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Holyland-Modell der Stadt Jerusalem

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Koordinaten: 31° 46′ 24″ N, 35° 12′ 8″ O

Das Holyland-Modell (hebräisch: [1]דגם הולילנד, offizieller Name: דגם ירושלים בסוף ימי בית שני, Modell Jerusalems am Ende der Zeit des Zweiten Tempels) ist ein plastisches Stadtmodell von Jerusalem vor dem Beginn des Jüdischen Krieges. Das Bezugsjahr ist 66 n. Chr. Das Modell im Maßstab 1:50 entstand von 1964 bis 1969 und bietet eine Zusammenschau antiker Quellentexte und archäologischer Grabungen. In der besten Zeit des Holyland-Modells, von den 1980er Jahren bis zum Beginn der Zweiten Intifada, zählte man jährlich 300.000 Besucher.[2] Darüber hinaus wurde das Bild der Tempelfassade Teil der Alltagskultur.[3] Im Jahr 2006 wurde das Modell auf dem Campus des Israel-Museums in Jerusalem in Nachbarschaft zum Schrein des Buches neu aufgebaut.

Gesamtansicht von Süden (2012).

Entstehung

Idee

„Wenn Juden nicht zu den heiligen Stätten gehen können, kommen die heiligen Stätten eben zu ihnen.“ (Hans Kroch)[4]

Das Holyland-Modell ist eng mit der politischen Situation zwischen 1948 und 1967 verbunden. Israelis hatten keinen Zugang zu den historischen Stätten der von Jordanien kontrollierten Altstadt.[5]

Der Bauunternehmer Hans Kroch hatte nach seiner Alija 1949 den Hotelkomplex Eretz Hatzvi (später umbenannt in Holyland) im Jerusalemer Vorort Bayit veGan aufgebaut,[6] der 1959 fertiggestellt war.[7] Er hatte die Idee zu dem etwa 1000 Quadratmeter[8] großen Stadtmodell und gewann 1962 den Archäologen Michael Avi-Yonah von der Hebräischen Universität für die Umsetzung dieses Projektes. Kroch stellte das Gelände zur Verfügung – die Lobby eines Luxushotels – und finanzierte Aufbau und Wartung der Anlage.

Planung

Hinter dem Modell stand die wissenschaftliche Expertise des Archäologen Michael Avi-Yonah, der als Spezialist für die Zeit des Zweiten Tempels galt. Seine Frau, die Malerin Hava Avi-Yonah, entwarf die Gebäude. Die Unzugänglichkeit der Altstadt bedeutete auch, dass Avi-Yonah vor allem antike Quellentexte und ältere Grabungsberichte nutzte.

Als Ausgleich besuchten die Eheleute Avi-Yonah gemeinsam antike Städte des Mittelmeerraumes. Hava Avi-Yonah legte eine Sammlung von Architekturzeichnungen an, die nachher für die Gestaltung der wichtigen Bauwerke Jerusalems herangezogen werden konnten.

Quellen

Folgende antike Quellen für das Stadtmodell wurden von Michael Avi-Yonah und seinem Mitarbeiter Yoram Tsafrir benannt:

„Lokale Überlieferungen zur Lage heiliger Stätten in Jerusalem wurden auch in Betracht gezogen.“[9] Annabel Jane Wharton interpretierte diesen Satz so, dass bestimmte Einzelheiten, etwa der Golgathafelsen, nur den erwarteten Besuchern zuliebe in das Modell aufgenommen worden seien. Dass Michael Avi-Yonah jüdische und christliche Traditionen gleichermaßen bei der Rekonstruktion heranzog, machte sein Modell-Jerusalem zu einem gemeinsamen Raum für Juden und Christen; auch wegen dieser Grundentscheidung fand Avi-Yonahs Stadtmodell ein gewisses Maß an Bewunderung in der akademischen Öffentlichkeit.[10]

Symboljahr 66 n. Chr.

