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Patrizia Nanz

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Patrizia Nanz (* 9. Juli 1965 in Stuttgart) ist eine deutsche Politikwissenschaftlerin und Expertin für Bürgerbeteiligung und demokratische Innovationen.

Sie ist seit April 2016 wissenschaftliche Direktorin am Institute for Advanced Sustainability Studies (IASS)[1] und Professorin für transformative Nachhaltigkeitswissenschaft an der Universität Potsdam[2]. Am 1. März 2018 übernahm sie die Geschäftsführung des IASS. Patrizia Nanz ist Ko-Vorsitzende der Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030, deren Geschäftsstelle am IASS angesiedelt ist.[3] Von 2013 bis 2016 war sie Leiterin des Forschungsbereichs PartizipationsKultur am Kulturwissenschaftlichen Institut Essen (KWI). Sie ist Gründerin des European Institute for Public Participation (EIPP).[4][5]

Leben

Patrizia Nanz wuchs zweisprachig (deutsch-italienisch) in München auf. Von 1984 bis 1990 studierte sie – unterstützt durch die Bayerische Hochbegabtenförderung – Philosophie an der Jesuitenhochschule S.J. sowie Philosophie, Geschichte und Literaturwissenschaft in München, Mailand und Frankfurt am Main. Gleichzeitig absolvierte sie eine journalistische Ausbildung am Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses und hospitierte bei verschiedenen Tageszeitungen (u. a. im Feuilleton der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“). Sie beendete das Studium mit einer sprachphilosophischen Arbeit bei Jürgen Habermas.

Von 1991 an hat sie viele Jahre als Wissenschafts- und Sachbuchlektorin beim S. Fischer Verlag und bei Giangiacomo Feltrinelli Editore (Mailand) gearbeitet. Nach einem Forschungssemester bei Charles Taylor an der McGill Universität (Montreal) nahm sie 1997 ein politikwissenschaftliches Promotionsstudium am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz auf. Patrizia Nanz promovierte mit einer Arbeit über Europäische Öffentlichkeit: „Europolis. Constitutional patriotism beyond the nation-state“ (Jury: Philippe C. Schmitter, Jürgen Habermas, Charles Sabel, Peter Wagner). Nach Stationen als wissenschaftliche Mitarbeiterin am Max-Planck-Institut zur Erforschung von Gemeinschaftsgütern in Bonn und als Marie-Curie-Post-doc-Fellow zum Thema „Democracy, Deliberation and Learning at the Transnational Level: Risk Regulation in the European Union and the World Trade Organisation“ am Centre for the Study of Democracy an der Westminster University (London) ist sie seit 2002 Professorin an der Universität Bremen (Schwerpunkt Politische Theorie). 2003 war sie Gastwissenschaftlerin am MIT (Cambridge, Mass.) und 2005/2006 Fellow am Wissenschaftskolleg zu Berlin.

Sie ist verheiratet und hat zwei Kinder.

Forschungstätigkeit und Wirken

Patrizia Nanz' thematische Schwerpunkte sind das politische Projekt Europa, die Weiterentwicklung der Demokratie, Partizipationsforschung und Technikfolgenabschätzung (Klimawandel, Biotechnologie, Energiewende, Endlager).[6][7]

Sie leitete von 2002 bis 2010 das Forschungsprojekt „Partizipation und Legitimation in internationalen Organisationen“ im Rahmen des DFG-Sonderforschungsbereichs „Staatlichkeit im Wandel“ an der Universität Bremen (ab 2006 zusammen mit Jens Steffek). Von 2005 bis 2009 verantwortete sie den deutschen Teil des Forschungsprojekts „Giving New Subjects a Voice: Migrants, Organisations and Integration into the Health Care System“, finanziert von der Volkswagenstiftung. Von 2007 bis 2010 leitete sie das Forschungsprojekt Fundamental Rights in the European Union im Rahmen des europäischen Forschungsnetzwerks Resources, Rights and Capabilities: In Search of Social Foundations for Europe (CAPRIGHT), finanziert von der Europäischen Union.

2009 gründete Patrizia Nanz (mit Archon Fung, Mark Warren u. a.) die Wiki-Plattform participedia,[8] eine Datenbank für demokratische Innovationen weltweit. Sie ist seither Mitglied des Lenkungsausschusses. Von 2011 bis 2013 war sie Teil des vom Social Science and Humanities Research Council of Canada geförderten Projekts „Participedia: Strengthening an emerging global partnership“. Seit 2013 leitet sie zusammen mit Klaus Töpfer (IASS Potsdam) und Claus Leggewie (KWI) das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt Demoenergie.[9] Dabei geht es u. a. darum, dialogorientierte Bürgerbeteiligungverfahren in Konflikt- und Mobilisierungssituationen im Rahmen des Trassenneubaus, z. B. am Ostbayernring, zu konzipieren, durchzuführen und zu evaluieren.

