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Jugend

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Unter Jugend versteht man in der westeuropäischen Kultur die Zeit zwischen Kindheit und Erwachsensein, also etwa zwischen dem 14. und 21. Lebensjahr. Diese Zeit wird auch als Adoleszenz bezeichnet.

Zum Begriff

Begriffsentstehung

Der Begriff Jugend ist historisch gesehen relativ jung und wurde erst um 1800 häufiger verwandt. Der Begriff des Jugendlichen war dabei ursprünglich ambivalent besetzt (Jugend ist Trunkenheit ohne Wein) und diente auch zur Distanzierung von einer Personengruppe, die als gefährdet definiert wurde. Der Begriff bezeichnete dann z.B. in der Jugendhilfe der 1880er jahre eine männliche Person aus der Arbeiterklasse zwischen 13 und 18 Jahren, der Tendenzen zur Verwahrlosung, Kriminalität und eine Empfänglichkeit für sozialistisches Gedankengut unterstellt wurde. Erst nach 1900, im Zuge der Jugendbewegung wurde die eher negative Anmutung des Begriffs (Jugend als Gefährdung und Unreife) durch ein positives Bild ersetzt. Im Rahmen nationalistischer Strömungen entstand nach dem Ersten Weltkrieg ein politischer Jugendmythos: Jugend als Motor der Geschichte (Wer die Jugend hat, hat die Zukunft). Hitler war dann in der NS-Propaganda der junge Führer.

Das erste, negative Jugendbild in der Industriegesellschaft wirkte jedoch latent weiter und ist gerade in Zeiten gesellschaftlicher Umbrüche wieder aktualisierbar, wie die Diskussion um Jugendgewalt und Jugendkriminalität in den 1990er Jahren zeigte: Jugend(liche) als Gefährdung und Bedrohung.

Definitionen der "Jugend "

Je nach Auffassung kann man zur Eingrenzung der Lebensphase heute bestimmte Alterswerte oder aber eine Definition anhand von qualitativen Merkmalen vornehmen. Gemäß dieser zweiten Möglichkeit wird als Beginn der Jugendphase meistens die körperliche Geschlechtsreife gewählt, als Ende das Erreichen von finanzieller und emotionaler Autonomie.

Definitionen nach Alter gibt es verschiedene:

  • Nach deutschem Recht ist Jugendlicher, wer vierzehn (außer im Jugendarbeitsschutzgesetz, dort ab fünfzehn), aber noch nicht achtzehn Jahre alt ist. Jüngere Personen sind die Kinder. Heranwachsender ist nach dem Jugendgerichtsgesetz jede Person, die das 18. Lebensjahr, aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat.
  • Soziologisches siehe Jugendsoziologie. In der 14. "Shell-Jugendstudie" ("Jugend 2002") gingen die beteiligten Wissenschaftler bei ihren Untersuchungen von der Personengruppe (den Kohorten) der 12- bis 25-jährigen aus.
  • Die UN-Generalversammlung definiert Personen, die älter als 15 Jahre und jünger als 25 Jahre alt sind, als Jugendliche. In dieser Kategorie soll aber zwischen den Teenagern (13 bis 19) und den jungen Erwachsenen (20-24) unterschieden werden, da die Probleme auf soziologischer, psychologischer und gesundheitlicher Ebene stark differenzieren. Diese Definition wurde für das Internationale Jahr der Jugend gemacht, das 1985 abgehalten wurde. Alle Statistiken der UNO über Jugendliche basieren auf dieser Definition. Laut aktuellen Schätzungen waren 1995 18% (oder 1 Milliarde) der Weltbevölkerung Jugendliche, wovon 85% in Entwicklungsländern leben. Die UNO hat den 12. August zum Tag der Jugend ernannt.

Eng verwandt mit dem Begriff des Jugendlichen ist der Begriff Teenager.

Jugend, ein Lebensabschnitt

In die Jugendzeit fällt die Pubertät, das Ende der Schulzeit, der Beginn der Berufsausbildung, die Abnabelung vom Elternhaus und die Identitätsfindung. Deswegen wird die Jugendzeit sowohl vom Jugendlichen, der sie durchlebt, als auch von den Eltern als nicht ganz einfach angesehen. So ist sie auch Gegenstand zumal der Dichtung von Volks- und Studentenliedern bis hin zu einer eigenen Jugend-Literatur.

