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Volker Caysa

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Volker Caysa (* 24. Juni 1957 in Halberstadt; † 3. August 2017 in Leipzig) war ein deutscher Philosoph.

Leben

Volker Caysa studierte an der der Karl-Marx-Universität (KMU) in Leipzig Philosophie. Nachdem er das Studium als Diplom-Philosoph abgeschlossen hatte, blieb er als Assistent an der philosophischen Fakultät der KMU. Während dieser Zeit prägte Helmut Seidels spezifische Praxisphilosophie, die man als eine historisch-materialistische Identitätsphilosophie[1] bezeichnen kann, Caysas weitere Entwicklung zum Philosophen. 1988 promovierte Volker Caysa an der KMU und blieb als Hochschullehrer in Leipzig. Seine akademische Laufbahn an der KMU endete 1990 mit der Abwicklung der philosophischen Fakultät im Zuge der politischen Wende. Mit dem Stigma eines in Marxismus-Leninismus geschulten DDR-Philosophen gab es für ihn in den 1990er Jahren keine Möglichkeit mehr als Hochschullehrer in Deutschland zu arbeiten.

Zunächst betätigte sich Volker Caysa als freier Philosoph und Autor. Er gehörte zu den Mitbegründern der Nietzsche-Gesellschaft, deren langjähriges Vorstandsmitglied er danach war und die er von 2002 bis 2004 als Vorsitzender leitete. Außerdem engagierte er sich in den 1990er Jahren für den Aufbau der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Leipzig und arbeitete als Gastprofessor in Polen an den Universitäten in Opole und in Łódź. 2002 erfolgte seine Habilitation an der Fakultät für Sozialwissenschaften und Philosopphie der Universität Leipzig mit der Arbeit Körperutopien, eine philosophische Anthropologie des Sport. Ab 2003 arbeitete er neben seiner Tätigkeit als Professor an der Universität Łódź auch als Privatdozent am Institut für Philosophie der Universität Leipzig. In der Nietzsche-Gesellschaft gründete er zusammen mit Gunter Gebauer 2005 den Arbeitskreis „Anthropologie des Körpers“ mit dem Ziel eine moderne Körperphilosophie zu entwickeln. Für Volker Caysa stand dabei besonders die Theorie des Empraktischen im Mittekpunkt[2]

Als Preisträger des Wissenschaftspreises der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen äußerte er sich 1997 in seiner Dankesrede: „Ich selbst würde gern mehr Zeit haben <…> und all die vorliegenden Teilstudien in einem systematischen Ganzen unter dem Titel Kritik der Ontologie des gesellschaftlichen Seins (Friedrich Hegel-Martin Heidegger-Georg Lukács-Ernst Bloch) ausführen.“ Sein Opus magnum erschien schließlich 2015 unter dem Titel „Empraktische Vernunft“.[3] „Darin beschäftigt er sich mit einer Philosophie der Lebenspraxis, die den Menschen vor allem als sinnliches Wesen zu fassen versucht und dessen Vernunft wie Unvernunft nach seiner Auffassung wesentlich durch Stimmungen und Affekte bestimmt werden.[4] Im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung beteiligte sich Volker Caysa an den Forschungsberichten über Rosa Luxemburg. Dabei legte er besonderen Wert darauf, Luxemburgs Demokratieauffassung als Mittelpunkt ihrer politischen Philosophie heraus zu stellen. Seine wissenschaftliche Beschäftigung mit Luxemburgs Leben und Wirken zielte darauf, „sie als eigenständige weitsichtige Philosophin, als originäre politische Denkerin in heutiges kollektives Bewusstsein zu heben – sie also aus der ihr von linken und rechten Widersachern auferlegten Restriktion auf revolutionäre Märtyrerin und marxistische Nur-Ökonomin zu befreien“.[5]

Hauptarbeitsgebiete als Philosoph

Sonstiges

Vor seinem Philosophiestudium war Volker Caysa in der DDR als Sportler aktiv. 1977 erzielte er im Hammerwerfen eine Bestweite von 55,74 m. Als ehemaliger Sportler sprach er sich dafür aus, Dopingpraktiken als Ausdruck der Industrialisierung des Körpers zu analysieren.[6] „Im Doping des Sports fokussiert sich eine fatale Illusion des beginnenden biotechnischen Zeitalters: die Illusion, einen Körper willkürlich zu dem machen zu können, was man will. Das massenhafte, von allen Sportnationen systematisch betriebene Doping ist insofern nur Ausdruck dafür, dass die traditionelle Ethik der Unantastbarkeit des Körpers grundlegend durch die erst beginnende biotechnologische Revolution widerlegt wird.“[7]

In zweiter Ehe war Volker Caysa mit der Kulturphilosophin Konstanze Caysa geb. Schwarzwald verheiratet.