Patrizia Nanz ist Kuratoriumsmitglied der Hannah-Arendt-Tage der Stadt Hannover (Schwerpunktthema: „Wissenschaft und Politik“) und der Umwelt-Akademie München. Überdies ist sie Mitglied des „Scientific Committee“ des World Forum for Democracy (Europarat). Sie berät unter anderem Unternehmen, Behörden und Regierungen in verschiedenen europäischen Ländern.

Partizipation, Beteiligung

Patrizia Nanz vertritt, wie Claus Leggewie und weitere, den Ansatz einer Partizipation durch eine Beteiligung von wenigen, zufällig ausgewählten Bürgern, (z. B. Bürgerrat), die Lösungsvorschläge zu Zukunftsfragen erarbeiten. Die Gremien sind konsultativ und erfordern ein Bestätigung eines demokratisch legitimierten Gemeinderats, Landtags oder Bundestags.

Dieser Ansatz ist mit der Planungszelle nach Peter Dienel verwandt.

Publikationen (Auswahl)

Monographien und Einzelpublikationen
Herausgeberschaft (Auswahl)
  • Is Europe listening to us? Sucesses and Failures of EU Citizen Consultations (herausgegeben mit Raphael Kies), Ashgate Publishing 2013. Französische Übersetzung: Les nouvelles voix de l’Europe? Analyses des consultations citoyennes, Editions Larcier/De Boeck 2014. Mit einem Vorwort von Viviane Reding.
  • Civil Society Participation in International Governance: A Cure for Its Democratic Deficit?. Hrsg. mit Jens Steffek und Claudia Kissling. London, Palgrave Macmillan, 2008.
Artikel (Auswahl)
  • Participation, in: Oxford Handbook of International Organizations (hrsg. von Jacob Katz Cogan, Ian Hurd und Ian Johnstone), Oxford University Press, 2015 (mit Klaus Dingwerth).
  • Bürgerbeteiligung und Energiewende: Dialogorientierte Bürgerbeteiligung im Netzausbau, in: Viertes Jahrbuch Nachhaltige Ökonomie (hrsg. Von H.-C. Binswanger, F. Ekardt, A. Grothe, W.-D. Hasenclever, I. Hauchler, M. Jänicke, et al.), Marburg: metropolis. 2014 (mit Jan-Hendrik Kamlage und Björn Fleischer).
  • Neue Formen demokratischer Teilhabe. in: Transit. .Europäische Revue, vol. 44, pp. 72-85, 2013 (mit Claus Leggewie). Englische Übersetzung: "The future council. New forms of democratic participation", in: Eurozine.[10]

Siehe auch

Hannah Arendt: Wahrheit und Politik.

Literatur

Einzelnachweise

  1. Patrizia Nanz wird wissenschaftliche Direktorin am IASS – neues Führungsteam stellt sich vor
  2. Professuren - Professuren & Personen - Die Fakultät - Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät - Universität Potsdam. Abgerufen am 24. Juli 2017.
  3. Wissenschaftsplattform Nachhaltigkeit 2030 geht an den Start | IASS Potsdam. Abgerufen am 24. Juli 2017.
  4. PartizipationsKultur
  5. http://participationinstitute.org/index.php?id=18
  6. Biographie auf der Homepage des European Institute for Public Participation
  7. Patrizia Nanz/Claus Leggewie: Der schwierigste Fall: Bürgerbeteiligung bei der Endlagersuche, in: Monika Müller (Hrsg.), Endlagersuche - gemeinsam mit den Bürgern! Information, Konsultation, Dialog, Beteiligung, Loccum 2013, Reihe Loccumer Protokolle 21/13, S. 11–25 und Süddeutsche Zeitung vom 22. November 2012
  8. Patrizia Nanz auf Participedia. Abgerufen am 8. September 2014.
  9. DEMOENERGIE - Die Transformation des Energiesystems als Treiber demokratischer Innovationen
  10. Claus Leggewie, Patrizia Nanz: The future council. New forms of democratic participation. Eurozine, 20. August 2012, abgerufen am 9. Oktober 2014 (englisch).