Simson (Unternehmen)

Die Firma Simson wurde 1856 von den beiden jüdischen Brüdern Löb und Moses Simson in der thüringischen Stadt Suhl gegründet.
Geschichte

Basis war ein Stahlhammer, der 1841 von Andreas Bauer gegründet wurde und von den Brüdern Simson im Jahre 1854 angekauft wurde. Die Produktion von Holzkohlenstahl lief weiter, das Erzeugnis wurde aber bald für die Herstellung von Waffen verwendet. Die ersten Fahrräder, die englischen Vorbildern ähnelten, fuhren ab 1896 auf deutschen Straßen und die Firma Simson wurde bald zu einem der großen Fahrradproduzenten.
Wurden 1855 gerade 20 Mitarbeiter beschäftigt, so gab es 1918 3.500. Ab 1908 wurden auch PKW gebaut, zwischen 1923 und 1930 sogar ein Rennwagen mit der Bezeichnung Simson Supra, der im Rennsport sehr erfolgreich fuhr.
Aufgrund des Friedensvertrags von Versailles war die Firma Simson in Suhl der einzige konzessionierte Waffenproduzent für Maschinengewehre in Deutschland. Daher begann schon 1933, kurz nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, der Zugriff durch den thüringischen Gauleiter Fritz Sauckel auf diesen Betrieb. So wurde 1934 der Familie Simson die Kontrolle über ihre Firma zwangsweise entzogen und ein Treuhänder eingesetzt. Der Firmenname wurde auf Berlin-Suhler Waffen- und Fahrzeugwerke Simson & Co. (Abk. BSW) geändert und die Automobilproduktion zu Gunsten der strategisch wichtigen Rüstungsproduktion eingestellt. Nach einem Scheinprozess mit konstruiertem Material wurde die Familie Simson dann de facto enteignet, womit der Prozess der Arisierung bei dieser Firma schon im Jahr 1934 abgeschlossen war. Die Familie konnte 1936 ins Ausland fliehen und wanderte in die USA aus. Der Name Simson wurde schließlich aus der Firmenbezeichnung gestrichen. Ende 1935 waren die BSW der Grundstock des neuen Rüstungskonzerns Wilhelm-Gustloff-Stiftung, geleitet durch Fritz Sauckel persönlich. 1939 erfolgte die Umbenennung in Gustloff-Werke – Waffenwerk Suhl. Die Belegschaft wuchs auf über 6.000 Mitarbeiter.
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden die Werke von den Alliierten als Rüstungsbetrieb eingestuft, das Werk 1946 weitgehend demontiert und als Reparationszahlung in die Sowjetunion transportiert. Mit dem Rest wurde die Produktion von Jagdwaffen, Kinderwagen und Fahrrädern wieder begonnen. 1946 wurde Simson & Co. Suhl, Fahrradfabrik der sowjetischen Aktiengesellschaft für Spezialmaschinenbau in die sowjetische Aktiengesellschaft SAG Awtowelo (AWO) eingegliedert. Ab 5. März 1947 hieß der Betrieb Staatliche Aktiengesellschaft "Awtowelo" Werk vorm. Simson & Co; Suhl (Thür.).
Ende 1948 erhielt das Werk von der sowjetischen Militäradministration (SMAD) den Befehl, ein seitenwagentaugliches Motorrad mit 250-cm³-Viertaktmotor zu bauen, die legendäre AWO 425. Dieses Modell ähnelt der EMW beziehungsweise BMW R25, jedoch sind die Fahrzeuge kaum ersatzteilkompatibel.
Am 1. Mai 1952 wurde das Werk als VEB Fahrzeug und Gerätewerk Simson Suhl ein volkseigener Betrieb in der Industrieverwaltung 19 Fahrzeugbau der DDR, der späteren IFA - Industrieverband Fahrzeugbau der DDR, eingegliedert. Produziert wurden neben der AWO 425 (von da an als Simson 425 bezeichnet) auch Mopeds, Mokicks und Roller.
1964 wurde die Produktion der Simson 425, im Volksmund respektvoll „Dampfhammer“ genannt, zugunsten der kleineren 50-cm³- bzw. 70-cm³-Mokicks eingestellt. Die Motorradproduktion in der DDR wurde vom MZ allein übernommen. Diese Aufteilung der Marktsegmente blieb bis zum Ende der DDR bestehen.
Ab dem 1. Januar 1968 hieß Simson nach dem Zusammenschluss mit dem "VEB Ernst-Thälmann-Werk Suhl" (einer Jagdwaffenfabrik) VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerk Ernst Thälmann Suhl (FAJAS).
