Weinfelden
Weinfelden | |
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Staat: | ![]() |
Kanton: | ![]() |
Bezirk: | Weinfelden |
BFS-Nr.: | 4946 |
Postleitzahl: | 8570 |
UN/LOCODE: | CH WFL |
Koordinaten: | 725015 / 269763 |
Höhe: | 432 m ü. M. |
Höhenbereich: | 415–684 m ü. M.[1] |
Fläche: | 15,48 km²[2] |
Einwohner: | [3] 12'233 (31. Dezember 2023) |
Einwohnerdichte: | 790 Einw. pro km² |
Ausländeranteil: (Einwohner ohne Schweizer Bürgerrecht) |
25,3 % (31. Dezember 2023)[4] |
Website: | www.weinfelden.ch |
![]() Blick Richtung Ottenberg
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Lage der Gemeinde | |
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Weinfelden ist eine Stadt, politische Gemeinde und Hauptort des gleichnamigen Bezirks im Kanton Thurgau im Osten der Schweiz. Weinfelden zählte Ende 2016 11'224 Einwohner. Mehrere kantonale Einrichtungen haben hier wegen der zentraleren geographischen Lage gegenüber Frauenfeld, dem Hauptort des Kantons, ihren Sitz, so die Thurgauer Kantonalbank und das Thurgauer Verwaltungsgericht. Der Grosse Rat, das Parlament des Kantons Thurgau tagt im Winterhalbjahr in Weinfelden.
Geschichte

Bereits im Jahre 124 bestand nachweislich eine fünf Meter breite römische Brücke über die Thur[5] an der Stelle Weinfeldens, welche darauf schliessen lässt, dass bereits zu dieser Zeit ein Handelsplatz vorhanden war. Der Name Weinfelden taucht jedoch erst im Jahr 838 n. Chr. in einer Schenkungsurkunde an das Kloster St. Gallen auf. Der damalige Name lautete Quivelda (= Winis Feld).
In der frühen Neuzeit war der Ort im Besitz wechselnder Adels- und Patriziergeschlechter. In der Mitte des 16. Jahrhunderts waren die Herren von Mundpratt im Besitz des Ortes. 1551 erwarb Hans Dietrich von Gemmingen aus der Linie Gemmingen-Steinegg, der mit einer Mundpratt-Tochter verheiratet war, die Herrschaft Weinfelden. 1555 verkaufte er Weinfelden an die Fugger.[6] 1572 war der Ort im Besitz von Arbogast von Schellenberg.[7] 1575 erwarben Eberhard von Gemmingen und seine Brüder aus der Linie Gemmingen-Bürg die Herrschaft Weinfelden. Die Freiherren von Gemmingen errichteten ein Armenhaus und richteten eine Schulstelle ein. Die Erben verkauften die Herrschaft 1614 an die Stadt Zürich.[8]
Weinfelden – zu jener Zeit der mit Abstand grösste Ort des Kantons Thurgau – erreichte im Jahre 1798 historische Bedeutung: Im Februar jenes Jahres führte Paul Reinhart zusammen mit seinem Komitee den Thurgau aus jahrhundertelanger eidgenössischer Untertanenschaft (seit 1460) in eine kurze erste Freiheit. 1803 wurde der Kanton Thurgau dann durch die Mediationsakte von Kaiser Napoléon offiziell unabhängig - und Frauenfeld Hauptstadt.
1830 erlangte Weinfelden zum zweiten Mal politische Bedeutung. Am 22. Oktober 1830 sprach der wortgewandte Thomas Bornhauser zu einer nach Tausenden zählenden Menge in Weinfelden. Er forderte – und erlangte 1831 auch – auf dem Rathausplatz (von der gleichen Treppe des Gasthauses zum Trauben wie Paul Reinhart 32 Jahre vor ihm) eine der ersten liberalen Verfassungen Europas.
Noch heute werden in Weinfelden mit Paul Reinhart und Thomas Bornhauser die beiden hier bedeutendsten Politiker des 19. Jahrhunderts in einem Atemzug genannt. Von beiden hängen im Rathaus gleich ausgestattete Portraits, von beiden stehen im dort gleich ausgestaltete Büsten; es gibt eine Paul-Reinhart- und eine Thomas-Bornhauser-Strasse, ein Paul-Reinhart- und ein Thomas-Bornhauser-Schulhaus, die Paul-Reinhart-Gedenktafel am Haus zum Komitee und den Thomas-Bornhauser-Brunnen auf dem Rathausplatz.
Bevölkerung
Am 31. Dezember 2008 lebten 10'066 Menschen in Weinfelden, sodass die Gemeinde seither statistisch als Stadt gilt. Ende 2016 waren es 11'224 Einwohner.[9]
Konfessionen
Weinfelden hat eine evangelische und eine katholische Kirchgemeinde.
In der lokalen Sektion der Evangelischen Allianz verbunden sind die Evangelisch-reformierte Kirche, die Evangelisch-methodistische Kirche, die Chrischona-Gemeinde und die 1961 gegründete, der Schweizerischen Pfingstmission angehörende Freie Christengemeinde.[10]
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Katholische Kirche
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Reformierte Kirche
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Thomas Bornhauser Brunnen
Politik
Legislative
Gemeindeparlament von Weinfelden ist der 30-köpfige Gemeinderat. Die Sitzverteilung nach den Wahlen vom 10. Mai 2015 lautet wie folgt:[11]
- SVP: 8 Sitze
- FDP: 6 Sitze
- CVP: 5 Sitze
- SP: 3 Sitze
- EVP: 2 Sitze
- jung & aktiv: 2 Sitze
- GPS: 2 Sitze
- glp: 1 Sitz
- EDU: 1 Sitz
Nationale Wahlen
Bei den Nationalratswahlen 2015 betrugen die Wähleranteile in Weinfelden: SVP 31.2 %, FDP 15.8 %, CVP 15.1 %, SP 12.9 %, glp 7.2 %, Grüne 6.1 %, EDU 4.3 %, BDP 3.7 %, EVP 3.3 %.[12]
Verkehr
Öffentlicher Verkehr

