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Voith-Schneider-Antrieb

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Voith Schneider Propeller
Voith Schneider Propeller

Der Voith Schneider® Propeller (VSP) ist ein Schiffsantrieb, bei dem der Schub in der Größe und Richtung beliebig eingestellt werden kann, ohne dass die Drehzahl verändert wird. Die Steuerung erfolgt durch Einstellung der Steigung für die Richtung voraus – zurück (Fahrt) und durch die Einstellung quer zum Schiff (Ruder). Diese Art der Steuerung verleiht dem Schiff höchste Manövrierfähigkeit und erlaubt eine sehr feine Dosierung des Schubes und extrem schnellen Wechsel der Schubrichtung ohne Änderung der Drehzahl. Wird das Schiff mit 2 oder mehr VSP ausgerüstet, kann sich das Schiff in jede Richtung bewegen, auch seitlich (traversieren).

Erfunden wurde der VSP von Ernst Schneider. Gebaut wird er seit 1926 von der Firma Voith.

Funktionsweise

Bild:propeller.jpg|Schematik eines Voith Schneiderpropeller Um eine senkrechte Achse sind in einem Rotor üblicherweise 4 bis 6 Flügelblätter kreisförmig angeordnet und ragen nach unten ins Wasser. Der Boden des Rotors bildet mit dem Schiffsrumpf eine ebene Fläche. Jeder der Flügel führt während der Drehung des Rotors eine schwingende Drehung aus, die durch ein Schubkurbelgetriebe (Kinematik) erzeugt wird. Der Bewegungsablauf folgt dem Normalenschnittgesetz. Die Senkrechten auf den Flügeln treffen sich während des Umlaufs in einem Schnittpunkt, dem Steuerpunkt. Dieser Steuerpunkt liegt beim VSP innerhalb des Flügelkreises und kann eine Exzentrizität bis zu 80% annehmen. Fällt die Lage des Steuerpunktes mit der Rotorachse zusammen, ist die Exzentrizität 0% und es wird kein Schub erzeugt. Die Drehzahl des Rotors ist in der Regel konstant, kann aber je nach Leistungsanforderung vermindert werden.

VSP-Antriebe werden bis ca. 3500 kW Leistungsaufnahme gebaut und weisen Flügelkreisdurchmesser bis 4,0 m auf. Die Flügellänge wird mit einer Länge von bis zu 82% des Flügelkreisdurchmessers ausgeführt. Der Antrieb erfolgt meist durch Dieselmotoren oder Elektromotoren bei See- und Binnenschiffen.

Vergleich

Beim „normalen“ Propeller oder einer „normalen“ Schiffsschraube ist die Antriebs- oder auch Propellerwelle je nach Schiffs- oder Bootstyp annähernd bis genau parallel zur Schiffs- oder Bootslängsrichtung und annhähernd bis genau horizontal angeordnet. Die Propellerblätter oder Schraubenflügelblätter sind radial am Propeller oder der Schiffsschraube angeordnet.

Nicht so beim Voith-Schneider-Antrieb. Dessen Drehachse ist je nach Boots- oder Schiffstyp annähernd oder exakt lotrecht unter dem Rumpf angeordnet. Und die 3 bis 10 Antriebsflügel sind entlang des Umfanges koaxial, also parallel zur Drehachse des Antriebes angeordnet und stechen je nach Bauweise beinahe bis genau senkrecht zur Wasserlinie nach unten in das Wasser.

Das koaxiale aber zueinander unterschiedlich starke Verstellen der Flügel, ermöglicht es, dass während der Drehbewegung des Voith-Schneider-Antriebes auf verschiedenen Seiten des Antriebes verschieden große und verschieden gerichtete Schubkräfte entstehen.

Dadurch ist es möglich, dass die Schubkraft zu 100% in jede Richtung ausgeübt werden kann und das mit einen Voith-Schneider-Antrieb ausgestattete Wasserfahrzeug sich in wirklich jeder Bewegungsform in jede Richtung fortbewegen kann, was der Fachmann salop die „Fähigkeit zum Wasserballet“ nennt.

Der größte Nachteil des Voith-Schneider-Antriebes ist der Umstand, dass er den Tiefgang des Wasserfahrzeuges exorbitant vergrößert und immer die tiefste Stelle des gesammten Wasserfahrzeuges darstellt, was in flachen oder mit Untiefen Gewässern bei Unachtsamkeit automatisch immer auch zum Verlust des Antriebes führt.

Dem Vorzubeugen ist der inzwischen gerade auch bei Schleppern extrem verbreitete Voith-Schneider-Antrieb oft in einem Schutzkäfig untergebracht, was wiederum den Wirkungsgrad beeinträchtigt.

Bei Schleppern macht der Antrieb auch den größten Sinn, da Schlepper sich in jede Richtung bewegen können sollten und die Schiffe, die von Schleppern betreut bewegt werden zumeist wesentlich größere Tiefgänge aufweisen als die Schlepper selbst.

Denn dort, wo diese tiefgehenden Schiffe in Häfen hingeschoben und -gezogen werden müssen, kommen die Schlepper immer auch mit ihrem Antrieb klar.

Verwendung

Wegen seiner hervorragenden Eigenschaften zur Erhöhung der Manövrierbarkeit von Schiffen und seiner exzellenten Steuerbarkeit wird der VSP bei Schleppfahrzeugen, Doppelendfähren, Fahrgastschiffen, Tonnenlegern, Schwimmkränen und solchen Fahrzeugen eingesetzt, die hohe Manövrierfähigkeit benötigen oder das Schiff gegen Wind, Strömung und Wellen auf der Stelle halten können (dynamic positioning). Im Binnenschiffbau kommt der VSP auch beim Antrieb von Schubverbänden zur Anwendung. Besonderen Einsatz findet der Propeller bei Minensuchbooten. Schon während des 2. Weltkriegs waren Minensucher in der Capella-Klasse mit 2 VSP ausgerüstet.