„Gerade als Jerusalem den Höhepunkt seines Glanzes erreichte, erhoben sich die Juden gegen die römische Herrschaft. Im Jahre 66 begann der Zelotenaufstand. Schnell breitete sich dieser bis nach Jerusalem aus, wo schon bald die römische Garnison ausgeschaltet und der Vasall Agrippas II. (sic!) vertrieben wurde. Doch die Freude über die anfänglichen militärischen Erfolge gegen die antike Supermacht war verfrüht.“[11]

Dieses Narrativ liegt dem Holyland-Modell zugrunde, auch an seinem aktuellen Standort auf dem Campus des Israel-Museums. Jerusalem im Jahr 66 war demnach eine blühende Metropole.[12] Kein Teil des Narrativs ist die Spaltung der Zelotenbewegung schon im Jahr 66 durch die überraschende Ermordung des als zelotischer Messias auftretenden Menahem.[13] Der Aufstand in fast aussichtsloser Lage wird im Narrativ positiv bewertet. Das Jahr 66 n. Chr. stehe, ähnlich wie der Aufstand im Warschauer Ghetto, für die Manifestation ungebrochener Moral, so Maya Balakirsky Katz, und diese innere Haltung sei ein wichtiges Element des nationalen Ethos im heutigen Staat Israel.[14]

Zitate antiker Bauwerke im Mittelmeerraum

Alter Königspalast der Hasmonäer.

In der ersten Fassung des Museumsführers, der das Holyland-Modell erläutern sollte, legte Michael Avi-Yonah viele seiner Entscheidungen zur Darstellung markanter Bauwerke offen, bei denen aus archäologischer Sicht große Wissenslücken bestanden. Ein Beispiel ist der alte Königspalast der Hasmonäer in der Oberstadt. Avi-Yonah orientierte sich hier an der Anlage des Palastes von Ptolemais und fügte Fassadenelemente der nabatäischen Grabanlagen in Petra hinzu. Aber diese Fassung des Museumsführers erschien nicht im Druck.[15] In dem gedruckten Museumsführer von 1966 wurde die Architektur des Hasmonäerpalastes als eine Reihe von Fakten vorgestellt.[16] Der Leser sollte der Autorität des Archäologen Michael Avi-Yonah vertrauen und glauben, dass der Palast genau so ausgesehen hätte.

Die breite Öffentlichkeit nahm das Stadtmodell für ein Abbild der antiken Realität, während es für Kenner zum intellektuellen Sport wurde, das Original für eine Einzelheit im Holyland-Modell zu entdecken. Yoram Tsafrir erläuterte diese „privaten kleinen Spiele, privaten kleinen Rätsel“ 2010 in einem Interview: Avi-Yonah habe beispielsweise den Jerusalemer Markt mit Pavillions aus Leptis Magna dekoriert, das Jerusalemer Theater sei eine getreue Kopie des Theaters von Orange, das Hippodrom habe er nach einem Mosaik entworfen, das er in Barcelona gesehen hatte.[17]


Adaption eines anerkannten Stadtmodells

Als die Eheleute Avi-Yonah Rom besichtigten, studierten sie das Modell der Stadt zur Zeit Kaiser Konstantins, an dem Italo Gismondi von 1935 bis 1971 arbeitete. Es steht seit 1955 im Museo della Civiltà Romana und war ein Vorbild bei der Anlage des Jerusalemer Modells.[18] Das Modell des imperialen Rom (Maßstab 1:250) beruhte auf umfangreichen Quellenstudien und Ausgrabungen, aber es blieben Lücken, die hypothetisch gefüllt werden mussten, gerade bei der Darstellung der einfachen Wohnquartiere. Trotzdem wurde es als authentisches Bild der antiken Stadt anerkannt, weil es von namhaften Wissenschaftlern entwickelt worden war und einzelne bekannte Gebäude in gelungener Weise rekonstruiert worden waren; das verlieh auch den mehr spekulativen Teilen des Modells Glaubwürdigkeit. Vor allem aber, so die These von Yael Padan, bestätigte das Modell des imperialen Rom ein Bild der antiken Zivilisation, das im kollektiven Gedächtnis schon vorhanden war.[19]

Zusätzliche Elemente des Authentischen im Holyland-Modell

Der Zweite Tempel im Holyland-Modell.

Authentizität wurde auch dem Holyland-Modell zugeschrieben, weil es die genannten Kriterien genauso erfüllte wie sein Vorbild in Rom. Darüber hinaus machte der große Maßstab des Modells es möglich, zwei weitere Komponenten hinzuzufügen: die Wahl des gleichen Baumaterials wie beim Vorbild und die Imitation der Arbeit von Maurern und Steinmetzen durch die Modellbauer.

