Kreiselinstrument

Ein Kreiselinstrument (Gyroskop) besitzt als Hauptbauteil einen beweglich gelagerten Kreisel, mit dessen Hilfe es aufgrund der Drehimpulserhaltung versucht, seine Ausrichtung im Raum beizubehalten - auch wenn seine Aufhängung (um den Kreisel herum) gedreht wird. Um den Energieverlust des Kreisels durch Reibung zu kompensieren, wird der Kreisel durch einen eigenen Antrieb auf konstanter Geschwindigkeit gehalten.
Drehimpulserhaltung
In der Physik folgt aus den Gesetzen der Mechanik, dass die zeitliche Änderung (mathematisch wird eine Ableitung genutzt) des Drehimpulses eines unabhängigen Systems gleich null ist.
Das bedeutet, dass ein rotierender Festkörper, also ein Kreisel, seine Drehachse beibehält, solange keine äußeren Kräfte auf ihn wirken, deren resultierendes Moment eine Komponente orthogonal zur Drehachse erzeugt. Ein Spielzeugkreisel, der sich dreht, kippt also nicht um, wenn seine Drehachse (die Längsachse des Kreisels) bei Ingangsetzung der Drehung (exakt) senkrecht ist. Da die Schwerkraft dann kein Moment auf die Achse ausüben kann, bleibt der Kreisel aufrecht. Bedingt durch unvermeidliche Abweichungen der Drehachse von der Vertikalen und dem damit entstehenden Momenten der Schwerkraft orthogonal zu seiner Drehachse beginnt der Kreisel jedoch eine Präzessionsbewegung. Wenn die Drehung des Kreisels langsamer wird, weil äußere Reibungskräfte auf ihn einwirken, nimmt die Neigung der Achse ständig zu.
Eine aus dem Alltag bekannte technische Anwendung der Drehimpulserhaltung ist das Zweirad: Solange sich seine Räder drehen, kippt es nicht um, und je schneller sich die Räder drehen, desto stabiler ist diese aufrechte Lage, vgl. Gyroskopischer Effekt bei Zweirädern.
Technische Anwendungen

Weit verbreitet sind Kreiselinstrumente in der Luft- und Raumfahrt:
Ein in Flugzeugen verwendetes Kreiselinstrument wird als dynamischer künstlicher Horizont bezeichnet. Diese Instrumente zeigen eine Linie, die vor dem Start horizontal ausgerichtet wird. Während des Fluges hält das Kreiselinstrument diese Linie in der Horizontalen, selbst wenn das Flugzeug nach vorn, nach hinten oder zur Seite geneigt ist. Damit kann der Pilot die räumliche Lage seines Flugzeugs bestimmen, auch wenn Dunkelheit, schlechte Witterung oder flugbahnbedingte Fliehkräfte eine unmittelbare Orientierung erschweren.
In unbemannten Fluggeräten, wie z.B. ballistischen Raketen, wird kein künstlicher Horizont benötigt. Stattdessen wird das Kreiselinstrument an die Steuerung angeschlossen, so erstmals bei der A4; seit Mitte des 20. Jahrhunderts zunehmend nicht mehr mechanisch, sondern computerbasiert. Die Kreiselsteuerung dient dazu, Einflüsse von Wind oder Antrieb zu kompensieren, um die programmierte Flugbahn einzuhalten. Sie ist meist Teil eines inertialen Navigationssystems (INS).
Bei Modellflugzeugen und -hubschraubern werden Gyroskope eingesetzt, um eine oder mehrere Achsen gegen Wind oder gegen Nebeneffekte der Steuerung zu stabilisieren, wenn diese andernfalls nur schwer steuerbar sind. Dabei kommen mechanische Kreisel ebenso wie Piezo-Sensoren zur Anwendung; in beiden Fällen werden die Steuerkorrekturen über integrierte Mikrocontroller direkt im Flugmodell errechnet.
In der Raumfahrt werden schwere, stark motorisierte Kreisel eingesetzt, die aktiv (Impuls erzeugend) die Bahnstabilisierung bzw. die Ausrichtung von Raumfahrzeugen und Satelliten steuern; siehe hierzu Gyroskop (Raumflugtechnik).
Der Erfinder Louis Brennan hat 1909 eine Einschienenbahn vorgeführt, die über einen Kreisel stabilisiert wurde.
In den neusten Gamepad-Controllern für Computerspiele (ab 2006 für die Playstation 3 und für den Nintendo Wii) wird ein Gyroskop verwendet, um mit der Veränderung der Lage des Gerätes ein Spiel raumorientiert steuern zu können, so zum Beispiel die Bewegungen eines Flugzeugs oder eines Tennisschlägers.