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JJ1

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
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Vorlage:Neuigkeiten JJ1 ist ein Braunbär, der im Mai 2006 über Tirol nach Bayern eingewandert ist. Bekannt wurde er zunächst deshalb, weil er der erste frei lebende Bär war, der nach über 170 Jahren wieder in Deutschland gesichtet wurde. Der noch relativ junge und unerfahrene Bär wurde jedoch rasch zum Problembär, da er sich auf seinem Weg in der Nähe menschlicher Siedlungen mit Nahrung versorgte. Er plünderte dort Fischteiche, Hühnerställe, Bienenstöcke und tötete ungewöhnlich viele Schafe. Daher wurde er von einigen Behörden als für den Menschen bedrohlich eingestuft.

Name und Herkunft des Bären

Der etwa 2m große und über 100kg schwere Bär kam 2004 in einem Naturreservat bei Trient (Trentino/Norditalien) auf die Welt. Im Reservat wurden insgesamt zehn Bären aus Slowenien freigelassen und seitdem elf Junge geboren. Derzeit schätzt man den Bestand auf 18 bis 20 Bären. Seine Eltern sind Joze (*1994) und Jurka (*1998). Als Erstgeborener erhielt er aus deren Anfangsbuchstaben den Namen JJ1. In Deutschland bekam er den Spitznamen Bruno, die Allgäuer nennen ihn ihrerseits Beppo.

Weg und Verhalten des Bären

Anfang Mai 2006 verließ JJ1 Norditalien, durchquerte Südtirol und die Schweiz und gelangte nach Vorarlberg, wo er am 10. Mai im Montafon zwei Schafe riß. Danach durchstreifte er das Tiroler Oberland, wo er im Paznauntal von einem Bauern gesehen wurde und einen Hühnerstall räumte. Danach kam er ins Außerfern, wo er am 17. Mai kurz vor der deutschen Grenze gesichtet wurde und am 19. Mai einen Bienenstock plünderte. Kurz darauf wanderte er nach Oberbayern ein. Um den 20.–22. Mai erreichte er Grainau bei Garmisch-Partenkirchen, wo auch ein Foto entstand. Um den 24. Mai führte seine Spur zurück nach Österreich, wo er im Rofangebirge in der Nähe vom Achensee am 25. Mai von einem Jäger gesichtet wurde. Kurz darauf zog er ins Zillertal wo er am 27. Mai einen Bienenstock plünderte. Um den 29. Mai wurde er bei der Überquerung der Inntalautobahn bei Jenbach gesichtet und zog weiter zum Achensee. Kurz darauf überquerte er wieder die deutsche Grenze und totete am 2. Juni zwei weitere Schafe.

Am 4. Juni 2006 riss der Bär in der oberbayerischen Gemeinde Klais abermals drei Schafe und verletzte drei weitere, sowie ein Ziegenkitz. Schon einen Tag später - am Pfingstmontag - fiel er am Lautersee bei Mittenwald wieder über drei Schafe her und tötete sie. Dabei lief er mitten durch eine kleine Siedlung am Seeufer, wie Tatzenspuren belegen. Am hellichten Tag sichtete eine Autofahrerin den Bären beim Tiroler Grenzort Ehrwald.

In der Nacht zum Dienstag (6.Juni) plünderte JJ1 einen Hasenstall und kam auf einer Straße bei Leutasch in die Nähe mehrerer Jugendlicher. Ob er dort abermals Schafe riss, ist noch unbekannt (Stand 7.6.).

Fangversuche und Abschussgenehmigung

Wegen seines wenig menschenscheuen Verhaltens und der damit mutmaßlichen Gefährdung erließ die bayerische Landesregierung Ende Mai eine Abschussgenehmigung, an der sich ein öffentlicher Streit entzündete. Vertreter von Naturschutzverbänden wandten ein, dass es noch zu keiner direkten Konfrontation mit Menschen gekommen sei, und Bären derartige Zusammentreffen üblicherweise mieden.

Das bayerische Umweltministerium stufte das Verhalten des Bären als wörtlich "abnormal" ein, Umweltminister Werner Schnappauf verkündete darüber hinaus, der Bär sei ganz offensichtlich außer Rand und Band. Naturschützer stimmten dem zwar prinzipiell zu, kritisierten jedoch ausdrücklich die Art der Reaktion. Um den Bären umsiedeln und so vor dem Abschuss bewahren zu können, versuchten sie, ihn mittels einer speziellen Röhren-Falle (Culvert-Trap) einzufangen, blieben jedoch erfolglos.

In der Folgezeit entwickelte sich eine öffentliche Diskussion um die Behandlung freilebender Bären und deren Bedrohungspotenzial für den Menschen. Der WWF forderte die Erarbeitung von Verhaltensregeln, um die Öffentlichkeit in Zukunft an das Zusammenleben mit Wildtieren zu gewöhnen.

Im Land Tirol wurde ende Mai eine Schießgenehmigung für den Bezirk Außerfern erteilt und eine Ausweitung auf das ganze Bundesland diskutiert. Aufgrund der oben angeführten Diskussion, die allerdings in Österreich weniger heftig ausfiel, wurde sie jedoch am 2. Juni wiederrufen und beschlossen, zuerst zu versuchen den Bären zu fangen, was von den österreichischen Vertretungen vieler internationaler Tierschutzorganisationen begrüßt wurde.

Der Begriff "Problembär"

Dieser Ausdruck wurde vor allem durch eine Rede des bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber Ende Mai 2006 populär, der im Rahmen einer Pressekonferenz die Abschussgenehmigung rechtfertigte. Stoiber anerkannte zwar die Bedeutung des Bären als Zeichen gelungenen Naturschutzes, verwies aber auf die bestehende Problematik der mangelnden Scheu dieses Bären vor dem Menschen. Hierbei unterschied Stoiber in wissenschaftlich fragwürdiger Weise zwischen "Normalbären" mit erwartungsgemäßem Verhalten, weiter sogenannten "Schadbären" (einem Begriff, der in der Staatskanzlei breite Verwendung fand), sowie schließlich den "Problembären", zu denen er auch JJ1 zählte. Diese Einteilung sorgte in der Öffentlichkeit für weiteres Aufsehen und gab Anlass für teils erheiterte und teils kritische Kommentare in den Medien. Sie wurde ferner in Radiospots sowie im Internet in Form von Parodien mehrfach kabarettistisch aufbereitet. In den Medien und der Öffentlichkeit etablierte sich dann überwiegend der Begriff Problembär.

Aktuelle Entwicklung

Ein finnisches Team mit fünf Karelischen Bärenhunden soll jetzt das Tier aufspüren. Das Team wird auch von einem österreichischen Betäubungsexperten begleitet. Da man mit Blasrohren oder normalen Betäubungsgewehren zu nah an den Bären heran müsste, ist ein Spezialgewehr erforderlich, das auf eine Entfernung von 80 Metern Betäubungspfeile verschießen kann. Bären haben eine außerordentlich dicke Fettschicht, darum versagen konventionelle Betäubungmethoden. Der Einsatz der Jäger scheitert momentan an bürokratischen Hürden, da geprüft werden muß, ob finnische Jäger grenzüberschreitend in Deutschland und Österreich bewaffnet eingreifen dürfen.

JJ1 hat es offensichtlich auf Schafe abgesehen, denn allein vom 2. bis 5. Juni tötete er mindestens 8, ließ sie aber meist liegen. Durchschnittlich reißt ein Bär nur zwei bis drei Schafe pro Jahr. Solche Schäden sind normalerweise durch Versicherungen gedeckt.