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Oberscheld

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Oberscheld
Wappen von Oberscheld
Koordinaten: 50° 44′ N, 8° 21′ OKoordinaten: 50° 44′ 4″ N, 8° 20′ 38″ O
Höhe: 267 m ü. NHN
Fläche: 10,13 km²[1]
Einwohner: 2011 (31. Dez. 2017)[2]
Bevölkerungsdichte: 199 Einwohner/km²
Eingemeindung: 1. Januar 1977
Postleitzahl: 35688
Vorwahl: 02771
Blick vom Rompelberg über Oberscheld
Blick vom Hölzchen über Oberscheld

Oberscheld ist ein im Schelder Wald unmittelbar an der namensgebenden Schelde gelegener Stadtteil Dillenburgs im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis. Auf 1008 Hektar leben rund 2000 Personen. Der Stadtteil wurde zum großen Teil durch Bergbau geprägt – dank zahlreicher Eisenerzgruben in seiner Gemarkung.

Geschichte

Ortsgeschichte

Schätzungen zufolge gab es bereits im 8. Jahrhundert Siedlungen im Oberschelder Gebiet, deren Bewohner nachweislich Erzbauern, Köhler, Eisengießer und Waldschmiede waren. Das Scheldetal war reich an Eisenerz und großen Wäldern. Die erste urkundliche Erwähnung des Ortes „Schelt“ war im Jahre 1274. Der eigentliche Name Oberscheld jedoch wurde explizit erst im Jahre 1444 erwähnt. Diese Erwähnung stand im Zusammenhang mit einer Eisenhütte, die ihren Standort in Oberscheld hatte. Nachweislich wurden hier bereits im Jahre 1590 gusseiserne Öfen hergestellt.

Während des Dreißigjährigen Krieges wurden auch die Bewohner und Gebäude des Dorfes in Mitleidenschaft bezogen. Neben der Einäscherung ihrer Heime hatten die Oberschelder auch die Pest zu ertragen, die viele Opfer forderte. Während des Siebenjährigen Krieges (1756–1763) wurde das Dillenburger Schloss zerstört, die Oberschelder Bevölkerung wurde geplündert und zwangsrekrutiert.

Im Rahmen der Gebietsreform in Hessen wurde am 1. Januar 1977 die bis dahin selbstständige Gemeinde Oberscheld durch das Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen in die Stadt Dillenburg eingegliedert.[3]

Am 17. September 2006 kam es aufgrund eines mehrstündigen Gewitters in Oberscheld zu einer Flutkatastrophe. Allein in Oberscheld waren etwa 400 Haushalte betroffen. Die schlimmsten Schäden gab es in den Straßen Bahnhofstraße, Marburger Straße (hier fließen Schelde und Irrschelde unterirdisch zusammen), Bienengarten, Am Gahlert und Schelde-Lahn-Straße. Außerdem stürzte im Bereich des Hans-König-Wegs ein Hang des Ortsberges hinab. Die Gesamtschäden für Dillenburg und Ortsteile bezifferten sich auf etwa 25 Millionen Euro.

Wirtschaftsgeschichte

Aus den kleinen Schmelzbetrieben in Oberscheld wurden Eisenhütten. Die Entwicklung der Dampfmaschine und der Eisenbahn hatte auch für Oberscheld große wirtschaftliche Vorteile. Um den großen Bedarf vor allem an Herden und Öfen im Dillgebiet zu decken, wurde in Oberscheld bereits 1910 der zweite Hochofen eingeweiht. Die Schließung der beiden größten Gruben, „Königszug“ und „Falkenstein“, brachte dann einen tiefgreifenden industriellen Schnitt in die Bergbaugeschichte Oberschelds. Das Dorf wandelte sich von einem Berg- und Hüttenleutedorf in eine Wohngemeinde.

Grube Falkenstein

Auf dem südwestlichen Teil des Lagerzuges der „Eisernen Hand“ bei Oberscheld wurde Anfang 1958 mit dem Abteufen eines neuen Schachtes begonnen, nachdem zuvor die Bauwürdigkeit des anstehenden Roteisensteinlagers durch Tiefbohrungen nachgewiesen worden war. Neben dem Förderschacht der Grube Falkenstein wurde auch ein Wetterschacht bis zur 350-m-Sohle niedergebracht und Ende 1961 eine untertägige Verbindung zwischen den beiden Schächten hergestellt.