Beim Bau des Modells wurden die gleichen Materialien verwendet, die, wie man annahm, in der antiken Stadt zum Einsatz gekommen waren: Kalkstein (Meleke) für normale Wohnhäuser, Marmor für den Palast des Herodes und für den Tempel, Gold für die Kapitelle der Säulen und für die inneren Tempeltore, Kupfer für das Nikanor-Tor, außerdem Bronze, Eisen und Holz.[6] Die Kostbarkeit der Materialien trug nach Meinung Yoram Tsafrirs viel zur Glaubwürdigkeit der Rekonstruktion bei.[20]

Die Verwendung von Marmor als Baumaterial bezeugt Flavius Josephus, aber die Archäologie konnte das bisher nicht bestätigen. Da Marmorpalast und Marmortempel aber den Erwartungen des Publikums an die Größe der Stadt Jerusalem besser entsprachen als Kalkstein, tat die Wahl des wahrscheinlich falschen Baumaterials der Authentizität keinen Abbruch.[21]

Wertsteigernd war auch die Betonung der handwerklichen Sorgfalt: die Wohnhäuser wurden von den Modellbauern aus Millionen einzelner Steinchen aufgemauert, die Säulen dem antiken Vorbild entsprechend aus mehreren Teilstücken zusammengesetzt.

Realisierung im Park des Holyland-Hotels

Das Modell wurde im Park des Holyland-Hotels von Erwin Schaeffler, Rolf Brotzen und Baruch Engelhardt im Maßstab 1:50 aufgebaut.[22][23] Als erfahrene Modellbauer waren sie für die Masse der einfachen Häuser selbst verantwortlich; Hava Avi-Yonah hatte dafür einige Vorlagen entworfen, die sie variierten. Die ständig notwendigen kleinen Reparaturen am Modell übernahm Haim Peretz.[23]

Avi-Yonahs Modell zeigte eine ruhige und wohlhabende Oberstadt, die mit ihren hübschen roten Ziegeldächern den Blick auf sich zog und das Stadtbild dominierte. (Maya Balakirsky Katz sah hierin allerdings eine sublime aggressive Botschaft: ein jüdisches Wohngebiet, ausgedehnt auf die doppelte Größe des historischen Jüdischen Viertels.)[24]

Hans Kroch war das Modell jedenfalls zu friedlich. Um den äußeren Feind sichtbar zu machen, der die Stadt bedrohte, gab er eine Reihe von Nachbauten römischer Kriegsmaschinen im Maßstab 1:1 in Auftrag.[24]

Umzug des Modells zum Israel-Museum

Etwa seit dem Jahr 2000 ließ das Besucherinteresse am Holyland-Modell nach, parallel zum Rückgang des Tourismus in Israel insgesamt. Hillel Charney, ein Enkel von Hans Kroch, erläuterte 2004 gegenüber Haaretz, dass die Eigentümer den Bau von Appartementtürmen (Holyland-Park) in der Nachbarschaft des Holyland-Hotels planten.[2] (Dieses Projekt stand im Mittelpunkt der sogenannten Holyland-Affäre.) Darum müsse für das Modell ein neuer Standort gefunden werden.

Charney hatte bei verschiedenen Institutionen angefragt, bevor er sich an das Israel-Museum wandte. Museumsdirektor James Snyder zufolge war das Israel-Museum sehr interessiert, denn man plante ohnehin Baumaßnahmen am Schrein des Buches, der sich am Rande des ausgedehnten Museumscampus’ befand, hinter einer noch nicht entwickelten Freifläche. Dort war genügend Platz für das Modell des antiken Jerusalem; am 4. August 2004 wurde die Vereinbarung zwischen der Holyland Tourism Company und dem Israel Museum unterzeichnet.[6]

Ab September 2005 wurde das Modell in 100 Teile zersägt[25], fünf Kilometer transportiert und auf dem Freigelände vor dem Schrein des Buches wieder zusammengebaut. Den gesamten Umzug des Modells bezahlte die Holyland Tourism Company (Kosten: über 20 Millionen Schekel).[26] Am 12. Juni 2006 wurde die Anlage für Besucher geöffnet.

Snyder rechnete damit, dass das Holyland-Modell am neuen Standort von einem bloßen Touristenziel zu einem „kulturellen Artefakt an der Schnittstelle von Archäologie und Geschichte“ aufgewertet werde.[27]

Das Modell gehört weiterhin der Holyland Tourism Company, die die Wartung übernimmt und an den Ticketeinnahmen beteiligt wird; damit behält die Familie Charney auch das Recht, über Änderungen am Modell zu entscheiden.[26]

Aktualisierungen

Südwestlicher Aufgang zum Tempel (Holyland-Modell, 2011).

Das Holyland-Modell spiegelt den Erkenntnisstand seiner Bauzeit wider. Die Frage, wie weit neue Grabungsergebnisse Umbauten im Modell erfordern, wird seitdem kontrovers beantwortet, was zu einer uneindeutigen Situation führt: manchmal geht die neuere Forschung in das Modell ein, aber bei weitem nicht immer.

