeit (am besten in einen Scheidetrichter) abgepresst und die wässrige von der öligen Phase getrennt. Die Ölphase wird in gut schließenden Flaschen aufbewahrt und ist gebrauchsfertig; Dosierung als Einreibemittel nach Bedarf.
siehe Johanniskrautgewächse und Heilpflanzen