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Nomenklatur (Biologie)

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Nomenklatur (von lateinisch nomenclatura ‚Namenverzeichnis‘[1][2]) bezeichnet in der Biologie die Disziplin der wissenschaftlichen Benennung von Lebewesen. Sie stellt innerhalb der Wissenschaften die Grundlage für eine international verständliche und nachprüfbare Kommunikation über Organismen dar. Dabei legen die Regeln der Nomenklatur nur die Benennung fest. Die Abgrenzung und Erkennung der systematischen Einheiten selbst (Taxonomie) und ihrer Hierarchie und Verwandtschaft (Systematik) sind davon unabhängig.

Aufgrund ihrer Bedeutung ist sie in strenge Regelwerke gefasst, sogenannten Codes. Für die verschiedenen Organismengruppen (Pflanzen einschließlich Pilze und Algen, Tiere, Bakterien, Viren) existieren jeweils eigene, voneinander unabhängige Nomenklatur-Regelwerke.

Ursprung der biologischen Namensgebung

Erste wissenschaftliche Werke über Pflanzen und Tiere wurden ab etwa 1550 gedruckt, biologische Wissenschaft im heutigen Sinne mit empirischen Studien wurde ab etwa 1670, z. B. von Maria Sibylla Merian betrieben. Ab dann erhöhte sich die Zahl der bekannten Arten schnell auf mehrere Tausend, was ein effektives System biologischer Artnamensgebung erforderlich machte. Erste Ansätze zur binären Benennung hatte es schon etwa durch die Einführung von Doppelbezeichnungen für Gattungen und Arten durch John Ray gegeben.

Basierend auf früheren Ansätzen führte Carl von Linné in seinem Buch Species Plantarum im Jahre 1753 ein System zur Benennung von Pflanzenarten ein. Dieses System unterschied sich von vorigen Systemen darin, dass einem Gattungsnamen nur ein einziger Artname hinzugefügt wurde. Für die Zoologie folgte die Einführung 1758 in der 10. Auflage (1757–1759) seines für die biologische Systematik grundlegenden Werkes Systema naturae, das zwischen 1735 und 1768 in 12 Ausgaben erschien. Die Einführung des Binomen ersetzte die zuvor gebräuchliche umständliche Methode, die Artdiagnose, als sogenannte Phrase, in den Namen zu legen. Dabei waren zwar Namen für die Gattungen schon üblich, die Art wurde aber durch eine Aneinanderreihung für charakteristisch erachteter Merkmale umschrieben, die zudem nicht standardisiert war. Der Botaniker Dillenius beschrieb etwa 1718 eine Moosart „Bryum aureum capitulis reflexis piriformibus, calyptra quadrangulari, foliis in bulbi formam congestis“, sein Zeitgenosse Rupp nannte dasselbe Moos 1718 „Muscus capillaceus folio rotundiore, capsula oblonga, incurva“. In der binären Nomenklatur nach der Methode von Linné machte Johannes Hedwig daraus Funaria hygrometrica.[3]

Die von Linné eingeführte binäre Nomenklatur verkürzte und vereinheitlichte zwar die Form des Namens. Es blieb aber weiterhin üblich, dass verschiedene Autoren dieselbe Art mit verschiedenen Namen belegten. Es bildeten sich rasch nationale Systeme der Namensgebung heraus, meist der Autorität bedeutender Forscher folgend. Es war üblich, dass dieselbe Art in England einen anderen Namen trug als in Frankreich oder Deutschland, und sogar innerhalb der Nationen verwendeten einzelne Forscher aus persönlichen Vorlieben oder Abneigungen heraus verschiedene Namen; einige wurden wohl auch von Eitelkeit dazu getrieben, neue Namen zu erfinden. Um diesen Zustand zu überwinden, schlug 1842 eine Kommission der British Association for the Advancement of Science, der illustre Forscher wie Charles Darwin und Richard Owen angehörten, ein Regelwerk zur Namensgebung vor, das nach dem Berichterstatter Hugh Edwin Strickland meist „Strickland Code“ genannt wird.[4]