Das lässt sich an der Südwestecke des Tempels gut nachvollziehen. Hier ist das Modell aktualisiert worden, nachdem die große Treppenanlage, die zur Basilika emporführte, durch Benjamin Mazars Ausgrabungen genauer bekannt geworden war.[28] Der Vergleich mit der Rekonstruktion in der Tower of David Exhibition zeigt aber weitere mittlerweile bekannte Treppen und Straßen an der West- und Südseite der Umfassungsmauer, die im Holyland-Modell nicht übernommen wurden.

Im Ergebnis ist das Holyland-Modell ein „architektonischer Palimpsest.“[29]

Südwestlicher Aufgang zum Tempel (Tower of David Exhibition, 2011).

Michael Avi-Yonah

Bald nachdem die Altstadt 1967 für israelische Archäologen zugänglich wurde, setzten dort Ausgrabungen in großem Stil ein, durch Michael Avi-Yonah selbst im Jüdischen Viertel (Haus der Familie Qathros und Herodianisches Quartier) und durch Benjamin Mazar bei der Klagemauer. Avi-Yonah war in seinen letzten Lebensjahren davon überzeugt, dass das Modell dem neuen Erkenntnisstand mit dem Hammer in der Hand angepasst werden müsste: er riss Mauern ein und änderte den Verlauf von Brücken und Treppen.[30]

Yoram Tsafrir (ab 1974)

Als Schüler Avi-Yonahs wurde Yoram Tsafrir von Elsa Cherni, der Tochter von Hans Kroch, angefragt, ob er das Modell nach Avi-Yonahs Tod wissenschaftlich betreuen würde.[31] Tsafrir stimmte zu. Er sah das Modell als eine halb wissenschaftliche, halb künstlerische Schöpfung,[32] an der er nur die Änderungen vornehmen wollte, die Avi-Yonah selbst vorgenommen hätte: jener hatte angefangen, den Verlauf der zum Tempel führenden Straßen zu überarbeiten, also brachte Tsafrir diese Arbeit zum Abschluss.[32]

Tsafrir betonte den pädagogischen Wert des Modells, in dem einzelne Gebäude (wie die Paläste in der Davidsstadt) durch einen ungewöhnlichen Baustil hervorgehoben waren und Gebäudegruppen (wie die Villen der Reichen durch ihre Ziegeldächer) als zusammengehörig markiert wurden. Das sollte die Neugier des Betrachters wecken.[33]

Tsafrirs Abneigung gegen eine Anpassung an neuere Forschungsergebnisse traf sich gut mit der Position der Eigentümerfamilie Cherni, die das Modell unter dem kommerziellen Aspekt sah und befürchtete, dass alle Korrekturen am Modell dessen Glaubwürdigkeit beschädigten.[34]

Israel-Museum (ab 2006)

James Snyder, Direktor der Israel-Museums, schloss Korrekturen am Modell zwar nicht grundsätzlich aus, betonte aber, dass das Holyland-Modell nicht in erster Linie ein exaktes Bild der archäologischen Kenntnisse über die antike Stadt vermittele: „Richtig, Archäologen haben es geschaffen, aber wir sehen das Modell nicht als Darstellung von Archäologie, sondern mehr als ein Kunstwerk, das in einer bestimmten Situation entstanden ist zu einem ideologischen Zweck: um das moderne Israel an jenen 'existentiellen Felsen' des alten Israel anzubinden, der in jener Zeit (als das Modell entstand) nicht zugänglich war.“[35]

Eine Korrektur, die im Zusammenhang mit dem Umzug des Modells diskutiert wurde, war die Entfernung des prächtigen Hippodroms, das Avi-Yonah nach der Beschreibung von Flavius Josephus[36][37] geschaffen hatte. Keine archäologische Untersuchung erbrachte bisher einen Beweis für die Existenz eines solchen Bauwerks.[28] Anstelle des Hippodroms ist heute eine Freifläche unterhalb der Davidsstadt zu sehen.