Nach der Stilllegung der Grube Königszug ging die Grube Falkenstein ab April 1968 zum Zwei-Schicht-Betrieb über und hatte in der Zeit von 1968 bis 1971 eine Jahresförderung von jeweils über 140.000 Tonnen. Obwohl das Erz einen Eisengehalt von etwa 40 Prozent hatte, entstanden ab 1971 zunehmende Absatzprobleme, die am 31. August 1973 zur Einstellung der Erzgewinnung führten.

Grube Auguststollen

Im Bereich der Eisernen Hand gab es im 19. Jahrhundert verschiedene fiskalische und private Grubenbetriebe, die gemeinschaftlich zunächst den „Auguststollen“ (ab 1831) und seit 1889 den „Burgerstollen“ auffuhren. 1912 ging der Großteil der Grubenfelder in den Besitz von J.C. Grün über. Die Burger Eisenwerke, in denen 1920 der Grubenbesitz von J.C. Grün aufgegangen war, errichteten 1920/21 eine Aufbereitungsanlage, in der Temper- und Hüttenerz aufbereitet wurde. Bis 1936 galten noch die alten Grubenfeldernamen für die einzelnen Betriebe. Seitdem galt der Grubenname Auguststollen für den Gesamtbetrieb.

Ebenfalls 1936 übernahm Buderus die Grube als Pachtbetrieb. Wegen der absehbaren Erschöpfung der bisherigen Betriebspunkte begann das Unternehmen 1938 mit der Erschließung eines neuen Tagebaus im Osten der Eisernen Hand und mit der Errichtung einer neuen Aufbereitung für Temper- und Hüttenerz.

Während der Tagebau 1956 stillgelegt wurde, kam die untertägige Erzgewinnung 1959 zum Erliegen. Tempererz wurde hier noch bis Ende 1975 aufbereitet, mit Temperroherzen der Gruben Königszug und Falkenstein und in der letzten Betriebsphase mit Fremderzen.

Grube Königszug

Als Geburtsstunde der Grube Königszug kann der 30. Juni 1819 gelten; unter diesem Datum legt eine Urkunde fest, dass die vier im Bergfreien liegenden Gruben „Stollenhecke“, „Königszug“ und „Schlitz“ in den Gemarkungen Eibach und Nanzenbach dem nassauischen Fiskus als konsolidierte Grube „Königszug“ verliehen wurden. Die namensgebende Grube wurde allerdings bereits um 1650 betrieben.[4]

Nach der Annexion des Herzogtums Nassau durch die Preußen im Jahre 1866 wurde die Grube von der preußischen Berginspektion Dillenburg verwaltet. In der wechselvollen Geschichte entwickelte sich dieses Bergwerk zur größten Eisenerzgrube in Hessen. Seine höchste Jahresförderung erreichte es 1957 mit 142.249 Tonnen Eisenerz. 1968 wurde die Förderung von Eisenerz eingestellt.

Im Gegensatz zu vielen anderen Gruben in der Region haben sich auf dem Gelände seit 1972 viele kleine Betriebe angesiedelt. So konnten nahezu alle Hauptgebäude bis heute erhalten werden.

Eine Inschrift aus dem Jahre 1939 über dem Füllort des Schachtes der 400-m-Sohle lautet:

„Es halt der Knappe in schwieliger Hand,
die Waage für Heer und Vaterland,
Das Erz, das er bricht und fördert hinauf
wird oben zu Panzer und Stahl
Glück auf!“

Grube Amalie (Amalienstollen)

Das 1823 verliehene Grubenfeld „Amalie“ ging durch die Übernahme des Hessen-Nassauischen Hüttenvereins 1935 in den Besitz von Buderus über. Durch die bereits 1933 erfolgte Zusammenlegung der Bergverwaltungen der beiden Unternehmen lag die Betriebsverwaltung faktisch seitdem schon in den Händen von Buderus. Noch 1933 wurde die Förderung zur Erzversorgung des Hochofenwerkes Oberscheld erhöht und überstieg erstmals in der Geschichte des Bergwerkes die 50.000-Tonnen-Grenze.

Die Grube Amalie war über eine 1,1 Kilometer lange Seilbahn mit der Grube Neue Lust verbunden. Die geringmächtigen Lagerstättenteile zwangen zu einer forcierten Ausrichtung der Lagerstätte in die Teufe. Dabei wurde deutlich, dass der gesamte Erzkörper nach unten zunehmend auskeilte. Im September 1951 musste die Erzgewinnung wegen Unwirtschaftlichkeit eingestellt werden.