Der Bahnhof Weinfelden ist der grösste Eisenbahn-Verkehrsknotenpunkt des Kantons Thurgau. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts glich das Thurtal einer unpassierbaren Wildnis. Erst als die Eisenbahnlinie Oerlikon – Romanshorn durch die Schweizerische Nordostbahn gebaut wurde, konnten auch auf der West-Ost-Achse Güter durch den Kanton transportiert werden. 1876 wurde die Bischofszellerbahn (Linie nach St. Gallen) eröffnet, 1911 begann die Mittelthurgaubahn auf der Linie Kreuzlingen – Weinfelden – Wil. Heute verkehren InterCity Richtung Zürich oder Brig und Züge der S-Bahn Zürich bis Pfäffikon SZ sowie die der St. Galler S-Bahn. Somit kreuzen sich hier fünf Eisenbahn- und fünf Postautolinien. Der Bahnhof wurde im Jahr 2002 komplett erneuert.
Schwerverkehr
Momentan gibt es eine Umfahrungsstrasse (Dunant-, Dufour- und Deucherstrasse), die das Zentrum Weinfeldens entlastet. Es gibt keine Schnellstrasse oder Autobahn, die Weinfelden erschliesst. Es bestehen Planungen für eine Thurtal/Aachtal-Schnellstrasse mit einem Tunnel durch den Ottenberg, die einmal mit der Autostrasse in Arbon verbunden werden soll.
Im September 2012 wurde über eine ähnliche Vorlage des Kantons erneut abgestimmt: Unter dem Namen BTS (Abkürzung für «Bodensee-Thurtal-Strasse», Schnellstrasse Tempo 100/80 von Weinfelden über Sulgen, Amriswil nach Arbon) und OLS («Oberlandstrasse», Hauptstrasse Tempo 80/50 von Kreuzlingen über Langrickenbach nach Amriswil mit Anschluss an die BTS) gelangten zwei ähnliche Erweiterungen des Strassennetzes (Netzbeschlüsse) wie 2005 zur Abstimmung und wurden mit 54,6 % der Stimmen befürwortet.[13][14] Die Projektierung der Linienführung erfolgt derzeit.[15]
Kunst, Kultur
Bildung

Die Bildungsstätten umfassen für die obligatorische Schulzeit Kindergärten, Primar- und Oberstufenschule. Daneben ist Weinfelden Schulort des grössten Berufsbildungszentrums des Kantons, des BBZ' Weinfelden. Mittel- und Hochschulen sind in Pendlerdistanz erreichbar.
Sehenswürdigkeiten

- Die evangelisch-reformierte Dorfkirche wurde 1902–1904 als neuromanischer Zentralbau erbaut und hat eine sehenswerte Jugendstil-Ausstattung: Bänke in kräftigem dunkelblau, zwei grosse Posaunenengel an der Wand hinter dem Altar (unter der Orgel), farbige Glasfenster
- Die fast gleichzeitig gebaute katholische Kirche ist neobarock mit klassizistischen Elementen.
- Schloss Weinfelden, oberhalb der Stadt (Privatbesitz: August von Finck).
- Fussgängerbrücke Ganggelisteg über die Thur: Hängebrücke von 1882.
- Stellmacher-Haus, Thomas-Bornhauser-Str. 12: 1932 als Einfamilienhaus mit Arztpraxis erbaut (später geteilt), bedeutendes Zeugnis des Neuen Bauens (Bauhaus-Stil) im Kanton Thurgau.
Brauchtum
Das örtliche Brauchtum wird unter anderem mit der Bochselnacht gepflegt. Alljährlich ziehen am Donnerstag der letzten ganzen Woche vor Weihnachten die Schüler der Primarschule und der Oberstufe mit selber geschnitzten Runkelrüben in einem Umzug durch Weinfelden. Diese Rüben werden ausgehöhlt und von innen mit einer Kerze beleuchtet. Die 3. Oberstufenklassen studieren jeweils ein Abschlusstheater ein, das sie an der Bochselnacht aufführen, zur Hauptprobe werden alle Schulkinder eingeladen.
Veranstaltungen