Beschreibung

Neustadt

Im Norden, von der Nordostecke des Tempels bis zu den drei Türmen des herodianischen Königspalastes, verläuft die sogenannte Dritte Mauer, welche 44 n. Chr. um die Neustadt gebaut wurde und damit das Steinbruchgelände mit dem von der christlichen Tradition als Golgatha identifizierten Felsen in die Stadt einbezog. Zuvor hatte es außerhalb der Stadt gelegen. Im Inneren der Neustadt verläuft bogenförmig die Zweite Mauer und umschließt Märkte und Werkstätten im Tyropoion-Tal. „Von den Gebäuden, Straßen, Gärten und Steinbrüchen der Neustadt ist praktisch nichts erhalten, sodass die Rekonstruktion im Innern der 3. Mauer weitestgehend hypothetisch ist.“[38]

Markante Gebäude der Neustadt:

Oberstadt

Dies war die beste Wohnlage des antiken Jerusalem, das Wohnviertel der Priesteraristokratie. Avi-Yonah gab den Häusern dieses Viertels einen hellenistisch-römischen Charakter.[38]

Markante Gebäude der Oberstadt:

  • Königspalast des Herodes mit den Türmen Hippikos, Phasael und Mariamne;
  • Alter Königspalast der Hasmonäer;
  • Palast des Hohenpriesters Hananias ben Nedebaios;
  • Theater (Lage hypothetisch);
  • Hippodrom (Lage hypothetisch, entfernt);[39]
  • Palast des Kajafas (Lage nach christlicher Tradition);[40]
  • Grab des Königs David.

Unterstadt

Davidsstadt.

Im Bereich der Südwestecke des Tempels haben nach dem Bau des Modells umfangreiche Grabungen stattgefunden, die das Bild, das man von diesem Areal hat, stark verändert haben.[41]

Markante Gebäude der Unterstadt:

Davidsstadt

Die Davidsstadt liegt südlich der heutigen Altstadtmauern von Jerusalem, war jedoch in der Antike Teil der Stadt und historisch sogar deren Keimzelle. Avi-Yonahs Modell zeigt folgende Gebäude:

Tempel

Der Zweite Tempel hatte monumentale Umfassungsmauern. Nach Durchschreiten eines der Tore stand der Besucher, bevor er auf den Tempelplatz hinaustrat, in einer der außen umlaufenden Säulenhallen (im Süden in der königlichen Basilika). Der für antike Verhältnisse sehr große Tempelplatz war der sogenannte Vorhof der Heiden, eine Balustrade (siehe: Warninschrift vom Herodianischen Tempel) grenzte den inneren Bereich ab, den nur Mitglieder der jüdischen Religionsgemeinschaft betreten durften, und dieser war nach innen weiter differenziert: für jüdische Frauen und Männer – nur für Männer – nur für Priester. In der Mitte stand das eigentliche Tempelhaus.

Burg Antonia

Die Nordwestecke des Tempelplatzes wird im Modell optisch von der Burg Antonia beherrscht. Avi-Yonahs Rekonstruktion folgt der heute nicht mehr vertretbaren „Maximaltheorie,“[41] die 1902 von Barnabas Meistermann vorgelegt wurde. Dem zufolge war die Antonia eine monumentale viertürmige Anlage, die auch als Prätorium des Pilatus gedient habe. Der Ecce-Homo-Bogen sei ihr Westtor gewesen, und die Steinplatten des sogenannten Lithostroton seien ein Teil des Innenhofes gewesen. Louis-Hugues Vincent machte diese Interpretation seit den 1930er Jahren durch Zeichnungen und Nachbauten populär. Heute geht man von einer weit kleineren Burg aus.[44]

Silberne Tetradrachme Bar Kochbas, Vorderseite: Tempelfassade, Rückseite: Lulav und Etrog.
Tempel des Baal Schamim in Palmyra.
Tempelfassade, Detail des Freskos der Synagoge Dura Europos.

Tempelfassade

Die Vorderansicht des Tempelhauses brachte es zu großer Bekanntheit. Auch hier wandte Avi-Yonah das Prinzip an, nach dem er andere Großbauten des antiken Jerusalem rekonstruiert hatte. Er ergänzte die Information aus schriftlichen Quellen durch Zitate von antiken Artefakten. Bei der Gestaltung der Tempelfassade ging Avi-Yonah von einer Münzprägung des Bar Kochba (132/135 n. Chr.) aus und verglich sie mit der Fassade eines Tempels in Palmyra sowie mit einer Darstellung des Jerusalemer Tempels in der Synagoge von Dura-Europos. Aus der Kombination dieser Tempeldarstellungen mit den antiken Quellentexten entstand dann ein Modell des Tempelhauses.[45]

Rezeption

Nationaler und religiöser Kontext am Standort Holyland-Hotel

An seinem ursprünglichen Standort im Hotelpark war das Publikum des Holyland-Modells eher religiös und konservativ.

