Mittani
Das hurritische Reich von Mitanni lag im nördlichen Syrien.
Name
Eigenbezeichnung Ma-i-ta-ni (Šuttarna I. und Sauštatar), später auch Mittani, Mittannu (Ungnad) und Mittanni. Die Assyrer nennen das Land Habingalbat, Hanigalbat oder Habilgalbat. Zur Neo-Assyrischen Zeit, nach Ende des Mitanni-Reiches wurde dieser Name für das Land zwischen den beiden Flüssen Chabur und Euphrat verwendet. Die Hethiter nannten das Land in akkadischen Texten Chanikalbat, in den Hieroglypheninschriften (L)Mi-ta-ni. ägyptische Bezeichnung: nhr (Naharina). In Inschriften zwischen der Zeit von Thutmosis III. und Scheschonq I. findet sich auch mìt_n, mìtn.
Geographie
Mitanni erstreckte sich zur Zeit seiner größten Ausdehnung im Norden Syriens von Nuzi (heute Kirkuk im Irak) und dem Tigris im Osten bis nach Aleppo und Mittelsyrien ("Nuhašše") im Westen. Das Zentrum lag im Chabur-Tal, mit den Hauptstädten Taite und Waššukkanna, wo Sauštatar seinen Palast hatte, deren genaue Lage bisher unbekannt ist. Im Norden grenzte es an Isuwa und Alsche.
Wirtschaft
Der fruchtbare Boden und der ausreichende Niederschlag ermöglichte sowohl Ackerbau als auch die Haltung von Rindern, Schafen und Ziegen. Es herrschte dasselbe Klima wie in Assyrien. Auf bewässerten Feldern waren zwei Ernten im Jahr möglich. IN Arrapha war der Ertrag von Weizenfeldern deutlich geringer als der von Gerstenfeldern. Es gab auch nomadische Viehzüchter. Sie erhielten Getreiderationen. Der Handel wurde in Arrapha über den Palast und die Palastsklaven organisiert, es ist nicht klar, inwieweit sich das auf andere Provinzen Hanigalbats übertragen läßt.
Bevölkerung
Die Bevölkerung bestand aus Hurritern und Amoritern.
Sprache
Aus der Region sind alt-anatolische, hurritische und indogermanische Sprachzeugnisse bekannt. Die Religion des Reiches, die vor allem durch Personennamen bekannt ist, weist einige Götternamen auf, die auch aus dem vedischen (altindischen) und alt-iranischen Pantheon bekannt sind.
Quellen
Da die Hauptstädte bisher nicht ausgegraben werden konnten, stützt sich die Geschichte von Mitanni vor allem auf assyrische und hethitische Quellen. Ausserdem sind aus Nuzi (Arrapha) und Alalach private und offizielle Archive bekannt.
Geschichte
Die Herrscher des Mitanni-Reichs unterhielten diplomatischen Kontakt mit den ägyptischen Pharaonen des Neuen Reichs, wie durch zahlreiche Briefe im Amarna-Archiv belegt ist, die größtenteils auf akkadisch geschrieben sind. So heisst es in dem berühmten Mittani-Brief: Wir sind untereinander einig, und das hurritische Land und das ägyptische Land sind wie ein einziges Land einig. Ich bin wie der Herr des ägyptischen Landes, und mein Bruder ist wie der Herr des hurritischen Landes.
Das Mitannireich wurde um 1335 v. Chr. von den Hethitern abhängig und schließlich durch Salmanassar I. dem assyrischen Reich eingegliedert.
Könige von Mitanni
- Kirta 1500 v. Chr. - 1490 v. Chr.
- Šuttarna I., Sohn des Kirta 1490 v. Chr. - 1470 v. Chr.
- Parrattarna I., P/Barat(t)ama 1470 v. Chr. - 1450 v. Chr.
- Parša(ta)tar (möglicherweise identisch mit Parrattarna I.) 1450 v. Chr. - 1440 v. Chr.
- Sauštatar (Sohn des Parša(ta)tar) 1440 v. Chr. - 1410 v. Chr.
- Artatama I. 1410 v. Chr. - 1400 v. Chr.
- Šuttarna II. 1400 v. Chr. - 1385 v. Chr.
- Artaššumara 1385 v. Chr. - 1380 v. Chr.
- Tušratta 1380 v. Chr. - 1350 v. Chr.
- Šattiwaza oder Mattivaza, Sohn des Tušratta 1350 v. Chr. - 1320 v. Chr.
- Šattuara I. 1320 v. Chr. - 1300 v. Chr.
- Wasašatta, Sohn des Šattuara 1300 v. Chr. - 1280 v. Chr.
- Šattuara II., Sohn oder Neffe des Wasašatta 1280 v. Chr. - 1270 v. Chr., wurde von Salmanassar I. besiegt.
Kultur
Die Mitanni waren berühmt für ihre Pferdezucht (Anweisung des Kikkuli zur Pferdezucht) und den erfolgreichen militärischen Einsatz von Streitwagen.