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde Simson von der Treuhandanstalt abgewickelt, aber sofort wieder neu gegründet als Suhler Fahrzeugwerk GmbH.
Die Mokickbaureihen wurden modernisiert und man engagierte sich im Automobilbau, indem man das in Ibach im Hotzenwald entwickelte viersitzige Elektroauto namens „Hotzenblitz EL-Sport“ produzierte. Allerdings wurde das Modell nur in einer kleinen Serie von 140 Stück gefertigt, da es kaum Kaufinteressenten gab.
Nach mehreren Beinahe-Insolvenzen musste die Firma am 28. Juni 2002 endgültig Insolvenz anmelden; der Firmenbesitz wurde im Mai 2003 versteigert. Die Ersatzteilversorgung ist vorerst gesichert durch diverse Teilehändler. Einer der Hauptkäufer ist ein Großhändler, der mittlerweile auch wieder einzelne Teile in Suhl produziert.
Simsonfreunde aus ganz Deutschland treffen sich mittlerweile einmal im Jahr zum Herrentag (Vatertag/Christi Himmelfahrt) für 3 Tage in Suhl. 2006 werden mehr als 1000 Teilnehmer erwartet.
Hergestellte Produkte und Fahrzeuge
Unter Führung der Familie Simson
- Ausgangsprodukte zur Herstellung von Äxten, Meißeln, Hellebarden, Rohre für das Suhler Büchsenmacherhandwerk.
- Waffen für den Preußischen Staat
- ab 1896 luftbereifte Fahrräder
- ab 1904 erste Pkw mit Vierzylinder-Motor
- während des ersten Weltkrieges wieder Waffenproduktion (Karabiner, Maschinengewehre, Pistolen, leichte Geschütze, Flugmotoren und Sanitätskraftwagen)
- nach dem ersten Weltkrieg Serienproduktion von Automobilen der Luxusklasse, speziell des Modells Simson Supra. 1934 wurde die Automobil-Produktion auf Grund der Weltwirtschaftskrise der 1930er eingestellt.
Während des Dritten Reichs
- ab 1936 das erste motorisierte Zweirad, die steuer- und führerscheinfrei zu fahrende BSW 98.
- mit Beginn des Zweiten Weltkrieges wurde die Produktion von Fahrrädern und Kinderwagen zugunsten von Karabinern, 2- und 3,7-cm-Fliegerabwehrkanonen (Flak), Maschinengewehren und Kommandogeräten für Flugzeuge aufgegeben.
Unter sowjetischer Besatzung
- AWO 425 - weniger bekannt als Simson 425
Als VEB
- Motorrad 425 als Touren- (Simson 425 T) und Sport-Version (Simson 425 S), sowie 15 Rennmaschinen.
- SR1 (1955–1957)
- SR2 (1957–1959)
- SR2E (1960–1964)
- KR50 (1958–1964; Vorgänger der Schwalbe)
- Vogelserie
- die sportliche Serie
- moderne Roller
Nach der deutschen Wiedervereinigung
- Leichtkrafträder
- Simson Schikra (1999-2002), auch als "Sport" Version mit Cockpitverkleidung
- die sportliche Serie
- S53 (1990–1994), auch unter Namen „S53 alpha“
- S83 (1991–1994), auch unter Namen „S83 alpha“
- Sperber 50 Sport (1999), Fortsetzung der unterbrochenen Weiterentwicklung der S52, Zentral-Federbein hinten, werksseitig auf Leistung getunter Motor
- Habicht 50 S (1997–1998)
- moderne Roller
- Gewerbe-Fahrzeuge
- Lastendreirad (1992–2002), Gastronomie- und Transportfahrzeug mit diversen Aufbauten, 50-cm³-Motor, unter verschiedenen Namen (City-Trans, Trucky, Albatros), auch als Elektro-Version in Zusammenarbeit mit der Firma Stegau Elektroantriebe
Siehe auch: Awtowelo, MZ, Jawa, IFA
Ein bis zum 28. Februar 1992 erstmals zum Verkehr zugelassenes Simson Kleinkraftrad darf in der Regel mit 60 km/h fahren, wobei andere Mopeds meist nur bis 50 km/h bzw. ab 2001 bis 45 km/h zugelassen sind.
Weblinks
- Simson – offizielle Seite des Marken-Inhabers „TLG Gewerbepark Simson GmbH“
- Fahrzeugmuseum Suhl – Museum für alle in Suhl gefertigten Fahrräder, Motorräder und Pkw
- Simson-Kult
- Simson–Fanseite mit Schaltplänen und Bildern zur Simson
- Simsonhuy - Einfach nur Simson Fans