Zum Inhalt springen

Neokatechumenaler Weg

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Dies ist eine alte Version dieser Seite, zuletzt bearbeitet am 5. Juni 2006 um 20:03 Uhr durch Decius (Diskussion | Beiträge). Sie kann sich erheblich von der aktuellen Version unterscheiden.

Das Neokatechumenat/Neukatechumenat oder der Neokatechumenale Weg ist eine Bewegung in der römisch-katholischen Kirche, die 1964 von Kiko Argüello, Carmen Hernández und Pater Mario Pezzi in Madrid mit dem Ziel einer Rechristianisierung des heidnischen Europas gegründet worden ist.

Ikone des Neokatechumenlen Weges

Name

Zu Beginn der Entstehung des Neokatechumenates hatte es noch keinen Namen. Erst durch die Anregung von Paul VI., diese Bewegung doch nach dem Begriff des Katechumenats - mit dem von der Kirche die Unterweisung der Taufbewerber im christlichen Glauben bezeichnet wird - zu nennen, führte schließlich zum heutigen Namen Neokatechumenat. Das "Neo" am Anfang zeigt das primäre Ziel des Weges, die als Kind unbewußt erlebte Taufe in ihrer gesamten Tragweite neu wiederzuentdecken und zu erneuern.

Status

Seit 2002 ist das Neokatechument von der katholischen Kirche als Geistlichen Gemeinschaft anerkannt. Sein Statut wurde vom päpstlichen Rat für die Laien akzeptiert.

Organisation und Wirken

Die Ziele und Methoden des Neokatechumenats sind für Außenstehende schwer zu beurteilen, da die streng hierarchisch gegliederte Gemeinschaft die Anordnungen ihrer Gründer und spirituellen Führer nicht veröffentlicht und den Mitgliedern der einzelnen Gemeinschaften auferlegt ist, über ihre Praktiken gegenüber Nichtmitgliedern zu schweigen. Dies ist einer der Gründe dafür, dass Selbst- und Fremdwahrnehmung beim Neokatechumenat häufig weit auseinanderklaffen.

Im Gegensatz zur Glaubensunterweisung für die erwachsenen Taufbewerber, dauert der so genannte Neokatechumenale Weg 15 oder mehr Jahre und unterscheidet sich schon dadurch vom normalen Erwachsenenkatechumenat für Erwachsene Taufbewerber der Kirche. Im Zentrum des Neokatechumenalen Weges steht die Synthese zwischen Kerygma also eigentlich der Lehre für den Katechumenen, die die Anhänger der Bewegung in einer speziellen und sehr langwierigen Form erneut absolvieren müssen, Änderung des Lebenswandels und der Liturgie.

Nach eigenen Angaben sprechen die Anhänger des Neokatechumenalen Weges bewusst Erwachsene an, die zwar als Kind getauft wurden, aber ihr Leben nicht genug dem Glauben unterstellt haben oder der Kirche und ihren Anliegen gänzlich fernstehen. Im deutschsprachigen Raum überwiegt dabei die erste Gruppe, denn die meisten Anhänger des Neokatechumenats werden in bestehenden Pfarrgemeinden zu einer Glaubensverkündigung eingeladen, bei einer Website heißt es: "Der Schwerpunkt dieses neokatechumenalen Weges liegt, anders als bei einer Gemeindemission alten Stils, nicht auf der Vermittlung theologischer Sachinhalte (Glaubenswissen), sondern hat eine eher zeugnishafte, verkündigende Ausrichtung, er will einen inneren Prozess anstoßen und persönliche Glaubenserfahrungen ermöglichen."[1] .

