Schamlippen
Die Labien, eigentlich Labia pudendi (eingedeutschtes Latein von labia=Lippen; pudendum=Scham), sind Teil der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane, die in ihrer Gesamtheit als Vulva bezeichnet werden.
Beim Menschen und den anderen Primaten unterscheidet man die Labia majora pudendi (große Schamlippen) und die Labia minora pudendi (kleine Schamlippen). Bei den anderen Säugetieren gibt es nur ein Paar Schamlippen (Labia pudendi oder Labia vulvae), die den kleinen Schamlippen entsprechen.
Die großen Schamlippen

Die großen Schamlippen (lat. Labia majora pudendi) verlaufen vom Venushügel bis zum Damm. Sie verdecken Klitoris, Harnröhrenöffnung und Scheideneingang und schützen diese somit (siehe Sexualhygiene). Die großen Schamlippen enthalten Fettgewebspolster, sind von pigmentierter Felderhaut bedeckt und bei der erwachsenen Frau teilweise mit Schamhaaren bewachsen. Beide große Schamlippen bilden die Schamspalte (Rima pudendi), ihre obere Vereinigungsstelle wird als Commissura labiorum anterior, die hintere als Commissura labiorum posterior bezeichnet [1].
Bei den Nicht-Primaten, bei denen die großen Schamlippen fehlen, werden der obere und untere Schamwinkel (Commissura labiorum dorsalis und ventralis) und Schamspalte von den, den kleinen Schamlippen des Menschen entsprechenden Labia pudendi (Syn. Labia vulvae) gebildet [2].
Die kleinen Schamlippen
Die kleinen Schamlippen (Labia minora pudendi) begrenzen seitlich den Scheidenvorhof und treffen an der Klitoris (Kitzler) zusammen. Sie sind dünne, fettfreie, an der Außenseite stark pigmentierte Hautfalten aus mehrschichtigem Plattenepithel. Die Innenseiten sind wenig pigmentiert, unverhornt und enthalten Talgdrüsen. Die kleinen Schamlippen laufen vorne in je zwei Falten auseinander, wobei die vordere Falte sich mit der Gegenseite zum Präputium clitoridis, der Kitzlervorhaut, vereinigt. Die jeweils hintere Falte endet als Kitzlerzügel, "Frenulum clitoridis" direkt an der Clitoris.
Bei den meisten Säugetieren ist die Vorhaut des Kitzlers mit dessen Eichel (Glans clitoridis) verwachsen, bei Pferden und Hunden umgibt das Präputium clitoridis ein Grübchen (Fossa clitoridis), in dem die Eichel des Kitzlers freiliegt [2].
Bezeichnungen
Die hochdeutsche Bezeichnung Schamlippen wurde ursprünglich abgeleitet von dem altdeutschen scama bzw. dem angelsächsischen scamu = das zu Bedeckende. Zu Herkunft und Bedeutung findet sich im Duden:
- Scham bedeutet ursprünglich Beschämung oder Schande […] später wurde es auch verhüllend für Geschlechtsteile gebraucht.
Die Vorsilbe Scham als Bezeichnung der weiblichen Geschlechtsteile wird daher teilweise kritisiert. In der neueren popularwissenschaftlichen Literatur wird alternativ zunehmend der Begriff Venuslippen (nach der römischen Liebesgöttin Venus) verwendet [3]. Allgemeinsprachlich sind, wie für alle anderen äußeren Geschlechtsorgane, zahlreiche unterschiedliche Bezeichnungen geläufig.
Merkmale
Die Größe und die Gestalt der großen und kleinen Schamlippen können von Frau zu Frau deutlich variieren. Eine Normalausprägung bzw. etwaige Merkmale einer Abweichung können daher nicht definiert werden.
Die kleinen Schamlippen reagieren empfindlich auf Berührungen, bei sexueller Erregung füllen sie sich mit Blut, färben sich dunkler und schwellen an. Bei manchen Frauen wird dadurch der Scheideneingang freigelegt oder die Schamspalte etwas geöffnet.
Beim weiblichen Neugeborenen gilt das Bedecktsein der kleinen durch die großen Schamlippen als ein entwicklungsspezifisches sogenanntes Reifezeichen.
Manipulationen und Veränderungen
Populäre Veränderungen der äußeren weiblichen Geschlechtsorgane sind Intimrasuren, Intimhaarfärbungen, Intimpiercings oder Intimtätowierungen.
Im Rahmen sogenannter Body-Modifications existiert - besonders in Teilen Amerikas - ein zunehmender Trend, sich freiwilligen chirurgischen Veränderungen der Labien zu unterziehen, um deren Form und Größe einer vermeintlichen Norm oder einem angenommenen Schönheitsideal anzugleichen.
In sehr seltenen Fällen besteht eine medizinische Indikation zu einem chirurgischen Eingriff, etwa wenn die kleinen Schamlippen durch Größe und Form bei der Ausübung des Geschlechtsverkehrs hinderlich sind. In diesen Fällen kann ein Fachmediziner eine Labienreduktionsplastik vornehmen.
Die Verstümmelung weiblicher Genitalien ist noch immer besonders in zahlreichen afrikanischen Ländern weit verbreitete „Tradition“. Sie ist weder religiös (z. B. mit dem Koran) noch medizinisch begründbar, führt zu nachhaltigen Schmerzen, zu Problemen beim Urinieren und zum Verlust sexueller Erlebnismöglichkeiten und birgt ein hohes Infektionsrisiko, häufig sogar mit Todesfolge.
Quellen
- ↑ G. H. Schuhmacher, G. Aumüller: Topographische Anatomie des Menschen. Urban & Fischer 2004, ISBN 343741366X
- ↑ a b Uwe Gille: Harn- und Geschlechtssystem, Apparatus urogenitalis. In: Salomon/Geyer/Gille (Hrsg.): Anatomie für die Tiermedizin. Stuttgart: Enke-Verlag, 2004. ISBN 3830410077.
- ↑ Haarmann Claudia: "Unten rum..." - Die Scham ist nicht vorbei. 2005, Innenweltverlag, ISBN 3936360154