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Johann Daniel Major

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Johann Daniel Major (1634-1693) war ein bedeutender deutscher Universalgelehrter der frühen Neuzeit.

Major stammte aus Breslau und war ein Schützling des berühmten barocken Dichters Christian Hofmann von Hofmannswaldau, er studierte zunächst in Wittenberg und Leipzig Medizin und Physik, betrieb daneben kunshistorische Studien und ging dann nach Padua, wo er zum Doktor der Medizin promoviert wurde. Nach Stationen in Wittenberg und Hamburg, wo er als Pestarzt praktizierte und sich einen Namen machte, wurde Major 1665 mit 31 Jahren an die neugegründete Christian-Albrechts-Universität Kiel berufen, um dort Medizin und Botanik zu lehren.

Major erregte rasch Aufsehen, weil er erstmals in Norddeutschland öffentliche Sektionen (an hingerichteten Verbrechern) vornahm, zudem sorgte er für die Einrichtung eines Hortus medicus, der sich an dem Garten der Universität Padua orientiert haben dürfte und zur Keimzelle des ältesten Botanischen Gartens nördlich der Alpen werden sollte. Daneben war Major auch als Literat tätig, so verfasste er 1670 eine bemerkenswerte, heute aber vergessene Utopie namens See-Farth nach der Neuen Welt ohne Schiff und Segel, in der er das Reich Cosmophorum, das ideale Land der freien Wissenschaften, beschrieb. Major vertrat die Ansicht, ein guter Gelehrter müsse sich in allen Wissenschaften auskennen; so arbeitete er an Skizzen für Fluggeräte und widmete sich als Polyhistor zudem bald mit Eifer der Archäologie und baute in Kiel das öffentliche Museum Cimbricum auf (Gedenkmünze zur Eröffnung 1688). Seine Schriften über die Ordnungsprinzipien von Sammlungen machten Major zum Begründer der Museologie.

Ein Jahrhundert, bevor diese Forschungsrichtung im engeren Sinne begründet werden sollte, öffnete der Kieler Professor mit Hilfe von Studenten und von Bauern, die der Herzog zu diesem Zweck abkommandieren ließ, mehrere prähistorische Grabhügel und entwickelte in seinem Werk Bevölckertes Cimbrien (1692) die - damals - aufsehenerregende Theorie, die Ureinwohner der kimbrischen Halbinsel stammten von Noachs Enkel Gomar ab und seien bald nach dem Turmbau zu Babel über Rußland und Schweden nach Jütland gelangt. Zwar hatte man schon vorher geglaubt, die Jüten und Kimbern auf Gomar zurückführen zu können, doch Major widersprach der vorherrschenden Ansicht, die "Ureinwohner" Schleswigs und Holsteins seien über die Ostsee gekommen, und sprach sich mit durchaus "modern" anmutenden Argumenten für den Landweg aus.

Major war entschlossen, diese Hypothese durch Ausgrabungen zu bestätigen, und reiste daher 1693 über Dänemark nach Schweden; er gilt damit als einer der frühesten Forschungsreisenden im neuzeitlichen Sinne. Doch er kam nicht weit; in Stockholm bat man den berühmten Arzt und Gelehrten, die tödlich erkrankte Königin Ulrike Eleonora zu heilen. Major konnte der Sterbenden nicht helfen; schlimmer noch: Er infizierte sich selbst und starb nur eine Woche später. Sein Leichnam sollte nach Kiel überführt und dann wie die Überreste der übrigen Kieler Professoren in der Bordesholmer Klosterkirche bestattet werden, doch das Schiff sank, und Major fand sein Grab in der Ostsee. Sein Name, der im 17. und 18. Jahrhundert weithin bekannt war, ist heute fast vergessen, dennoch verdankt ihm die neuzeitliche Geistesgeschichte viele wichtige Anregungen.

Literatur

  • Frank, Horst Joachim: Literatur in Schleswig-Holstein. Von den Anfängen bis 1700. Band I, Neumünster 1995, S.558-563.