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Trinkhalle (Verkaufsstelle)

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Trinkhallen, im klassischen Sinn, sind meist langgestreckte, offene Pavillons, in deren Wandelgang Kurgäste Heilwasser zu sich nehmen können. Sie wurden vor allem im 19. Jahrhundert in Parks von Kurbädern, vorzugsweise im klassizistischen Stil erbaut, wie z. B. die Trinkhalle in Baden-Baden.

Im Zuge der Industrialisierung des Ruhrgebiets bekam die "Trinkhalle" in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine weitere und heute geläufige Bedeutung als Verkaufsstand für Wasser, alkoholische und nicht alkoholische Getränke, und Dinge des sofortigen Bedarfs wie Tabak, Süßwaren, Lebensmittel und auch Informationen.

Leitungswasser war damals ungekocht ein gesundheitliches Risiko, die Arbeiter tranken stattdessen Bier und Schnaps, deren Konsum von den Zechen- und Fabrikbesitzern zuerst durch so genannte "Schnapsspenden" unterstützt wurde. Um den um sich greifenden Alkoholismus einzudämmen, förderten die Städte die Einrichtung von "Trinkhallen" oder auch Kiosken, an denen Mineralwasser und andere alkoholfreie Getränke angeboten wurden. Hauptsächlich vor den Werktoren von Zechen oder Fabriken, später auch an anderen öffentlichen Plätzen. Die meisten wurden von ehemaligen oder nicht mehr arbeitsfähigen Bergleuten oder Kriegsveteranen betrieben.

Seit dem Ende der 20er Jahre des vorigen Jahrhunderts änderte und erweiterte sich das Sortiment immer mehr. Inzwischen findet man in Trinkhallen fast alles, was man nebenbei, nach Ladenschluss oder am Wochenende brauchen könnte: Getränke (auch alkoholische), Tabakwaren, Zeitungen und Zeitschriften, Süßigkeiten, Eiswaren und Lebensmittel für den täglichen Bedarf, mittlerweile auch Telefonkarten und Handy-Aufladungen. Die Öffnungszeiten wurden an die Öffnungszeiten von Kneipen und Gaststätten angeglichen. Trinkhallen sind zum Ausschank alkoholfreier Getränke berechtigt. Im Zuge der Lockerung der Öffnungs/Ausschankzeiten können Trinkhallen heute rund um die Uhr betrieben werden wie ihre Konkurrenz, die 24-Stunden-Tankstellen.

Trinkhallen werden eingeteilt in begehbare und nicht begehbare. Bei ersteren kann der Kunde in einem, meist kleinen Ladenlokal (ehemaliger s. g. Tante-Emma-Laden) seinen Bedarf decken, nicht begehbare verkaufen die Waren durch eine Luke nach draußen.

Intern gibt es "gebundene" und "nicht gebundene" Trinkhallen, d.h. daß im ersten Fall der Pächter verpflichtet ist, bei bestimmten Lieferanten zu deren Bedingungen einzukaufen. Nicht gebundene Trinkhallen können ihren Einkauf frei gestalten, sie werden oft sehr teuer weiterverkauft oder weitergegeben, da die Gewinnspannen hier eindeutig höher sind.

Trinkhallen im Ruhrgebiet werden heute von vielen Deutschen ausländischer Herkunft, wie Türken, Italienern, Tamilen, auch Ost-Europäern, betrieben, der klassische "deutsche" Budenbesitzer wird allmählich selten.

Trinkhallen oder "Büdchen" gibt es unter anderem Namen auch in anderen Teilen Deutschlands. In Frankfurt werden sie "Wasserhäuschen" genannt, in den meisten Gegenden "Kiosk".

Den Typ "Trinkhalle" gibt es überall auf der Welt, immer sind es kleine Buden, Geschäfte, Nischen, in denen Waren des sofortigen Bedarfs angeboten werden.