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Westmauer

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Die Westmauer vom Zugang zum Tempelberg aus gesehen, im Vordergrund der abgegrenzte Bereich für Frauen. Der Raum unter dem rechten Bogen wird als Synagoge genutzt, im linken Bogen befindet sich der Eingang zum Westmauer-Tunnel.
Betende an der Klagemauer

Die Klagemauer (hebräisch הכותל המערבי ha-kotel ha-ma'arawi, wörtlich „die westliche Mauer“, umgangssprachlich nur Kotel (כותל) Mauer genannt) in der Altstadt von Jerusalem ist eine religiöse Stätte des Judentums.[1][2] Viele der mächtigen Steinblöcke, aus denen die Mauer erbaut ist, bestehen aus dem Jerusalemer Meleke-Kalkstein, der einst am nördlichen Stadtrand gewonnen wurde.[3]

Geschichte

Klagemauer, Gemälde von Gustav Bauernfeind
Klagemauer 1910

Die Klagemauer stellt die frühere Westmauer des Plateaus des zweiten Jerusalemer Tempels dar, der sich an dieser Stelle befand. Ungefähr ein Drittel der Mauer wurde von Römern abgetragen und etwa ein Drittel befindet sich unter der Erdoberfläche. Die Mauer ist nicht – wie häufig angenommen – eine Mauer des Tempels selbst (siehe auch Tempelberg). Der unter Salomo gebaute erste Tempel war bereits 586 v. Chr. von den Babyloniern zerstört worden. Nach der Besetzung Jerusalems durch die Perser konnte an derselben Stelle um 515 v. Chr. ein schlichterer (der zweite) Tempel neu gebaut werden. Nach allgemeiner Auffassung wurde dieser von König Herodes dem Großen ab 20 v. Chr. prachtvoll ausgebaut. Jüngste archäologische Ausgrabungen haben unter dem südlichen Teil der Mauer Münzen zu Tage gefördert, die aus der Zeit lange nach Herodes’ Tod stammen. Die Klagemauer wurde unter Herodes Agrippa II., dem Urenkel Herodes’, vollendet (Regentschaft 50–70 n. Chr.), was sich mit der Darstellung bei Flavius Josephus deckt.[4] Der Tempel wurde von den Römern im Jahre 70 n. Chr. während des Jüdischen Krieges zerstört.

Am Ort des eigentlichen Tempels auf dem Tempelberg erheben sich heute die Al-Aqsa-Moschee und der Felsendom, die Jerusalem zur drittheiligsten Stadt des Islam machen.[5]

Erdarbeitsgeräte räumen 1967 die Reste des marokkanischen Viertels weg; im Hintergrund: die Klagemauer

In der englischen Mandatszeit kam es, wie im ganzen Land, wiederholt zu Überfällen auf Juden durch arabischer Bewohner Jerusalems; der Gebetsort wurde mehrmals entweiht.[6]

Vom Israelischen Unabhängigkeitskrieg (Palästinakrieg) 1948 bis zur israelischen Einnahme der Altstadt Jerusalems im Jahre 1967 im Zuge des Sechstagekrieges wurde das Gebiet von Jordanien kontrolliert,[7] den Juden wurde der Zutritt zum Kotel entgegen dem Waffenstillstandsabkommen verwehrt. Nach dem Krieg wurden der Teil der Klagemauer, der heute sichtbar ist (57 Meter), und ein großer Platz davor freigelegt. Dazu wurde das marokkanische Viertel der Jerusalemer Altstadt abgerissen. Wie eine 2009 im Zeppelin Museum in Friedrichshafen entdeckte Luftaufnahme aus dem Jahr 1931 zeigt, wurde dabei unter anderem der oberirdische Teil einer Moschee zerstört, die möglicherweise bis in das 12. Jahrhundert zurückgeführt werden kann.[8]

Zugang

Der Platz vor der Klagemauer ist täglich rund um die Uhr geöffnet. Der Zugang ist kostenlos und über drei Eingänge möglich:

Um auf den Platz zu gelangen, sind Sicherheitskontrollen zu passieren, die mit Metalldetektoren und Röntgengeräten erfolgen. Männer sollen beim Betreten des abgetrennten Bereiches unmittelbar an der Mauer eine Kopfbedeckung, jedoch nicht zwingend eine Kippa tragen. Von allen Besuchern wird eine angemessene Kleidung erwartet. An der Rampe vor dem Zugang für den männlichen Bereich werden kostenlos Kippot aus weißem Stoff verteilt. Sie werden von der staatlichen Western Wall Heritage Foundation angefertigt.

