Rat der Volksbeauftragten

Rat der Volksbeauftragten (ab 29. Dezember Eigenbezeichnung: Reichsregierung) hieß das Gremium, das zum Jahreswechsel 1918/19 die höchste Regierungsgewalt in Deutschland innehatte. Der Rat war ein revolutionäres Organ beim Übergang vom Kaiserreich zur Weimarer Republik im Verlauf der Novemberrevolution. Der Rat der Volksbeauftragten beaufsichtigte das eigentliche Regierungskabinett, das weiterhin im Amt war.
Der Rat wurde am 10. November 1918 von Mehrheitssozialdemokraten (MSPD) und Unabhängigen Sozialdemokraten (USPD) gebildet. Die Unabhängigen verließen das Gremium am 29. Dezember, weil sie Deutschland in Richtung eines Rätestaats verändern wollten. Dafür traten zwei Mehrheitssozialdemokraten hinzu.
Durchgehend Vorsitzender des Rates war Friedrich Ebert, der Chef der Mehrheitssozialdemokraten. Er setzte sich für baldige Wahlen zu einer verfassungsgebenden Nationalversammlung ein, um Deutschland eine demokratisch legitimierte Regierung zu geben. Eberts Kabinett bzw. der Rat beendete den Ersten Weltkrieg durch ein Waffenstillstandsabkommen und führte das Frauenwahlrecht und das Verhältniswahlsystem ein. Die Wahlen zur Nationalversammlung erfolgten am 19. Januar 1919. Mit dem Antritt des Kabinetts Scheidemann am 13. Februar war die Aufgabe des Rates der Volksbeauftragten erfüllt.
Zustandekommen
Vorbedingungen
Gegen Ende des Ersten Weltkriegs drohte in Berlin ein offener Aufstand. Reichskanzler Max von Baden entschied sich daher am 9. November 1918, die Abdankung des Kaisers zu verkünden. Außerdem übertrug er dem Chef der Mehrheitssozialdemokraten (MSPD), Friedrich Ebert, das Amt des Reichskanzlers. Dazu hatte Max gar nicht das Recht, da laut Verfassung nur der Kaiser den Kanzler ernennen konnte. Max lehnte es ab, als provisorisches Staatsoberhaupt (Reichsverweser) zu wirken, da es dafür schon zu spät sei. Noch am selben Tag kamen die Minister (Staatssekretäre) zusammen, unter dem Vorsitz von Ebert. Die alte Regierung (Reichsleitung) arbeitete also weiterhin. Reichstag und Bundesrat waren noch intakt, aber die Revolutionäre hatten kein Interesse daran, die alten Organe in Funktion zu halten, die zu echten Reformen nicht in der Lage gewesen waren.
Während die USPD eine Räterepublik nach russischem Vorbild errichten wollte, waren die Mehrheitssozialdemokraten strikt dagegen. Sie wurden von den abschreckenden Zuständen in Russland (Bürgerkrieg, Anarchie, Hungersnot) darin bestärkt, die Revolution in Deutschland schnell „in geordnete Bahnen zu lenken“, so Michael Kotulla.[1] Ebert veröffentlichte am 9. November einen Aufruf, den er als Reichskanzler unterzeichnete: Er sprach von einer neuen (tatsächlich noch gar nicht existierenden) Regierung, die die Geschäfte übernommen habe, um das Volk vor Bürgerkrieg und Hungersnot zu bewahren. Er beschwor die Gefahr der Anarchie, um die Unterstützung der Beamten zu erhalten.[2]
Für die MSPD war es dennoch wichtig, eine Koalition mit den Unabhängigen zu bilden, wie es Ebert schon Max gegenüber angekündigt hatte.[3] Gern hätte sie auch die linksliberale Fortschrittspartei hinzugenommen. Vor allem das Bündnis mit der USPD erschien der MSPD als überlebensnotwendig. Zwar hatte auch die USPD die Arbeitermassen in Berlin und anderswo nicht unter Kontrolle. Aber allein, ohne USPD, wäre die Position der MSPD kaum haltbar gewesen.[4]