Wichtigste Neuerung des Strickland Code war eine Prioritätsregel, nach der derjenige Name verwendet werden sollte, der vom Erstbeschreiber eingeführt worden war, wobei aber nicht auf Namen vor Linnés Werk, in dem die binäre Nomenklatur eingeführt worden war, zurückgegriffen werden sollte. Bei einer taxonomischen Änderung wie der Aufspaltung einer Art oder Gattung in mehrere neue, sollte immer eine der neu unterteilten Gruppen den ursprünglichen Namen behalten. Der „Strickland Code“ wurde von zahlreichen wissenschaftlichen Gesellschaften auch in anderen Nationen formal übernommen, er wurde mehrfach präzisiert und überarbeitet, aber er war keinesfalls allgemein anerkannt oder verbindlich. Auf den Internationalen Kongressen der Zoologie (der erste war in Paris, 1889) wurden die Regeln lange debattiert und verschiedene Kommissionen eingesetzt. 1895 wurde die International Commission on Zoological Nomenclature gegründet. Es dauerte aber bis zum fünften Kongress (in Berlin, 1901), bis man sich einig wurde. Das Ergebnis, die „Règles internationales de la Nomenclature zoologique“ wurden 1905 (in französischer, englischer und deutscher Sprache) veröffentlicht. Diese wurden 1961 durch den International Code of Zoological Nomenclature ersetzt.[5]

Der erste Vorschlag zur Vereinheitlichung der botanischen Nomenklatur stammte von Augustin-Pyrame de Candolle 1813. Sein Sohn Alphonse Pyrame de Candolle erreichte auf dem ersten Internationalen Botanischen Kongress in Paris die Verabschiedung des „Paris Code“ (1867). 1905 wurde zwar ein Code beschlossen, der aber nicht von allen Botanikern akzeptiert wurde. Der erste Internationale Code für Botanische Nomenklatur, der für allgemein verbindlich erachtet wurde, wurde erst 1930 beschlossen.

Mit der Etablierung strikter, aber unterschiedlicher Regelwerke drifteten botanische und zoologische Regeln für die Namensgebung endgültig auseinander. In der Mikrobiologie orientierte man sich lange an dem botanischen Regelwerk, bis 1980 ein eigener Code für die Nomenklatur der Bakterien erstellt wurde.

Die früheste Prioritätsgrenze für Fragen der zoologischen Nomenklatur wurde mit dem 1. Januar 1758 als festgelegtes Erscheinungsdatum der 10. Auflage der Systema Naturae bestimmt. Für die Botanik gilt entsprechend der 1. Mai 1753, das festgelegte Erscheinungsdatum der 1. Ausgabe von Linnés Werk Species plantarum. In älteren Werken verwendete Namen werden nicht anerkannt. Einzige Ausnahme ist hier in der Zoologie die Gruppe der Spinnen, für die per Beschluss der Zoologen das bedeutende Werk Svenska spindlar von Clerck (1757) als nach der 10. Auflage der Systema Naturae erschienen – und damit als verfügbar für die Nomenklatur – erachtet wurde.

Form des Namens

Binäre Nomenklatur nach Linné

Die binäre Nomenklatur (lateinisch binarius ‚zwei enthaltend‘, nomenclatura ‚Namensverzeichnis‘) als in der Wissenschaft gängiges Klassifikationsschema (Taxonomie) für die Nomenklatur der biologischen Arten geht auf Carl von Linné (1707–1778) zurück.