Publikationen (Auswahl)

  • Die "Wissenschaft der Logik" als Metaphysik der Arbeit der Vernunft.; Universität Leipzig, Diss. A, 1988
  • Hoffnung kann enttäuscht werden. Ernst Bloch in Leipzig. (Koautoren Petra Caysa, Elke Uhl, Klaus-Dieter Eichler); Verlag Hain, Berlin 1992, ISBN 9783445085733
  • Das Seyn entwerfen: Die negative Metaphysik Martin Heideggers.; (Daedalus) Peter Lang - Internationaler Verlag der Wissenschaften, 1994, ISBN: 9783631471470
  • Sport ist Mord – Texte zur Abwehr körperlicher Betätigung.; Reclam Leipzig, 1996, ISBN: 9783379015561
  • Philosophiegeschichte und Hermeneutik. (Koautor Klaus-Dieter Eichler); Leipziger Universitätsverlag, Leipzig 1996, ISBN: 9783931922139
  • Sportphilosophie; Reclam Leipzig, 1997, ISBN: 9783379015783
  • Auf der Suche nach dem Citoyen: Konzepte der Citoyenität.; (Daedalus/Europäisches Denken in deutscher Philosophie) Peter Lang - Internationaler Verlag der Wissenschaften, 1997, ISBN: 9783631311042
  • Durch dick und dünn.; Reclam 1998, ISBN: 3379016144
  • Praxis. Vernunft. Gemeinschaft. Auf der Suche nach einer anderen Vernunft. (Koautor Klaus-Dieter Eichler); Beltz Athenäum, 1999, ISBN: 9783895470233
  • Reinhold Messners Philosophie: Sinn machen in einer Welt ohne Sinn. (Koautor Wilhelm Schmid); edition Suhrkamp, 2001, ISBN: 9783518122426
  • Körperutopien. Eine philosophische Anthropologie des Sports.; Campus Verlag Frankfurt am Main/New York, 2003, ISBN: 9783825812027
  • Geist der Leipziger Bloch-Zeit. Kulturphilosophische Reflexionen über Erinnerung und Geschichte.; Verlag GNN, Schkeuditz/Leipzig 2003, ISBN: 9783898191371
  • Kritik als Utopie der Selbstregierung: Über die existenzielle Wende der Kritik nach Nietzsche.; Verlag Frank & Timme; Berlin 2005, ISBN: 9783865960054
  • Nietzsche und die Linke. (Hrsg. von Hans-Martin Gerlach und Volker Caysa); Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen 2006, ISBN: 9783898192286
  • Hass und Gewaltbereitschaft. Philosophie und Psychologie im Dialog – Band 3. (Koautor: Rolf Haubl); Verlagsgruppe Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2007, ISBN: 9783-525451724
  • Kultur – Nation – Europa: Nationalkulturelle Identitäten auf einem imaginären Kontinent. (Koautor Bartlomiej Kozera)‎; (Daedalus) Peter Lang - Internationaler Verlag der Wissenschaften 2008, ISBN: 9783631569825
  • Experimente des Leibes. (Koautorin Konstanze Schwarzwald); LIT Verlag, 2010, ISBN:9783825812027.
  • Nietzsche – Macht – Größe. Nietzsche – Philosoph der Macht oder der Macht der Größe. (Koautorin Konstanze Schwarzwald); De Gruyter Berlin/New York 2011, ISBN: 9783110245721
  • Empraktische Vernunft.; Peter Lang - Internationaler Verlag der Wissenschaften 2015, ISBN: 9783631667071
  • Rosa Luxemburg – die Philosophin.; Rosa-Luxemburg-Forschungsberichte (Im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen; Hrsg. Klaus Kinner und Manfred Neuhaus), Leipzig 2017, ISBN: 9783947176001

Einzelnachweise

  1. Volker Caysa: Über die Transformation des Geistes der Leipziger Bloch-Zeit in der praxisphilosophischen Debatte um und vor 1968 in der DDR, in: Die Linke – Erbe und Tradition, Teil 1 (Hrsg. Klaus Klinner), Berlin 2010, S. 195
  2. Interview Konstanze Schwarzwalds mit Volker Caysa in der philosophiestudentischen Zeitung „Eigensinn“ vom 5. Januar 2006 (zuletzt abgerufen am 7. März 2018)
  3. Nachruf für Volker Caysa in der Zeitschrift Links! vom 10. Oktober 2017 (zuletzt abgerufen am 7. März 2018)
  4. Franz Bockrath: Nachruf der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Sektion Sportphilosophie für Volker Caysa, September 2017 (zuletzt abgerufen am 7. März 2018)
  5. Wulf Skaun: Rosa Luxemburg als Philosophin. Artikel in der Zeitschrift „Links!“ der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom Februar 2016 (zuletzt abgerufen am 7. März 2018)
  6. Franz Bockrath: Nachruf der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft, Sektion Sportphilosophie für Volker Caysa, September 2017
  7. Volker Caysa: Körperutopien. Eine philosophische Anthropologie des Sports. Campus Verlag 2003, S. 236