In der USPD gab es den gemäßigten Flügel um Hugo Haase, der bis 1916/1917 noch der gemeinsamen sozialdemokratischen Reichstagsfraktion angehört hatte. Dieser Flügel hatte ebenfalls großes Interesse an einer Koalition, denn ansonsten wäre die Macht in den Großstädten wohl an den linken Flügel der USPD gefallen, um Lebedour, oder wahrscheinlicher an die Ultralinken unter Liebknecht. Da Haase sich am 9. November noch in Kiel aufhielt, kam es erst am 10. zum entscheidenden Gespräch von MSPD und USPD.[5]
Die beiden Parteien unterschieden sich vor allem in der Frage, ob Deutschland den parlamentarisch-demokratischen Weg gehen sollte, mit baldiger Wahl einer Nationalversammlung, oder eine sozialistische Räterepublik werden sollte. Den Vertretern der MSPD um Philipp Scheidemann gelang es, einen Kompromiss auszuhandeln, bei dem wesentliche Entscheidungen auf eine spätere Zeit verschoben wurden. Zwar sollten die Arbeiter- und Soldatenräte die „politische Gewalt“ erhalten und „alsbald“ zusammentreten, wie von der USPD und gerade den Ultralinken gefordert. Aber die MSPD hatte es erreicht, dass der konkrete Ausdruck „exekutive, legislative und jurisdiktionelle Macht“ vermieden wurde. Die MSPD musste es aber hinnehmen, dass die Nationalversammlung erst „nach einer Konsolidierung der durch die Revolution geschaffenen Zustände“ erörtert werden sollte.[6]
Bildung des Rates

Wie die USPD es akzeptiert hatte, blieben die „bürgerlichen Fachminister“ als „technische Gehilfen“ im Amt. Ihnen sollte aber jeweils ein MSPD- und ein USPD-Mann als „politische Unterstaatssekretäre“ beigeordnet werden. Ebert war zufrieden, dass die USPD zwei Gemäßigte und einen Ultralinken in das neue Gremium entsandten. Durch letzteren bestand die Aussicht, die radikalsten Elemente der Revolution miteinzubinden. Die USPD wollte das Gremium „Rat der Volkskommissare“ nennen, was dann in „Rat der Volksbeauftragten“ eingedeutscht wurde. Am späten Nachmittag des 10. November stand das neue „Kabinett“.[7]
Zunächst gehörten dem Rat Friedrich Ebert, Philipp Scheidemann und Otto Landsberg von der MSPD an, sowie Hugo Haase, Wilhelm Dittmann und Emil Barth von der USPD. Ebert und Haase wurden gleichberechtigte Vorsitzende. Ebert genoss aber bei den Ministern und Beamten besonderes Vertrauen, da er noch vom letzten kaiserlichen Reichskanzler „eingesetzt“ worden war. Zuweilen verwendete er den Kanzlertitel auch noch, was ihn gegenüber Haase hervorhob – auch gegenüber der Obersten Heeresleitung und der Öffentlichkeit. Diese Vorrangstellung kam Ebert laut Koalitionsvereinbarung gar nicht zu, betont Ernst Rudolf Huber. Sie war eher ein „stillschweigender Akt der Anerkennung, gleichsam ein permanentes Plebiszit des Vertrauens“.[8]
Entwicklung
Bezug zur Räte-Bewegung
Am 10. November 1918 ab 17 Uhr trafen sich dreitausend Delegierte von Arbeiter- und Soldatenräten im Zirkus Busch in Berlin. Sie waren noch am selben Tag gewählt worden; entgegen den Erwartungen der Unabhängigen schnitt die MSPD dank ihrer Mobilisierungskraft gut ab. Die MSPD und der rechte USPD-Flügel hatten schließlich die große Mehrheit. Die Versammlung bestätigte den Rat der Volksbeauftragten, der bereits am Nachmittag getagt hatte. Laut damaligen Berichten habe die Versammlung den Rat sogar „konstituiert“. Auch wenn man das anzweifelt, so hätte sich der Rat ohne die Akklamation durch die Versammlung kaum behaupten können.[9]