Verwaltung
Die einzelnen Städte wurden gewöhnlich von Verwandten des Königs verwaltet, daneben gab es aber auch eine Versammlung der Ältesten (Senat). Der Palast sowie die großen Tempel besassen eigenes Land, Viehherden und Obstgärten. Das Land wurde von abhängigen Bauern, taluhi, bearbeitet. Ausserdem mussten auch freie Bauern einen Teil ihrer Arbeitskraft in den Dienst des Palastes stellen (ILKU). Der Palastwirtschaft stan der ŠAKIN BITI vor. Den Mariyanni, den Streitwagenfahrern, wurde Land zugewiesen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt betreiten konnten. Den Marijanni (ra_kib narkabti) , den Streitwagenfahrern, wurde Land zugewiesen, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestreiten konnten und, das sie oft mit Hilfe von Sklaven bebauten. Der Titel Marijannu wurde teilweise erblich, Texte aus Alalah erwähnen Marijanni-na, die keine Streitwagen besitzen, im Arrapha verloren diese aber ihr Land, wenn sie keine Streitwagen stellen konnten. Vom König zugeteiltes Land ("Kronland") konnte nur vererbt, aber nicht verkauft werden, in Arrapha umging man diese Regel aber oft durch Adoption. Einige Marijanni-na wurden so zu Großgrundbesitzern. Die Bauern und Handwerker waren in Familien (BITU) organisiert, die sowohl wirtschaftliche wie religiöse Einheiten waren.
Religion
Sawuška wird teilweise mit Ištar gleichgesetzt, hatte aber auch Heilkräfte. In Niniveh wird sie noch im 8. Jh erwähnt.
Glyptik
Von Sauštatar (um 1450) ist das königliche Siegel bekannt. Es zeigt einen geflügelten Genius mit einfacher Hörnerkrone, der zwei Löwen an den Hinterbeinen hochhält, im Hintergrund weitere tierbezwingende Figuren, u.a. eine Frau mit einer Schlange. Am oberen Rand sitzen zwei Löwen mit erhobener Tatze und einem Vogel auf dem Rücken unter einem Lebensbaum, der von einem Stern gekrönt wird. Ein Siegelabdruck aus dem Amarna-Archiv ist in Register gegliedert und gehört vermutlich zu Tušratta. Es zeigt u.a. eine Adorationszene sowie einen geflügelten Genius mit verschlungenen Beinen.
Literatur
- Eva Cancik-Kirschbaum, "Konfrontation und Koexistenz. Hattuša und die nordmesopotamischen Staaten Mittanni und Assyrien." In: Ausstellungskatalog Die Hethiter und ihr Reich. Das Volk der 1000 Götter., Konrad Theiss, Stuttgart, 2002, ISBN 3-8062-1676-2, 282-287.
- E. Gaal, "The economic role of Hanilgalbat at the beginning of the Neo-Assyrian expansion." In: Hans-Jörg Nissen/Johannes Renger (eds.), Mesopotamien und seine Nachbarn. Politische und kulturelle Wechselbeziehungen im Alten Orient vom 4. bis 1. Jahrtausend v. Chr. Berliner Beiträge zum Vorderen Orient 1. Reimer, Berlin, 1982, ISBN 3496007109, 349-354.
- Amir Harrak, "Assyria and Hanilgalbat. A historical reconstruction of the bilateral relations from the middle of the 14th to the end of the 12 centuries BC." Studien zur Orientalistik. Georg Olms, Hildesheim, 1987, ISBN 3487079488.
- C. Kühne, "Politische Szenerie und internationale Beziehungen Vorderasiens um die Mitte des 2. Jahrtausends vor Chr. (zugleich ein Konzept der Kurzchronologie). Mit einer Zeittafel." In: Hans-Jörg Nissen/Johannes Renger (eds.), Mesopotamien und seine Nachbarn. Politische und kulturelle Wechselbeziehungen im Alten Orient vom 4. bis 1. Jahrtausend v. Chr. Berliner Beiträge zum Vorderen Orient 1. Reimer, Berlin, 1982, ISBN 3496007109, 203-264.
- N. Özgüç, Seals and seal-impressions of the level Ib from Karum-Kanish (Ankara 1968).
- E. Porada, Seal impressions of Nuzi. Annual American School Oriental research 24, 1947.
- R. F. S. Starr, Nuzi (London 1938).
- Thieme, P. , The 'Aryan Gods' of the Mitanni Treaties, Journal of the American Oriental Society 80, 301-317 (1960)
- Weidner, "Assyrien und Hanilgalbat". Ugaritica 6 (1969)
- G. Wilhelm, Notes in the Mittani Letter. Nuzi 9, 1998, 181 ff.
- Yak Yakar, Ethnoarchaeology of Anatolia : rural socio-economy in the Bronze and Iron Ages (Jerusalem).