Die Gebetsbereiche sind nach Geschlechtern getrennt: für Männer links und Frauen rechts. Im Sommer 2013 wurde rechts neben der Marokkanerbrücke eine Plattform für gemeinsames Gebet eingerichtet.[9] Über diese Brücke betreten Nicht-Muslime zu den erlaubten Zeiten durch das Marokkanertor den Tempelberg. Liberale und konservative Juden sehen Männer und Frauen als gleichberechtigt an. Deshalb fordern sie einen gemeinsamen Zugang und dahinter einen gemischten Bereich - und für orthodoxe Juden Bereiche für Männer und Frauen. Nachdem der Streit darüber beendet ist, erfolgen die Bauarbeiten dazu im Jahr 2018.[10]

Die Klagemauer ist heute einer der meistbesuchten Orte in Jerusalem. Der Platz dient als Veranstaltungsort für religiöse oder militärische Zeremonien.[11]

Religiöse Bedeutung

Gebetszettel in der Klagemauer

Die Klagemauer wird von Juden westliche Mauer, oder einfach nur Kotel, genannt, da sie die Westmauer der Tempelanlage war und nicht primär ein Ort der Klage ist. Sie ist 48 Meter lang und 18 Meter hoch. Täglich besuchen viele Menschen die Klagemauer, um zu beten. Viele stecken auch aufgeschriebene Gebete, Wünsche und Danksagungen in die Ritzen und Spalten der Mauer. Sie stellt für viele Juden ein Symbol für den ewigen, bestehenden Bund Gottes mit seinem Volk dar. Diese Tradition der Gebetszettel geht wohl bis ins frühe 18. Jahrhundert zurück.[12]

Da der Platz in den Ritzen nur begrenzt ist, fallen viele Zettel mit der Zeit herunter. Sie werden aufgesammelt. Vor dem Pessachfest im Frühjahr und vor dem jüdischen Neujahr im Herbst werden die Zettel aus den Ritzen entfernt und zusammen mit den aufgesammelten ungelesen auf dem jüdischen Friedhof auf dem Ölberg begraben.[13]

Grundsätzlich ist der Zugang auch für Nichtjuden problemlos möglich. Fotografieren innerhalb des abgesteckten Bereiches unmittelbar vor der Mauer ist außer an hohen jüdischen Feiertagen und an Sabbat im Allgemeinen erlaubt. Dabei sind die örtlichen Hinweise zu beachten (vgl. Mechiza).[14]

Panorama

Commons: Klagemauer – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Westmauer – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Ben-Dov Meir Mordechai Naor, Zeev Aner: Die Westmauer. Übersetzung: Hanan Michaeli, Ellen Michaeli (10. Kapitel). Verlag des Verteidigungsministeriums, Tel-Aviv 1988, DNB 910385351.

Einzelnachweise

  1. Ben-Dov Meir Mordechai Naor und Zeev Aner: Die Westmauer. Übersetzung: Hanan Michaeli, Ellen Michaeli (10. Kapitel). Verlag des Verteidigungsministeriums, Tel-Aviv 1988, S. 81.
  2. Hyacinth M. Wilmes: Im Land des Herrn. Führer für Pilger. Kommissariat des Heiligen Landes. Dietrich-Coelde-Verlag, Werl 1982, S. 145.
  3. Ben-Dov Meir Mordechai Naor und Zeev Aner: Die Westmauer. Übersetzung: Hanan Michaeli, Ellen Michaeli (10. Kapitel). Verlag des Verteidigungsministeriums, Tel-Aviv 1988, S. 216, 217.
  4. Jerusalemer Klagemauer nicht von Herodes vollendet. In: Welt Online. 23. November 2011, abgerufen am 25. November 2011.
  5. Ben-Dov Meir Mordechai Naor und Zeev Aner: Die Westmauer. Übersetzung: Hanan Michaeli, Ellen Michaeli (10. Kapitel). Verlag des Verteidigungsministeriums, Tel-Aviv 1988, S. 11–37.
  6. Ben-Dov Meir Mordechai Naor und Zeev Aner: Die Westmauer. Übersetzung: Hanan Michaeli, Ellen Michaeli (10. Kapitel). Verlag des Verteidigungsministeriums, Tel-Aviv 1988, S. 121–138.
  7. Geschichte der Klagemauer auf thekotel.org
  8. עדות נדירה חשפה מסגד עתיק שנהרס ב-67', Haaretz, 15. Juni 2012.
  9. Security but few prayers at new Western Wall platform, Ha-Aretz am 24. September 2013 (paywall)
  10. Andrea Krogmann Die Tempelmauer-Reinigung, Christ in der Gegenwart, Nr 9/2018 S. 100, ISSN 0170-5148
  11. Christoph Gerhard: Marco Polo Reiseführer Jerusalem. Verlag Mairdumont, Ostfildern 2001, ISBN 3-89525-928-4, S. 31, 32.
  12. Andrea Krogmann Die Tempelmauer-Reinigung, Christ in der Gegenwart, Nr 9/2018 S. 100, ISSN 0170-5148
  13. Andrea Krogmann Die Tempelmauer-Reinigung, Christ in der Gegenwart, Nr 9/2018 S. 100, ISSN 0170-5148
  14. Christoph Gerhard: Marco Polo Reiseführer Jerusalem. Verlag Mairdumont, Ostfildern 2001, ISBN 3-89525-928-4, S. 31, 32.

Koordinaten: 31° 46′ 36″ N, 35° 14′ 3,3″ O