Außerdem setzte die Räteversammlung einen Vollzugsrat ein. Dieser Vollzugsrat sollte den Rat der Volksbeauftragten kontrollieren und bestand aus 14 Arbeiter- und 14-Soldatenvertretern. Die Arbeitervertreter gehörten hälftig beiden Parteien an, bei den Soldatenvertretern war die Situation unübersichtlicher. In der Praxis sah es allerdings so aus, dass der Rat der Volksbeauftragten über den Vollzugsausschuss die Räteorganisation kontrollierte, nicht umgekehrt. Denn die effektive Macht lag beim Rat der Volksbeauftragten, in dem die wichtigen Parteiführer saßen.[10]
„Die parteipolitische Parität im Vollzugsausschuß wie im Rat der Volksbeauftragten war ein deutliches Indiz dafür, daß in der Revolution nicht der ‚Rätestaat‘, sondern der Parteienstaat sich durchsetzte. Die Räteorganisation blieb ein bloßes Hilfsmittel für die Etablierung der Herrschaft der beiden sozialistischen Parteien […].“
In den kommenden Wochen und Monaten änderte sich an dieser Grundkonstellation nichts. Zur Enttäuschung der USPD und radikalerer Linker entwickelte die Räteorganisation sich nicht zum Organ, das den Weg in den Rätestaat und die Diktatur des Proletariats beschritt. So bestätigte auch der Rätekongress am 25. November die bisherige Linie und sprach sich der Erste Allgemeine Kongress der Arbeiter- und Soldatenräte Deutschlands (16.-21. Dezember) dafür aus, Deutschlands Zukunft durch eine Nationalversammlung bestimmen zu lassen. Ein Rätestaat mit ständiger Überwachung der Mandatsträger durch die Massen wäre illusorisch gewesen und in die Diktatur abgeglitten. Die Mehrheit der Arbeiter wünschte dies nicht, die Entscheidung zur Nationalversammlung war klassenübergreifend Konsens.[12]
Teile der USPD und der Spartakusbund, aus dem die Kommunistische Partei Deutschlands entstand, strebten daher einen Umsturz nach russischem Vorbild an. Daraus entwickelten sich Aufstände, die vom Rat der Volksbeauftragten mithilfe der bestehenden Truppen sowie Freikorps niedergeschlagen wurden (Weihnachtskämpfe, Januaraufstand). Die Linken warfen dem Rat vor, die Revolution zu verraten und die alten, antirevolutionären Mächte zu unterstützen. Daher traten die USPD-Mitglieder am 29. Dezember aus dem Rat der Volksbeauftragten aus.
Bezug zum bisherigen Staat

Heinrich August Winkler betont: „Ein gutes Maß an Demokratie“ sei schon vor dem 9. November erreicht worden, denn seit 1867/1871 gab es das allgemeine Reichstagswahlrecht für Männer, Deutschland wurde schon parlamentarisch regiert (seit dem 28. Oktober auch de jure). Das politische System des Obrigkeitsstaates sei im November 1918 zusammengebrochen, hinter dem nur noch eine Minderheit gestanden hatte. Allerdings widersetzten sich Monarchisten und die Heeresleitung dem Regimewandel, so dass die alten Staatsorgane nicht beibehalten werden konnten. Die unvollendete Revolution von oben führte zur Revolution von unten.[13]
Doch auch nach dem 9. November sei „längst nicht alles zusammengebrochen“: Die Verwaltung arbeitete weiterhin, Justiz und Bildungswesen wurden von der Revolution kaum berührt, die Oberste Heeresleitung wurde rasch Partner des Rates der Volksbeauftragten. Die örtlichen Arbeiter- und Soldatenräte wurden von der MSPD beherrscht und gaben der Verwaltung eine neue Legitimation.[14]
MSPD und USPD hatten im Reichstag keine absolute Mehrheit, die preußische Wahlrechtsreform ließ auf sich warten, und überhaupt musste man dem Volkszorn durch Reformen begegnen. Daneben hatten die beiden sozialistischen Parteien ihre eigenen Vorstellungen davon, wie Deutschland sich entwickeln sollte. Darum bildeten sie ein Bündnis für das Regieren außerhalb der bisherigen (Bismarckschen) Reichsverfassung.