Der zweiteilige Grundbestandteil setzt sich zusammen aus dem Namen der Gattung, der stets als Substantiv mit einem Großbuchstaben beginnt, und einem heute immer kleingeschriebenen Epitheton, häufig ein Adjektiv, welches in Kombination mit der Gattung die Art charakterisiert. Das zweite Wort wird in der Botanik das Art-Epitheton (Epitheton specificum) genannt, in der Zoologie wird vom Artnamen (engl. specific name) gesprochen. Die beiden Wörter gemeinsam bilden die Bezeichnung einer Art (engl. name of the species), zum Beispiel ist der wissenschaftliche Name für den (anatomisch modernen) Menschen als Art Homo sapiens. Jede solche Kombination aus Gattungsname und Epitheton darf nur einmal – also nur für eine Art – vergeben werden. Gattungsname und Epitheton wie auch die Bezeichnungen der übrigen taxonomischen Gruppen entstammen gewöhnlich der lateinischen oder griechischen Sprache. Nichtlateinische Namen werden latinisiert. Dies steht in der Tradition der Zeit, als Latein die Lingua franca der Gelehrten in der westlichen Welt war.

Im Gegensatz zum alltäglichen Gebrauch erscheint das Binomen in der wissenschaftlichen Literatur in Kursivschrift.[6] Handelt es sich um ein Werk, das taxonomische Themen behandelt, wird der Name der Art gefolgt vom Autorzitat, das ist der Nachname oder das Namenskürzel desjenigen, der die erste gültige wissenschaftliche Beschreibung des Lebewesens verfasst hat, in angewandten Werken kann dies auch entfallen; hier wird häufig z. B. auf eine Standardliste oder ein Namensverzeichnis verwiesen. Darauf folgt in der Zoologie noch das Jahr der Veröffentlichung dieser Beschreibung. Weitere internationale nomenklatorische Bestimmungen regeln zum Beispiel, dass das Epitheton meist erhalten bleibt, auch wenn die Art in eine andere Gattung gestellt wird oder wenn sie vom Artstatus z. B. in eine Unterart überführt wird etc.

Der Gattungsname wird mit großem Anfangsbuchstaben geschrieben und ist ein erforderlichenfalls latinisiertes Substantiv im Nominativ Singular. Für die Mikrobiologie ist sogar vorgeschrieben, dass der Gattungsname als lateinisches Substantiv behandelt wird. Das Art-Epitheton in der Botanik wird üblicherweise[7] klein geschrieben und ist ein lateinisches oder latinisiertes Adjektiv oder Substantiv im Nominativ Singular bzw. ein Substantiv im Genitiv. Ein Adjektiv muss im grammatikalischen Geschlecht dem Gattungsnamen folgen und wird bei einer Änderung der Gattung auch entsprechend angepasst. Dies gilt ebenso für die Namen der Bakterien. In der Zoologie wird der Artname immer klein geschrieben (sogar am Satzanfang), eine in irgendeiner Sprache halbwegs aussprechbare Buchstabenkombination von mindestens zwei Buchstaben reicht aus. Ist der Artname ein lateinisches oder latinisiertes Adjektiv, wird dieses in den meisten Tiergruppen dem Geschlecht des Gattungsnamens angepasst.

Botanik

Für die wissenschaftlichen Namen von Pflanzenarten, -gattungen, -familien und weiteren taxonomischen Rangstufen wird das von Carl von Linné 1753 in seinem Werk Species Plantarum begründete binäre Namensgebungssystem verwendet, das heute durch den „Internationalen Code der Nomenklatur für Algen, Pilze und Pflanzen“ (ICN/ICNafp) – bis 2011 „Internationaler Code der Botanischen Nomenklatur“ (ICBN) – geregelt ist.

Bei Pflanzenarten dürfen der Gattungsname und das Art-Epitheton nicht identisch sein; der Name Linaria linaria wäre zum Beispiel nicht gestattet (vgl. Tautonym).

Bei Namen unterhalb des Artranges muss der Name der Rangstufe genannt werden (in der Regel als Abkürzung: Unterart ⇒ „subsp.“ (früher auch „ssp.“[8]), Varietät ⇒ „var.“, Forma ⇒ „f.“) – dies steht im Gegensatz zur zoologischen Nomenklatur. Die jeweilige Abkürzung wird dabei nicht kursiv geschrieben; Beispiel: Stachys recta subsp. grandiflora.