Der Begriff der Jugend, wie auch der Begriff der Kindheit sind historisch gewachsene Begriffe, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Gesellschaftsform gesehen werden müssen. So gab es noch im 17. Jh. in vielen Ständen und vergleichbaren Gruppierungen jenseits der Säuglingszeit weder eine ausgeprägte Kindheit in unserem Sinn noch eine Jugend. Jedoch hatten sich im Adel, dann im Bürgertum das Muster des Jünglings bzw. der Jungfrau herausgebildet, im geistlichen Stand der Novize.
Jugend als Lebensphase ist dann ein Produkt der Modernisierung. In vormodernen, agrarisch strukturierten Gesellschaften mit wenig ausgeprägter Arbeitsteilung wurden die notwendigen Fähigkeiten und Kompetenzen von der Elterngeneration vermittelt. Durch die zunehmende Industrialisierung und Technisierung reichte dies aber nicht mehr aus. Vielmehr sollten die Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Schule und der Berufsausbildung erworben werden. Dies bedeutete aber eine längere Freistellung der nachwachsenden Generation vom Arbeitsleben. Ab den 60er-Jahren des 20. Jahrhunderts entwickelte sich Jugend dann als Folge der Bildungsexpansion, veränderter elterlicher Erziehungsziele, einer zunehmenden kulturellen Autonomie der Jugendlichen und dem Wirken einer jugendspezifischen Konsum- und Unterhaltungsindustrie zu einer relativ eigenständigen Lebensphase (siehe auch 68er-Bewegung).

Jugend-Mythos

Kritiker warfen ab den 1930er Jahren den modernen westlichen Gesellschaften vor, einem Jugendmythos zu unterliegen (Ein Geist allgemeiner Hanswursterei weht durch Europa, Ortega y Gasset). Vor allem dann ab 1970 versuchten zunehmend ältere Jahrgänge, jugendliche Moden und Lebensstile (Spontaneität) zu imitieren. Die Jugendlichkeit der Haut und ein junges Aussehen hoffe man durch Kosmetik- und andere Lifestyle-Produkte zu erlangen. Die tatsächlich existierenden Jugendlichen würden dagegen ihrem Verhalten nach immer jünger erwachsen.

Zitate

  • Sagen Sie / Ihm, dass er für die Träume seiner Jugend / Soll Achtung tragen, wenn er Mann sein wird, / Nicht öffnen soll dem tötenden Insekte / Gerühmter besserer Vernunft das Herz / Der zarten Götterblume - dass er nicht / Soll irre werden, wenn des Staubes Weisheit / Begeisterung, die Himmelstochter, lästert.Friedrich Schiller (Don Carlos, 4. Akt)
  • Später sieht man die Dinge zweckentsprechender, im besten Einvernehmen mit der ganzen menschlichen Gesellschaft, die Jugend bleibt aber die einzige Epoche, in der man etwas gelernt hat.Marcel Proust (Auf der Suche nach der verlorenen Zeit 2: Im Schatten der jungen Mädchen, ISBN 351857874X, S. 303)
  • Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer. - Sokrates

Literatur

  • Benno Hafeneger: Jugendbilder. Opladen 1995.
  • Jürgen Raithel: Risikoverhaltensweisen Jugendlicher. Wiesbaden 2004.
  • Jürgen Raithel: Stilisierung des Geschlechts Jugendlicher. Juventa 2005.
  • Jürgen Reulecke: Bürgerliche Sozialreformer und Arbeiterjugend im Kaiserreich. In: Archiv für Sozialgeschichte, XXII. Band, Bonn 1982, S. 299-329.
  • Leopold Rosenmayr: Jugendbewegung und Jugendforschung. In: Walter Rüegg (Hrsg.): Kulturkritik und Jugendkult. Frankfurt a. M. 1974, S. 61-85.
  • Lutz Roth: Die Erfindung des Jugendlichen. Weinheim 1983.
  • Frank Trommler: Mission ohne Ziel. Über den Kult der Jugend im modernen Deutschland. In: Thomas Koebner, Rolf-Peter Janz, Frank Trommler: Mit uns zieht die neue Zeit. Der Mythos Jugend. Frankfurt a. M. 1985, S. 14-49.
  • Raoul Vaneigem: Handbuch der Lebenskunst für die jungen Generationen. Verlag Association, Hamburg 1977, ISBN 3-88032-054-3
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