Territorialgeschichte und Verwaltung

Die folgende Liste zeigt die Territorien bzw. Verwaltungseinheiten denen Oberscheld unterstand im Überblick:[1][5]

Bevölkerung

Einwohnerentwicklung

Belegte Einwohnerzahlen bis 1970 sind:

Oberscheld: Einwohnerzahlen von 1834 bis 1970
Jahr  Einwohner
1834
  
437
1840
  
460
1846
  
471
1852
  
518
1858
  
554
1864
  
617
1871
  
799
1875
  
681
1885
  
889
1895
  
1.035
1905
  
1.296
1910
  
1.442
1925
  
1.445
1939
  
1.686
1946
  
2.168
1950
  
2.292
1956
  
2.262
1961
  
2.347
1967
  
2.619
1970
  
2.595
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: [1]

Religionszugehörigkeit

1885: 819 evangelische, 15 katholische und 55 andere Christen
1961: 1922 evangelische und 282 katholische Einwohner
Quelle: Historisches Ortslexikon[1]

Politik

Ortsbeirat

Der Ortsbeirat von Oberscheld besteht aus fünf Mitgliedern. Nach den Kommunalwahlen in Hessen 2016 besteht er aus drei Mitgliedern der SPD und zwei Mitgliedern der CDU. Ortsvorsteherin ist Heidrun Brandes (SPD).[6]

Kultur und Sehenswürdigkeiten

Bauwerke

Evangelische Kirche
  • Die Evangelische Kirche ist ein kleiner Saalbau von 1692. Das Erdgeschoss ist in Bruchstein und das Obergeschoss in Fachwerkbauweise errichtet. Im Inneren befindet sich eine rundumlaufende Empore auf Holzsäulen, an der Decke ein Stuckrelief mit Pelikan.

Besucherstollen Ypsilanta

Die 140 m lange Grube Ypsilanta, die einmal ein Wasserlösungsstollen war, kann man heute durch ein restauriertes Mundloch begehen. Der Bergbau- und Feldbahnverein Schelderwald e. V. hat damit ein kleines Denkmal der Baugeschichte des Schelderwaldes geschaffen.

Schaulustige und Schulklassen können in dem Besucherstollen bei einer Führung in völliger Dunkelheit unter Zuhilfenahme des „Geleuchts und des Gezähes“ wahrnehmen, unter welchen Bedingungen die Bergleute damals unter Tage arbeiten mussten. Zu sehen sind die typischen Werkzeuge der damaligen Bergleute sowie eine Sammlung unterschiedlicher Erze. Darüber hinaus gibt es Fotos und grafische Schautafeln über geologische Formationen, die von Erzadern durchzogen sind.

Wirtschaft und Infrastruktur

Städtische Einrichtungen

Schelderwald-Schule
  • Glück-Auf-Halle
  • Dorfgemeinschaftshaus
  • Schelderwald-Schule (Grund- und Hauptschule)
  • Ev. Kindergarten
  • Jugendraum (zusammen mit dem „Jugend-Arbeits-Kreis Oberscheld“ – JAKOb e.V.)

Waldschwimmbad Oberscheld

Das im Irrscheldetal gelegene beheizte Freibad bietet für den Sommer Freizeitmöglichkeiten. Ein Bistro steht Schwimmbadbesuchern, aber auch Wanderern usw. zur Verfügung. In allen Jahreszeiten ist das Waldschwimmbad ein Ausgangspunkt für Spaziergänge, Wander- und Fahrradtouren. Der Schelder Wald mit seinen historischen Gruben bildet dafür einen Rahmen. In der Nähe des Schwimmbades befindet sich auch der Besucherstollen Ypsilanta.

Verkehr

Oberscheld lag an der Scheldetalbahn. Diese ist stillgelegt.

Einzelnachweise

  1. a b c d Oberscheld, Lahn-Dill-Kreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. „Zahlen, Daten & Fakten“ im Internetauftritt der Stadt Dillenburg, abgerufen am 23. März 2018.
  3. Gesetz zur Neugliederung des Dillkreises, der Landkreise Gießen und Wetzlar und der Stadt Gießen (GVBl. II 330–28) vom 13. Mai 1974. In: Der Hessische Minister des Inneren (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1974 Nr. 17, S. 237 ff., § 24 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 1,2 MB]).
  4. Horst G. Koch: Bevor die Lichter erloschen. Verlag Gudrun Koch, Siegen 1982, S. 143.
  5. Verwaltungsgeschichte Land Hessen bei M. Rademacher, Deutsche Verwaltungsgeschichte von der Reichseinigung 1871 bis zur Wiedervereinigung 1990
  6. Ortsbeirat Oberscheld im Internetauftritt der Stadt Dillenburg, abgerufen im Februar 2017.
  1.  Info: Bitte auf Vorlage:HessBib umstellen, um auch nach 2015 erfasste Literatur zu selektieren!