Zum vollständigen Namen gehört auch das Autorenkürzel des Namens, welches oft in Kapitälchen und nichtkursiv geschrieben wird (z. B. Anchusa officinalis L.; „L.“ ist dabei das standardisierte Kürzel für „Linné“ (s. o.)). Wird eine Art später einer anderen Gattung zugesprochen (→ Umkombination), so wird der Autor des Basionyms weiterhin in Klammern aufgeführt (z. B. Anchusa arvensis (L.) M.Bieb.; Linné hat also die Art beschrieben (als Lycopsis arvensis), von Bieberstein hat sie dann allerdings in eine andere Gattung gestellt).

Dieses doppelte Zitieren von Autorennamen ist in der zoologischen Nomenklatur nicht erlaubt.

Zoologie

Für die wissenschaftlichen Namen von Tierarten, Gattungen oder Familien wurde das von Carl von Linné 1758 veröffentlichte Werk Systema Naturæ als Startpunkt festgelegt.[9] Die Namensgebung wird heute durch die Internationalen Regeln für die Zoologische Nomenklatur (ICZN Code) geregelt.

Ein Artname besteht aus zwei Bestandteilen (Gattung und Art); diese bilden den Gesamtnamen, der in der Zoologie nur eine bestimmte Tierart bezeichnen darf. Gattungen, Familien und alle noch höheren Gruppen bestehen nur aus einem einzigen Namen, der immer mit einem Großbuchstaben anfängt. Artnamen beginnen mit einem Kleinbuchstaben.

Innerhalb einer Gattung müssen Arten verschiedene Namen tragen; den gleichen Artnamen in verschiedenen Gattungen zu verwenden ist zulässig. Im Unterschied zur Botanik können in der Zoologie der Gattungsname und der Artname identisch sein (Tautonymie, z. B. Uhu: Bubo bubo).

Innerhalb der zoologischen Binominalnomenklatur sind weiterhin möglich:

Außerhalb und innerhalb wissenschaftlicher Zusammenhänge werden auch weitere Namenskonstruktionen verwendet, auf die der Code der zoologischen Nomenklatur keine Anwendung findet (d. h. solche Namen werden vom Code nicht geregelt):

  • die Benennung von Varietäten und Formen (z. B. Farbmorphen von Schmetterlingen) oder Zuchtformen oder anderen Einheiten unterhalb subspezifischen Rangs durch die Anfügung eines weiteren kleingeschriebenen Namens und der Bezeichnung var. für Varietät bzw. forma für Form. Die Bezeichnung Varietät wird dabei in der Zoologie nicht mehr verwendet, ältere als Varietäten beschriebene Namen sind aber verfügbar und können von späteren Bearbeitern als Namen für Arten oder Unterarten verwendet werden. So wurde zum Beispiel die von Carl Agardh Westerlund beschriebene Süßwasserschnecke Bithynia troscheli var. sibirica später als Art Bithynia sibirica (Westerlund) beschrieben.[10]
  • die Benennung von Hybriden. Beispielsweise ist der Name Equus mulus Erxleben kein gültiger Name für das Maultier, das aus einem Pferd (Equus caballus) und einem Esel (Equus asinus) gekreuzt wurde. Die Benennung erfolgt stattdessen in Form einer Hybridformel durch Angabe der Artnamen beider Elternteile (Equus caballus × asinus). Bei den Pflanzen ist die Beschreibung von Hybriden nach dem Code der Botanischen Nomenklatur zulässig,[11] wird aber nicht uneingeschränkt empfohlen.[12]