In Weinfelden gibt es jährlich drei grosse Anlässe. Der erste ist das Weinfelder Weinfest (Wyfescht), dieses wird jeweils im Spätsommer durchgeführt. Der zweite Grossanlass ist im Herbst die Weinfelder Gewerbeausstellung WEGA, die jeweils um die 100'000 Personen anlockt.[16] Im Frühjahr gibt es die Gastronomiemesse Schlaraffia.[17]
Freizeiteinrichtungen
Seit 1998 gibt es das Kino Liberty Cinema mit drei Leinwänden und insgesamt 450 Sitzplätzen. Neben dem Kino befindet sich ein Ausgangskomplex, im Westen der Gemeinde ein für seine vielen Hiphop-Veranstaltungen bekannter Club.
Persönlichkeiten
In Weinfelden geboren
- Thomas Bornhauser (1799–1856), Pfarrer und Publizist
- Hugo Dudli (1930–2004), Komponist und Dirigent
- Heinrich Häberlin (1868–1947), Politiker (FDP), Nationalrat, Bundesrat
- Paul Reinhart (1748–1824), Freiheitskämpfer, Apotheker, Präsident der ersten freien Thurgauer Regierung
- Heinz Rutishauser (1918–1970), Mathematiker, Pionier der modernen numerischen Mathematik und der Informatik
- Markus Ries (* 1959), Kirchenhistoriker
- Reto Scherrer (* 1975), Radio- und TV Moderator
Persönlichkeiten die vor Ort lebten oder wirkten
- Martin Braun (1808–1892), Erbauer der Orgel in der evangelischen Kirche (1867, bestand bis ca. 1920)
- Johann Otto von Gemmingen (1545–1598), Fürstbischof zu Augsburg
- Peter Stamm (* 1963), Schriftsteller
Weblinks
- Offizielle Website der Gemeinde Weinfelden
- Thomas Holenstein: Bachtobel. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Erich Trösch: Thurberg. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Erich Trösch: Weerswilen. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
- Erich Trösch: Weinfelden. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
Einzelnachweise
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Höhenbereich aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Generalisierte Grenzen 2024. Bei späteren Gemeindefusionen Flächen aufgrund Stand 1. Januar 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024.
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Ständige Wohnbevölkerung nach Staatsangehörigkeitskategorie, Geschlecht und Gemeinde, definitive Jahresergebnisse, 2023. Bei späteren Gemeindefusionen Einwohnerzahlen aufgrund Stand 2024 zusammengefasst. Abruf am 22. August 2024
- ↑ Zahlen und Fakten auf der offiziellen Webseite abgerufen am 14. Oktober 2012
- ↑ Carl W. F. L. Stocker: Familien-Chronik der Freiherren von Gemmingen, Heidelberg 1895, S. 339/340.
- ↑ Johann Adam Pupikofer: Geschichte des Thurgaus 1499-1829 – mit Urkunden und Nachweisungen, Band 2, 1830, S. 131.
- ↑ Carl W. F. L. Stocker: Familien-Chronik der Freiherren von Gemmingen, Heidelberg 1895, S. 178/179.
- ↑ Zahlen / Fakten weinfelden.ch, abgerufen am 24. Juli 2017
- ↑ Evangelische Allianz Weinfelden each.ch, abgerufen am 1. März 2012.
- ↑ https://www.weinfelden.ch/public/upload/assets/2574/15_05_Ergebnisse_Wahlen_Gemeindeparlament.pdf
- ↑ Nationalratswahlen 2015: Stärke der Parteien und Wahlbeteiligung nach Gemeinden. In: Ergebnisse Nationalratswahlen 2015. Bundesamt für Statistik, 2016, abgerufen am 17. Oktober 2016.
- ↑ Thurgauer Stimmvolk sagt Ja zum Bau der Bodensee-Thurtalstrasse und Oberlandstrasse abgerufen am 12. Mai 2016
- ↑ Abstimmungsergebnis (PDF; 23 kB) der Kantonalen Volksabstimmung vom 23. September 2012
- ↑ Pressemitteilungen zum Projekt Bodensee-Thurtalstrasse (BTS) auf der kantonalen Webseite
- ↑ WEGA Die Thurgauer Messe
- ↑ Schlaraffia Wein- und Gourmetmesse