Der Rat der Volksbeauftragten wies den Reichstag an, nicht wieder zusammenzutreten. Reichstagspräsident Fehrenbach (Zentrumspartei) machte dennoch Vorstöße und überlegte auch, ob der Reichstag an einem anderen Ort als Berlin arbeiten könne. Solche Gedanken waren nicht ganz wirkungslos, da sie den Rat unter Zeitdruck setzten. Außerdem verkündete der Rat, dass der bisherige Bundesrat nur noch seine administrativen Funktionen (also nicht mehr die legislativen Funktionen) ausüben solle.[15]
Damit war von den bisherigen Staatsorganen nur noch das Regierungskabinett in Amt und Würden; die Staatssekretäre waren formell keine Kollegialregierung, verhielten sich aber so. Mehrere Staatssekretäre wurden ausgetauscht. Paradoxerweise hatten die Staatssekräte, die zuvor Weisungen von einem Reichskanzler erhalten hatten, jetzt die eigenständige Leitung ihrer Ressorts inne. Kontrolliert wurde diese Regierung vom Rat der Volksbeauftragten, der die Rolle von Kaiser, Reichskanzler, Bundesrat und Reichstag ausübte. Der Rat arbeitete seit dem 12. November nach einer Geschäftsordnung. Sie schloss das eigenmächtige Eingreifen einzelner Ratsmitglieder in die Verwaltung aus. Der Rat konnte nur in seiner Gesamtheit den Staatssekretären Weisungen erteilen, und zwar nicht für Einzelfälle, sondern mehr im Sinne von Richtlinien.[16]
Trotz der weit verbreiteten Anerkennung in der Bevölkerung, bei den Beamten und auch durch die Räteorganisation übte der Rat eine Diktaturgewalt aus. Carl Schmitt unterschied zwischen zwei Formen der Diktatur: Eine „kommissarische Diktatur“ soll eine bestehende Verfassung schützen, notfalls, indem man zeitweise bzw. teilweise die Verfassung missachtete (wie im Ersten Weltkrieg). Der Rat der Volksbeauftragten war hingegen ein „souveräner Diktator“, die einen neuen Zustand herstellen will. Wie diese neue, bessere Verfassung aussehen sollte, darüber hatten USPD und MSPD allerdings auseinanderstrebende Vorstellungen.[17]
Tätigkeit des Rates
Es ist immer wieder darüber diskutiert worden, ob der Rat der Volksbeauftragten nicht mutiger hätte auftreten müssen, ob man die wichtige Übergangsphase nicht zu einer tiefgreifenderen Veränderung in Staat und Gesellschaft hätte nutzen müssen. Eine Zusammenarbeit mit Beamtenapparat und Militär war unumgänglich; beispielsweise eine Bodenreform wäre wohl nicht durchsetzbar gewesen. Dennoch hätte das Regime durchaus Truppen aufbauen sollen, die der Republik treu ergeben waren, und bereits mehr Reformen durchführen können. Die gemäßigte Linke um Ebert redete sich heraus, ihr fehle das nötige Fachwissen, um Beamte im großen Maße auszuwechseln. Der eigentliche Grund bestand darin, dass die MSPD sich nicht legitimiert sah zu einschneidenden Veränderungen.[18]
Der Rat hob den Belagerungszustand auf und setzte dadurch die Versammlungsfreiheit und andere Rechte wie die Arbeiterschutzbestimmungen wieder in Kraft. Er verbot, Zwang in religiösen Angelegenheiten auszuüben (etwa bzlg. der Teilnahme an Militärgottesdiensten), und amnestierte politische und militärische Straftaten. Mit dem Chef der Obersten Heeresleitung Groener verständigte sich Ebert bereits am 9. November (Bündnis Groener-Ebert); der Rat widersetzte sich Reformen im Militär wie auch nur die Aufhebung der Grußpflicht außer Dienst. Angekündigt wurden sozialpolitische Reformen wie die Einführung des Achtstundentages.
