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Griechisches Feuer

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Griechisches Feuer in der einzigen bekannten zeitgenössischen Darstellung (12. Jh.)

Das Griechische Feuer (heutiges Griechisch Υγρό Πυρ, igró pir – das nasse oder flüssige Feuer) war eine Geheimwaffe des byzantinischen Reiches, die Zusammensetzung wurde streng geheim gehalten, und heute noch sind verschiedene Versionen überliefert. Richtig übersetzt bedeutet der griechische Name Hygrón Pyr „flüssiges Feuer“ und wurde auch als „Seefeuer“ oder „römisches Feuer“ bezeichnet. Man kann durchaus von einem Vorläufer des Napalms sprechen.

Erfindung

Das Griechische Feuer wurde nach Ausweis der Quellen im Jahre 671 nach Christus vom griechischen Alchimisten Kallinikos (griechisch Καλλίνικος) aus Heliopolis (heutiger Libanon) erfunden. Da die Byzantiner bzw. Oströmer von ihren Nachbarn aufgrund ihrer Sprache oft als Griechen bezeichnet wurden, kam die neue Waffe auf diese Weise zu ihrem Namen.

Zusammensetzung

Das Griechische Feuer war eine brennbare Substanz, die versprüht werden konnte und sowohl an Land als auch auf See sehr wirkungsvoll war. Sie wurde im Seekrieg zwischen Byzanz und den Muslimen von den Dromonen, den byzantinischen Kriegsschiffen, eingesetzt. Der Grund für die Wirksamkeit des Griechischen Feuers war, dass es unter fast allen Bedingungen weiterbrannte – es war nicht mit Wasser zu löschen. Feindliche Schiffe vermieden es deshalb, sich der byzantinischen Flotte zu nähern, um nicht in die Reichweite des Feuers zu gelangen.

  • Nach Diels (siehe Literatur) bestand es aus Kolophonium, Schwefel und Salpeter. Die Herstellung verlief demnach so: 1 Teil Kolophonium, 1 Teil Schwefel, 6 Teile Salpeter, fein gepulvert aufzulösen in Lein- oder Lorbeeröl, dann in ein Rohr oder einen ausgehöhlten Holzschaft legen und anzünden.
  • Nach Feldhaus (siehe Literatur) bestand es aus Schwefel, Salpeter, Harz, Asphalt, gebranntem Kalk und Donnerstein.
  • Nach Eickhoff (siehe Literatur) bestand der Grundstoff aus Salpeter, Bitumen und Harzmischungen. Das Bitumen sorgte für die Haftung am gegnerischen Schiffskörper.
  • Möglicherweise bestand es auch aus durch Harz eingedicktem Rohöl, welches im byzantinischen Reich in der Nähe des Schwarzen Meeres offen zutage trat.
  • Nach Gartz enthielt die Mischung wegen der extremen Brennbarkeit und Dünnflüssigkeit ein benzinähnliches Destillat, das in der Mischung nach Feldhaus das Asphalt ersetzt. Der Gehalt an Salpeter ist dabei nicht zweifelsfrei geklärt. Nach den überlieferten Berichten wurde es in großen Kochkesseln zubereitet (was freilich nicht ganz ohne Gefahr für die Besatzung war) und mittels einer Spritzpumpe versprüht.

Anwendung

Der erste überlieferte Einsatz erfolgte um 674 anlässlich der Verteidigung von Konstantinopel während einer mehrjährigen Belagerung der Stadt durch die Araber. Die neue Waffe trug offenbar entscheidend dazu bei, dass sich Byzanz gegen die Angreifer halten konnte – trifft dies zu, so hatte sie einen wichtigen Einfluss auf den Verlauf der Weltgeschichte, da Konstantinopel auf diese Weise noch über Jahrhunderte als Sperrriegel das Vordringen der Moslems nach Europa verhindern konnte. Das Feuer entwickelte sich schnell zu einer der gefürchtetsten Waffen der mittelalterlichen Welt. Oft reichte schon der Anblick einer Spritze, um den Feind in die Flucht zu schlagen. Die Anwendung konnte aber unter Umständen auch eigene Schiffe in Brand setzen. Griechisches Feuer war in großem Maße für die jahrhundertelange Seeherrschaft der byzantinischen Flotte im östlichen Mittelmeerraum verantwortlich; es sicherte die Unabhängigkeit des Reiches noch, als dieses wegen der abnehmenden Bevölkerung und Fläche bereits keine schlagkräftigen Landstreitkräfte mehr aufstellen konnte. Irgendwann nach dem 12. Jahrhundert scheint die Erfindung dann in Vergessenheit geraten zu sein. Berichte aus England aus dem 13. und 14. Jahrhundert erwähnen die gelegentliche Anwendung des „wild fire“ (wildes Feuer),das wahrscheinlich ein analoges Gemisch war. Neben der obigen Darstellung der Anwendung im Seekrieg gibt es noch ein weiteres Bild, das die Abwehr der Schiffe des Fürsten Igor vor Konstantinopel im 10. Jahrhundert durch die Anwendung des „flüssigen Feuers“ zeigt.

Literatur

  • Diels: Antike Technik, 1914, S. 97.
  • Franz Feldhaus: Die Technik. Heinz Moos Verlag. Neudruck 1970 (Ausgabe von 1914).
  • Ekkehard Eickhoff: Seekrieg und Seepolitik zwischen Islam und Abendland. De Gruyter Verlag. 1966.
  • Jochen Gartz:"Kulturgeschichte der Explosivstoffe" .E.S.Mittler &Sohn.Hamburg.2006.