Das Neokatechumenat stellt der von den Anhängern so bezeichneten sündhaften realen Welt eine evangelisierte Welt entgegen. Diese evangelisierte Welt werde, wie behauptet wird, innerhalb der katholischen Kirche zum Beispiel in den neokatechumenalen Gemeinschaften im Kleinen bereits realisiert und müsse daher letztlich der ganzen Welt durch eine Mission gezeigt werden. Zu diesem Ziel formiert das Neokatechumenat in den Pfarreien Gruppen von Gläubigen (sog. Gemeinschaften), die sich intensiv darum bemühen, ihren Glauben zu erneuern. Eine wichtige Rolle spielen dabei die Laienkatecheten (Katechisten) und Priester aus Gemeinschaften, die schon länger auf dem Neokatechumenalen Weg sind. Sie machen die neu gebildeten Gruppen durch die Lehrmethoden Argüellos mit der Lehre der katholischen Kirche bekannt. Sie kontrollieren auch später, ob die Gruppen die Vorgaben und Regeln des Neokatechumenalen Weges einhalten. Dabei hat der Katechist den Anspruch auf absoluten Gehorsam gegenüber "seinen" Katechumenen.

Das Neokatechumenat wird in den Diözesen auf Einladung des jeweiligen Ortsbischofs tätig. Wenn der betroffene Pfarrer zustimmt, beginnt die geistliche Gemeinschaft mit dem Aufbau von örtlichen Gruppen. Idealerweise soll sich der Neokatechumenale Weg innerhalb der Pfarrei vollziehen. Dies gelingt aber nur, wenn der größte Teil der Gemeinde und der Pfarrer dafür gewonnen werden können. Geschieht dies nicht, was im deutschsprachigen Raum häufig der Fall ist, kommt es zu Konflikten, vor allem weil die Anhänger des Neokatechumenats die Feier der Eucharistie in kleinen Gruppen vorziehen und sich dazu nicht am Sonntag in der Pfarrkirche, sondern am Samstagabend in separaten Räumlichkeiten versammeln.

Liturgie

Im Neokatechumenat werden wöchentliche Versammlungen (am Samstag abend eine Eucharistie, Mitte der Woche eine Wortliturgie) und besondere Wochenenden (Gemeinschaftstage) organisiert. Die liturgische Praxis des Neokatechumenats unterscheidet sich in einigen Punkten von der der der "normalen" Kirchengemeinde, wobei einige Bräuche der Urkirche wieder aufgegriffen werden. So wird die Kommunion in beiderlei Gestalt und mit ungesäuerten Broten ausgeteilt. Die Teilnehmer haben außerdem die Möglichkeit, eigene Fürbitten auszusprechen und kurze Stellungnahmen ("Echos"/"Resonanzen") nach den Lesungen zu äußern. Alle Lesungen werden zudem von einem "Vorbereitungsteam" zum besseren Verständnis der Gemeinschaft kurz eingeführt.

Ende 2005 wurden einige Punkte allerdings, nach einem längeren Überprüfungsverfahren, von der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung als problematisch deklariert. In einem öffentlichen Brief an Kiko Argüello, Carmen Hernández und Pater Mario Pezzi [2] lud der Präfekt Francis Kardinal Arinze die Verantwortlichen ein, Lösungsvorschläge zu erarbeiten. Insbesondere geht es dabei um den Empfang der Kommunion im Sitzen und das Feiern der Heiligen Messe auf nicht geweihten Altären. In zwei Jahren wird die Kongregation eine endgültige Entscheidung treffen.

Ausbreitung

Nach Angaben der Neokatechumenalen Bewegung hat sich diese seit ihrer Gründung in der ganzen Welt verbreitet und zählt heute in etwa 20.000 Gemeinschaften in über 900 Diözesen angeblich eine Million Mitglieder. Vom Neokatechumenat wurden 63 neue Priesterseminare ("Redemptoris Mater" = "Mutter des Erlösers" genannt) in der ganzen Welt gegründet (im deutschen Sprachraum in Berlin, Bonn und bei Wien), aus denen bislang ca. 1.000 Priester hervorgegangen sind. Weitere 2.000 wurden in Diözesanseminaren ausgebildet. Darüber hinaus erwuchsen aus der neokatechumenalen Bewegung 5.000 weibliche Berufungen zum Ordensleben.