Mikrobiologie

Für die wissenschaftlichen Namen von Bakterien wird der Internationale Code der Nomenklatur der Bakterien (ICNB) – in Kurzform als Bakteriologischer Code bezeichnet – verwendet. Er wird vom International Committee on Systematics of Prokaryotes (ICSP, englisch für „Internationale Kommission für die Systematik der Prokaryoten“) überwacht und veröffentlicht. In Zukunft soll der Code International Code of Nomenclature of Prokaryotes (englisch für „Internationaler Code der Nomenklatur der Prokaryoten“) genannt werden. Er gilt für Bakterien, andere Mikroorganismen werden durch andere Regelwerke erfasst:[13] Pilze und Algen durch den in der Botanik verwendeten ICN/ICNafp, Protozoen durch den in der Zoologie verwendeten ICZN und Viren durch den Code der Nomenklatur der Viren (englisch International Code of Virus Classification and Nomenclature), der jedoch noch nicht veröffentlicht wurde. Bis 1975 wurde der Internationale Code der Botanischen Nomenklatur (ICBN) zur Benennung von Bakterien verwendet.[14] Es brauchte mehrere Internationale Kongresse für Mikrobiologie, bis ein eigenes Regelwerk erstellt wurde.[13] Der Hintergrund war, dass damals etwa 30.000 Namen in der Literatur veröffentlicht waren, aber bei vielen keine eindeutige Zuordnung zu einer Bakterienart möglich war.[14]

Ab 1976 wurde an der Erstellung von Listen mit anerkannten Bakteriennamen (englisch Approved Lists of Bacterial Names) gearbeitet und der 1. Januar 1980 als Startpunkt für den Bakteriologischen Code festgelegt. Zu diesem Zeitpunkt wurden alle nicht auf den Listen geführten Bakteriennamen als ungültig angesehen. Seitdem müssen neue Bakteriennamen dem Code entsprechend vergeben werden. Vom Internationalen Code der Nomenklatur der Bakterien wurde 1990 eine Revision herausgegeben, die derzeit (Stand 2014) gültig ist.[13] Die Approved Lists of Bacterial Names sind in zweiter Auflage 1989 erschienen, seitdem werden sie durch regelmäßige Veröffentlichungen der Validation Lists („Bestätigungslisten“) ergänzt.[15]

Im Bakteriologischen Code werden die taxonomischen Rangstufen Klasse, Ordnung, Familie, Gattung, Art und Unterart erfasst, wobei es auch Zwischenrangstufen, wie z. B. Unterordnung geben kann. Die Verwendung der Rangstufe Varietät ist nicht zulässig. Die Taxa zwischen Unterklasse und Gattung haben entsprechend ihrem Rang eine bestimmte Wortendung (Suffix). Namen für Unterarten (Subspezies) sind – wie in der Botanik – eine ternäre Kombination unter Einschluss des Kürzels „subsp.“,[16] wie z. B. Lactobacillus delbrueckii subsp. bulgaricus. Es kommt häufiger vor, dass die Namen von Personen, die sich um die Mikrobiologie verdient gemacht haben, in Gattungsnamen aufgegriffen werden. Für die Bildung derartiger Gattungsnamen existieren feste Regeln und sie sind, unabhängig von der Person, feminin. Beispiele sind die Gattungen Hamadaea (nach Masa Hamada benannt), Kurthia (nach Heinrich Kurth benannt) oder Nesterenkonia (nach Olga Nesterenko benannt). Auch die Verwendung eines Diminutivs findet sich häufig, wie bei Bordetella, Klebsiella oder Salmonella. Wie in der Botanik wird auch der oder die Autorenname(n) (allerdings nicht als Kürzel) und das Jahr der Erstbeschreibung hinter den Namen des Taxons gesetzt. Die Regeln für die Umkombination werden analog verwendet. Außerdem kommt es vor, dass die Beschreibung eines Taxons später durch einen oder mehrere Autoren verbessert wurde. In diesem Fall werden die Autorennamen hinter der Abkürzung „emend.“ (lateinisch emendavit für „verbessert“ oder „berichtigt“) mit der Jahreszahl der Beschreibung aufgeführt. Falls beides zutrifft, ergeben sich durchaus längere Kombinationen, wie bei Micrococcus luteus (Schröter 1872) Cohn 1872 emend. Wieser et al. 2002. Die Verwendung von Kapitälchen für Autorennamen ist im Bakteriologischen Code nicht geregelt.[13]

Namensvergabe

Die Namen werden in der Regel durch die Forscher vergeben, die die Art das erste Mal wissenschaftlich beschreiben (Erstbeschreibung). Es gibt sowohl in der Botanik[17] als auch in der Zoologie ein paar Spezialfälle, in denen die Beschreibung bereits vorher und ohne korrekte Namensnennung veröffentlicht wurde – in diesen Fällen wird der Artname der Person zugeschrieben, die den Namen erstmals korrekt eingeführt hat.