Annabel Jane Wharton unterschied verschiedene Besucherinteressen: für viele Israelis sei dieses Jerusalem im Jahr seiner Blüte authentischer gewesen als die reale, seit 1967 für sie wieder zugängliche Altstadt.[46] Christliche Pilger sähen hier die Stadt, die Jesus kannte und in der die Urgemeinde ihre Form angenommen hatte – eine Möglichkeit, sich von der byzantinischen Reichskirche oder von den Kreuzfahrern, deren Spuren im heutigen Jerusalem sichtbar sind, innerlich zu distanzieren.[47] Das Modell „reinigt die Stadt von dem Schutt der Religionen, die aus der Sicht jüdischer und christlicher Fundamentalisten im Irrtum sind: von der byzantinischen Orthodoxie, vom römischen Katholizismus, und ganz offensichtlich vom Islam. Für fromme Juden und Christen fängt dieses Modell die Zeit eines einigen Judentums beziehungsweise der apostolischen Reinheit ein.“[48]

In den 1980er Jahren verbreitete die extremistische Gruppe Yisrael haTzair Postkarten des modernen Jerusalem, auf denen eine Fotomontage den Felsendom durch den Zweiten Tempel des Holyland-Modells ersetzte.[49] Gil Yaron zufolge erschien der „weiß-goldene Marmortempel“ auf Fotomontagen jüdischer und christlicher Extremisten, die mit dem Anbruch der Endzeit rechneten.[50] Das Holyland-Modell des Tempels war eine Ikone dieses antiken Bauwerks geworden, seine gültige optische Umsetzung. Die Tempelfassade in Avi-Yonahs Interpretation wurde zitiert in freimaurerischen Bildschirmschonern und CD-Covern mit evangelikaler Musik.[51]

Nationaler und säkularer Kontext am Standort Israel-Museum

In der Ausstellung „Masterworks of Beauty and Sanctity“ im Jahr 2005 erinnerte das Israel Museum kurz vor dem Umzug des Holyland-Modells an seine 40jährige Geschichte, wobei es den Übergang von religiöser zu ästhetischer Wahrnehmung eines Artefakts auf verschiedene Weise ansprach.[52] Das bereitete den Boden für die Präsentation des Holyland-Models: es musste nun nicht mehr die „Heilige Stadt“ fehlerfrei abbilden, es konnte jetzt als Kunstwerk gewürdigt werden.

Auf zwei Weisen wird das Modell in das Gesamtkonzept des Israel-Museums hineingenommen: einerseits indem es mit dem Schrein des Buches in Beziehung gesetzt wird, andererseits indem man die national bedeutsamen Gebäude in seiner Nachbarschaft thematisiert.

Im Gegenüber zum Schrein des Buches

In diesen neuen Kontext gestellt, kann das Holyland-Modell als architektonische Selbstinszenierung der antiken Oberschicht interpretiert werden, die die Stadt mit ihren Monumentalbauten und Villen prägte und im Tempel ihren Bezugspunkt hatte, und steht im Kontrast zu der Gruppe, deren Schriften der Schrein des Buches enthält, einer Gemeinschaft, die sich vom Luxus der Stadt und vom Tempelkult abgewandt hatte.[25] In der Interpretation des Israel-Museums sind dies die Essener.

Umgeben von den „Tempeln“ des modernen Staates

Tempelmodell auf dem Dach der Aish haTorah-Jeschiwa.

Eine weitere Interpretationsmöglichkeit, die sich an dem neuen Standort ergibt, ist die Bezugnahme zu den (architektonisch oder auf Grund ihrer Bedeutung) tempelartigen Gebäuden, die den Herodianischen Tempel nun als Nachbarn umgeben: die Knesset, das Israel-Museum, die Nationalbibliothek, der Oberste Gerichtshof.[53] „Das Modell nimmt auf diese Weise teil an der Konstruktion eines modernen Narrativs der nationalen Identität, der basiert auf einem kollektiven Ursprungsmythos und Gebrauch macht von Nachbildungen antiker Kulturerbestätten.“[54]

Religiöser Neuentwurf

Religiöse Institutionen schufen sich nach der Einbindung des Holyland-Tempels in ein säkulares Museumskonzept ihre eigenen Tempelmodelle.[55]