Bewertung des Neokatechumenats innerhalb der Kirche

Die Ziele und Methoden des Neokatechumenats entsprechen den Anforderungen, die Papst Paul VI. in Evangelii Nuntiandi 1975 für ein Katechumenat nach der Taufe genannt hat (insb. Nr. 44) und die seine Nachfolger weiter ausführten. Dennoch sind sie selbst innerhalb der katholischen Kirche umstritten. Einerseits hat Papst Johannes Paul II. die Bewegung gefördert und ihr 1990 die kirchenrechtliche Anerkennung ausgesprochen, auch Papst Benedikt XVI. und viele Bischöfe stehen der Bewegung positiv gegenüber, denn viele Oberhirten versprechen sich vom Neokatechumenat und anderen geistlichen Bewewegungen eine Erneuerung des kirchlichen Lebens und sind außerdem dankbar für die aus der Gemeinschaft hervorgehenden Priester.

Prominenteste Fürsprecher des Neokatechumenalen Weges sind Erzbischof Paul Josef Cordes, ehemaliger Sekretär des Päpstlichen Rates für die Laien und heutiger Präsident des Päpstlichen Rates Cor Unum, Antonio Maria Kardinal Rouco Varela, Erzbischof von Madrid, Joachim Kardinal Meisner, Erzbischof von Köln, und eben Papst Benedikt XVI..

Andererseits gibt es innerkirchlich auch vehemente Kritiker, die den autoritären Stil des Neokatechumenats ablehnen. Der inzwischen verstorbene Londoner Basil Kardinal Hume lehnte 1996 die Priesterweihe von 15 Neokatechumenen ab, und der Berliner Erzbischof Georg Kardinal Sterzinsky wird mit den Worten zitiert: "Ich mache da nur mit, damit ich auch eingreifen oder mitsprechen kann: dass es nicht einen Wildwuchs gibt" (zit. nach Peter Hertel, Glaubenswächter - katholische Traditionalisten im deutschsprachigen Raum).

Kritiker monieren auch die oft vorhandene Abgrenzung der neokatechumenalen Gemeinschaften von den örtlichen Pfarrgemeinden, die strenge hierarchische Gliederung unter den Laien innerhalb der des Neokatechumenats, die Ablehnung weiter Teile des Gedankenguts der Aufklärung, die fast nicht vorhandene Öffentlichkeitsarbeit wie auch die fehlenden Publikationen (außer den Statuten). Man sieht die Gefahr, durch das Neokatechumenat zu einer Art „katholischer Fundamentalist“ zu werden und in moralischen Fragen nicht nur eine ablehnende sondern auch eine gegen die "Welt" verachtende Haltung einzunehmen. Allerdings entspricht die allgemeine Berufung zur Heiligkeit der Sichtweise des II. Vatikanischen Konzils, in dessen Kontext die Bewegung entstanden ist.

Insgesamt ist es abzusehen, dass aufgrund der Vitalität des Neokatechumenalen Weges seine Bedeutung innerhalb der Kirche immer weiter zunehmen wird.

Literatur

  • Bleistein, Roman SJ: Das Neukatechumenat. Zwischen Erwachsenenkatechese und Kirchenpolitik. In: Stimmen der Zeit, 1992, Heft 7. Online-Version
  • Hertel, Peter: Glaubenswächter - katholische Traditionalisten im deutschsprachigen Raum, Würzburg 2000, ISBN 3429022797
  • Hofer, Thomas M.: Gottes rechte Kirche - Katholische Fundamentalisten auf dem Vormarsch, Seiten 179 ff., ISBN 3-8000-3675-4
  • Urquhart, Gordon: Im Namen des Papstes, München 1995, ISBN 3426773120
  • Zoffoli, Enrico: Eresie del Movimento Neocatecumenale, Udine 1995.

Quellen

  1. Sankt Clemens in Dortmund-Hombruch
  2. Öffentlicher Brief an Kiko Argüello, Carmen Hernández und Pater Mario Pezzi

Eigene Websiten