Um durch die Angabe der Originalquelle eines Namens größere Eindeutigkeit der Namensverwendung herzustellen, wird in der wissenschaftlichen Literatur der Name des Autors an den wissenschaftlichen Namen angehängt. In der Botanik wird der Autorenname meist standardisiert nach Brummitt & Powell (1982)[18] und dem International Plant Names Index[19] abgekürzt, während Abkürzungen in der Zoologie unerwünscht sind. Steht eine Tierart heute in einer anderen Gattung als der, in der sie ursprünglich beschrieben worden war, werden Autor und Jahr in Klammern gesetzt. Die Abkürzungsinitialen für den Vornamen des Autors werden in einigen Tiergruppen häufig dann dazugesetzt, wenn es andere Autoren desselben Nachnamens in derselben Tiergruppe gab (wobei nirgendwo einheitliche Kriterien angewendet werden). Diese Initialen sind in der Biodiversitätsinformatik unerwünscht.

Kriterien für die Namensgebung

Die Namen der Gattungs- und Artgruppe werden oftmals aus einem besonderen Merkmal (z. B. Farbe, Größe, Verhalten), aus dem Ort der Entdeckung oder aus einem Personennamen abgeleitet, jedoch gilt es als verpönt, die Art nach sich selbst zu benennen.

Betrachtet ein Bearbeiter mehrere Namen als Synonyme ein und derselben Art, so hat der älteste verfügbare Name Vorrang (Prioritätsprinzip) und die Synonyme bezeichnen ungültige Namen.

Siehe auch: Liste skurriler wissenschaftlicher Namen aus der Biologie – zur prinzipiellen Freiheit des Autors, den Namen zu vergeben, sofern keine grundsätzlichen Regeln verletzt werden

Internationale Regelwerke zur Nomenklatur

Heute sind die folgenden Regelwerke (Nomenklatur-Codes) akzeptiert:

In den 1990er Jahren vorgeschlagen, jedoch bislang ohne Akzeptanz, sind PhyloCode und BioCode. Der BioCode möchte dabei ein einheitliches System der Nomenklatur für alle Lebewesen mit Ausnahme der Viren einführen, also die Systeme ICBN, IRZN, ICNB und ICNCP ersetzen. Im PhyloCode wird beabsichtigt, Regeln zur Bezeichnung aller über der Art stehenden hierarchischen Gruppierungen zu geben.