Am 10. November beschloss das Kabinett unter dem Vorsitz von Reichskanzler Ebert ein Waffenstillstandsabkommen. Es trat am Folgetag in Kraft; der mittlerweile gebildete Rat der Volksbeauftragten musste anschließend die zahlreichen Folgen bewältigen: die Übergabe Elsaß-Lothringens, die Räumung besetzter Gebiete sowie deutscher linksrheinischer Gebiete vom deutschen Militär, die Auslieferung von Kriegsgerät an die Feinde usw. Die deutschen Truppen mussten nach Deutschland zurückgeführt werden und ein Grenzschutz im Osten aufgestellt; dauerhaft besetzten deutsche Truppen große Teile des alten Russlands.
Der Rat erließ am 30. November eine Verordnung über die Wahlen zur Nationalversammlung. Demnach sollten alle Männer und Frauen wahlberechtigt sein, die mindestens 20 Jahre alt waren. Mit der Herabsetzung des Wahlalters und der Einführung des Frauenwahlrechts leitete der Rat die größte Wahlrechtsausbreitung der deutschen Wahlgeschichte ein. Außerdem vollzog die Verordnung den Übergang vom Mehrheits- zum Verhältniswahlsystem.
Am 19. Januar 1919 wurde die Weimarer Nationalversammlung in allgemeinen Wahlen gewählt. Diese nahm am 6. Februar ein Gesetz über die vorläufige Reichsgewalt an, eine Art vorläufige Verfassung. Dem Gesetz entsprechend wählte die Nationalversammlung am 11. Februar Ebert zum Reichspräsidenten, dieser wiederum setzte am 13. Februar die Regierung Scheidemann ein. Damit endete die Aufgabe des Rats der Volksbeauftragten, eine demokratisch legitimierte Regierung war an der Macht.
Mitglieder des Rates der Volksbeauftragten
Rat der Volksbeauftragten | ||||||
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Name | Amtsantritt | Amtsende (Grund) |
Partei | Ressort | ||
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Friedrich Ebert | 10. November 1918 | 11. Februar 1919 | SPD | Vorsitz; Inneres und Militärwesen | |
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Hugo Haase | 29. Dezember 1918 (Rücktritt) |
USPD | Äußeres, Kolonien und Justiz | ||
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Philipp Scheidemann | 11. Februar 1919 | SPD | Finanzen | ||
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Wilhelm Dittmann | 29. Dezember 1918 | USPD | Demobilisierung, Verkehr | ||
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Emil Barth | USPD | Sozialpolitik, Vermittlungsorgan zwischen Reichsrätekongress und dem Rat der Volksbeauftragten | |||
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Otto Landsberg | 11. Februar 1919 | SPD | Finanzen, Presse- und Nachrichtenwesen (seit 19. November) | ||
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Gustav Noske | 29. Dezember 1918 | SPD | Demobilisierung, Heer und Marine | ||
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Rudolf Wissell | SPD | Sozialpolitik |
Zusammensetzung des Kabinetts
Die Staatssekretäre blieben nach dem 9. November im Amt, obwohl sie ihren Rücktritt angeboten hatten. Am 14. November legte der Rat der Volksbeauftragten eine neue Kabinettsliste mit teils neuen, vor allem aber alten Staatssekretären vor. Einen Reichskanzler oder Vizekanzler gab es nicht.[19]
- Auswärtiges Amt, Kolonien: Wilhelm Solf bis 9. Dezember, Ulrich von Brockdorff-Rantzau ab 20. Dezember 1918[20] (beide parteilos)
- Inneres: Hugo Preuß (parteilos, ab 20. November DDP)
- Justiz: Paul von Krause (NLP)
- Marine: Ernst Karl August Klemens von Mann, seit 9. Januar interimistisch Maximilian Rogge (beide parteilos)
- Reichseisenbahnamt: Constantin Fritsch (parteilos)
- Wirtschaft: August Müller (SPD)