Ein Beispiel ist Aish haTorah, eine orthodoxe Jeschiwa, die groß angelegte Outreach-Programme betreibt, mit der säkulare Juden für die Religion zurückgewonnen werden sollen. Aish haTorah beauftragte den Modellbauer Michael Osani mit dem Bau eines Tempelmodells im Maßstab 1:60.[55] Auch hier wurde in „authentisches“ Baumaterial investiert: Gold, Silber, Holz und Jerusalem-Stein (kein Marmor). Dieses Modell wurde 2009 auf dem Dach des damals noch unfertigen Aish haTorah-Zentrums nahe der Klagemauer aufgestellt. Dass man beim Betrachten des Modells den Felsendom im Hintergrund sieht, solle kein politisches Statement sein, sagte Jeschiwa-Direktor Hillel Weinberg der Jerusalem Post. Dem religiösen Juden solle es damit erleichtert werden, sich innerlich mit dem Tempel zu verbinden und sich beim Gebet auf das Allerheiligste hin auszurichten.[56]

Literatur

  • Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah’s Model of Second Temple Jerusalem and the Development of Israeli Visual Culture. In: Steven Fine (Hrsg.): The Temple of Jerusalem: From Moses to the Messiah (FS Louis H. Feldman), Brill, Leiden 2011, ISBN 978-90-04-19253-9, S. 349–364.
  • Max Küchler: Jerusalem. Ein Handbuch und Studienreiseführer zur Heiligen Stadt. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN 978-3-525-50170-2.
  • Yael Padan: Modelscapes of nationalism: collective memories and future visions. Amsterdam University Press 2017. ISBN 978-90-8964-985-0.
  • Annabell Jane Wharton: Selling Jerusalem: Relics, Replicas, Theme Parks. University of Chicago Press 2006. ISBN 0-226-89422-3.
  • Gil Yaron: Jerusalem. Ein historisch-politischer Stadtführer. C. H. Beck, München 2007. ISBN 978-3-89331-836-0. (Lizenzausgabe für die Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2008)