Probleme bei der Vereinheitlichung der bestehenden Systeme der Nomenklatur bereiten die gar nicht so wenigen Fälle, in denen derselbe wissenschaftliche Gattungsname sowohl im Tierreich als auch im Pflanzenreich oder bei Bakterien verwendet wurde. Beispielsweise bedeutet der Gattungsname Oenanthe im Pflanzenreich die Wasserfenchel (Apiaceae), im Tierreich die Steinschmätzer (Vögel, Muscicapidae). Weitere doppelt verwendete Gattungsnamen sind Alsophila, Ammophila, Arenaria u. a. Der ICZN empfiehlt (Recommendation 1a)[20], solche doppelten Namen nicht mehr für neu zu beschreibende Gattungen zu vergeben.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Nomenklatur bei Duden.de
  2. PONs Deutsch-latein Nomenklatur.
  3. Karl Mägdefrau: Geschichte der Botanik: Leben und Leistung großer Forscher. Springer-Verlag, 2. Auflage 2013. ISBN 978-3-642-39400-3. Das Beispiel auf S. 58.
  4. H.E.Strickland et al.: Series of propositions for rendering the nomenclature of zoology uniform and permanent. Annals and Magazine of Natural History, including Zoology, Botany and Geology 11: 259−275.
  5. R.V. Melville (editor): Towards Stability in the Names of Animals – a History of the International Commission on Zoological Nomenclature 1895−1995. The International Trust for Zoological Nomenclature. ISBN 0-85301-005-6.
  6. Council of Science Editors / Style Manual Committee: Scientific style and format. The CSE manual for authors, editors, and publishers. 7. Auflage. The Council, Reston (VA) 2006. S. 345.
  7. J. McNeill u. a. (Hrsg.): International Code of Botanical Nomenclature (Vienna Code) adopted by the Seventeenth International Botanical Congress Vienna, Austria. In: Regnum Vegetabile. Band 146, 2006, Art. 60, Empfehlung 60F online.
  8. J. McNeill u. a. (Hrsg.): International Code of Botanical Nomenclature (Vienna Code) adopted by the Seventeenth International Botanical Congress Vienna, Austria. In: Regnum Vegetabile. Band 146, 2006, Art. 5 (online).
  9. Als Ausnahme wurde das Werk "Svenska Spindlar", latinisiert "Aranei Svecici" des schwedischen Naturforschers Carl Alexander Clerck, das 1757 publiziert wurde, als nomenklatorische Basis für die Spinnen festgelegt, wobei im Code eine Herausgabe fiktiv erst nach dem "Systema Naturae" unterstellt wird. Carl Alexander Clerck: Svenska Spindlar uti sina hufvud-slågter indelte samt under några och sextio särskildte arter beskrefne och med illuminerade figurer uplyste. lat.: Aranei Svecici, descriptionibus et figuris æneis illustrati, ad genera subalterna redacti, speciebus ultra LX determinati. L. Salvii, Stockholmiæ 1757.
  10. Ekaterina A. Lazutkina, Nikolay I. Andreyev, Svetlana I. Andreyeva, Peter Gloer, Maxim V. Vinarski (2009): On the taxonomic state of Bithynia troschelii var. sibirica Westerlund, 1886, a Siberian endemic bithyniid snail (Gastropoda: Bithyniidae). In: Mollusca. 27(2): 113–122.
  11. ICBN Appendix 1
  12. ICBN Rec. H.10B.1.
  13. a b c d S. P. Lapage, P. H. A. Sneath, E. F. Lessel, V. B. D. Skerman, H. P. R. Seeliger, W. A. Clark (Hrsg.): International Code of Nomenclature of Bacteria – Bacteriological Code, 1990 Revision. ASM Press, Washington (DC), USA 1992, ISBN 1-55581-039-X (NCBI Bookshelf).
  14. a b Peter H. A. Sneath: The preparation of the Approved Lists of Bacterial Names. In: International Journal of Systematic and Evolutionary Microbiology. Band 55, Nr. 6, November 2005, S. 2247–2249, ISSN 1466-5026. doi:10.1099/ijs.0.64137-0.
  15. Victor B. D. Skerman, Vicki McGowan, Peter H. A. Sneath (Hrsg.): Approved Lists of Bacterial Names (Amended). 2. Auflage. ASM Press, Washington (DC), USA 1989, ISBN 978-1-55581-014-6 (NCBI Bookshelf).
  16. Lapage et al.: Bacteriological Code. 1992, Names of Subspecies: Rule 13a.
  17. J. McNeill u. a. (Hrsg.): International Code of Botanical Nomenclature (Vienna Code) adopted by the Seventeenth International Botanical Congress Vienna, Austria. In: Regnum Vegetabile. Band 146, 2006, Art. 7.3 (online).
  18. R. K. Brummitt, C. E. Powell: Authors of plant names. Royal Botanic Gardens, Kew 1992, ISBN 0-947643-44-3.
  19. Royal Botanic Gardens, Kew, Harvard University Herbaria, Australian National Herbarium (Hrsg.): The International Plant Names Index. 2004– (ipni.org).
  20. ICZN Rec. 1a
Übersetzung und Erklärung botanischer Namen