- Ernährung: Emanuel Wurm (USPD)
- Arbeit: Gustav Bauer (SPD)
- Post: Otto Rüdlin (parteilos)
- Schatz: Eugen Schiffer, (NLP, nach dem 20. November DDP)
- Leiter der Waffenstillstandsdelegation im Rang eines Staatssekretärs: Matthias Erzberger (Zentrum)
- Wirtschaftliche Demobilmachung (seit 12. November): Joseph Koeth (parteilos)
Außerdem gab es 1918/1919 parlamentarische Unterstaatssekretäre. Das waren Abgeordneter, die einem Reichsressort beigeordnet waren. Solche Politiker waren führende Mitglieder ihrer Reichstagsfraktion und kontrollierten die Staatssekretäre und Unterstaatssekretäre bzw. im preußischen Kriegsministerium den Minister. Diese Praxis gab es bereits während des Kabinetts Baden. Die fachliche Vorbildung und Bedeutung dieser Personen war sehr unterschiedlich.[21]
Vergleichbare Gremien in den Ländern
Auch im Freistaat Sachsen und im Freistaat Braunschweig hießen die ersten beiden nachrevolutionären Regierungen „Rat der Volksbeauftragten“. Der Rat im Freistaat Braunschweig amtierte vom 22. Februar bis 30. April 1919 (Kabinett Oerter I).
Der Rat in Sachsen regierte vom 15. November 1918 bis zum 14. März 1919:
- Kabinett Lipinski unter Richard Lipinski (USPD) (15. November 1918 – 16. Januar 1919)
- Kabinett Gradnauer I unter Georg Gradnauer (SPD) (vom 16. Januar 1919 bis 14. März 1919)
In Preußen hingegen, dem größten Gliedstaat, gab es eine solche Doppelung von Revolutionsrat und eigentlichem Kabinett nicht. Das preußische Revolutionskabinett löste die alte Staatsregierung am 12. November 1918 ab; es war zunächst paritätisch mit Politikern beider Parteien besetzt, ebenso wie der Rat der Volksbeauftragten auf Reichsebene.
Literatur
- Die Regierung der Volksbeauftragten 1918/19. Eingeleitet von Erich Matthias, bearbeitet von Susanne Miller. 2 Bände. Droste, Düsseldorf 1969 (Quellen zur Geschichte des Parlamentarismus und der politischen Parteien Reihe 1: Von der konstitutionellen Monarchie zur parlamentarischen Republik 6)
Weblinks
Belege
- ↑ Michael Kotulla: Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Alten Reich bis Weimar (1495–1934). Springer, Berlin 2008, S. 581.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 372.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 370.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 709.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 709–711.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 711 f.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 712 f.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 713.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 715–717.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 718.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 717.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 385/386.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 375–377.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 375.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 728–730.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 731 f.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 727 f.
- ↑ Heinrich August Winkler: Der lange Weg nach Westen. Deutsche Geschichte 1806–1933. Bonn 2002, S. 382–384.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 745.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 826.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band V: Weltkrieg, Revolution und Reichserneuerung: 1914–1919. W. Kohlhammer, Stuttgart [u. a.] 1978, S. 746 f.
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