Einzelnachweise

  1. דגם הולילנד, דגם של ירושלים ובית המקדש בימי בית שני. Abgerufen am 14. März 2018.
  2. a b Amiram Barkat: Famed Second Temple Model Moving From Holyland Hotel to Israel Museum. Abgerufen am 13. März 2018.
  3. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 350.
  4. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 350–351: „If Jews cannot get to the holy places, the holy places will come to them.“
  5. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 78.
  6. a b c Esther Grabiner: The Double Urban Impact of a Model of Ancient Jerusalem. Abgerufen am 15. März 2018.
  7. Joseph Walk: Kurzbiographien zur Geschichte der Juden: 1918–1945. Hrsg.: Leo Baeck Institute. K. G. Saur, München / New York / London / Paris 1988, ISBN 3-598-10477-4, S. 206 (Der Bauunternehmer, Bankier und Philanthroph Hans Mayer Kroch (1887-1970), unter anderem beteiligt an der Leipziger Kroch-Stadt, wurde 1938 im KZ Buchenwald inhaftiert, nach Zwangsverkauf seines Unternehmens freigelassen; er emigrierte 1939 nach Holland, 1942 nach Argentinien und kam von dort nach Israel.).
  8. The Model of Jerusalem in the Second Temple Period. In: Israel Museum. Abgerufen am 12. März 2018.
  9. Annabel Jane Wharton: Selling Jerusalem. S. 221 (Zitat aus der von Avi-Yonah und Tsafrir verfassten Broschüre: Pictorial Guide to the Model of Ancient Jerusalem at the Time of the Second Temple in the Grounds of the Holy Land Hotel Jerusalem, Israel): „Local traditions about the location of holy sites in Jerusalem were also taken into account.“
  10. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's model of Second Temple Jerusalem. S. 351: „The model achieved a level of admiration from the academic community, partly because Avi-Yonah's historical inclusion and equitable treatment of both Jewish and Christian sources.“
  11. Gil Yaron: Jerusalem. S. 28–29.
  12. The Model of Jerusalem in the Second Temple Period. Abgerufen am 15. März 2018 (englisch): „The Second Temple Jerusalem Model recreates the city of 66 CE at the height of its glory ... At the heart of this impressive city stands the Temple Mount. ... A closer look reveals the uniquely Jewish character of Jerusalem. ... The magnificence of the city as it replicated in the model did not last for long.“
  13. Martin Hengel: Die Zeloten: Untersuchungen zur Jüdischen Freiheitsbewegung in der Zeit von Herodes I. bis 70 n. Chr. 2. Auflage. Brill, Leiden 1976, ISBN 90-04-04327-6, S. 5.372.
  14. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 352: „Despite Jewish defeat, the preference to record the unflagging Jewish spirit forms a vital part of the national ethos of modern-day Israel.“
  15. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 84.
  16. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 87: „Its facade, including its two towers and roof from which it was possible to make speeches to the public, faced the Xystus court.“
  17. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 86.
  18. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 79.
  19. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 84.
  20. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 90.
  21. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 92.
  22. Max Küchler: Jerusalem. S. 1040.
  23. a b Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 80.
  24. a b Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 352.
  25. a b The Model of Jerusalem in the Second Temple Period. In: Israel Museum. Abgerufen am 12. März 2018.
  26. a b Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 117.
  27. Etgar Levkovits: Second Temple Model moves to Israel Museum. Abgerufen am 14. März 2018: „Snyder said that he conceives that the Model, in its new location next to the Dead Sea Scrolls, will be more than just a tourist destination, but will be elevated to the standing of a cultural artifact that intersects archeology and history.“
  28. a b Amiram Barkat: The Temple Mount Will Be Towed Away at the End of January. In: Haaretz. Abgerufen am 12. März 2018.
  29. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 354.
  30. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 115.
  31. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 84.
  32. a b Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 117.
  33. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 85.
  34. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 116.
  35. Amiram Barkat: The Temple Mount Will Be Towed Away at the End of January. Abgerufen am 13. März 2018 (Snyder bezog sich mit dieser Formulierung auf den „ursprünglichen Stein“ (אבן השתייה Even haShtiyah), mit dem nach jüdischer Tradition die Schöpfung begonnen hatte und über dem das Allerheiligste des Tempelhauses erbaut worden sein soll): „True, the model was designed by archaeologists, but we see the model not as an archaeological representation, but rather as a work of art created at a certain time to serve an ideological purpose: to connect modern Israel with that 'existential rock' of ancient Israel, which during those years [when the model was built] was inaccessible.“
  36. Flavius Josephus: Jüdische Altertümer. Band 17, Nr. 255.
  37. Flavius Josephus: Jüdischer Krieg. Band 2, Nr. 44.
  38. a b Max Küchler: Jerusalem. S. 1040.
  39. Max Küchler: Jerusalem. S. 555 (Küchler schlägt vor, dass Herodes Theater und Hippodrom, zwei Festbauten zu Ehren des Kaisers, möglicherweise nicht aus Stein, sondern aus Holz errichten ließ.).
  40. Max Küchler: Jerusalem. S. 611–612 (Die Lokalisierung des Kajaphas-Palastes an dieser Stelle ist erstmals bezeugt beim Mönch Epiphanius, 10./11. Jahrhundert.).
  41. a b Max Küchler: Jerusalem. S. 1041.
  42. Max Küchler: Jerusalem. S. 555 (Der von Josephus mehrfach genannte Xystus in Nachbarschaft des Hasmonäerpalastes kann als bedeckte Promenade, Allee oder mit Buchsbaum gestaltete Terrasse übersetzt werden.).
  43. Max Küchler: Jerusalem. S. 875 (Diese Grabtradition ging im Bar-Kochba-Aufstand (132-135 n. Chr.) verloren, so dass das Huldagrab später an anderer Stelle verehrt wurde.).
  44. Max Küchler: Jerusalem. S. 352–354.
  45. John M. Lundquist: The Temple of Jerusalem: Past, Present, and Future. Greenwood Publishing Group, 2008, ISBN 978-0-275-98339-0, S. 122.
  46. Annabel Jane Wharton: Selling Jerusalem. S. 221–222.
  47. Annabel Jane Wharton: Selling Jerusalem. S. 222.
  48. Annabel Jane Wharton: Selling Jerusalem. S. 228: „It empties the city of the debris of those religions that, for both Jewish and Christian extremists, got it wrong - Byzantine Orthodoxy, Roman Catholicism, and, most obviously, Islam. For devout Jews and Christians such a model represents respectively the moment of a unitary Judaism and apostolic purity.“
  49. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 352.
  50. Gil Yaron: Jerusalem. S. 27.
  51. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 349–350.
  52. Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 357–358.
  53. Yael Padan: Modelscapes of nationalism. S. 114.
  54. Yael Padam: Modelscapes of nationalism. S. 20: „This modelscape thus partakes in the construction of the modern narrative of national identity, based on a collective myth of origin using representations of ancient heritage sites.“
  55. a b Maya Balakirsky Katz: Avi Yonah's Model of Second Temple Jerusalem. S. 359.
  56. Yonah Newman: Aish HaTorah installs Second Temple model opposite Western Wall. Abgerufen am 13. März 2018.